Hörst du wie die Brunnen rauschen Inhalt

Aufnahme 2014

Hörst du wie die Brunnen rauschen, Hörst du wie die Grille zirpt? Stille, stille, laß uns lauschen, Selig, wer in Träumen stirbt. Selig, wen die Wolken wiegen, Wem der Mond ein Schlaflied singt, O wie selig kann der fliegen, Dem der Traum den Flügel schwingt, Daß an blauer Himmelsdecke Sterne er wie Blumen pflückt: Schlafe, träume, flieg’, ich wecke

Bald Dich auf und bin beglückt.

Beschreibung:

Hörst du wie die Brunnen rauschen Inhalt

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Text

Hörst du wie die Brunnen rauschen Inhalt
John R. Chapin, Das große Feuer von Chicago (1871) Autor/in: Georg Heym
Epoche: Expressionismus
Strophen: 5, Verse: 20
Verse pro Strophe: 1-4, 2-4, 3-4, 4-4, 5-4
Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.
Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.
Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit
Die letzten Häuser in das Land verirrn.
Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,
Die großen Städte knien um ihn her.
Der Kirchenglocken ungeheure Zahl
Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.
Wie Korybanten-Tanz1 dröhnt die Musik
Der Millionen durch die Straßen laut.
Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik
Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.
Das Wetter schwält2 in seinen Augenbrauen.
Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.
Die Stürme flattern, die wie Geier schauen
Von seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt.
Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.
Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt
Durch eine Straße. Und der Glutqualm braust
Und frisst sie auf, bis spät der Morgen tagt.

Anmerkungen

1Wild, rituell und ekstatisch tanzende Priester der Göttin Kybele.
2schwelt; langsam, ohne Flamme verbrennend

Die Literaturepoche des Expressionismus: Die verschollene Generation? Diese und andere spannende Fragen beantwortet euch der Germanist Dr. Tobias Klein von Huhn meets Ei: Katholisch in Berlin im Gespräch mit dem Podcaster Wilhelm Arendt.

Epoche

Epochenbeginn 1910 Epochenende 1925

Links:

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Ludwig Meidner, Revolution (1913)

Die Epoche des Expressionismus besteht aus einer Künstlergeneration zwischen den Weltkriegen, die sich dem nationalistischen, bürgerlichen und wilhelminischen Denken ihrer Zeit abwandten. In den gesellschaftskritischen Werken der Expressionisten wurden Themen wie Wahnsinn, Tod, Umwelt, Krieg, Verfall der Gesellschaft und die infolge der Industrialisierung entstandenen Großstadtprobleme behandelt.

Der Expressionismus überschnitt sich mit der noch nicht abgeschlossenen Industrialisierung. Dabei warnen die Expressionisten häufig vor den Folgen der Industrialisierung, wie der Degradierung der Menschen zu Maschinen und der Verlust der Individualität durch Automatisierungsprozesse. Zudem gab es noch ein Stände-Denken in der Gesellschaft, bei dem sich Macht und Produktionsmittel bei den Großunternehmen bündelten. Die sozialen Spannungen zwischen Arbeiterschicht und Unternehmer, die durch die Ungleichverteilung von Besitz entstand, wurden Thema einiger expressionistischer Werke.
Die Expressionisten warnten jedoch nicht nur vor den Zeichen ihrer Zeit, sondern wollten die Gesellschaft umwälzen und erneuern. Nicht nur die sozialen Konflikte gaben hierfür Anlass, sondern auch die wirtschaftliche Krise durch den Versailler Vertrag und die erneute Militarisierung zwischen den Großmächten. Der Mensch war aus Sicht der Expressionisten mit seinem bisherigen Denken in eine Sackgasse geraten, das System drohte instabil zu werden. Aus diesem Grund schlossen sich viele Friedrich Nietzsches Idee vom Übermenschen an. Der Übermensch bricht mit der Gesellschaft, überwindet sich selbst und schafft neue Werte.

Der expressionistischen Bewegung wird durch die Konflikte mit den konservativen Familienwerten häufig auch ein Vater-Sohn-Konflikt zugeschrieben.

Weitere Informationen zur Epoche des lyrischen Expressionismus


Autor/in

* 1887   † 1912 (24 Jahre)
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Georg Heym

Heym wuchs zusammen mit seiner jüngeren Schwester als Kind eines Staats- und Militäranwalts auf. Heym stieß in seiner schwermütigen und sehr religiös geprägten Familie immer wieder auf Konflikte. Seine Ablehnung gegenüber bürgerlich-konservativen Werten verarbeitete er in seinen Gedichten.

Die Kindheit- und Jugendzeit Heyms war geprägt durch mehrfache Ortswechsel. Durch die Umzüge bedingt besuchte Heym vier verschiedene Gymnasium und scheitert zwei mal an der Zulassung zum Abitur. 1906 macht er schließlich doch noch seinen Abschluss und kann damit ein Jahr später ein Jurastudium in Würzburg beginnen.
Auch seine Studentenzeit ist durch einige Wechsel gekennzeichnet. So wechselt Heym bereits 1908 zur Friedrich-Wilhelm-Universität Berlin, studierte danach für kurze Zeit in Jena und kommt dann doch wieder nach Berlin zurück.

Später sagt Heym, dass er sich zum Jurastudium wegen des Berufs seines Vaters als Militäranwalt gedrängt fühlte. Das Studium der Rechtswissenschaften liegt ihm nicht besonders, dennoch besteht er seine erste Staatsprüfung und bekommt eine Stellung zum Vorbereitungsdienst am Amtsgericht Berlin-Lichterfelde. Im weiteren Verlauf seiner Jura-Karriere wird Heym jedoch wegen eines fahrlässigen Fehlers entlassen und hat Schwierigkeiten seinen Vorbereitungsdienst woanders fortzuführen. Nachdem er keine neue Stelle findet, lenkt Heym schließlich ein und will eine Offizierslaufbahn beginnen.

Der Bewilligung Heyms für die Aufnahme ins Militär wird stattgegeben. Heym ertrink jedoch vorher beim Schlittschuhlaufen auf der Havel, als er seinem Freund Ernst Balcke das Leben retten wollte.

Trotz seines kurzen Lebens wurde Heym der wichtigste Vertreter des Expressionismus.


Text

Autor/in: Clemens Brentano
Epoche: Romantik
Strophen: 1, Verse: 12
Verse pro Strophe: 1-12
Hörst du wie die Brunnen rauschen,
Hörst du wie die Grille zirpt?
Stille, stille, laß uns lauschen,
Selig, wer in Träumen stirbt.
Selig, wen die Wolken wiegen,
Wem der Mond ein Schlaflied singt,
O wie selig kann der fliegen,
Dem der Traum den Flügel schwingt,
Daß an blauer Himmelsdecke
Sterne er wie Blumen pflückt:
Schlafe, träume, flieg’, ich wecke
Bald Dich auf und bin beglückt.

Die Literaturepoche der Romantik: Zeitalter der Gegenaufklärung oder Hollywood-Kitsch? Diese und andere spannende Fragen beantwortet euch der Germanist Dr. Tobias Klein von Huhn meets Ei: Katholisch in Berlin im Gespräch mit dem Podcaster Wilhelm Arendt.

Epoche

Epochenbeginn 1795 Epochenende 1848

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Caspar David Friedrich, Wanderer über dem Nebelmeer (1818)

Die Romantik ist die Fortsetzung des Klassizismus und stellte sich gegen die vernunftbegabte Philosophie der Aufklärung.
Häufig hat sich die Romantik der Vergangenheit in Form eines idealisierten Mittelalters bedient. Auch das Motiv Fernweh und das Reisen in exotische Länder wurde gern verwandt. Dabei stellen die Romantiker ihre Werke in den Kontext irrationaler Gefühle, Sehnsucht, Heilung der Welt und Mystik.

Die Romantiker selbst sahen sich in einem geschichtlichen Bruch. Die Aufklärung drohte – nach Darstellung der Romantiker – den Menschen von sich selbst zu entfremden, zu vereinsamen und hilflos dieser Entwicklung gegenüber zu stehen. Die Gesellschaft war ihrer Empfindung nach gespalten in eine Welt von Zahlen und Figuren (Novalis) und in die Welt der Gefühle und des Wunderbaren. Die Romantiker hatten eine Sehnsucht die Welt von diesem Zwiespalt zu heilen, sie versuchten diese Spaltung aufzuheben, die Welt zu vereinen und die Gegensätze zusammenzuführen.
Deutlich wurde diese Sehnsucht in den Werken, die sich den Szenerien von nebelverhangenen Tälern, mittelalterlichen Ruinen, der Natur, Märchen, Mythen und derlei Geheimnisse bedienten.

Besonderen Ausdruck nach Einheit, Heilung und Sehnsucht fand die romantische Bewegung in der blauen Blume. Sie gilt heute als zentrales Motiv der romantischen Epoche.

Weitere Informationen zur Epoche der lyrischen Romantik


Autor/in

Bürgerlicher Name: Clemens Wenzeslaus Brentano de La Roche * 1778   † 1842 (64 Jahre)

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Emilie Linder (1797-1867): Clemens Brentano (nach 1833)

Brentano verbrachte als Kind mit 7 Geschwistern seine Schulzeit in Jena und Mannheim. Er versuchte dann eine kaufmännische Lehre zu absolvieren, scheiterte jedoch. Danach fing er mehrere Studiengänge an, studierte Bergwissenschaft, Medizin und Philosophie in Bonn, Halle, Jena und Göttingen, schloss jedoch keiner seiner Studienfächer ab. Während des Medizin-Studiums 1798 in Jena entdecke Brentano seiner Neigung zur Literatur, er begegnete Vertretern der Weimarer Klassik (Christoph Martin Wieland, Johann Gottfried von Herder, Johann Wolfgang von Goethe) und der Frühromantik (Friedrich Schlegel, Johann Gottlieb Fichte und Ludwig Tieck). Von den Jenaer Frühromantikern ließ sich Brentano entscheidend beeinflussen, sein erster Roman Godwi wurde deutlich durch die Frühromantiker geprägt, welcher ein paar seiner wichtigsten Gedichte enthält.
1801 beim Philosophie-Studium in Göttingen traf er Ludwig Achim von Arnim. Sie wurden schnell enge Freunde, unternahmen einige Reisen, wohnten zwischenzeitlich immer wieder zusammen. Nachdem Brentano 1804 die Schriftstellerin Sophie Mereau heiratet, zieht er nach Heidelberg. Hier veröffentlicht er mit Arnim den Liedband Des Knaben Wunderhorn und die Zeitung für Einsiedler.
Wenige Jahre nach der Heirat starb Sophie Mereau nach der Geburt des dritten Kindes, die ersten Kinder starben ebenfalls nach der Geburt. Brentano zog darauf nach Berlin, wo er für kurze Zeit für Heinrich von Kleist am Berliner Abendblatt mitarbeitete. In Berlin veröffentlichte Brentano auch einige Schriften mit antisemitischen Tendenzen wie z. B. Der Philister vor, in und nach der Geschichte.

Clemens Brentano behielt noch längere Zeit einen wechselhaften Lebensstil bei und war selten sesshaft. Gegen Ende seines Lebens war Bretano mehrere Jahre von Schwermut geprägt, bis er 1842 in Aschaffenburg im Haus seines Bruders Christian starb.

Clemens Brentano hat sich während seiner Zeit zusammen mit Ludwig Achim von Arnim in Heidelberg als heute einer berühmtesten Vertreter der Heidelberger Romantik herauskristalisiert.


Inhaltsangabe, Gedicht-Analyse und Interpretation

In dem Gedicht „Der Gott der Stadt“, geschrieben von Georg Heym im Jahre 1910, beschreibt das lyrische Ich eine Stadt und einen Gott, der über die Stadt wacht und regiert. Das, der Epoche des Expressionismus zuzuordnende, Gedicht ist in fünf Strophen zu je vier Versen gegliedert. Das Reimschema entspricht einem regelmäßigen Kreuzreim. Das Metrum1 ist ein regelmäßiger Jambus. In dem Gedicht beschreibt das lyrische Ich einen Gott, der über eine Stadt wacht und herrscht. Dieser Gott wird als ein zorniger Gott dargestellt. In der ersten Strophe geht das lyrische Ich zunächst auf den Gott ein. Dieser sitzt auf einem Häuserblock und schaut zornig in die Ferne wo nur noch einzelne Häuser stehen. In der zweiten Strophe beschreibt es den Sonnenuntergang und das Läuten der Kirchenglocken. Anschließend beschreibt es die Musik, die durch die Straßen dröhnt und den Rauch der Fabriken, der über der Stadt schwelt. In der vierten Strophe umschreibt das es den Übergang von Abend zu Nacht und beschreibt das Wetter. Zuletzt beobachtet es, wie „der Gott der Stadt“ eine Straße durch eine Handbewegung in Brand setzt und somit die Straße bis zum Morgen mit Rauch gefüllt ist.

Das lyrische Ich beschreibt die Stadt düster, laut, voller und Rauch und Feuer. Das Leben in der Stadt wirkt unangenehm und gefährlich, alles andere als lebenswert. Diese Wirkung durch einige sprachliche Besonderheiten erzeugt.

Zum einen werden die Menschen der Stadt nicht richtig genannt, die Menschen werden auf Zahlen oder Häuser reduziert, beziehungsweise depersonalisiert. Es sind nicht die Menschen, die am Rauche der Stadt wohnen sondern „Häuser [die sich] in das Land verirr'n“ (V. 4). Ebenso ist es nicht die Musik der Menschen, sondern „die Musik der Millionen“ (V. 9f.), die die Stadt erfüllt. Dadurch wirkt die Stadt leer, einsam und verlassen, es wirkt, als wären die Menschen keine Individuen, sondern ein Teil der Stadt.

Das lyrische Ich geht häufiger auf Bestandteile von Religionen ein, die aber eher negativ dargestellt werden. Der Gott der Stadt wird als ein Gott beschrieben, der durch Menschenopfer gnädig gestimmt werden muss (vgl. V. 5) und der ansonsten sehr zornig ist (vgl. V. 3). Es scheint, als würden die Bewohner der Stadt versuchen, den Gott zu besänftigen durch Kirchenglocken und rituelle Musik (vgl. V. 7 & V. 9). Der Rauch der Fabrik wird ebenfalls mit einem religiösen Symbol in Verbindung gesetzt, er wird mit Weihrauch verglichen (vgl. V. 12). In der letzten Strophe des Gedichtes wird jedoch klar, dass der Gott nicht besänftigt werden kann, er gibt ein Zeichen, wodurch eine Straße in Brand gesetzt wird (vgl. V. 17f.). Insgesamt drücken diese Ausdeutungen Hoffnungslosigkeit und Gottverlassenheit aus. Die Bemühungen der Menschen sind irrelevant egal, ob ungeheuer viele Glocken läuten oder Millionen von Menschen Musik machen, um ihren Gott zu schmeicheln (vgl. V. 7 & 9f.), der Gott der Stadt wird zornig bleiben.

Die ganze Stadt wird voller Arbeit dargestellt, die Menschen arbeiten in Fabriken, die überall stehen (vgl. V. 8, 11). Die Stadt ist von Rauch erfüllt, das Meer aus „schwarzen Trümmern“ (V. 8) ist eine Metapher2 für die vielen Schornsteine der Fabriken steht. Die Menschen arbeiten sehr lange obwohl es schon Abend ist (vgl. V. 5), arbeiten die Menschen noch und die Schornsteine qualmen (vgl. V. 11f.). Das einzige natürliche, was in diesem Gedicht beschrieben wird, ist das Wetter, welches vom Gott der Stadt kontrolliert wird (vgl. V. 13-16). Der Gott der Stadt ist auch ein Sturmgott. Die Stürme werden personifiziert als Geier dargestellt, die um den zornigen Gott kreisen (Vgl. V. 15f.). Dadurch, dass die Stürme wie Geier gucken, wirkt es, als ob sie auf Opfer und Tote warten, dadurch wird eine angespannte und bedrohliche Stimmung erzeugt.

Das lyrische Ich beschreibt, wie der Gott der Stadt, die Menschen in Gefahr bringt und ihr Leben zerstört. Er gibt ein Zeichen, sodass ein „Meer von Feuer [...] durch eine Straße [jagt]“ (V. 18-19). Das Oxymoron3 „Meer von Feuer“ vereint zwei Begriffe, die eigentlich konträr zueinander stehen, das verdeutlicht wie mächtig dieser Gott ist, er hat nicht nur die Stadt und die Menschen, sondern auch die Natur und die Elemente unter Kontrolle. Das „Meer von Feuer“ wird zusätzlich personifiziert, es „jagt durch eine Straße“ (V. 18f.). Es wird noch unkontrollierbarer und gefährlicher dargestellt. Es ist ein eigenständiges Wesen, es wirkt animalisch und wild. Nach dem Feuer wird die Straße vom „Glutqualm“, der braust, „[aufgefressen]“ (V. 19f.). Auch der Glutqualm wird personifiziert und wirkt wie ein wildes Tier. „Glutqualm“ ist zudem ein Neologismus4, der aus den beiden Wörtern Glut und Qualm besteht, dies lässt ihn als etwas Neues, Unbekanntes, Bedrohliches wirken.

Das Gedicht „Der Gott der Stadt“ lässt sich sehr gut der literarischen Epoche des Expressionismus zuordnen. Es kommen epochentypische Motive vor, wie zum Beispiel der Zerfall, eine vor-apokalyptische Stimmung und Zerstörung. Ein weiteres sehr prägnantes Motiv ist die Ästhetik des Hässlichen. Die Stadt wird als hässlich und düster beschrieben, jedoch so wie man von einem Berg auf die schöne Landschaft ins Tal schauen würde. Außerdem hat das Gedicht eine sehr einprägsame Bildlichkeit, die durch eine ausführliche Beschreibung des lyrischen Ichs hervorgerufen wird.

Wenn man die historischen Entwicklungen und die damaligen Ansichten, aus denen der Expressionismus hervorgeht, anschaut, spiegeln sich diese auch wider, wie zum Beispiel die Hochindustrialisierung, die Aufklärung, die Angst vor einer kommenden Apokalypse aufgrund von gewissen Vorboten wie dem Halleyschen Kometen. Außerdem spiegelt sich eine gewisse Kritik an dem Hang, den Menschen zunehmend mehr und mehr in seinem Nutzwert zu sehen, wider.

Insgesamt ist das Gedicht von Heym epochentypisch und stellt das Leben in der Stadt als gefährlich dar. Außerdem wirkt es, als ob jegliche Anstrengungen nutzlos seien und das schlechte unausweichlich sei.

Vergleich zu „Hörst du nicht die Brunnen rauschen“ von Clemens Brentano

Auch in dem romantischen Gedicht „Hörst du nicht die Brunnen rauschen“ von Clemens Brentano aus dem Jahre 1827 wird die Umgebung und Umwelt des lyrischen Ichs beschrieben. Brentano thematisiert in seinem Gedicht die Freiheit die man in Träumen erleben kann. Das Gedicht das im Gegensatz zu Heyms Gedicht aus einer Strophe mit zwölf Versen besteht, hat einen unregelmäßigen Trochäus als Metrum und, genau wie bei Heyms Gedicht einen regelmäßigen Kreuzreim als Reimschema. Das lyrische Ich beschreibt zunächst die Geräusche in seiner Umgebung und fordert eine zweite Person auf, mit ihm auf die Geräusche zu lauschen. Es bewundert diejenigen, die in Träumen sterben und von den Wolken gewogen werden. Es bewundert alle, die in ihren Träumen Freiheit und Glück finden. Am Ende des Gedichtes fordert es eine zweite Person auf, auch zu träumen und sagt es würde sie bald aufwecken.

In Brentanos Gedicht sieht die Umwelt des lyrischen Ichs extrem anders aus als bei Heym. Es ist im Vergleich ruhig, man hört nur Wasser aus dem Brunnen rauschen und Grillen zirpen (vgl. V. 1-3).

In diesem Gedicht sind die Wolken etwas schönes, sanftes. Das lyrische Ich sehnt sich danach, von den Wolken gewogen zu werden (vgl. Z.5). Das drückt eine Verbundenheit zu Natur und ein Verlangen nach Freiheit und Nähe zur Natur aus. Im Gegensatz dazu werden die Wolken in Heyms Gedicht als Rauch der Fabrik dargestellt, die nichts Schönes und betörliches haben (vgl. V. 11-12). Auch der Himmel wird in Brentanos Gedicht als ruhig und klar beziehungsweise als „blaue Himmelsdecke“ (V. 9) beschrieben. Es gibt keine flatternden Stürme oder Rauch wie im anderen Gedicht (vgl. V. 15) indem es selbst tagsüber aufgrund des Qualmes düster ist (vgl. V. 2).

Das gesamte beschriebene Bild in „Hörst du nicht wie die Brunnen rauschen“ ist friedlicher und natürlicher. Die Menschen die träumen können und im Traum Freiheit finden, also z. B. fliegen können, sind selig (vgl. V. 4 & V. 6). Brentano stellt die Träume als Ort da, wo wo der Mensch glücklich und frei ist. Das lyrische Ich sehnt sich nach Freiheit, Glück und Ruhe, die es aber im Traum finden kann. In Heyms Gedicht hingegen gibt es keine Ruhe, bis zum Morgen qualmen und brennen die Straßen. für die Menschen in der Stadt gibt es anscheinend diese Ruhe nicht (vgl. V. 18f.). Das lyrische Ich in Brentanos Gedicht beschreibt, dass es in den Träumen möglich ist Sterne wie Blüten zu pflücken (vgl. V. 10). In den Träumen ist folglich alles möglich.

In dem anderen Gedicht beschreibt das lyrische Ich, dass es unmöglich für die Bewohner der Stadt ist, irgendetwas zu ändern. Sie können sich so sehr bemühen ihrem Gott zu schmeicheln, am Ende zerstört er ihre Straßen dennoch (vgl. V. 18f). Insgesamt sind die beiden Gedichte und die Umwelt bzw. Umgebung, die in ihnen beschrieben wird, sehr unterschiedlich, wenn nicht sogar konträr.

Im ersten Gedicht von Georg Heym handelt es sich um eine Stadt, die Tag und Nacht von Rauch und Lärm erfüllt ist. Die Menschen müssen in Angst leben und mühen sich ab, ihrem Gott zu besänftigen, was aber wirkungslos und unnötig ist. Brentanos Gedicht hingegen stellt eine ruhige und natürliche Umwelt dar, die Menschen finden im Traum Ruhe und Frieden.