Was verdient ein Kellner in der Dominikanischen Republik

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– Region Santo Domingo, Dominikanische Republik

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Higüey - Zwei Wochen Karibik für 999 Mark - seitdem es in den neunziger Jahre solche Angebote gab, muss die Dominikanische Republik in Deutschland mit dem Image eines Billigziels leben. Die Realität sieht heute anders aus, das Land bemüht sich verstärkt um betuchtere Urlauber. Doch auch in den Fünf-Sterne-Hotels und abgeschotteten Luxuswohnanlagen setzt sich fort, was schon früher beim "All inclusive"-Billigurlaub Standard war: Den Alltag der Dominikaner erleben die Touristen nur auf Tagesausflügen , abends sind sie wieder unter sich. Und obwohl sich das Land um ein neues Image bemüht: Es kommen weiterhin auch Reisende, die weniger die Kultur- und Naturerlebnisse suchen als Sonne, Strand und Suff.

"Hoch die Tassen! Her mit dem Rum! Wir wollen euch trinken sehen!" Es ist nicht genau zu verstehen, was sich die etwa 50 Frauen und Männer da zurufen, aber Sätze wie diese dürften es wohl sein. Die Urlauber stehen bis zur Brust im Wasser und lassen die Flaschen kreisen; sie lachen, schreien und juchzen. Ihr Katamaran hat vor einem Strand im Nationalpark del Este den Anker geworfen, sofort sind die feucht-fröhlich feiernden Touristen ins Wasser gestiegen. Von den Crew-Mitgliedern werden sie zum Schmettern spanischer Trinksprüche animiert.

Auch Benjamin Castillo hat eine Flasche mit den "Dominikanischen Vitaminen" dabei, wie er den braunen Rum nennt. Das Boot mit seiner Reisegruppe hat nur 30 Meter entfernt vom Katamaran der fröhlichen Truppe gestoppt. Unter der tropischen Mittagssonne wird hier besser nur ganz kurz am Rum-Cola-Gemisch genippt, das Meer ist ohnehin die viel größere Attraktion: Sanft umspült es Beine und Bauchnabel, das Wasser ist glasklar, und einer von Benjamins Kumpeln schafft wie aus dem Nichts plötzlich Seesterne heran - die Kameras klicken im Akkord.

Außer Zuckerrohr nur Tourismus

Benjamin Castillo ist Reiseleiter aus Higüey, dem größten Ort im Osten der "DomRep". Er spricht fünf Sprachen fließend und wechselt mühelos vom Deutschen ins Französische und umgekehrt. Gelernt hat er das in harter Arbeit an einer Privatschule, nun sind die Sprachkenntnisse sein größtes Kapital. Denn außer im Tourismus gibt es nicht viele Chancen, zu Geld zu kommen. Klar, da sind noch die riesigen Zuckerrohrfelder südlich von Higüey. "Doch Kakao, Kaffee, Bananen, Viehzucht, Zuckerrohr - davon leben nur die Reichen, denen das Land gehört", sagt Benjamin. "Die armen Leute arbeiten alle im Tourismus."

Und der junge Reiseleiter beteuert: "Wenn wir hier einen Touristen sehen, denken wir: Das ist ein Freund, denn er bringt uns Arbeit." Mit seiner Reisegruppe ist Benjamin in Bayahibe an der Südostküste der "DomRep" gestartet. Beide Außenbordmotoren des Schnellbootes leisten 225 PS, die Passagiere müssen sich und ihre Baseballkappen gut festhalten. Vom ersten Strand-Stopp geht es weiter zu einer Sandbank zwischen dem Festland und der zum Nationalpark gehörenden Insel Saona, wo das Wasser nur noch knietief ist.

Später gibt es Hühnchen, Fisch, Reis und Gemüse, Bier und noch einmal "Dominikanische Vitamine", schließlich geht es mit einem Segelboot zurück zum Hafen. Der Wind treibt das Schiff kräftig, aber nicht unruhig an, an Deck wird ein bisschen Merengue getanzt, Meer und Himmel strahlen in sattem Blau - wer dabei noch an Alltagsstress in Deutschland denkt, hat tatsächlich ein Problem. 99 US-Dollar (etwa 67 Euro) kassiert der Reiseveranstalter für solch einen Tagesausflug.

Der Ausgangspunkt für solche Touren sind die Hotelzonen von Punta Cana. An den insgesamt 73 Kilometer langen weißen Sandstränden der Region ist etwa die Hälfte der insgesamt 63.200 Hotelzimmer der "DomRep" zu finden, und noch immer kommen neue hinzu. Cap Cana zum Beispiel gilt als derzeit größtes Tourismusprojekt in der Karibik, gebaut werden luxuriöse Hotelpaläste, Apartments und Ferienresidenzen. Im Hotel "Sanctuary Cap Cana Golf & Spa", das als Erstes fertig wird, sollen die teuersten Suiten in der Hochsaison umgerechnet fast 5000 Euro kosten - und zwar pro Nacht und unter dem Motto "nix inclusive".

"Die Hotels sind eine andere Welt"

Für Frühstück und weitere Leistungen muss hier extra bezahlt werden. Trotzdem ist nicht zu erwarten, dass die Gäste im großen Stil Cap Cana verlassen werden, um sich wie die Einheimischen an Snackbars und bei fliegenden Händlern mit Essen und Getränken zu versorgen. "Die Hotels sind eine andere Welt. Das ist nicht die Dominikanische Republik, das ist ein grünes Stück Europa", findet Benjamin Castillo.

Wer als Tourist die Wirklichkeit nicht ausblenden möchte, sollte beim Bootsausflug zur Insel Saona auf der Rückfahrt einfach aus dem Busfenster schauen. Die Straße durch die Zuckerrohrfelder führt an Baracken vorbei, viel Müll liegt auf der Straße, Hühner picken dazwischen herum. In Higüey, seit Jahrhunderten ein beliebter Wallfahrtsort für Marienverehrer, herrscht ein großes Durcheinander auf den Straßen - vier Menschen auf einem Motorradsattel sind eher die Regel als die Ausnahme. Trotzdem wirkt der Ort auf eine chaotische Weise sympathisch.

"Vor 20 Jahren hatte Higüey 18.000 Einwohner, heute sind es mehr als 165.000. Jeden Tag kommen neue Familien hier an, um Arbeit in den Hotels zu suchen. Es ist sehr schwer, eine Wohnung zu finden", erzählt Reiseleiter Benjamin. Morgens ab 4.30 Uhr bringen Busse die Zimmermädchen, Kellner und Gärtner von Higüey zu den Strandhotels, die 45 Minuten entfernt liegen. "Abends sind die Leute um 21 Uhr wieder zu Hause." Der Verdienst liegt oft bei 300 bis 350 US-Dollar im Monat, Bustransfers und Verpflegung in den Hotels zahlt der Chef.

Wer mehr vom Alltag der Dominikaner sehen will, kann in den Hotels in Punta Cana auch Ausflüge zum Markt in Higüey buchen. "Bitte nicht die Nase zuhalten, auch wenn es unangenehm riecht. Das würde als Beleidigung empfunden", gibt Reiseleiter Johnny Santana vorher noch ein paar Verhaltensregeln. Die Markfrauen bieten Obst an, bunt schimmernde Fischen, ungekühltes Hühnerfleisch und sieben Sorten Bohnen. Grapefruits und Kokosnüsse werden an Ort und Stelle zerteilt und verzehrt. Mopeds knattern durch die Gassen. An der nächsten Straßenecke werden grüne Bananen in ganzen Stauden verkauft, die Ladeflächen der alten Pick-ups quellen über davon.

Kakteen krallen sich an Schluchtwände

Südöstlich von Higüey gibt es weitere Ausflugsziele, zum Beispiel das im 16. Jahrhundert gebaute Steinhaus des Spaniers Juan Ponce de Leon, der von hier aufbrach, um Puerto Rico und Florida zu erobern. Oder den Küstenort Boca de Yuma, der auf einer Anhöhe über der Mündung des 75 Kilometer langen Yuma-Flusses in den Atlantik liegt. Der Fluss hat hier eine 15 Meter tiefe Schlucht ins Land gegraben, Kakteen krallen sich an den steil aufragenden Felsen fest, Moos hängt von den Bäumen, und am Ufer lassen sich Wasservögel beobachten. Für die kurzen Bootsfahrten gibt es keine Kassenhäuser, die Gäste steigen einfach zu den Fischern ins Boot.

Diese Touren treffen sicher den Geschmack der Regierung, die weg will vom Billig-Image und von einer reinen "All-inclusive"-Kultur. "Wir wollen neue Zielgruppen ansprechen: Kulturbegeisterte, Naturfans, Golfer, Mountainbiker und Wellness-Liebhaber", sagt Petra Cruz, Chefin des Fremdenverkehrsamts der "DomRep" in Frankfurt. So fördere das Tourismusministerium unter anderem den Bau von luxuriösen Boutiquehotels mit weniger als hundert Betten, und in einem noch bis 2008 geltenden Masterplan sei viel Geld für den Straßenausbau eingeplant, "damit sich mehr Gäste einfach ins Auto setzen und losfahren, um das Land und seine Leute zu entdecken".

Dass sie um viele Eindrücke reicher sind, erleben auch heute schon die Urlauber, die - egal ob per Bus oder Mietwagen, ob nach einem Strand- oder Marktbesuch - abends in ihre Strandhotels zurückkehren. Doch wenn die Schranke am Hotelportal erst unten ist, sind sie wieder in einer anderen Welt, die mit dem Alltag draußen wenig zu tun hat.

Von Christian Röwekamp, dpa