Was ist der unterschied zwischen einem konvent und kapitel

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Was ist der unterschied zwischen einem konvent und kapitel

Daten und Termine 2022 als PDF

Dekan Pater Bruno Rieder

Benediktinerkloster Disentis

Diese Frage wurde zu meiner grossen Überraschung von unseren langjährigen Oblaten gestellt, als sie sich zum ersten Oblatentreffen am 13. Juni 2010 im Kloster zusammenfanden. Was bedeutet also der Ausdruck Oblate? Ausgangspunkt für alle Darlegungen ist das dafür einschlägige 59. Kapitel der Benediktsregel «Von den Söhnen der Vornehmen und Armen, die dargebracht werden (offeruntur)».

Das Wort, das wir untersuchen, ist eine Ableitung vom lateinischen Verb offerre, das allgemein «darbringen» bedeutet. Im religiösen Kontext heisst es so viel wie «(Gott) weihen, schenken, opfern». Das, was Gott geschenkt wird, ist der oder die Oblate. Die oblatio ist die Spende, das Opfer, konkret wurden damit die Gaben der Gläubigen bezeichnet, die sie in der Messe darbrachten. Davon abgeleitet wurde im 4.–6. Jahrhundert auch die Eucharistiefeier oblatio genannt.Kapitel 59 der Benediktsregel handelt von der sogenannten oblatio puerorum, von der Darbringung von Kindern, die von ihren Eltern in einer liturgischen Form einem Kloster übergeben und damit Gott geweiht wurden. Dieser Vorgang wurde später auch auf Erwachsene übertragen: Oblate ist, wer sich Gott «geopfert» hat. Er ist also eine Gott geweihte Person, wie dies ja jeder Getaufte ist. Doch im Unterschied zu den Mönchen traten solche Oblaten meist nicht in ein Kloster ein, sondern sie strebten im Anschluss an ein Kloster nach Heiligung in der «Welt». Aus dieser Herkunft des Wortes Oblate ergeben sich drei geistliche Aspekte, die im verlinkten Artikel entfaltet werden. Im Artikel finden sich auch Ausführungen zur Geschichte der Oblaten.

Die Satzungen der Schweizer Benediktinerkongration haben ein eigenes Unterkapitel «Die Oblation». Diese wird umschrieben als «ein vor Gott gemachtes Versprechen, im Sinn des heiligen Benedikt und in Verbundenheit mit einem bestimmten Kloster zu leben.» Zur Abgrenzung von den Mönchen, die sich durch eine Profess an ein Kloster binden, wird betont: «Die Oblation ist aber kein öffentliches Versprechen.» Sodann unterscheiden die Satzungen zwei Formen von Oblaten, die «Klaustraloblaten» und die «Weltoblaten».

Die Klaustraloblaten wohnen wie die Mönche im Kloster und durchlaufen eine ähnliche Ausbildung wie diese. Sie erhalten bei uns in Disentis denselben Unterricht wie die Kandidaten und Novizen und sind Teil des Juniorates. Am Ende des Noviziatsjahres legen sie ihre Oblation ab. «Sie versprechen in die Hand des Abtes Gehorsam sowie die Bereitschaft, das klösterliche Leben zu teilen und die eigenen Kräfte dem Kloster und seiner Sendung zur Verfügung zu stellen.» (Satzungen) Für einen Besucher des Klosters sind die Klaustraloblaten nicht von einem Mönch zu unterscheiden. Sie tragen das gleiche Ordensgewand, sie nehmen am Chorgebet teil, sind eingefügt in die klösterliche Rangordung bei Tisch, teilen das ganze Leben der Gemeinschaft. Doch haben sie gemäss den Satzungen kein oder nur beratendes Stimmrecht bei den Verhandlungen des Kapitels und können auch nicht ins sogenannte «Consilium» gewählt werden oder offizielle Ämter übernehmen. Während die Mönche mit der feierlichen Profess auf allen eigenen Besitz verzichten, wird mit den Klaustraloblaten ein Vertrag abgeschlossen, der die gegenseitigen Verpflichtungen regelt und auch bestimmt, ob die Oblation für eine bestimmte Zeitdauer oder für immer gilt. Die Oblaten erklären, dass sie ihre Arbeit «unentgeltlich für das Kloster leisten, während sich das Kloster für ihre soziale Sicherheit verpflichtet.» Sie können aber eigenen Besitz weiterhin behalten. «Das Versprechen eines Oblaten kann von diesem selbst oder vom Abt aus einem gerechten Grund gelöst werden.» Zur Zeit leben im Disentiser Konvent zwei Klaustraloblaten. Das Institut des Klaustraloblaten scheint in unseren Tagen wieder neue Aktualität zu erhalten, weil vermehrt Männer im fortgeschrittenen Alter ihre verbleibende Lebenszeit im Rahmen des klösterlichen Lebens ganz Gott darbringen wollen.

Ebenfalls einen Aufschwung nimmt in vielen Klöstern heute die zweite Gruppe von Oblaten, die Weltoblaten. Sie gehen eine viel weniger enge Bindung an das Kloster ein. Sie «treten durch ihre Oblation in eine Gebetsgemeinschaft mit einem Kloster und nehmen an seinem geistigen Leben teil.» (Satzungen) Die Weltoblaten betreuen seit 2010 Pater Bruno Rieder und Bruder Martin Hieronymi. Zur Zeit zählt unsere Disentiser Oblatengemeinschaft gut 70 Mitglieder.

In den letzten Jahren haben sich verschiedene Angebote für unsere Weltoblaten entwickelt. Jeden ersten Donnerstag im Monat treffen sich die Oblaten im Kloster zu einem geistlichen Impuls und Austausch um 16.30 Uhr. Anschliessend im 18.00 Uhr nehmen sie an der Vesper der Mönche teil; wer dies wünscht, kann ein Abendessen bekommen. Das Treffen schliesst mit der Feier der Eucharistie mit dem Konvent um 19.30 Uhr. Bei diesen Treffen sind auch Sodalen, Klostergäste und weitere Interessierte willkommen. Jedes Jahr einmal werden die Oblaten zu einem verlängerten Wochenende nach Disentis eingeladen. Elemente dieser Treffen sind: Teilnahme an den Gottesdiensten der Klostergemeinschaft, Austauschrunden über Texte der Regel oder der Heiligen Schrift, geistlicher Vortrag, geselliges Zusammensein, Besichtigung von Kloster-«Betrieben».

Die beiden Verantwortlichen stellen den Oblaten noch weitere Hilfen für ihren christlichen Alltag im Geist des heiligen Benedikt zur Verfügung: z. B. elektronische Mitschnitte unseres Chorgebets, Tipps für benediktinische und weitere geistliche Literatur, Impulse für ihr Leben als Oblaten im Alltag, das Angebot persönlicher Begleitung. Aber auch gemeinsame Wallfahrten oder Besinnungswochenenden in anderen Klöstern werden durchgeführt. Daneben stehen den Oblaten alle anderen geistlichen Angebote des Klosters zur Verfügung. Oblaten sind auch jederzeit eingeladen, an den Angeboten des Monastischen Instituts in Salzburg teilzunehmen. Alle paar Jahre findet in Rom sogar ein Weltkongress für Benediktineroblaten statt. Bruder Martin und mehrere Oblaten besuchten die letzten Kongresse und durften daraus viele Anregungen mitnehmen und wertvolle Kontakte knüpfen.

Interessenten für den Beitritt zur Oblatengemeinschaft melden sich bei Bruder Martin Hieronymi: +41 (0)81 929 69 28, ).

Zuerst eine Frage: Weshalb treffen wir uns eigentlich immer wieder jedes Jahr, um unsere Oblation zu erneuern, um mit Namensangabe, Datum und Unterschrift zu bezeugen, dass wir uns Gott dem Allmächtigen für das Kloster des heiligen Martin zu Disentis darbringen wollen und uns fest vornehmen, unser Leben nach dem Geist der Regel des Heiligen Vaters Benedikt gemäss den Satzungen der Oblaten zu gestalten und dies alles vor Gott und allen Heiligen?

Während dem feierlichen Sonntagsgottesdienst mit Pater Bruno, der uns liebevoll ganz besonders angesprochen hat, wurde mir plötzlich bewusst: Diese Oblationserneuerung ist wirklich eine bedeutsame Sache. Wie kam das?

Ich sass auf der vordersten Bank in der Marienkirche, wo normalerweise die Mönche sitzen, genau vor der linken Granitsäule neben dem Altar, kaum einen Meter von mir entfernt, dort, wo bisher der erst kürzlich verstorbene Bruder Luzi mit seinen manchmal lustigen Spässen auch gesessen hatte. Die Säule stand für mich da wie ein Symbol für unseren Glauben, der fest und stark dastehen sollte und in die Höhe weist. Der über alle Stürme hinweg zu unserem Vater hinweist. Ein Glaube, der trotzig, beinahe unangreifbar dasteht, höchstens mit teuflischem Hammerwerk und Meissel verletzbar ist und der für alle sichtbar ist. Um diese Aufgabe zu erkennen und uns in Erinnerung zu rufen und auch so zu handeln, deshalb erneuern wir jedes Jahr unser Oblationsversprechen.

So war der ganze Gottesdienst ein grosses Fest des Glaubens. Alle Anwesenden, die Priester, die Mönche, die Gottesdienstbesucher und wir, die Oblaten, waren vereint vor dem Altar. Es war für mich wirklich ein Glaubensfest, es berührte mich tief, so vereint vor dem Altar zu stehen, ich bekam eine leise Ahnung vom Reich Gottes.

Die Predigt von Pater Ioannes war eine schöne Ergänzung zu unserem Anlass. Er nahm den Evangeliumsvers «Jesus sagte seinen Jüngern, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollen» (Lk18,1) als Anlass, die Bedeutung und zentrale Wichtigkeit des Gebetes näher zu betrachten. Er erläuterte einige Stellen aus der Bibel, die uns zeigten, wie, weshalb wir beten dürfen … und ganz wichtig, dass wir für unsere Feinde beten sollen (Mt 5,44). Lehrreich waren für mich die Gedanken, weshalb es so oft vorkommt, dass Gebete nicht erhört werden? In Kürze: Haben wir ein reines Herz oder ist unsere Gottesbeziehung durch Sünde getrübt? Haben wir gut gebeichtet? Entspricht unser Gebetsanliegen dem Willen Gottes? Ist es an der Zeit, dass Gott mein Gebet erfüllt? Oder will uns Gott etwas erfüllen, das noch viel schöner ist, als das, was wir erbeten haben. (1Kor 2,9)

Im vergangenen Jahr beschäftigten wir uns unter der Leitung von Pater Bruno Rieder immer wieder mit dem Kapitel 4 aus der Regel der Benediktiner: «Die Werkzeuge der geistlichen Kunst». Dieses Mal mit RB 4,10 «Sich selbst verleugnen, um Christus nachzufolgen». Bei dieser Regel werde ich immer wieder zuerst stutzig. Für den Normalverbraucher ist dieses Wort sehr negativ besetzt. In der Psychologie, in der Pädagogik, in der Schule, in den heutigen Erziehungsformen wird dieser Begriff gemieden, ja er ist geradezu ein rotes Tuch. Jeder soll sich doch als Individuum entwickeln, nein sagen können, das will ich nicht, zu sich stehen, etc. Die Individualität steht zuoberst, sich selbst verleugnen zuunterst. Ein Kind zum Selbstverleugnen erziehen wäre ein schwerer Fehler eines jeden Pädagogen. Nur schon sich anpassen, evtl. sogar sich unterordnen ist dann bereits ein grosses Problem in der Schule. 

Aber die Bibel sagt uns dazu ein klares Wort: «Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach» (Mk 8,34) Dabei ist aber unbedingt zu beachten: Es geht nicht um Selbstverachtung, das wäre Sünde, auch nicht um fehlendes Selbstbewusstsein, das wäre mangelnde Persönlichkeitsentwicklung, sondern es geht vielmehr darum, sich mit den Augen Gottes anzuschauen als Heilung des Selbstbildes, und sich christlich selbstverleugnen, um Christus ähnlicher zu werden. Oder anders gesagt, erst eine demütige, selbstverleugnende Haltung kann uns im Glauben Christus näherbringen. Also eine zentrale Regel des Heiligen Benedikt! Es lohnt sich, die Regel Benedikts näher zu betrachten, auch wenn sie manchmal altmodisch und weltfremd erscheint.

Neben all dem Besprochenen gibt es noch zwei wichtige Projekte zu erwähnen, die in unserer Oblatengemeinschaft laufen. Das erste: ein fertig gedruckter Flyer. Mit diesem Flyer möchten wir die Öffentlichkeit vermehrt darauf aufmerksam machen, dass wir eine Gemeinschaft sind, die versucht auf dem Weg Jesu in bewusster Bindung an das Kloster Disentis den Glauben zu vertiefen. D.h. sich für den Einsatz in Familie, Beruf und Kirche vom Geist der Benediktinerregel führen zu lassen und sich mit dem Gebet und Gottesdienst des Klosters Disentis verbunden zu wissen. Ein lesenswerter Flyer, dem wir eine weite Verbreitung wünschen.