Wie viel kg Sauerstoff braucht ein Mensch

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Ein genauerer Blick auf 12 verblüffende Fakten zeigt, wie wichtig und außergewöhnlich unsere Lunge tatsächlich ist!

1983

Im Jahre 1983 gelang in Toronto, Kanada, erstmals eine langfristig erfolgreiche einseitige Lungentransplantation. Zwar wurde bereits 1963 einem Menschen ein fremder Lungenflügel eingesetzt, doch erst mit der Entwicklung von Medikamenten, die wirksam die Immunabwehr unterdrücken und eine Abstoßung der transplantierten Lunge verhindern, erhielten Patienten gute Überlebenschancen. Laut der internationalen Gesellschaft für Herz- und Lungentransplantation (ISHLT) fanden seit Mitte der 80er-Jahre bis 2013 knapp 47.600 Lungentransplantationen weltweit statt.

1 von 8 Todesfällen

Atemwegserkrankungen zählen zu den häufigsten Todesursachen in der EU. So ist 1 von 8 Todesfällen auf eine Lungenkrankheit zurückzuführen. Mehr als die Hälfte stehen im Zusammenhang mit dem Rauchen. Raucher verbrauchen übrigens die doppelte Menge an Sauerstoff wie Nichtraucher: Das Herz eines Rauchers hat einen erhöhten Sauerstoffbedarf, gleichzeitig kann das Blut aber weniger Sauerstoff transportieren, weil beim Rauchen die Sauerstoffaufnahme durch den hohen Anteil an Kohlenmonoxid gehemmt wird.

2 Flügel

Unsere Lunge besteht aus zwei Lungenflügeln. Doch wusstest du, dass der rechte Lungenflügel des Menschen etwas größer als der linke ist? Der Grund dafür ist, dass sich der linke Lungenflügel den Platz im Brustkorb mit dem Herzen teilen muss. Jeder Lungenflügel ist nochmals unterteilt in die Lungenlappen. Die rechte Lunge besteht aus drei, die linke Lunge aus zwei Lungenlappen.

3 Liter

… beträgt das sogenannte Reservevolumen der Lunge. Es kann durch eine bewusst gesteuerte Atmung genutzt werden, so dass wir so zusammen mit der Atemluft auf circa 3,5 Liter Luft kommen, die uns pro Atemzug zur Verfügung stehen. Diese Kombination aus Atemluft und Reservevolumen nennt man Vitalkapazität. Die Vitalkapazität ist um das 20. Lebensjahr besonders hoch, mit zunehmendem Alter nimmt sie in der Regel ab.

12 bis 18 Atemzüge

Ein- und ausatmen – vom ersten Schrei nach der Geburt an haben wir einen ganz eigenen, individuellen Atemrhythmus. Dabei macht ein erwachsener Mensch 12 bis 18 Atemzüge pro Minute. Babys haben eine höhere Atemfrequenz und atmen 40 bis 50 Mal die Minute.

Ein Blick ins Tierreich zeigt, dass dort die Atemfrequenzen sehr viel stärker variieren: Kolibris atmen ganze 250 Mal pro Minute, während ein Elefant in dieser Zeit nur 6 Atemzüge macht. Wie kommt das? Kleine Tiere benötigen mehr Sauerstoff als große Tiere, denn sie haben eine höhere Herzfrequenz. Ihr Herz schlägt schneller, sodass sie öfter atmen müssen und mehr Sauerstoff verbrauchen. Außerdem muss ein Elefant, um seine Körpertemperatur zu halten, weniger Energie verbrauchen als ein kleines Tier, das ständig Wärme produzieren muss.

80 Quadratmeter

Obwohl jedes Lungenbläschen lediglich einen Durchmesser von 0,2 mm hat, ergibt sich durch die Vielzahl an Bläschen eine Fläche von circa 80 Quadratmetern. So ist die Gesamtoberfläche 40 bis 50 Mal größer als die Körperoberfläche eines erwachsenen Mannes, die durchschnittlich 1,9 Quadratmeter beträgt.

400 Milliliter

Unser Körper verliert tagtäglich Flüssigkeit, sei es durch Schwitzen, durch Ausscheidungen – oder durchs Atmen! Denn auch beim Ausatmen durch Mund und Nase verlieren wir jeden Tag 400 Milliliter Flüssigkeit. Besonders gut beobachten kannst du das, wenn du mit deinem warmen Atem in die kalte Winterluft ausatmet. Die kleine Wolke, die entsteht, besteht aus vielen winzigen Wassertröpfchen – denn dein Körper verliert Flüssigkeit in Form von Wasserdampf.

700 Meter

… lang sind die Bronchien mit ihren Verzweigungen in die Lunge des Menschen, beinahe doppelt so lang wie der Berliner Fernsehturm hoch ist.

1.600 Kilometer

Damit unser Körper frischen Sauerstoff tanken kann, geben die Lungenbläschen den Sauerstoff an mikroskopisch kleine Blutgefäße, die sogenannten Kapillaren, ab. Im Gegenzug geben die Kapillaren Kohlenstoffdioxid an die Lungenbläschen ab. Würden wir die Kapillaren der Lunge aneinanderreihen, würden sie eine Länge von etwa 1.600 Kilometer abdecken!

10.000 Bakterien

Erkältungen können uns zwar zu jeder Jahreszeit treffen, doch besonders im Herbst und Winter kämpft unser Körper mit Husten, Schnupfen und Heiserkeit. So schleusen wir in der Erkältungszeit durchschnittlich 10.000 Bakterien und 100.000 Viren im Verlauf von nur einer Stunde in unser Atemsystem ein! Lediglich den Schleimhäuten ist es zu verdanken, dass nicht alle Erreger unser Immunsystem schwächen.

10.000 bis 20.000 Liter

Tagtäglich atmen wir 10.000 bis 20.000 Liter Luft ein und aus. Dazu muss sich die menschliche Lunge rund 20.000 Mal bewegen, um bei jedem Atemzug etwa einen halben Liter Luft einzuatmen. Ein Fünftel der eingeatmeten Luft besteht aus Sauerstoff. Strengen wir uns körperlich an, erhöht sich die Atemfrequenz, die Menge an eingeatmeter Luft verringert sich aber durch den verkürzten Atemvorgang.

300.000 Millionen

Lungenbläschen, die sogenannten Alveolen, sind wichtige Bestandteile der Lunge. In den Lungenbläschen findet der Gasaustausch von Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid statt. Den Sauerstoff aus der eingeatmeten Luft nehmen die Alveolen auf und transportieren ihn durch das Blut in alle Bereiche des Körpers. Zugleich wird im Gastausch Kohlenstoffdioxid abgegeben. Schätzungsweise 300.000 Millionen Lungenbläschen hat der Mensch.

Wow, ganz schön viele Zahlen rund um unsere Lunge! Wenn dir dieser Beitrag gefallen hat, dann empfehle ihn gerne auch deinen Freunden!

Dein Elsevier-Team

Wie viel kg Sauerstoff braucht ein Mensch

Wie viel kg Sauerstoff braucht ein Mensch

Eine Reise durch die Physiologie - Wie der Körper des Menschen funktioniert
 

Wie viel kg Sauerstoff braucht ein Mensch

Respirationssystem und Atemgastransport

Wie viel kg Sauerstoff braucht ein Mensch
Wie viel kg Sauerstoff braucht ein Mensch

Atmung und Hämoglobin, Blutgaswerte

© H. Hinghofer-Szalkay


Wie viel kg Sauerstoff braucht ein Mensch
bradytroph: βραδυ- = langsam, τροφή  = Ernährung
Haldane-Effekt:  John S.  Haldane Hämoglobin: αἷμα = Blut, globus = Kugel (kugelförmiges Eiweiß)

Hüfner'sche Zahl: Gustav v. Hüfner


Krogh'scher Zylinder: 

S.A.S. Krogh


mitochondrial: μίτος = Faden, χόνδρος = Korn
tachytroph: ταχυ- = rasch, τροφή  = Ernährung

Hämoglobin bringt Sauerstoff in das Gewebe; hier entsteht Kohlendioxid, das den pH-Wert senkt und zum Teil physikalisch gelöst, zum Teil als Bicarbonat, zum Teil an Hämoglobin gebunden zur Lunge transportiert wird. Blutgastransport und Säure-Basen-Haushalt sind eng miteinander verknüpft. Bei der Blutgasanalyse werden die Werte für pCO2, pH, pO2 sowie Blutpuffer (Pufferbasen, buffer bases) bestimmt. Dabei nimmt Bicarbonat die erste Stelle ein (~50% der pufferfähigen Valenzen), gefolgt von Hämoglobin, Plasmaproteinen und Phosphat.

Was den O2-Bedarf betrifft, haben verschiedene Gewebe unterschiedlichen spezifischen Sauerstoffverbrauch (ml O2 pro Minute pro 100 Gramm Gewebe) - umso größer, je höher der normierte Energieumsatz ist. Spitzenreiter ist das Myokard, das bei körperlicher Ausbelastung mehr als 50 ml/min/100g O2-Verbrauch erreichen kann; der Skelettmuskel schafft höchstens 15, die Gehirnrinde 10, die Nierenrinde 7, die Leber 5 ml/min/100g.

Der Stoffwechsel ist säureüberschüssig; in erster Linie entfernt der Körper saure Valenzen über CO2, also die Atmung (etwa 15 Mol pro Tag). Andere ("nichtflüchtige") Säuren werden metabolisiert bzw. über die Nieren ausgeschieden (0,07 M/d - im Vergleich zur Kohlensäureabatmung knapp 0,5%).

Das Hämoglobin ist wegen seiner Säuretransportfunktion ein wichtiger Player im Säure-Basen-Haushalt. Seine Pufferfähigkeit nimmt zu, wenn es Sauerstoff abgibt (Haldane-Effekt) - damit entlastet es die anderen Pufferbasen und trägt die Hauptlast (2/3) der physiologischen pH-Kompensation.

    

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  Zu den Atemgas-

Bindungscharakteristika des Hämoglobins

s. dort

Etwa fünfhundert Liter Sauerstoff täglich bringt der Kreislauf eines erwachsenen Menschen an den (mitochondrialen)

Energiestoffwechsel heran (bei körperlicher Belastung bis mehr als das Doppelte, d.h. >1000 l/d). Ungefähr die gleiche Menge Kohlendioxid verlässt in dieser Zeit den Körper. Atmung und Kreislauf übernehmen gemeinsam den Transport, der zwischen Zellen und Außenwelt dazu nötig ist.

Sauerstoffverbrauch des Körpers: Pro kg Körpergewicht konsumiert eine erwachsene Person 4,0-4,5 ml Sauerstoff pro Minute. Eine 70 kg schwere Person braucht im Ruhezustand ~0,3 l O2 / min.

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>Abbildung: Sauerstoffverbrauch und -partialdrucke

Arterielles Blut ist unter Normalbedingungen zu annähernd 100% sauerstoffgesättigt (SaO2; gesunde Lunge, Sauerstoffpartialdruck in der Atemluft ~20 kPa) und transportiert (bei 150 g Hämoglobin pro Liter Blut 150x1,34 (Hüfner-Zahl

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: 1,34 ml O2 / g Hb) =200 ml Sauerstoff pro Liter Blut (20 Vol%).

 

Nimmt das Gewebe ein Viertel (~5 Vol%) des arteriell antransportierten Sauerstoffs (20 Vol%) vom Hämoglobin herunter (durchschnittlicher, d.h. gemischt-venöser Wert bei körperlicher Ruhe), dann hat das venöse Blut noch ~15 Vol% O2 (CvO2), d.h. es bleibt zu 75% sauerstoffgesättigt (bei körperlicher Belastung steigt die Ausnützung und der venöse Sauerstoffanteil sinkt - die Resreve beträgt bis maximal ~15 Vol%)

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Als spezifischen Sauerstoffverbrauch bezeichnet man den O2-Verbrauch pro Masseneinheit (z.B. pro 100 Gramm Gewebe).

 

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<Abbildung: Minütlicher Sauerstoffverbrauch von jeweils 100g Gewebe
Zum Vergleich die entsprechenden Texte:
 
 
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  Graue und weiße Substanz im Gehirn
 
 
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  Herzmuskel bei körperlicher Ruhe und bei Maximalbelastung
 
 
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  Niere: Rinde, äußere und innere Markzone
 
 
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  Leber
 
 
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  Milz
 
 
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  Muskel im Ruhezustand und bei maximaler Belastung
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Wie groß der Sauerstoffbedarf der Zellen in einem Organ ist, lässt sich in Form des 

spezifischen Sauerstoffverbrauchs

ausdrücken - in ml verbrauchtem O2 pro Minute pro 100 Gramm Gewebe (Abbildung unten). Diese Zahl ist mit arterio-venöser Sauerstoffdifferenz und spezifischer Durchblutung verknüpft und hängt vom oxidativen Aufwand der Mitochondrien
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(d.h. Energieverbrauch) ab: So beträgt der spezifische Sauerstoffverbrauch
 
  
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  im

Gehirn

3,5 ml O2 /min/100g - mit einer 10fachen Diskrepanz zwischen Rinde (~10 ml/min/100g) und weißer Substanz (~1 ml/min/100g)
 
  
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  im

Herzmuskel

10 ml O2 /min/100g bei körperlicher Ruhe, der Wert kann bei Ausbelastung mehr als 5-fach steigen (>50 ml/min/100g)
 
  
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  in der Nierenrinde ~7 ml O2 /min/100g, im Nierenmark wesentlich weniger (die

Nieren

beanspruchen ~7% des gesamten Ruhe-Sauerstoffverbrauchs des Körpers)
 
  
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  die

Leber

hat einen fünfmal höheren Wert (~5 ml/min/100g) als die

Milz

, was sich mit ihrer hohen metabolischen Aktivität erklärt
 
  
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  im ruhenden

Skelettmuskel

0,3 ml/min/100g, bei Aktivität steigt der Wert auf bis zu 15 ml O2 /min/100g (bis 50fach!) - das ist möglich, weil sowohl die Durchblutung (bis 20-fach) als auch die arterio-venöse Sauerstoffdifferenz (bis 3-fach) zunehmen (bei hochtrainierten Sportlern sind noch höhere Steigerungen der Durchblutung möglich)
 
   
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  Auch bei maximaler Ausbelastung liegt der Wert in der Muskulatur nur um die Hälfte höher als beim Herzmuskel während körperlicher Ruhe - das maximal belastete

Myokard

verbraucht pro Gewichtseinheit fast 4mal so viel Sauerstoff wie ein maximal aktiver Skelettmuskel.

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  siehe auch dort

Pufferung: Stabilisierung des pH-Wertes
 

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  Zum Säure-Basen-Haushalt s. dort

Beim Abbau von Biomolekülen im Körper entstehen neben Kohlendioxid (

CO2) auch andere Stoffe, die in wässriger Lösung Wasserstoffionen (H+) liefern und daher als

Säuren

bezeichnet werden. Um eine Übersäuerung des Körpers zu verhindern, müssen diese aus dem Körper entfernt werden. Die Lunge ist das wichtigste säureausscheidende Organ, da sie mit der Ausatemluft große Mengen CO2 eliminiert:  CO2 + H2O   <=>  H+ + HCO3-

Die Konzentration der in einer Körperflüssigkeit enthaltenen Wasserstoffionen bestimmt den pH-Wert, und der pH-Wert des Blutes (~7,4) beeinflusst die Atmung.

Blut ist schwach alkalisch

- Grund ist die basische Reaktion der Puffer im Blut (Pufferbasen, abgekürzt BB = buffer bases). Bei körperlicher Ausbelastung kann der pH-Wert im arteriellen Blut vorübergehend auf unter 7,0 absinken, Ursache ist die Abgabe von Milchsäure aus den Muskeln. (Leber und Herzmuskel bauen die Milchsäure wieder ab.)

Der pH-Wert wird durch Kompensation, d.h. Herstellung des Puffergleichgewichts, korrigiert. Die Kompensation erfolgt in Lunge, Niere und Leber: Ausatmen von

CO2 bedeutet Säureausscheidung; mit dem Harn werden Säuren ausgeschieden (pH des Harns: 5,4, kann zwischen 4,5 und 8,0 liegen); die Leber passt ihren Stoffwechsel an die Gegebenheiten an. Der pH-Wert wird durch Pufferstoffe  im Blut eingestellt, deren Konzentration durch “metabolische Kompensation” verändert wird:    
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  Bicarbonat (HCO3-): Der Bicarbonatwert ist ein Maß für die Gesamt-Pufferkapazität des Blutes. Er kann vor allem durch die Nierenfunktion verändert werden
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  Hämoglobin
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in den roten Blutkörperchen. Besonders wichtig, da es physiologischerweise zwei Drittel der Pufferwirkung im Blut übernimmt (Haldane-Effekt
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)

   
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  Plasmaeiweiße (Albumin und Globuline), die wie jedes Protein puffernd wirken

   
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  Phosphat, vorwiegend intrazellulär


pO2 im Gewebe
 

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Der Däne August Krogh erhielt 1920 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für "die Entdeckung des kapillarmotorischen Regulationsmechanismus". Mittels eines von ihm entwickelten Geräts zur Messung von Gaspartialdrucken in sehr kleinen Gewebeproben (Mikrotonometrie) konnte er die Wanderung von Atemgasen entlang von Partialdruckgradienten nachweisen und zeigen, dass dieser Austausch nicht ein aktiver Prozess ist, sondern auf Diffusion beruht. Damit widersprach er der damaligen Lehrmeinung, die u.a. von John Haldane vertreten wurde. Zusammen mit Christian Bohr und Karl Hasselbalch konnte er weiters feststellen, dass Kohlendioxid die Sauerstoffaufnahme des Hämoglobins reduziert. Den Nobelpreis brachten ihm seine Erkenntnisse zur Steuerung der Kapillardurchblutung in Abhängigkeit vom lokalen Bedarf ein.

   
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   >Abbildung: Krogh'scher Zylinder
Nach einer Vorlage in Boron / Boulpaep, Medical Physiology, 3rd ed., Elsevier 2016

Verteilung des Sauerstoff-Partialdrucks (Ordinate, mmHg) um eine Kapillare. Der Partialdruck nimmt sowohl entlang der Kapillare (arteriell → venös, grüner Pfeil) als auch quer dazu mit zunehmendem Abstand im Gewebe ab (Verbrauch durch oxidativen Stoffwechsel der Zellen). Kritische Punkte sind die mit minimalem Partialdruckwert (im Bild links: venöses Ende, ~30 µm von Kapillare entfernt).
 
Rechts oben: Sind 2/3 aller Kapillaren (gleichmäßig verteilt) geschlossen, ergibt sich aus der Geometrie (hexagonale Anordnung der Kapillaren angenommen) eine Verdoppelung des effektiven Radius des Krogh-Zylinders (grüne Halbbögen) bzw. des Abstands zwischen zwei durchbluteten Kapillaren (rote Doppelpfeile).
 
Rechts unten: Alle Kapillaren sind durchblutet, der Radius des Krogh'schen Zylinders entspricht dem Kapillarabstand

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Im Gewebe gibt es eine dreidimensionale Verteilung der Partialdruckwerte der Atemgase, entsprechend der Entfernung vom arteriellen bzw. venösen Ende der Kapillare (

Krogh'scher Zylinder

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, >Abbildung): Die höchsten pO2-Werte finden sich in der Nähe des arteriellen Kapillarschenkels, die niedrigsten in der Peripherie um dessen venöses Ende.

Im Gewebe verschiedener Organe ist der Sauerstoffpartialdruck (je nach Ausnützung des O2-Angebotes) sehr unterschiedlich.

  

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   Beispielsweise ist der Sauerstoffpartialdruck in den besonders intensiv perfundierten Geweben der corpora carotica / aortica (Messung des arteriellen Sauerstoffpartialdrucks!) und der Nierenrinde (Perfusion hauptsächlich funktionell!) nahe an den arteriellen Werten (um 100 mm Hg), während



  
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   der Körperdurchschnitt bei 40-50 mmHg liegt - entsprechend einer Ausnützung des arteriellen Sauerstoffangebots von etwa einem Drittel (

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s. O2-Bindungskurve des Hämoglobins). In dieser "mittleren" Zone liegt z.B. weißes Fettgewebe (~50 mmHg).   
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   Besonders hypoxisch wird Gewebe, das den meisten Sauerstoff vom Hämoglobin abzieht - etwa intensiv aktive Muskulatur.

In der Leber sind die Zonen der Lobuli entsprechend dem unterschiedlichen Sauerstoffpartialdruck, der in ihnen vorherrscht, spezialisiert.

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Bei mangelhafter Durchblutung der Mikrozirkulation kann es an Stellen mit dem niedrigsten pO

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kritisch werden, wenn die Nachfrage der Zellen für längere Zeit höher ist als das Sauerstoffangebot. Je nach Stoffwechselintensität und spezifischem Sauerstoffbedarf (s. oben) treten Beeinträchtigungen des Stoffwechsels und Gewebeschäden relativ früh auf, wie z.B. im ischämischen Gehirn oder Herzmuskel ("tachytrophes" Gewebe) oder erst verzögert, wie z.B. bei einem abgetrennten Finger ("bradytrophes" Gewebe).

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Blutgasanalyse

Blutgasanalyse nennt man die Bestimmung der Blutwerte, die zur Beurteilung des Säure-Basen-Status notwendig sind.

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<Abbildung: Blutprobenentnahme aus der a. radialis

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Der Blutbedarf für die Blutgasanalyse ist gering (~0,1 ml). Man verwendet meist "Kapillarblut" (aus Ohrläppchen oder Fingerbeere); dieses entspricht weitgehend arteriellem Blut. Die Probe wird in heparinisierte Proberöhrchen aufgezogen und spätestens nach einer Stunde gemessen. Respiratorische Störungen verändern zunächst den pCO2 im Blut, metabolische Störungen bewirken eine Abweichung der Pufferkapazität. Die “Basenabweichung” (

base excess

BE) gibt an, ob zu viel (+) oder zu wenig (-) Pufferbasen im Blut vorhanden sind. Bei negativer Basenabweichung besteht eine metabolische Azidose, bei positiver eine metabolische Alkalose. Der BE-Wert erlaubt die Berechnung der Puffermenge, die einer Person mit Störung des Säure-Basen-Gleichgewichts infundiert werden soll.

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Das Verhältnis von CO2 zu Bicarbonat spiegelt das Säure-Basen-Gleichgewicht im Blut. Da der pCO2 durch die Atemtätigkeit, Bicarbonat durch die Nieren reguliert wird, ergibt sich der Blut-pH aus der Funktionsbeziehung Lunge zu Niere. Respiratorische Störungen können von der Niere metabolisch kompensiert werden. Die Atemtätigkeit kann an der Kompensation metabolischer Störungen teilnehmen.

Im Kapillarblut

(=arterielles Blut, das nach Einstechen aus dem Gewebe austritt und mit einer "Kapillare" aufgefangen werden kann)

findet man folgende Werte:


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Gemessene Größe

Normalwert (gerundet)

pH-Wert (actual-pH)

7,4 (7,35 - 7,45)

p

CO

2

(actual-p

CO

2

)

40 mm Hg (35-45

mm Hg

)

pO2

100 mm Hg (>80

mm Hg

)

abhängig von Alter, Meereshöhe,..

Errechnet werden aus diesen Werten:

 

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   Bicarbonatgehalt ... ~24 mM/l
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   Pufferbasenwert ... ~48 mM/l  (Basenabweichung 0 mM/l)


Im venösen Blut sind die Werte stoffwechsel- und gewebeabhängig unterschiedlich. Für gemischt-venöses Blut (kann aus der a. pulmonalis mittels Herzkatheter gewonnen werden) bei körperlicher Ruhe kann ein pO2 von ~40 mm Hg und ein pCO2

von 46 mm Hg als typisch angesehen werden.

Der Säure-Basen-Status kann sich - insbesondere bei Intensivpatienten - rasch ändern. Im Zweifelsfall sind regelmäßige Kontrollen der Blutgaswerte vorzunehmen.

Mit dem pH-Wert ändern sich oft auch die Elektrolytwerte (Natrium, Kalium u.a.). Serumelektrolyte können ebenfalls in Kapillarblut gemessen werden. Dazu verwendet man ionensensitive Elektroden (ähnlich wie pH-Elektroden gebaut) oder Teststreifen (“Trockenchemie").

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Wie viel kg Sauerstoff braucht ein Mensch
   Der Sauerstoffbedarf der Körpers beträgt durchschnittlich ≥4 ml/kg/min (bei 70 kg KG ~0,3 l/min). Arterielles Blut ist so gut wie vollständig O2-gesättigt und transportiert bei ~150 g Hämoglobin pro Liter Blut ~20 Vol-% O2 (200 ml/l) (Hüfner-Zahl : 1,34 ml O2 / g Hb). Im Ruhezustand konsumiert der Körper ~5 Vol-% (arterio-venöse Sauerstoffdifferenz) der arteriell angebotenen 20 Vol-%, das venöse Blut bringt ~15 Vol-% zur Lunge zurück (Sauerstoffreserve für körperliche Belastung), das Hämoglobin ist in venösem Mischblut zu ~75% sauerstoffgesättigt

  
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Spezifischer

Sauerstoffverbrauch bezieht sich auf jeweils 100 g Gewebe (Herzmuskel bis 50,  Nierenrinde ~7, Leber ~5, Gehirn 3,5, ruhender Skelettmuskel 0,3, aktiver Skelettmuskel bis 15 ml O2 /min/100g ml/min - maximal belastetes Myokard verbraucht pro Gewichtseinheit fast 4mal so viel Sauerstoff wie maximal aktiver Skelettmuskel)

  
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   Der Katabolismus produziert Säuren, diese werden aus dem Körper entfernt - überwiegend in Form von CO2 (der pH-Wert des Blutes beeinflusst die Atmung) sowie (soferne angebracht) nichtflüchtige Säurevalenzen mit dem Harn. Blut ist wegen seines Gehalts an Pufferbasen (~48 mM/l: Bicarbonat, Hämoglobin, Plasmaproteine, Phosphat) leicht alkalisch (pH=7,4). Abweichungen des pH-Werts im Blut werden durch Kompensation (Wiederherstellung des Puffergleichgewichts) korrigiert

  
Wie viel kg Sauerstoff braucht ein Mensch
   Um Blutkapillaren gibt es im Gewebe Zonen gleichen Sauerstoffpartialdrucks, entsprechend der Entfernung vom arteriellen bzw. venösen Ende der Kapillare (Krogh'sche Zylinder). In der Leber sind Lobuli entsprechend dem jeweiligen pO2 metabolisch organisiert

  
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   Blutgasanalyse nennt man die Bestimmung der Blutwerte, die zur Beurteilung des Säure-Basen-Status notwendig sind. Durch Einstechen in Ohrläppchen oder Fingerbeere gewonnenes "Kapillarblut" ist arterielles Blut (es wird in heparinisierte Proberöhrchen - "Kapillaren" - aufgezogen und spätestens nach einer Stunde gemessen): pO2 ~100 mmHg, pCO2 ~40 mmHg. Respiratorische Störungen verändern zunächst den pCO2 im Blut, metabolische Störungen bewirken eine Abweichung der Pufferkapazität. Die Basenabweichung (BE) gibt an, ob zu viel (+: Alkalose) oder zu wenig (-: Azidose) Pufferbasen im Blut vorhanden sind. Respiratorische Störungen können von der Niere metabolisch kompensiert werden, die Atmung kann an der Kompensation metabolischer Störungen teilnehmen. Mit dem pH-Wert ändern sich oft auch Elektrolytwerte, zu deren Messung verwendet man meist ionensensitive Elektroden

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Eine Reise durch die Physiologie


  Die Informationen in dieser Website basieren auf verschiedenen Quellen: Lehrbüchern, Reviews, Originalarbeiten u.a. Sie sollen zur Auseinandersetzung mit physiologischen Fragen, Problemen und Erkenntnissen anregen.

Soferne

Referenzbereiche angegeben sind, dienen diese zur Orientierung; die

Grenzen sind

aus

biologischen, messmethodischen und

statistischen Gründen

nicht absolut.

Wissenschaft

fragt, vermutet und interpretiert;

sie

ist offen, dynamisch und evolutiv.

Sie strebt nach Erkenntnis, erhebt aber nicht den Anspruch, im Besitz der "Wahrheit" zu sein.