Welcher elektronenzustand wird von den Atomen angestrebt

KM-5: Modellbildung 23 23 Ionisierungsenergie – Elektronenaffinität – Elektronegativität 1.5 Veränderungen in der Elektronenhülle Zur Veränderung der Elektronenhülle kommt es, wenn verschiedene Atome in Wechselwirkung treten und eine chemische Bindung eingehen. Es wird immer der Zustand eines – den Bedingungen entsprechenden – Energieminimums angestrebt. Da die Edelgase als einzige unverbunden vorkommen, scheint der Elektronenzustand s 2 p 6 energetisch begünstigt zu sein. Ionisierungsenergie – „Entfernen“ eines Elektrons Als Ionisierungsenergie bezeichnet man jene Energie, die notwendig ist, um ein Elektron aus der Hülle eines neutralen Atoms – im Gaszustand – zu ent- fernen. Dabei entstehen positiv geladene Teilchen, die Ionen genannt werden. Die Energie, die notwendig ist, um das äußerste Elektron zu entfernen, nennt man 1. Ionisierungsenergie. Sie ist ein Merkmal dafür, wie fest verschiedene Atome ihre Valenz-Elektronen gebunden haben. Die 1. Ionisierungsenergie nimmt innerhalb einer Gruppe von oben nach unten ab (durch die größere Entfernung zum Kern kommt es zur Abschirmung der positiven Kernladung durch die negativ geladenen tiefer liegenden Sphären) und innerhalb einer Periode von links nach rechts zu (Zunahme der Kernla- dung bei gleich bleibender Hauptquantenzahl) (Abb. 23–1). Energiebeträge, die zur Entfernung weiterer Elektronen benötigt werden, nennt man entsprechend 2., 3. etc. Ionisierungsenergie. Für die Entfernung von Außenelektronen sind relativ geringe Energiebeträge notwendig. Bei der Entfernung von Elektronen aus tiefer liegenden Energie- niveaus steigt die Ionisierungsenergie sprunghaft an. Betrachtet man alle Io- nisierungsenergien eines Atoms, so erkennt man auch aus diesen Energiewer- ten den Energiestufenaufbau der Elektronenhülle (Abb. 23–2). Elektronenaffinität – „Hinzufügen“ eines Elektrons Als Elektronenaffinität bezeichnet man jene Energie, die abgegeben wird, wenn einem neutralen Atom ein Elektron hinzugefügt wird. Elektronenaffini- täten sind schwieriger zu messen als Ionisierungsenergien, daher kann man meist nur Näherungswerte angeben. Halogene besitzen hohe Elektronenaf- finitäten, weil die Elektronenaufnahme zur Ausbildung einer stabilen – der Elektronenanordnung benachbarter Edelgase entsprechenden – Sphäre führt. Sauerstoff und Schwefel besitzen nur mehr halb so große Elektronenaffinitä- ten wie die benachbarten Halogene, und die Elemente, die im PSE links davon stehen, weisen nochmals geringere Elektronenaffinitäten auf. Elektronegativität – „Anziehung“ von Elektronen Die Amerikaner Linus Pauling (1901–1994) und Robert Mulliken (1896–1986) ent- wickelten ein Konzept, das die Tendenz eines Atoms angibt, Elektronen an sich zu ziehen. Diese Größe nannten sie Elektronegativität ( EN ). Je höher die EN ei- nes Atoms ist, desto größer ist das Bestreben, Elektronen an sich zu ziehen. Die EN ist eine halbquantitative Größe, die aus Elektronenaffinität und Ionisierungs- energie berechnet bzw. durch Messung der Stärke verschiedener Bindungsty- pen bestimmt wird. Mit der Elektronegativität ordnet man Atomen eine Größe zu, die erst bei der Ausbildung einer chemischen Bindung zum Tragen kommt. Die Elektronegativität hängt eng mit der Stellung eines Atoms im PSE zusam- men. (Abb. 23–3). Atome der Nichtmetalle weisen demnach eine hohe, Atome der Metalle eine niedrige EN auf. Obwohl die EN-Werte fließend ineinander über- gehen, ist der Bruch bei Eigenschaften zwischen Metall-Atomen und Nichtme- tall-Atomen deutlich. Im PSE verläuft er durch die Achse B – Si – As – Te. Rechts oben im PSE stehen die Nichtmetall-Atome, links unten die Metall-Atome. Bei „Grenzelementen“ gibt es oft zwei Erscheinungsformen – eine metallische, die andere eher mit Nichtmetallcharakter. Die Edelgase sind Nichtmetalle. Man kann ihnen aber keine EN-Werte zuord- nen, weil sie keine Veränderung der Elektronenhülle anstreben. Abb. 023–1: 1. Ionisierungsenergien der ersten 16 Atome 0 5 10 15 20 25 Elektronenvolt (eV) H He Li Be B C N O F Ne Na Mg Al Si P S Cl Ar K Ca Abb. 023–4: Vergleich Metallatome – Nichtmetallatome METALLE NICHTMETALLE Ionisierungsenergie Elektronegativität Außenelektronen Sphären und/oder gering hoch viele viele wenige wenige gering hoch Abb. 023–3: Die Elektronegativitäten H Li Na Be B C N O F Cl I S Te Al Si Mg Rb Sr In Sn Sb Cs Ba 0 1 2 3 4 Elektronegativität 1. 2. 3. 4. 5. 6. Periode P K Br Se Ca Ga Ge As 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 0 500 1000 1500 2000 2500 eV Ionisierungsenergie n = 1 n = 2 n = 3 Abb. 023–2: Ionisierungsenergien des Al Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv


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24 2 Die chemische Bindung Einzelne isolierte Atome existieren unter den Bedingungen, die auf der Erde herrschen, nur bei den Edelgasen (Gruppe 18). Die an- deren Atome liegen in Atomverbänden vor. Den Zusammenhalt von Atomen innerhalb des Atomverbandes nennt man chemische Bindung. Ein brauchbares Modell der chemischen Bindung soll die makroskopischen Eigenschaften der Stoffe aus dem Atombau er- klären können. 2.1 GRUNDLAGEN DER CHEMISCHEN BINDUNG Oktettregel • Ionisierungsenergie • Elektronenaffinität • Elektronegativität Das Zustandekommen einer Bindung ist immer energetisch begründet und erfolgt durch Veränderung der Elektronenhülle. Es wird immer der Zustand eines – den Bedingungen entsprechenden – Energieminimums angestrebt. Da die Edelgase als einzige unverbunden vorkommen, scheint der Elektronenzustand s 2 p 6 energetisch begünstigt zu sein. Aus dieser Tatsache heraus wurde die „ Edelgas- oder Oktettre- gel “ formuliert: Atome verbinden sich so miteinander, dass ihre Elektronenstruktur der der Edelgase entspricht. Die Edelgasregel wird oft verletzt, ist aber doch in vielen Fällen ein brauchbares Hilfsmittel. Um zu erklären, wie es zu einer Veränderung der Hülle kommt, ist es notwendig, weitere Eigenschaften der Elektronenhülle anzuführen. Als Ionisierungsenergie bezeichnet man jene Energie, die notwendig ist, um ein Elektron aus der Hülle eines neutralen Atoms – im Gaszustand – zu entfernen. Dabei entstehen positiv geladene Teilchen, die Ionen genannt werden. Die Ionisierungs - energie wird in kJ/mol Atomen angegeben. Die Energie, die notwendig ist, um ein Elektron zu entfernen, nennt man 1. Ionisierungsenergie . Die Energiebeträge, die zur Entfernung weiterer Elektronen benötigt werden, nennt man entsprechend 2., 3. etc. Ionisierungsenergie. Die 1. Ionisierungsenergie ist ein Merkmal dafür, wie fest verschiedene Atome ihre Valenz-Elektronen gebunden haben. Die 1. Ionisierungsenergie nimmt innerhalb einer Gruppe von oben nach unten ab (durch die größere Entfernung zum Kern kommt es zur Abschirmung der positiven Kernladung durch die negativ geladenen, tiefer liegenden Sphären) und innerhalb einer Periode von links nach rechts zu (Zunahme der Kernladung bei gleich bleiben- der Hauptquantenzahl; Abb. 24.1). Betrachtet man alle Ionisierungsenergien eines Atoms, so erkennt man auch hier den Energiestufenaufbau der Elektronenhülle. Für die Entfernung der Außenelekt- ronen sind relativ geringe Energiebeträge notwendig. Bei der Entfernung von Elek- tronen aus tiefer liegenden Energieniveaus steigt die Ionisierungsenergie sprunghaft an (Abb. 24.2). Als Elektronenaffinität bezeichnet man jene Energie, die abgegeben wird, wenn einem neutralen Atom ein Elektron hinzugefügt wird. Elektronenaffinitäten sind schwieriger zu messen als Ionisierungsenergien, daher kann man meist nur Nähe - rungswerte angeben. Halogene besitzen hohe Elektronenaffinitäten, weil die Elek- tronenaufnahme zur Ausbildung einer stabilen – der Elektronenanordnung benach- barter Edelgase entsprechenden – Sphäre führt. Sauerstoff und Schwefel besitzen nur mehr halb so große Elektronenaffinitäten wie die benachbarten Halogene und die Elemente, die – im PSE – links davon stehen, weisen nochmals geringere Elekt- ronenaffinitäten auf. Die Amerikaner Linus Pauling (1901–1994) und Robert Mulliken (1896–1986) entwi- ckelten ein Konzept, das die Tendenz eines Atoms angibt, Elektronen an sich zu zie- hen. Diese Größe nannten sie Elektronegativität ( EN ). Je höher die Elektronegativi- tät eines Atoms ist, desto größer ist das Bestreben, Elektronen an sich zu ziehen. Die Elektronegativität ist eine halbquantitative Größe, die aus Elektronenaffinität und Ionisierungsenergie berechnet bzw. durch Messung der Stärke verschiedener Bindungstypen bestimmt wird. Mit der Elektronegativität ordnet man Atomen eine Größe zu, die erst bei der Ausbildung einer chemischen Bindung zum Tragen kommt. Die Elektronegativität hängt eng mit der Stellung im PSE zusammen. (Abb. 24.3) Atome der Nichtmetalle weisen demnach eine hohe, Atome der Metalle eine nied- rige Elektronegativität auf. Obwohl die EN-Werte fließend ineinander übergehen, ist der Bruch bei Eigenschaften zwischen Metall und Nichtmetall deutlich. Im PSE ver - läuft er durch die Achse B – Si – As – Te. Rechts oben im PSE stehen die Nichtme - 0 5 10 15 20 25 Elektronenvolt (eV) H He Li Be B C N O F Ne Na Mg Al Si P S Cl Ar K Ca 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 0 500 1000 1500 2000 2500 eV Ionisierungsenergie n = 1 n = 2 n = 3 H Li Na Be B C N O F Cl I S Te Al Si Mg Rb Sr In Sn Sb Cs Ba 0 1 2 3 4 Elektronegativität 1. 2. 3. 4. 5. 6. Periode P K Br Se Ca Ga Ge As Abb. 24.1: Die 1. Ionisierungsenergien Abb. 24.2: Die Ionisierungsenergien von Al Abb. 24.3: Die Elektronegativitäten md3ky5 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv


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Die Edelgaskonfiguration (seltener auch Edelgaszustand) bezeichnet eine Elektronenkonfiguration eines Atoms oder auch eines Ions, die der Elektronenkonfiguration des Edelgases der jeweiligen Periode oder der vorherigen Periode entspricht. Edelgaskonfigurationen sind energetisch besonders stabil, so dass viele chemische Reaktionen so verlaufen, dass Edelgaskonfigurationen gebildet oder erhalten werden. Das ist die Aussage der Edelgasregel. Demnach streben Wasserstoffatome die Konfiguration des Heliums mit zwei Elektronen an. Abgesehen von diesen Elementen der ersten Periode ist für die meisten Hauptgruppenelemente eine Konfiguration mit 8 Valenzelektronen energetisch günstig. Das ist die Aussage der Oktettregel. Für Nebengruppenelemente gilt stattdessen die 18-Elektronen-Regel.

Atome oder Ionen mit Edelgaskonfiguration sind besonders stabil und neigen wenig dazu, Elektronen abzugeben oder aufzunehmen.

Die Edelgase haben im elementaren Zustand bereits ihre Edelgaskonfiguration, sie sind deshalb auch im elementaren Zustand einatomig und bilden nur in Ausnahmefällen Edelgasverbindungen.

Edelgaszustand bei Ionen

Diese Edelgaskonfiguration kann auch von einem Atom erreicht werden, indem es Elektronen aufnimmt oder abgibt, wodurch es zum geladenen Ion wird. Dabei entsteht eine chemische Verbindung mit einer Ionenbindung mit demjenigen Partner, von dem die aufgenommenen Elektronen stammen oder an den sie abgegeben wurden. Es werden so viele Elektronen aufgenommen oder abgegeben, bis die Edelgaskonfiguration erreicht ist, d. h. bis alle Elektronenschalen vollständig mit Elektronen besetzt sind.

Beispiel:

Magnesium gibt zwei Elektronen ab und wird zu einem doppelt positiv geladenen Magnesium-Ion, das dadurch mit 10 Elektronen (8 Valenzelektronen) die Elektronenkonfiguration von Neon erreicht:

M g ⟶ M g 2 + + 2   e − {\displaystyle \mathrm {{Mg}\longrightarrow {Mg}^{2+}+2\ {e}^{-}} }  

Werden diese beiden Elektronen zum Beispiel an ein Sauerstoff-Atom abgegeben, dem im elementaren Zustand zwei Elektronen zur Edelgaskonfiguration fehlen, so wird es hierdurch zum Sauerstoffion und erreicht ebenfalls die Elektronenkonfiguration von Neon mit 10 Elektronen (8 Valenzelektronen):

O + 2   e − ⟶ O 2 − {\displaystyle \mathrm {{O}+2\ {e}^{-}\longrightarrow {O}^{2-}} }  

So entsteht, unter starker Energieabgabe in Form von Wärme (also eine exotherme Reaktion), die chemische Verbindung MgO (Magnesiumoxid):

M g 2 + + O 2 − ⟶ M g O {\displaystyle \mathrm {{Mg}^{2+}+{O}^{2-}\longrightarrow {MgO}} }  

Sie wird von den beiden starken positiven und negativen Ladungen zusammengehalten und ist infolge der von jedem der beiden Atome erreichten Edelgaskonfiguration äußerst stabil.

Weil elementarer Sauerstoff als zweiatomiges Molekül vorkommt, wird die Gesamtreaktionsgleichung korrekt mit je zwei Atomen Mg und O formuliert (siehe Stöchiometrie):

2   M g + O 2 ⟶ 2   M g O {\displaystyle \mathrm {2\ Mg+O_{2}} \longrightarrow \mathrm {2\ MgO} }  

In solchen zusammenfassenden Gleichungen werden häufig keine Ladungen dargestellt, so dass daraus zwar die exakten Mengenverhältnisse hervorgehen, aber keine direkten Hinweise ersichtlich sind für die Ursachen des Reaktionsablaufs, das energetische Verhalten oder das Erreichen der Edelgaskonfiguration.

Beispiel Chlor und Chlorid:

Anzahl Protonen Anzahl Elektronen Valenzelektronen
Atom Cl 17 17 7
Ion Cl− im Edelgaszustand 17 18 8
Atom des Edelgases Argon im Edelgaszustand 18 18 8

Edelgaszustand bei Molekülen

Bei der Bindung in Molekülen wird der Edelgaszustand der beteiligten Atome erreicht, indem Elektronenpaare aneinander gebundener Atome beiden Atomen gemeinsam angehören. Diese zu beiden Atomen gehörenden Elektronenpaare sind bindend und werden bei der Betrachtung der Elektronenkonfigurationen der beteiligten Atome doppelt gerechnet und in diesem Sinne für das Erreichen der Edelgaskonfiguration gemeinsam genutzt. Beispielsweise hat im Wasserstoffmolekül H2 jedes Wasserstoffatom die Heliumkonfiguration, da im Molekül H—H sowohl das 'linke' als auch das 'rechte' Atom zwei Elektronen zu seiner Elektronenschale zählen kann.

Edelgaszustand bei Metallen

Bei der Metallbindung geben alle beteiligten Metallatome Elektronen ab. Die verbleibenden positiv geladenen Metallionen werden auch „Atomrümpfe“ genannt. Sie sind eingebettet in ein aus den abgegebenen Elektronen gebildetes Elektronengas, das das Metallgitter zusammenhält und die gegenseitige Abstoßung der Atomrümpfe verhindert. Im Natriummetall hat jedes Natriumatom ein Valenzelektron an das Elektronengas abgegeben; es erreicht so die Elektronenkonfiguration des Neons. Das im Periodensystem neben dem Natrium stehende Magnesium muss zwei Valenzelektronen an das Elektronengas des Metallgitters abgeben, um die Konfiguration des Neons zu erreichen, das Aluminium drei. Mit der zunehmenden Ladung der Atomrümpfe kann die starke Zunahme der Gitterenergie und die deutliche Abnahme der Metallatomradien in der Reihe Natrium – Magnesium – Aluminium erklärt werden.[1]

  1. A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1, S. 114.

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