Warum haben wir Wechsel und nicht Gleichstrom?

Akronym: AC = alternating current

Definition: elektrischer Strom, der periodisch seine Richtung wechselt

Gegenbegriff: Gleichstrom

Englisch: alternating current

Kategorie: elektrische Energie

Autor: Dr. Rüdiger Paschotta

Wie man zitiert; zusätzliche Literatur vorschlagen

Ursprüngliche Erstellung: 26.04.2010; letzte Änderung: 15.08.2020

URL: https://www.energie-lexikon.info/wechselstrom.html

Wechselstrom ist ein elektrischer Strom, der periodisch seine Richtung wechselt. Entsprechend ist eine Wechselspannung eine oszillierende elektrische Spannung. Typischerweise schwingen Stromstärke und Spannung sinusförmig mit einer festen Frequenz. Beispielsweise bedeutet die im europäischen Verbundsystem verwendete Netzfrequenz von 50 Hertz (50 Hz), dass die Spannung pro Sekunde 50 mal oszilliert. Für die Eisenbahn werden dagegen 16,7 Hz verwendet.

Spitzenwerte und Effektivwerte

Da die Höhe der elektrischen Spannung oszilliert, stellt sich die Frage, wie eine solche Spannung charakterisiert werden soll. Eine Möglichkeit wäre die Angabe des Spitzenwerts. Gebräuchlicher ist aber die Angabe des Effektivwerts. Dies ist der Wert, den eine Gleichspannung, angeschlossen an einen ohmschen Widerstand, haben müsste, um die gleiche elektrische Leistung zu erbringen. Bei sinusförmigen Spannungen ergibt sich der Effektivwert als der Spitzenwert dividiert durch die Quadratwurzel von 2 (ca. 1,414). Er entspricht nicht dem mittleren Betrag der oszillierenden Spannung, sondern der Quadratwurzel aus dem mittleren Quadrat der Spannung.

Als Beispiel betrachte man die Spannung an einer Haushaltssteckdose (siehe Abbildung 1). Ihr Effektivwert ist 230 V, und der Spitzenwert ist etwa 1,414 · 230 V = 325 V.

Warum haben wir Wechsel und nicht Gleichstrom?
Abbildung 1: Zeitlicher Verlauf der Wechselspannung an einer Haushaltssteckdose mit 230 V Effektivwert und einer Netzfrequenz von 50 Hz.

Für Stromstärken werden Effektivwerte völlig analog angegeben. Man beachte, dass die Stromstärke nicht bei allen Verbrauchern sinusförmig oszilliert. Es gilt jedoch auch dann, dass der Effektivwert die Quadratwurzel des mittleren Quadrats der Stromstärke ist.

Drehstrom

Die Kombination mehrerer phasenverschobener Wechselströme ergibt Drehstrom. Haushalte und Gewerbe werden normalerweise mit Dreiphasen-Drehstrom versorgt, und verschiedene Verbraucher von einphasigem Wechselstrom werden z. B. über Haushaltssteckdosen jeweils an eine der drei Phasen (und natürlich den Neutralleiter) angeschlossen. Typischerweise können Ströme von bis zu 16 A bezogen werden, was eine maximale Leistung von ca. 3,7 kW ergibt. Geräte mit höherer Leistung (z. B. starke Elektromotoren) werden meist über eine Drehstromsteckdose angeschlossen, die alle drei Phasen anbietet und somit bei gleichen Stromstärken dreimal mehr Leistung liefern kann. Natürlich ist auch ein direkter Anschluss ohne Steckdose möglich, z. B. für einen Elektroherd.

Berechnungen mit komplexen Zahlen

Für Berechnungen im Zusammenhang mit Wechselspannungen und -strömen verwendet man häufig mit Vorteil komplexe Zahlen. Hier repräsentiert eine einzige komplexe Zahl einen sinusförmigen Spannungsverlauf. Sie enthält also die Informationen über die Amplitude und Phase (zeitliche Position) der oszillierenden Spannung Dasselbe kann für Stromstärken praktiziert werden, solange auch diese einen sinusförmigen Verlauf haben. Den Zusammenhang zwischen Spannung und Stromstärke stellt man her mithilfe komplexer Impedanzen, die auch das Phänomen von Blindströmen mit behandeln lassen. Besonders nützlich werden komplexe Zahlen im Zusammenhang mit Drehstrom, wo man mit mehreren Spannungen und Strömen verschiedener Phasenwerte zu tun hat.

Wechsel- und Drehstrom in der Energietechnik

Heute beruht fast die gesamte elektrische Energieversorgung auf niederfrequentem Wechselstrom und Drehstrom. Der große Vorteil des Wechselstroms (und Drehstroms) gegenüber dem Gleichstrom ist, dass man das Spannungs- und Stromniveau mit Hilfe von Transformatoren mit geringen Verlusten anpassen kann. Insbesondere lässt sich bei einem Kraftwerk die moderate Spannung des Generators mit einem Transformator auf ein hohes Niveau von hunderten von Kilovolt bringen, um die verlustarme Übertragung mit Hochspannungsleitungen zu ermöglichen. Für die Verbraucher wird die Hochspannung dann mit weiteren Transformatoren wieder in Mittel- oder Niederspannung umgewandelt.

Dieses Umspannen war früher nur mit Wechsel- oder Drehstrom praktisch möglich, während heute sehr leistungsfähige Gleichspannungs-Umsetzer existieren, die ebenfalls mit geringen Verlusten arbeiten.

Wechsel- und Drehstrom kann mit Hilfe von Gleichrichtern einfach in Gleichstrom umgewandelt werden. Umkehrt kann aus Gleichstrom mit Hilfe von Wechselrichtern Wechselstrom oder Drehstrom hergestellt werden, wobei die Technik hier allerdings aufwendiger ist als die von Gleichrichtern.

Ein gewichtiger Nachteil von Wechsel- und Drehstrom ist, dass alle Generatoren in einem großen Versorgungsnetz nicht nur mit der gleichen Frequenz, sondern genau synchron arbeiten müssen. Dies verursacht einen hohen technischen Aufwand, der bei Gleichspannungsnetzen nicht nötig wäre. Außerdem erfordern sogenannte Blindströme weitere Maßnahmen und verursachen zusätzliche Leitungsverluste, vor allem bei Erd- und Seekabeln. Es gibt noch weitere Vorteile von Gleichstrom, die im Artikel über Hochspannungs-Gleichstromübertragung erklärt werden.

Wechselspannungen (vor allem mit Frequenzen, wie sie bei der Energieübertragung üblich sind) sind im Falle von Stromschlägen für Menschen gefährlicher als Gleichspannungen. Dies liegt daran, dass pulsierende Ströme leichter zu Herzkammerflimmern führen können. Diese größeren Gefahren wurden in der Frühzeit der elektrischen Energieversorgung als ein Argument für die Verwendung von Gleichstrom statt Wechselstrom eingesetzt.

Siehe auch: Gleichstrom, Drehstrom, Effektivwert von Spannung und Stromstärke, elektrische Energie, Gleichrichter, Wechselrichter, Blindstrom, Leistungsfaktor
sowie andere Artikel in der Kategorie elektrische Energie

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Elektrischer Stromfluss liegt vor, wenn Ladungsträger (Elektronen, Protonen, Ionen) eine gerichtete Bewegung ausführen. Wenn die Bewegungsrichtung über die Zeit konstant bleibt, spricht man von Gleichstrom. Wenn sich die Bewegungsrichtung periodisch ändert, handelt es sich um Wechselstrom. Die Entscheidung über den Stromflusstyp wird durch die Erzeugung des Stromflusses, d.h. die Art und Weise der Bereitstellung der Ladungsträger gefällt.

Warum haben wir Wechsel und nicht Gleichstrom?

Das galvanische Element (d.h. die Grundbauform von Batterien und Akkumulatoren) dient der Erzeugung von Gleichstrom. Solange es wirksam ist, lassen sich ein negativer und ein positiver Pol nachweisen, von dem aus die entsprechenden Ladungsträger abfließen können. Beim Gleichstrom lässt sich eine generelle Stromrichtung definieren. Sie stimmt laut einer Definition mit der Bewegungsrichtung der positiven Ladungsträger überein.

Zur massenhaften Stromversorgung im Industriezeitalter ist dieses galvanische Prinzip nicht geeignet. Hierzu wird das Prinzip der Induktion genutzt, d.h. Ladungstrennung erfolgt auch, wenn ein Magnetfeld über einen elektrischen Leiter bewegt wird. Z.B. "induziert" die Hin- und Herbewegung eines Stabmagneten in einer Drahtspule eine Spannung, die sich an deren Enden abgreifen lässt. In der Praxis lässt man einfach einen Magneten innerhalb der Spule rotieren. Mit jeder Drehung des Magneten um 180 Grad ändert sich die Polarität des Magneten, da sich ja abwechselnd der Nord- und der Südpol an der Spule vorbeibewegen. Es entsteht also ein Wechselstrom. Das Auf und Ab dieses Stroms von Plus zu Minus und wieder zu Plus während einer vollen Umdrehung wird als "Phase" bezeichnet. Der Dynamo am Fahrrad ist ein solcher Stromerzeuger.

Im Kraftwerk ist es dann nicht mehr der rotierende Dauermagnet, sondern ein Elektromagnet, der sich im "Generator" und nicht mehr im "Dynamo" bewegt. Die Kraftwerks-Generatoren der öffentlichen Stromversorgung sind so gebaut, dass sie nicht nur einen einzigen Wechselstrom erzeugen, sondern drei zugleich: Ihr Elektromagnet bewegt sich bei jeder vollen Drehung (360 Winkelgrade) an drei Spulen vorbei, die jeweils um 120 Winkelgrade versetzt angebracht sind. Dadurch sind auch die "Phasen" der drei Wechselströme, die jede Drehung des Elektromagneten in den Spulen erzeugt, um jeweils 120 Grad gegeneinander versetzt. Dieser "dreiphasige" Wechselstrom wird auch als Drehstrom bezeichnet.

Abgesehen von Sonderfällen ist für unsere Zeit festzuhalten, dass Gleichstrom sein Haupteinsatzgebiet in der Schwachstromtechnik findet, während der Wechselstrom das große Gebiet der allgemeinen Stromversorgung abdeckt.

Bei Gleichstromanlagen für die Starkstromtechnik ist im Durchschnitt alles (Generatoren, Motoren) 30% größer und schwerer als bei Drehstromanlagen.

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