Welche folgen hat die erderwärmung

Die Flutkatastrophe im Westen Deutschlands hat gezeigt, wie katastrophal die Folgen des Klimawandels sein können. Fest steht: Die Auswirkungen der globalen Erwärmung sind auch in Deutschland spürbar und zeigen sich regional unterschiedlich. Wir erklären, was sich verändert hat, womit wir in Zukunft noch rechnen müssen und welche Anpassungen besonders wichtig sind.

  • Klimawandel wirkt sich unterschiedlich auf Regionen Deutschlands aus
  • Kommunen am Wasser müssen sich auf mehr Überschwemmungen und Sturmfluten einstellen
  • Trockenheit und Hitze belasten Landwirtschaft
  • Bundesregierung bekämpft Klimawandelfolgen mit Nationaler Anpassungsstrategie
  • viele Branchen reagieren auf Veränderungen des Klimas

Dank immer genauerer Klimamodelle und schnellerer Computer können Wissenschaftler immer genauere Aussagen über die Folgen des Klimawandels für Deutschland machen. Das wichtigste Ergebnis: Extreme Wetterereignisse wie Starkregen nehmen zu, generell wird es hierzulande trockener und wärmer.

Deutschlandweit sind häufigere und schwerere Überschwemmungen zu erwarten. Zentrale Ursache für die Flutkatastrophen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Juli 2021 waren extreme Wetterlagen. Große Regenmengen über mehrere Wochen und plötzlicher Starkregen sowie Unwetter sorgten für Sturzfluten. Die ließen zahlreiche Häuser und Brücken einstürzen und kosteten viele Menschen das Leben, vor allem in der Eifel und im Bergischen Land.

Auch in den vergangen Jahren wurde Deutschland bereits von Extremwettern getroffen, so etwa bei der Oderflut 1997, dem Elbehochwasser von 2002 und den Überschwemmungen im Juni 2013, die in Ost- und Süddeutschland große Schäden anrichteten. Ursache für die heftigen Regenfälle waren sogenannte Fünf-B-Wetterlagen, die feuchte Mittelmeerluft nach Norden brachten – und nach Ansicht von Experten durch den Klimawandel vermehrt auftreten werden.

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Auswirkungen des Klimawandels an der Nordseeküste

Für die Küstenstädte ist die Erderwärmung ein besonders schwerwiegendes Problem: Schmelzende Gletscher und eine wärmebedingte Ausdehnung der Wassermassen in den Ozeanen lassen die Meeresspiegel steigen, Überflutungen werden häufiger.

Durch heftigere Winde werden Sturmfluten an der Nordsee künftig stärker ausfallen; zusammen mit dem Meeresspiegel-Anstieg könnten Sturmfluten in der Deutschen Bucht bis Ende dieses Jahrhunderts um 30 bis 110 Zentimeter höher auflaufen. Schon ab 2030, so das Norddeutsche Klimabüro, werden zusätzliche Schutzmaßnahmen nötig.

Häufigere Dürren und Extremsommer

Die Sommer 2003, 2018 und 2019 waren die heißesten seit dem Beginn der Messungen 1881. Im niedersächsischen Lingen wurde 2019 gar ein neuer deutscher Temperaturrekord von 42,6 Grad gemessen. Die Folgen waren drastisch: Der Sommer 2018 forderte laut dem Forschungsbericht „The Lancet“ deutschlandweit rund 20.000 Hitzetote.

Besonders in Ostdeutschland, genauer im Nordosten, werden die durchschnittlichen Temperaturen zunehmen – die Landwirtschaft stellt sich bereits darauf ein. Die Zahl der heißen Tage mit Spitzenwerten von mindestens 30 Grad wird bis Ende des Jahrhunderts ebenfalls deutlich steigen. Je nach Region und Stärke des Klimawandels erwartet die Vulnerabilitätsanalyse der Bundesregierung eine Zunahme um 5 bis 40 Tage – die meisten davon im Südwesten Deutschlands. In Baden-Württemberg ist langfristig auch mit der größten Zunahme von Dürren zu rechnen. Die Zahl der Tage ohne Niederschlag könnte um bis zu 60 Tage zulegen.

Insbesondere die Nächte werden heißer und sogenannte tropische Nächte häufiger, in denen das Thermometer nicht mehr unter 20 Grad Celsius sinkt. Dadurch und durch öfter auftretende und länger anhaltende Hitzewellen erhöht sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

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Belastung der Meere und Flüsse

Der Anstieg der Temperatur der Weltmeere wiederum betrifft auch Nord- und Ostsee. Beispielsweise hat das Wachstum von Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt, in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen. Berechnungen der Universität Hamburg zufolge könnte sich die Anzahl von Blaualgen in der Ostsee in den nächsten 30 Jahren verdoppeln.

Blaualgenteppiche führen zu verstärkter Absorption von Sonnenstrahlung und somit zu einer weiteren Erwärmung der Meeresoberfläche. Abgestorbene Algen binden jede Menge Sauerstoff, was zu sogenannten Todeszonen unter Wasser führen kann. Fischen und andere Meereslebewesen fehlt dann der Sauerstoff zum Atmen.

Das Wasser in vielen deutschen Flüssen wird im Sommer künftig weniger und dazu wärmer sein. Weil bei höheren Temperaturen der Sauerstoffgehalt des Wassers sinkt, könnten Fische massenhaft sterben. Doch nicht nur für die Natur ist das ein Problem, sondern auch für die Industrie. Kraftwerke und Fabriken, die das Flusswasser zur Kühlung einsetzen, müssen gedrosselt oder ganz abgeschaltet werden.

Anpassungen an den Klimawandel in Deutschland

Bereits 2008 hat die Bundesregierung eine „Nationale Anpassungsstrategie“ an den Klimawandel auf den Weg gebracht. Viele Branchen und Regionen – beispielsweise Städte in Küstennähe oder die Agrarindustrie – sind schon heute dazu gezwungen, auf die Folgen des Klimawandels zu reagieren oder für künftige Klimafolgen vorzusorgen. Eine Studie des Umweltbundesamtes zeigt, dass auch relativ kostengünstige Anpassungsmaßnahmen ergriffen werden können.

Hochwasserschutz

Die städtische Kanalisation in Großstädten wie Hamburg, teilweise mehr als hundert Jahre alt, wird mit kurzen und heftigen Starkregenfällen überfordert sein – deshalb werden Abwasserkanäle und Rückhaltebecken ausgebaut. Gleichzeitig soll der Versiegelung von Stadtflächen durch natürliche Befestigungen von Straßen und Wegen entgegengewirkt werden, damit Wasser gar nicht erst in die Kanalisation gelangt, sondern im Boden versickern kann.

An der Nordseeküste Schleswig-Holsteins sind die Deiche eine große Herausforderung. Um gegen den Anstieg des Meeresspiegels, Überschwemmungen und Sturmfluten gewappnet zu sein, werden bereits kilometerlange Deichstrecken überholt und erhöht. Zusätzlich wird dabei bereits ein Klimazuschlag von weiteren 25 Zentimetern einberechnet.

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Bundesländer wie Brandenburg oder Sachsen machen sich am meisten Sorgen um ihre Landwirtschaft. Bauern müssen sich dort auf verschobene Vegetationsphasen einrichten; sie müssen ihre Anbauzyklen und Bewässerungsmethoden auf die zunehmende Trockenheit ausrichten.

Die Forstleute sind längst im Wettlauf mit dem Klimawandel. Wegen der jahrzehntelangen Wachstumsphasen von Bäumen sind sie weniger flexibel als Bauern. Wärmere und trockenere Sommer bedeuten für den deutschen Wald regelrechten Hitzestress. Schadinsekten können sich stärker ausbreiten. Relativ robuste Eichen verkraften das besser als empfindliche Fichten oder feuchtigkeitsliebende Buchen. Für den Wald der Zukunft erforschen Wissenschaftler in Hessen oder Bayern die Potenziale verwandter Eichenarten aus dem süd- oder osteuropäischen Raum.

Auch das Gesundheitssystem wird durch den Klimawandel vor neue Herausforderungen gestellt. Alte und schwache Menschen sind ebenso wie Kinder besonders hitzeempfindlich. Auch Infektionskrankheiten breiten sich bei höheren Temperaturen schneller aus: Neben Überträgern wie Zecken sind mittlerweile auch invasive Arten wie die asiatische Tigermücke im nördlichen Europa anzutreffen, die hier bisher unbekannte Viruserkrankungen wie Denguefieber überträgt.

Selbst die Urlaubsgewohnheiten dürften sich an dem Klimawandel in Deutschland anpassen: Während eine Verlängerung der Badesaison an den Küsten vielerorts wohl gelegen kommt, muss sich der Ski-Tourismus in den Alpen jenseits von Schneekanonen und Skihallen neu erfinden. Weg von der Winterabhängigkeit und hin zum Vier-Jahreszeiten-Tourismus: Wie klare Bergluft im stickigen Städte-Sommer zur erfrischenden Alternative werden könnte, wird in der „Modellregion Hochschwarzwald" erforscht.

Informationsquellen zu Klimawandelfolgen und Anpassung

In der Tatenbank des Kompetenzzentrums für Klimafolgen und Anpassung im Umweltbundesamt finden Sie verschiedene Maßnahmen und Projekte zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Deutschland. In der Vulnerabilitätsanalyse hat die Bundesregierung 2015 die Verwundbarkeit Deutschlands untersuchen lassen. Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel finden sich im bundesweiten Aktionsplan Anpassung.

Wie zahlreich die Auswirkungen des Klimawandels auf Leben in Deutschland sind, wird außerdem bei einem Blick in den Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel deutlich. Von Grundwasserständen bis zu Hotel-Übernachtungen in Wintersportorten finden sich dort Dutzende Indikatoren, die die Folgen des Klimawandels begreifbar machen sollen.

In unserem Artikel „Klimawandel: Die weltweiten Folgen“ finden Sie Informationen dazu, wie sich der Klimawandel global auswirkt und welche Lösungen es auf regionaler Ebene gibt.

Autor: Manuel Berkel (freier Redakteur)


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Artensterben, Hitzewellen, Eisschmelze – je nach Temperaturanstieg sind die Folgen der globalen Erwärmung unterschiedlich stark. Erfahren Sie, warum die Pariser Klimaziele so wichtig sind und welche Mechanismen besonders Entwicklungsländern helfen sollen.

  • Gegenwärtiger Kurs bedeutet 3,2 Grad globale Erwärmung
  • Für 1,5 Grad müssten Emissionen ab 2020 um 7,6 Prozent pro Jahr sinken
  • 2-3 Grad bedeuten für 20-30 Prozent aller Arten hohe Gefährdung
  • Jedes vermiedene Zehntelgrad vermindert die Folgen des Klimawandels.
  • Industriestaaten zögern bei Finanzhilfen für Entwicklungsländer

Im Klimasystem der Erde gibt es Grenzen, an denen schon kleine Änderungen abrupte Änderungen auslösen können. Diese planetaren Grenzen werden Kipppunkte genannt. Überschreitet die globale Erwärmung diese Punkte, lassen sich die Folgen nicht mehr aufhalten oder rückgängig machen. Beispiele für Kipppunkte sind das Schmelzen des arktischen Meereises und die Abschwächung der Wärmeströmung im atlantischen Ozean (thermohaline Zirkulation).

Was die weltweiten Folgen des Klimawandels angeht, sind die Meldungen der Vereinten Nationen regelmäßig alarmierend. Die Welt steuere auf eine Erwärmung von 3,2 Grad zu, schrieb das Umweltprogramm der UN in seinem Emissions Gap Report 2019. Selbst dieser Temperaturanstieg sei nur dann einzuhalten, wenn die Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens ihre zuvor gemeldeten freiwilligen Beiträge (NDCs) umsetzen. Um das Pariser 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, müsste der Ausstoß von Treibhausgasen zwischen 2020 und 2030 aber jährlich um 7,6 Prozent sinken, für das 2-Grad-Ziel um 2,7 Prozent. Tatsächlich aber sind die Emissionen im Jahr 2019 laut Global Carbon Project einmal mehr gestiegen.

Die Folgen des Klimawandels sind laut Weltklimarat gewaltig. Schon in seinem 4. Sachstandsbericht schätzte der IPCC, dass ein Temperaturanstieg zwischen 2 und 3 Grad für 20 bis 30 Prozent aller Arten ein hohes Risiko bedeuten würde auszusterben. In seinem Bericht zur Erderwärmung um 1,5 Grad prognostiziert der IPCC, dass bei diesen Temperaturanstieg zum Beispiel 6 Prozent aller Insekten mehr als die Hälfte ihres Lebensraums verlieren würden.

Bereits innerhalb des Pariser Temperaturbereichs von 1,5 bis 2 Grad Erwärmung könnten zudem einige Kipppunkte im Erdsystem ausgelöst werden. Damit sind irreversible Schäden bestimmter Systeme gemeint, die sich nicht mehr aufhalten oder rückgängig machen lassen, sobald bestimmte Temperaturschwellen überschritten wurden.

Der Weltklimarat IPCC unterteilt Kippelemente in regionale Phänomene wie das Schmelzen des arktischen Meereises und sogenannte großräumige singuläre Ereignisse mit Folgen für das gesamte Klimasystem, dazu zählen zum Beispiel der Verlust des westantarktischen Eisschildes und die Abschwächung der Wärmeströmung im Atlantik. Welche Kippelemente es gibt, erklärt diese Übersicht des Climate Service Centers Germany (GERICS). Eine anschauliche Karte bietet das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Der Potsdamer Forscher Stefan Rahmstorf hat in einem Artikel für einige Kipppunkte aufgelistet, bei welchen Temperaturanstiegen sie erreicht werden könnten.

Extremere Temperaturen sind nicht nur ein Problem für Tropen- und Wüstenregionen. Mittel- und Südeuropa zählen ähnlich wie das südliche Afrika, die amerikanische Ostküste und der westliche Teil Asiens zu den Regionen, in denen der stärkste Temperaturanstieg in Hitzeperioden zu erwarten ist. So steht es im 1,5-Grad-Bericht des Weltklimarats. Ein Anstieg von 1,5 auf 2 Grad Erderwärmung würde demnach weltweit 420 Millionen Menschen zusätzlich extremen Hitzewellen aussetzen. Die Mittelmeerregion wäre weltweit neben dem südlichen Afrika auch am stärksten von häufigeren und gravierenderen Dürren betroffen.

Was den Meeresspiegel angeht, würde eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad statt 2 Grad den Anstieg voraussichtlich um 10 Zentimeter vermindern. Insgesamt wird bis Ende des Jahrhunderts mit einem Meeresspiegelanstieg von 20 Zentimetern bis einem Meter gerechnet, wenn die Erwärmung 2 Grad nicht übersteigt. Nach dem Jahr 2100 würde sich der Anstieg allerdings fortsetzen.

Welche Risiken jedes zusätzliche Grad Erderwärmung für die Menscheit bedeutet, zeigt ein Blick auf die Folgen für die Ernten. Bei einem Temperaturanstieg um 1,5 Grad wären weltweit 8 Millionen Menschen zusätzlich durch veränderte Ernteerträge gefährdet. Bei 2 Grad würde sich die Zahl auf 80 Millionen verzehnfachen. Bei 3 Grad – und auf diesen Wert steuert die Welt derzeit zu – wären es sogar 406 Millionen Menschen zusätzlich.

Die Folgen des Klimawandels verstärken außerdem oft andere Eingriffe des Menschen in die Natur wie die moderne Land- und Forstwirtschaft. Diese Wechselwirkungen hat der IPCC ausführlich in seinem Sonderbericht zu Klimawandel und Land beschrieben. Der Klimawandel beeinträchtigt zwar beispielsweise die Artenvielfalt. Das Insektensterben lässt sich aber vor allem durch andere Maßnahmen bekämpfen: eine Verminderung von Monokulturen, Pestiziden und Lichtverschmutzung.

In unserem Artikel „Klimawandel: Folgen für Deutschland“ finden Sie Informationen dazu, wie sich der Klimawandel auf die Bundesrepublik auswirkt und welche Möglichkeiten das Land hat, sich auf die Folgen einzustellen.

Ärmere Länder wird der Klimawandel weit stärker treffen als wohlhabende Staaten wie Deutschland, die in gemäßigten Breiten liegen und leichter in Deiche und klimatisierte Gebäude investieren können. Dürren etwa erhöhen dem 1,5-Grad-Bericht zufolge das Risiko für politische Konflikte vor allem in den Staaten südlich der Sahara und des Nahen Ostens.

Innerhalb der Klimapolitik gibt es deshalb schon seit dem Abschluss der Klimarahmenkonvention UNFCCC in Rio 1992 Bestrebungen, Industriestaaten zu finanziellen Zahlungen an ärmere Staaten zu bewegen. Sie sollen auch für diese Staaten Technologien zur Emissionsminderung erschwinglich machen, die Anpassung an den Klimawandel finanzieren und sie für Schäden zum Beispiel durch Missernten entschädigen.

Ein wichtiger Finanzierungsmechanismus wurde beim Weltklimagipfel in Warschau 2013 etabliert und schließlich in das Pariser Klimaabkommen aufgenommen, der Internationale Warschauer Mechanismus für den Umgang mit Schäden und Verlusten (WIM). International läuft diese Diskussion unter dem Begriff Loss and Damage. Weil die Industriestaaten aber unkalkulierbare Entschädigungsansprüche befürchten, kommen die Verhandlungen kaum voran.

Ab 2020 sollen zumindest 100 Milliarden Dollar pro Jahr für Klimaprojekte in Entwicklungsländern bereitstehen. Das hatten die Industriestaaten 2009 beim Klimagipfel in Kopenhagen zugesagt. Das Geld ist für Projekte zur Treibhausgas-Vermeidung und zur Anpassung an den Klimawandel bestimmt und der Großteil soll vom Green Climate Fund verwaltet werden. Offen ist aber, ob die Zusagen tatsächlich erreicht werden.