Wer ist die jüngste premierministerin der welt

Sanna Marin absolviert ihren Antrittsbesuch im Kanzleramt. Die mit 34 Jahren jüngste Ministerpräsidentin der Welt hat bereits wertvolle Erfahrungen im Gepäck.

19.02.2020 | von Christoph Lumme

Wer ist die jüngste premierministerin der welt
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Am 8. Dezember 2019 wurde bekannt gegeben, dass die 34-jährige Frau Sanna Marin das Amt der finnischen Premierministerin übernehmen wird. Der frühere Premierminister des Landes trat kürzlich zurück, so dass so bald wie möglich ein neuer gewählt wurde. Sanna wird diese Woche die Leitung übernehmen, und ihr junges Alter wird den Politiker zum jüngsten Premierminister der Welt machen.

Unmittelbar nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse traf sich Marin mit Reportern, um die dringendsten Fragen zu beantworten. Zunächst erklärte sie, dass sie das Vertrauen der Menschen in die Regierung wiederherstellen wolle, und dies sei ein ziemlich langer und langer Prozess. Natürlich teilte sie ihre Meinung, dass sie die jüngste der Politiker in dieser Position wurde.

Ihr zufolge hat sie nie auf ihr Alter und die Tatsache geachtet, dass sie eine Frau ist. Sie ging mit ganz anderen Überlegungen in die Politik, und die Tatsache, dass sie die Wahlen gewonnen hat, beweist, dass nicht alles umsonst getan wurde.

Sie wurde nicht sofort Premierministerin, Sanna hatte bereits mehrere Jahre im finnischen Kabinett gearbeitet, war aber für das Ministerium für Verkehr und Kommunikation des Landes verantwortlich.

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Und jetzt zu Ihrer Aufmerksamkeit ein paar Fakten über diese erstaunliche Frau.

Eine der ungewöhnlichen Tatsachen in ihrer Biografie ist, dass Sanna in einer gleichgeschlechtlichen Familie aufgewachsen ist. Sie hat zwei Mütter, eine liebe, die sie ausgeführt und geboren hat, und die zweite einen Partner. Wegen der unkonventionellen Familie versuchte Marin, in der Schule unsichtbar zu sein, weil sie befürchtete, dass die Kinder unnötige Fragen stellen und sich über sie lustig machen würden. Während der Schulzeit zeigte sie sich niemandem mit familiären Problemen.

2007 absolvierte Sanna die Universität in ihrer Heimatstadt und zehn Jahre später hatte sie bereits einen Master-Abschluss. 2015 wurde sie Mitglied des finnischen Parlaments.

Der Politiker ist mit einem Mann verheiratet, der nichts mit Politik zu tun hat. Markus Räikkönen ist Vermarkter und Direktor seines Unternehmens für digitale Technologie. Die junge Familie hat eine Tochter, Emma, ​​die im Januar 2020 2 Jahre alt wird. Die ganze Familie lebt in Sannas Heimatstadt Tampere.

Marin versteckt sich nicht vor der Bevölkerung des Landes, deshalb ist er in seinem Blog im sozialen Netzwerk von Instagram sehr aktiv. Sie hat nicht viele Abonnenten, nur zehntausend, aber für sie versucht der Politiker, so viel wie möglich über seine Arbeit, alle Nuancen und natürlich das persönliche Leben ihrer Familie zu erzählen.

Im Moment hat Sanna vor nichts Angst und zögert nicht, öffentlich über gleichgeschlechtliche Ehen usw. zu sprechen. Deshalb unterstützt sie öffentlich die LGBT-Community und nimmt immer an den „Regenbogen“-Paraden teil, die sowohl in ihrem Heimatland als auch im Ausland stattfinden.

Da kann man mal sehen, welche Wirkung Worte entfalten, die nur dahingesagt zu sein scheinen. Sanna Marin dachte im vergangenen Sommer, damals noch finnische Verkehrsministerin, öffentlich über eine Vier-Tage-Woche nach.

Jetzt, nachdem sie jüngste Regierungschefin der Welt ist, Premierministerin der 5,5 Millionen Finnen, schlagen die Wellen hoch.

Derart hoch, dass immer mehr denken, sie müssten die Worte schon für die Tat nehmen; oder mindestens als Beginn einer grundlegenden Veränderung der Gesellschaft. So weit ist es nicht, das betont die Regierung in Helsinki eilig. Aber der Gedanke ist in der Welt. Und den dementiert sie nicht.

Warum soll Marin auch. Nein, sagt er doch zugleich: Es gibt noch Sozialdemokraten! Die hier will offenkundig den Wohlfahrtsstaat durchaus einmal neu definieren und soziale Sicherheit anders buchstabieren. Tatsache ist, dass Marin schon mit dieser Frage recht hat, die auch öffentlich ist: 24 Stunden pro Woche, „warum sollte das nicht der nächste Schritt sein?“ Ja, warum nicht?

„Samstags gehört Vati mir“

Zumal das, was so modern klingt, Jahrzehnte zuvor im Grundsatz ähnlich gedacht worden ist. Da hatte in Deutschland die Gewerkschaftsbewegung einen Ansatz, der emanzipatorisch war – die Fünf-Tage-Woche.

Kurzer Rückblick: Im Aktionsprogramm von 1955 forderte der DGB die Fünf-Tage-Woche bei vollem Lohn- und Gehaltsausgleich und täglicher achtstündiger Arbeitszeit. Hierfür wurde ein Plakat entworfen, auf dem ein Kind „Samstags gehört Vati mir“ verlangte. Das schlug mächtig ein.

Schritt für Schritt wurde über Jahre die Arbeitszeit verringert, Wegbereiter war die IG Metall. Schon damals ging es nicht allein um mehr Zeit für die Regeneration des Arbeitnehmers, sondern die – tatsächlich – bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Allerdings standen seinerzeit allein um die Männer als Haupterwerbsperson im Vordergrund. Das ist natürlich längst überholt. Frauen fordern machtvoll ihr Recht.

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Sanna Marin (l), neue Ministerpräsidentin von Finnland, spricht bei einer Fragestunde im Parlament. Neben ihr sitzen Katri Kulmuni (l-r), Finanzministerin von Finnland, Thomas Blomqvist, Minister für Nordische Zusammenarbeit und Gleichheit in Finnland, Aino-Kaisa Pekonen, Ministerin für Soziales und Gesundheit in Finnland, Maria Ohisalo, Innenministerin von Finnland, Li Andersson, Bildungsministerin von Finnland, Pekka Haavisto, Außenminister von Finnland, und Anna-Maja Henriksson, Justizministerin von Finnland. © Vesa Moilanen/Lehtikuva/dpa

Umso interessanter ist heute die Neufassung des alten Grundgedankens. Und auch wenn es dauert, eine Veränderung durchzusetzen, die Herausforderung ist doch da: Weniger Arbeitszeit muss anders aufgeteilt werden.

Ein Kabinett, so progressiv wie kein anderes

Im Zeitalter der Digitalisierung wird das zur neuen Verteilungsfrage. Dazu passt, dass Marin ein bedingungsloses Grundeinkommen kritisch sieht: Ein Teil arbeitet gar nicht, ein anderer 70 Stunden? Da muss ein Ausgleich her.

In jedem Fall hat der Gedanke die Diskussion weit über Finnland hinaus geöffnet. Und wenn der Gedanke den Grund für die Tat legt, so bereiten Worte ihr den Weg.

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Das kann gelingen. Zumal Regierungschefin Marin mit einem Kabinett regiert, das so progressiv wie kein anderes in der Welt ist: Zwölf der 18 Ministerien werden von Frauen geführt, so wie die fünf Parteien in der Koalition. Die werden nicht locker lassen. Deutschlands sieht da plötzlich alt aus.