In welcher Klasse bleiben die meisten sitzen

Schlechte Noten, fehlende Motivation, stetiger Leistungsabfall - wenn es in der Schule nicht klappt, zeigt dies spätestens das Halbjahres- oder Endjahreszeugnis. In Deutschland wiederholen ca. 17 % aller Schüler im Laufe ihrer Schulkarriere einmal eine Klasse. Besonders große Schwierigkeiten bereiten den Schülern dabei die Fächer Mathe und Englisch, dicht gefolgt von Deutsch. Wenn sich das Sitzenbleiben abzeichnet, werden Eltern in Form eines blauen Briefes informiert. Nachfolgend zeigen wir Ihnen, wann Schüler sitzen bleiben und wie Sie als Eltern damit umgehen.

Die unterschiedlichen Arten, um die Klasse zu wiederholen

Sitzen bleiben ist nicht gleich sitzen bleiben, denn wenn es um die Versetzung in die nächste Klassenstufe gibt, müssen die folgenden Begrifflichkeiten unterschieden werden:

  • Rückstufung: Der Schüler wird während des Schuljahres in die vorherige Klassenstufe zurückversetzt, meistens nach einem Ferienabschnitt oder zum Schulhalbjahr.
  • Freiwillige Wiederholung: Der Schüler wiederholt mit elterlicher Zustimmung und auf Empfehlung der Lehrkraft das Schuljahr freiwillig.
  • Sitzen bleiben: Der Schüler muss aufgrund einer Sechs oder zwei Fünfen in den Hauptfächern die Klasse wiederholen, wenn diese Noten ausgeglichen werden können.

Die Gründe für eine Rückstufung, freiwillige Wiederholung oder das Sitzenbleiben sind dabei vielfältig. So kann dies auf eine längere Krankheit des Kindes, auf große Wissenslücken, einer vorzeitigen Einschulung oder auch auf familiäre Gründe zurückzuführen sein.

In welcher Klasse bleiben die meisten sitzen

Es gibt unterschiedliche Arten, um das Schuljahr zu wiederholen

Möglichkeiten des Notenausgleichs - wann bleiben Schüler sitzen?

Klasse wiederholen in der Grundschule

Das klassische Sitzenbleiben ist in der Grundschule prinzipiell nicht vorgesehen und Schüler werden nur in begründeten Ausnahmefällen nicht versetzt. Grundsätzlich erhalten Schüler in der 1. Klasse noch keine Noten, sondern lediglich eine schriftliche Zusammenfassung über das Sozialverhalten und die Lernfortschritte. Ab der 2. Klasse werden Kinder am Schuljahresende in den Hauptfächern Deutsch und Mathe mit Noten bewertet. In den ersten drei Schuljahren können Schüler die Klasse freiwillig wiederholen, lediglich in der 4. Klasse ist ein Sitzenbleiben für Grundschüler möglich.

Für Kinder, die bereits mit 5 Jahren eingeschult wurden, gibt es zudem die Regelung, die Schulanfangsphase - also Klasse 1 und 2 - in 3 statt in 2 Jahren zu absolvieren. In diesen Fällen spricht man von “Verweilern”. Besonders für Kinder, die sehr früh eingeschult wurden, ist dies eine enorme Chance, mit dem Unterrichtstempo mitzuhalten, da sie oftmals noch etwas mehr Zeit brauchen. 

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Sitzenbleiben auf dem Gymnasium

Auf dem Gymnasium gilt: Mit drei oder mehr Fünfen auf dem Zeugnis wird man nicht versetzt und muss das Schuljahr wiederholen. Das Schuljahr wiederholen müssen Schüler auf dem Gymnasium prinzipiell auch dann, wenn diese eine Sechs in einem der Kernfächer haben. In der gymnasialen Oberstufe besteht für die Schüler die Möglichkeit, freiwillig das Schuljahr zu wiederholen, wenn ihr Abitur gefährdet sein sollte.

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Generell besteht je nach Bundesland kein Anspruch auf einen Notenausgleich. In Bayern ist dies bspw. eine Kann-Regel, das heißt, die Versetzung in die nächste Klasse durch Notenausgleich kann, muss aber nicht gewährt werden. Auch die konkreten Regelungen zum Notenausgleich auf dem Gymnasium sehen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich aus, z. B.:

  • In Baden-Württemberg sieht die Regelung zum Notenausgleich vor, dass eine Fünf in einem der Kernfächer Mathematik, Deutsch, erste und zweite Fremdsprache durch mindestens eine Zwei in einem anderen Kernfach ausgeglichen werden muss. Mehrere Einsen und Zweien in den Nebenfächern reichen hier nicht aus.
  • In NRW dagegen sieht die Regelung zum Notenausgleich auf Gymnasien vor, dass auch zwei Fünfen in den Kernfächer durch eine Drei in Verbindung mit einer Nachprüfung ausgeglichen werden kann. 

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Auch auf dem Gymnasium können Schüler sitzen bleiben

Schuljahr wiederholen auf der Realschule

Auf der Realschule gelten für einen Notenausgleich ähnliche Regeln wie auf dem Gymnasium. Ein Sitzenbleiben ist möglich, wenn man mindestens eine Fünf auf dem Zeugnis hat, die man nicht ausgleichen kann. Auch mit zwei Fünfen wird man versetzt, wenn sich diese ausgleichen lassen. Allerdings sehen die konkreten Regelung hier je Schulgesetz des jeweiligen Bundeslandes unterschiedlich aus:

  • In Baden-Württemberg müssen zwei Fünfen auf dem Zeugnis durch zwei Zweien in den Hauptfächern ausgeglichen werden. In Berlin dagegen reichen für den Ausgleich von zwei Fünfen  zwei Dreien in anderen Fächern aus.
  • In den meisten Bundesländern können auch ungenügende Leistungen (Note 6) in einem Fach durch mindestens zwei Zweien in anderen Fächern kompensiert werden.
  • Hat der Schüler im Fach Deutsch die Gesamtnote 6 erhalten, ist ein Ausgleich durch andere Noten in der Regel ausgeschlossen.

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Notenausgleich auf der Hauptschule

Um das Sitzenbleiben zu vermeiden, gestalten die Bundesländern den Notenausgleich an Hauptschulen etwas toleranter. In Hessen kann z. B. eine Sechs in einem Hauptfach durch eine Drei in einem anderen Hauptfach ausgeglichen werden. In Baden-Württemberg braucht man auf der Hauptschule jedoch eine Eins oder zwei Zweien, um die Sechs ausgleichen zu können.

Tipps für Eltern, wenn das Kind sitzen bleibt

Vorwürfe und Streit helfen beim Sitzen bleiben niemanden weiter. Ihr Kind leidet ohnehin schon unter seinem Misserfolg und ist jetzt auf Ihre volle Unterstützung angewiesen. Unsere nachfolgenden Tipps sollen Ihnen helfen, diese Herausforderung zu meistern:

  • Machen Sie sich und Ihrem Kind klar, dass das Sitzenbleiben keinem Weltuntergang gleicht und es kein Labyrinth ist, aus dem man nicht mehr herausfindet. Für viele Schüler ist die Wiederholung eines Schuljahres mitunter ein heilsamer Schritt, da es ihnen den Druck und Stress nimmt. Zudem hilft es ihnen beim Ausgleich etwaiger Wissenslücken.
  • Betreiben Sie mit Ihrem Kind Ursachenforschung. Versuchen Sie herauszufinden, warum die Leistungen sich verschlechtert haben. Vielleicht spielt die Lehrkraft eine Rolle oder ihr Kind ist in der Schule Mobbing ausgesetzt, steht unter Stress, hat eine Lernschwäche oder Prüfungsangst.
  • Egal was der Grund für das Sitzenbleiben und die Schwierigkeiten in der Schule sind - bleiben Sie informiert und beteiligen Sie sich aktiv am Schulleben Ihres Kindes. Elternabende und Lehrersprechstunden sind die besten Anlaufstellen, um über Dinge informiert zu werden und verhindern Überraschungen am Schuljahresende.
  • Blicken Sie auf das kommende Schuljahr und überlegen Sie mit Ihrem Kind, wie es weitergehen kann und soll. Legen Sie Ziele fest, die erreichbar sind. Das können auch Teilziele sein, wie z. B. das in dem betreffenden Problemfach in der ersten Klassenarbeit eine drei geschrieben wird.
  • Probieren Sie unterschiedliche Lernmethoden wie die Cornell-Technik oder den Leitner-Algorithmus aus und finden Sie heraus, mit welcher Methode Ihr Kind am besten lernen kann.
  • Helfen Sie Ihrem Kind bei den Hausaufgaben, lernen Sie gemeinsam Vokabeln und prüfen Sie regelmäßig die Schulhefte. So zeigen Sie Interesse am Lernfortschritt Ihres Kindes.
  • Ziehen Sie Nachhilfe in Betracht. Professionelle Tutoren können wertvolle Unterstützung bieten und haben zudem so manchen Lösungsansatz parat, um die Schulprobleme zu meistern.

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Als Miriam* in die neunte Klasse ihres Gymnasiums kam, hatte sie zwei neue Mitschüler: zwei Jungen, die sitzen geblieben waren. „Sie taten so, als ob sie ziemlich cool seien, weil sie wiederholt haben. Und unsere Jungs haben sich ihnen im Verhalten schnell angeschlossen“, erzählt die 15-Jährige. Gebracht hat es den beiden aber offenbar nicht so viel. Der eine sei recht bald wieder verschwunden. Und der andere schreibe nach wie vor schlechte Noten.

So wie den beiden Jungen geht es rund 3000 Schülern in Berlin. So viele wurden jeweils in den vergangenen beiden Schuljahren nicht in die nächsthöhere Klasse versetzt. Dazu kamen im vergangenen Jahr noch rund 1075 Schüler, die freiwillig wiederholten.

Für die Bildungsforscherin Nina Kolleck, die an der Freien Universität lehrt, ist der Fall der beiden sitzen gebliebenen Jungen ziemlich typisch. „Studien zeigen, dass Sitzenbleiben einen eher negativen Effekt hat“, sagt Kolleck. Nach einer kurzen Zeit mit besseren Leistungen verschlechtern sich die Schüler wieder. Die Kinder und Jugendlichen erlebten das Sitzenbleiben als Bestrafung, erläutert die Bildungsforscherin. Dadurch würden sie in ihrem Selbstwertgefühl beeinträchtigt. „Dabei ist gerade Selbstbewusstsein für gute Leistungen ganz entscheidend.“

Einige Bundesländer, zum Beispiel Hamburg, haben das Sitzenbleiben weitgehend abgeschafft. Wie ist das in Berlin? Wir beantworten die wichtigsten Fragen

Wo kann man sitzen bleiben?

Eigentlich passiert das in Berlin fast nur noch an Gymnasien und in der Oberstufe der Sekundarschulen und Fachoberschulen. „Grundsätzlich rücken die Schüler jeweils mit Beginn des neuen Schuljahres in die nächsthöhere Jahrgangsstufe auf“, heißt es im Schulgesetz. In Grund- und Sekundarschulen werden Schüler nur in „begründeten Ausnahmefällen“ nicht versetzt. Eine besondere Regelung gibt es gleich zu Beginn der Schulzeit. Die sogenannte Schulanfangsphase kann man auch statt in zwei auch in drei Jahren absolvieren, ohne dass es als Sitzenbleiben gilt. Man spricht auch von „Verweilern“.

Mit welchen Noten bleibt man sitzen?

Wer im Gymnasium drei oder mehr Fünfen im Zeugnis hat, bleibt sitzen. Wer zwei Fünfen hat, kann das ausgleichen, wenn er zwei Dreien in anderen Fächern aufweisen kann. Als Ausgleich für eine Fünf in einem der Kernfächern Deutsch, Mathematik, erste und zweite Fremdsprache braucht man mindestens eine Drei in einem anderen Kernfach. Bei zwei Fünfen oder einer Sechs in diesen Fächern bleibt man sitzen. Ansonsten braucht man für eine Sechs zwei Zweien aus Ausgleich.

Am Gymnasium gibt es noch eine Besonderheit, nämlich das Probejahr in der siebten Klasse. Wer das nicht schafft, kann die Stufe nicht auf dem Gymnasium wiederholen, sondern muss auf eine Sekundarschule wechseln und dort in der achten Klasse weiterlernen.

Wer entscheidet über die Versetzung?

Darüber entscheidet die Klassenkonferenz, das heißt die Lehrer, die in der Klasse unterrichten. Die Entscheidung fällt frühestens zwei Wochen vor Schuljahresende. Die Schulen sind aber verpflichtet, Schüler und Eltern schon früher über die Leistungsentwicklung zu informieren und Fördermaßnahmen einzuleiten. „Es ist ein zentrales Anliegen des Schulgesetzes, im Interesse der Schüler bei deutlichen Leistungsrückständen schon im laufenden Schuljahr zu handeln und gegenzusteuern“, sagt Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD).

Kann man freiwillig wiederholen?

Ja. Die Eltern müssen dafür einen Antrag stellen. Man kann auch während des ersten Halbjahres in die nächstniedrige Klasse wechseln. Die Lehrer können dem Antrag zustimmen, wenn sie erwarten, das sich der Schüler dadurch stabilisiert oder verbessert. Die weitaus meisten freiwilligen Wiederholungen gibt es in der zehnten Klasse der Sekundarschulen. Im vergangenen Jahr entschieden sich rund 850 Zehntklässler dafür. Viele hoffen, so einen besseren Abschluss oder die Qualifikation für die Oberstufe zu schaffen.

Wie oft darf man sitzen bleiben?

Für die Klassen 7 bis 10 darf man laut Schulgesetz höchstens sechs Jahre brauchen, das macht zweimal Sitzenbleiben. Ausnahmen sind aber möglich, wenn man erwarten kann, dass ein Schüler dann noch einen Abschluss schafft. Wer zweimal in der gleichen Stufe sitzen bleibt, muss das Gymnasium verlassen. Und wer zweimal in der Einführungsphase der Oberstufe scheitert, muss ebenfalls gehen.

Welche Alternativen gibt es?

Sitzenbleiben ist teuer. Die Bertelsmann-Stiftung hat 2009 ausgerechnet, dass die Bundesländer knapp eine Milliarde Euro jährlich dafür ausgeben. „Es wäre viel sinnvoller, das Geld in Förderunterricht zu stecken“, sagt Bildungsforscherin Nina Kolleck. Viele Grund- und Sekundarschulen bieten das an, es sollte aber auch an Gymnasien ausgebaut werden. Manchen Schülern helfe es, in eine andere Klasse desselben Jahrgangs zu wechseln. „Das Schulsystem reagiert leider zu oft mit Sanktionen. Das bringt aber nicht viel. Viel besser ist es, Kinder zu stärken.“

In welcher Klasse bleiben die meisten sitzen

*Name geändert