Show
Neben den finanziellen Auseinandersetzungen, die im Rahmen einer Scheidung auf die Beteiligten warten, kommen auch noch weitere finanzielle Belastungen auf die Scheidungsparteien zu. Hierzu zählen neben den Kosten für den Anwalt auch die Prozess- und Gerichtskosten. Doch wie hoch sind die Gerichtskosten bei einer Scheidung? Nach welchen Kriterien werden Sie berechnet? Und was ist, wenn Sie nicht in der Lage sind, die Kosten selbst zu tragen? Dies und mehr erfahren Sie im folgenden Ratgeber.
Detaillierte Informationen zu den für die Scheidung entstehenden Gerichtskosten und deren Berechnung erhalten Sie im Folgenden. Zur Kostenintensität von Prozess- und Gerichtskosten bei einer ScheidungMit dem folgenden Rechner können Sie die ungefähren Prozesskosten Ihres Scheidungsverfahrens ermitteln (nur Orientierungswert). Beachten Sie jedoch, dass in Familienverfahren regelmäßig nur 2,0 Gerichtsgebühren fällig werden. Die Gerichtskosten – DefinitionProzess- und Gerichtskosten: Bei einer Scheidung kommen zahlreiche Kosten auf Sie zu!Jedes Mal, wenn ein Gericht in Deutschland aktiv wird, Richter Fälle verhandeln müssen, entstehen den Organen der Rechtsprechung Kosten. Diese müssen in aller Regel von der Partei getragen werden, die das Gericht beauftragt. In den Familiensachen werden die Gerichtskosten allerdings zumeist gegeneinander aufgehoben, d.h. beide Parteien beteiligen sich hälftig an den gerichtlichen Gebühren. Den Gerichtskostenvorschuss hingegen müssen ebenfalls beide Parteien vorab leisten, damit die Gerichte überhaupt tätig werden – und damit von Kläger und Beklagtem bzw. Antragsteller und Antragsgegner gleichermaßen. Die Gerichtskosten setzen sich dabei zusammen aus Gerichtsgebühren und den Kosten für die gerichtlichen Auslagen. Als Auslagenposten treten hierbei vor allem die folgenden Punkte in Erscheinung:
Die gerichtlichen Gebühren hingegen betreffen das Tätigwerden des Gerichts als solches. Dabei richtet sich die Höhe der Gerichtsgebühr jedoch nicht nach tatsächlich feststehenden Pauschalen und Werten, sondern hängt vom jeweiligen Streit- bzw. Verfahrenswert ab. Zur Berechnung der Gerichtskosten kommen wir an späterer Stelle noch einmal zurück. EXKURS: Zum Sprachusus in FamiliensachenMit der Erneuerung des Familienrechts im Jahre 2008 hat sich auch der Sprachgebrauch in diesem speziellen Rechtsgebiet verändert. Seit der letzten Überarbeitung des „Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiweilligen Gerichtsbarkeit“ (FamFG) gibt es in familienrechtlichen Gerichtsverfahren einen veränderten Sprachusus im Vergleich zu anderen Gerichtsprozessen, um den Streitcharakter aus den Prozessen zu nehmen. Es gibt auch keine Scheidungsklagen mehr – diese heißen seither offiziell „Anträge“. Es gibt weder „Kläger“ noch „Beklagte“, sondern „Antragsteller“ und „Antragsgegner“. Zudem wird auch nicht mehr von einem Prozess im eigentlichen Sinne gesprochen, sondern von „Verfahren“. In der folgenden Tabelle sind die gebräuchlichen Rechtsbegriffe, wie sie in Familienrecht und anderen Sachbereichen zu finden sind, einander gegenübergestellt:
Um die Abgrenzung des Familienrechts von den anderen Rechtsbereichen nachzuvollziehen, wird im Folgenden statt des Begriffs „Prozesskosten“ auch von den „Verfahrenskosten“ die Rede sein. Das Gerichtskostengesetz in Familiensachen (FamGKG)Die Gerichtskosten werden nach Verfahrenswert berechnet! Je mehr Folgesachen anhängig sind, desto höher der Verfahrenswert.Im allgemeinen Gerichtskostengesetz (GKG) ist festgehalten, wie die jeweiligen Gebühren und Auslagen für ein Gerichtsverfahren zu berechnen sind. Das GKG bezieht sich dabei auf sämtliche Rechtsgebiete, in denen Verhandlungen vor Gerichten vonnöten sein können, also auch die Bereiche im Strafrecht, Insolvenzrecht, Wirtschafts-, Arbeitsrecht u.v.m. Für das Familienrecht existiert seit 2008 ein eigenes Gesetz über die Gerichtskosten in Familiensachen – das FamGKG. In Anlage 1 des FamGKG können Sie eine Auflistung finden, die sämtliche Gebühren und Auslagenposten und die jeweils anzubringende Berechnung für die Berechnung der Gerichtskosten benötigt werden. Unterschieden ist hier in unterschiedliche Teilgebiete des Familienrechts – von der Ehescheidung bis hin zu Kindschaftssachen. Die gerichtlichen AuslagenIn den Angaben zu den Auslagen im zweiten Teil des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 FamGKG sind die feststehenden Posten aufgelistet, die sich nicht nach dem Streitwert richten, sondern pauschal festgelegt wurden. Im Folgenden ein kleiner Auszug:
Berechnung der gerichtlichen GebührenEntgegen der festgeschriebenen Auslagenpauschalen richtet sich die Berechnung der Gebühren im Rahmen der Gerichtskosten nach dem jeweiligen Verfahrenswert. Laut § 43 FamGKG liegt die Mindesthöhe des festzusetzenden Verfahrenswertes im Falle einer Scheidung jedoch in jedem Fall bei 3.000 Euro. Das bedeutet, auch wenn beide Ehegatten Leistungen nach dem ALG II (Hartz IV) beziehen, liegt der Mindeststreitwert der Ehescheidung bei 3.000 Euro. Der Pauschbetrag für den Versorgungsausgleich kann im Nachgang des abgeschlossenen Verfahrens erneut angeglichen werden an die tatsächlichen Verhältnisse. Je nach Höhe des ermittelten Verfahrenswertes, berechnen die Gerichte sodann die Gerichtskosten. Je mehr Folgesachen dabei im Rahmen des Scheidungsverfahrens anhängig sind, desto weiter steigt der Gesamtverfahrenswert entsprechend an. Eine einvernehmliche Scheidung, in deren Rahmen sich die Parteien gütlich einigen und auf Folgeanträge verzichten, kann daher am Ende für beide Parteien günstiger werden als strittige Verfahren, in denen ein Antrag mit Gegenantrag und neuem Folgeantrag beantwortet werden. Die Gerichtskosten bei Scheidung sind insgesamt geringer als die Anwaltskosten.Auch die Ausgliederung einiger Folgesachen einer Scheidung kann die Prozesskosten insgesamt in die Höhe treiben. Während zum Beispiel für ein anhängiges Verfahren zum Sorgerecht und Umgangsrecht mit 900 Euro auf den Verfahrenswert der Scheidung angerechnet wird, liegt der Verfahrenswert in einem isolierten Verfahren bei 3.000 Euro. Die Abtrennung einiger Verfahren ist daher nicht in jedem Fall sinnvoll. Die Gerichtsgebühren werden laut Gerichtskostentabelle ermittelt, die sich an den Festlegungen in § 28 FamGKG für das gerichtliche Scheidungsverfahren orientieren. Bei einem Streitwert von 500 Euro liegen die Gerichtsgebühren bei 35 Euro. In festgelegten Schritten steigen die Gebühren mit steigendem Gegenstandswert wie folgt weiter an:
Berechnungsbeispiele: Für die gerichtlichen Scheidungsverfahren werden die einfachen Gerichtskosten mit dem Faktor 2,0 multipliziert. Im Falle einer Beschwerde in einer der Folgesachen ist die Gebühr dreifach zu erheben (siehe hierzu Anlage 2 FamGKG). Einem Anwalt für Scheidungssachen und Familienrecht liegen in der Regel Kostenübersichtstabellen vor, anhand derer er Sie hinsichtlich der zu erwartenden Prozesskosten im Falle einer Scheidung beraten kann. Er kann vorab die erwartbaren Gerichtskosten berechnen, um Ihnen die auf Sie zukommende finanzielle Belastung vor Augen zu führen. Die Gerichtskosten werden dabei in der Regel auf beide Parteien gleich verteilt bzw. gegeneinander aufgehoben. Jeder Ehegatte trägt die Hälfte der Gerichtskosten. Der GerichtskostenvorschussBevor die Gerichte tätig werden, verlangen Sie in der Regel den Ausgleich des sogenannten Gerichtskostenvorschusses. Hierbei handelt es sich um die Gerichtskosten, die nach dem vorläufigen Streitwert berechnet wurden. Auch hier ist die Gebühr mit dem Faktor zwei bestimmt. Verweigern Sie die Zahlung, wird es keine Verhandlung Ihres Antrages geben. Um den Fortgang des Scheidungsverfahrens daher zu gewährleisten, müssen Sie den Vorschuss auf die Gerichtskosten auslegen. Wird nach Abschluss des Verfahrens und der abschließenden Festlegung des Gesamtverfahrenswertes festgestellt, dass die Gerichtskosten nicht in voller Höhe benötigt worden sind bzw. über dem am Ende tatsächlich ermittelten Wert liegen, erstatten die Gerichte die Differenz wieder zurück. Liegen die im Kostenfestsetzungsbeschluss endgültig ermittelten, tatsächlichen Gerichtskosten jedoch über der bereits durch den Vorschuss ausgeglichenen Summe, können die Gerichte eine Nachzahlung des Differenzbetrages von Ihnen verlangen. Die Verfahrenskosten – DefinitionDie Verfahrens- bzw. Prozesskosten umfassen sämtliche finanziellen Posten, die für ein gerichtliches Verfahren für die einzelnen Parteien anfallen. Hierzu zählen neben den zuvor beschriebenen Gerichtskosten auch außergerichtliche Posten wie
Dabei können die Verfahrenskosten im Falle einer Scheidung durch zahlreiche Faktoren beeinflusst werden. Mit jedem Folgeantrag im Rahmen des eigentlichen Scheidungsverfahrens steigt der Verfahrenswert an. Damit steigen auch die Anwaltskosten und Gerichtskosten. Im Falle von vom Scheidungsverfahren abgetrennten (isolierten) Familiensachen werden noch einmal gesondert Verfahrenswerte festgesetzt, die in der Regel weit über den Zahlen bei anhängigen Familiensachen liegen. Verfahrenskosten: Neben den Anwaltskosten zählen hierzu auch Gerichtskosten, Gutachterkosten, Kosten für Dolmetscher und andere Prozessbeteiligte.Die Verfahrens- bzw. Prozesskosten in einem Scheidungverfahren sind daher nicht von vornherein festgesetzt. Sie können durch die Einkommensverhältnisse der Ehepartner, das Tätigwerden des Anwaltes, die veranschlagten Folgesachen und zahlreiche andere Faktoren in die Höhe streben und sind in jedem Fall individuell festzulegen. Die Verfahrenskosten – Wer trägt welche Anwaltskosten?Im Scheidungsverfahren selbst hat jede der Parteien in der Regel die Gebühren des durch ihn beauftragten Rechtsanwalts selbst zu tragen. Entsprechendes gilt zumeist auch in abgetrennten Verfahren zum Sorgerecht und Umgangsrecht. Die Rechtsanwaltsgebühren richten sich ebenfalls nach dem Verfahrenswert. Zugrundegelegt ist hier das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Ist der Verfahrenswert festgelegt, kann der Anwalt seine Kosten gegenüber seinem Mandanten in Rechnung stellen. Entsprechend zu den Angaben im GKG gibt es bereits vollständige tabellarische Übersichten, die die Abrechnung und Kalkulation für Anwälte erleichtern sollen. Anhand der Tabellen kann ein Rechtsanwalt bei einer Scheidung die veranschlagten Rechtsanwaltsgebühren nach entsprechendem Verfahrenswert ablesen. Dabei kann ein Anwalt auch die im Vorfeld der gerichtlichen Korrespondenz geleistetete Arbeit vor Einreichung der Scheidung zusätzlich absetzen. Die Anwaltskosten im Scheidungsverfahren lassen sich auf Grundlage der §§ 2 und 13 RVG ermitteln. Eine entsprechende tabellarische Übersicht zu den berechneten Posten findet sich in Anlage 1 RVG. Für unsere Berechnungsbeispiele:
Die Auslagen eines Anwaltes liegen bei 20 % Prozent des Verfahrenswertes, dürfen insgesamt jedoch einen Wert von 20 Euro nicht überschreiten. Da im Falle einer Scheidung in der Regel viel Schreibverkehr erforderlich ist, liegt dieser Pauschalbetrag zumeist bei 20 Euro. Die Geschäftsgebühr kann ein Anwalt dann veranschlagen, wenn er bereits vor Einreichung der Scheidung und der gerichtlichen Korrespondenz für den Mandanten tätig wurde. Die Verfahrens- bzw. Prozesskosten berechnen sich aus den Gerichtskosten und den Anwaltskosten. Für unsere beiden Beispiele kommen wir auf folgende Gesamtsummen:
Im Rahmen der Verfahrenskosten bei einer Scheidung können jedoch auch noch weitere Posten auf Sie zukommen. Nicht nur Anwalts- und Gerichtskosten müssen abgedeckt werden. Vor allem auch die Kosten für Sachverständigengutachten – etwa für die Bewertung eines Grundstücks oder einer gemeinsamen Immobilie – birgt zusätzliche finanzielle Belastungen. Die Verfahrenskosten können mit jedem zusätzlichen Gutachten weiter steigen. Die Kosten für Dolmetscher, Gutachter, Schöffen, Zeugen und anderen Prozessbeteiligten richten sich nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG). Gerichts- und Verfahrenskosten – Zur VerfahrenskostenhilfeBesonders Geringverdiener oder Personen, die Sozialleistungen beziehen, müssen diese Prozesskosten im Falle einer Scheidung unerschwinglich erscheinen. Das bedeutet jedoch nicht, dass es Ihnen aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel nicht möglich ist, sich scheiden zu lassen, ohne sich über Gebühr zu verschulden. Jedem steht es in einem solchen Fall frei, Verfahrenskostenhilfe (VKH) zu beantragen. Es handelt sich hierbei um eine staatliche Prozessfinanzierung, die auch finanziell schwächer gestellten Personen die Möglichkeit bietet, ihre Rechte zu verteidigen, einzufordern oder aber eine Scheidung durchzuführen. Bei einem Verfahrenskostenhilfeantrag prüfen die Gerichte auf Grundlage der vom Antragsteller gegebenen „Auskunft über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“ inklusive aller erforderlichen Belege (Kontoauszug, Mietvertrag, ggf. ALG-I- oder ALG-II-Bescheid) die Einkommensverhältnisse. Ist die Eigenfinanzierung durch den Antragsteller nicht möglich, kann Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden. Die Verfahrenskosten bei einer Scheidung können schnell im vierstelligen Bereich liegen.Doch: Immer häufiger greifen die Gerichte auch auf den sogenannten Verfahrenskostenvorschuss zurück. Wenn Sie einen VKH-Antrag stellen, mit dessen Hilfe Sie die Prozesskosten finanzieren möchten, prüft das Gericht die Einkommensverhältnisse beider Ehegatten im Scheidungsverfahren. Verdient der Antragsgegner ausreichend, kann ihm die Last der Verfahrenskosten voll auferlegt werden – er muss damit den Verfahrenskostenvorschuss tragen. Es handelt sich auch in diesem Falle um eine Prozessfinanzierung durch Dritte. Allerdings kann der Staat in einem solchen Fall auch Verwandte und in enger Beziehung stehende Personen in die Pflicht nehmen – im Scheidungsverfahren ist dies dann oftmals der Ehegatte. Wenn ein Prozesskostenvorschuss beschlossen ist, wird der Verfahrenskostenhilfeantrag abgelehnt. Nicht der Staat, sondern der Ehegatte muss dann die Prozessfinanzierung für den finanziell schlechter gestellten Antragsteller übernehmen. Hat einer der Ehegatten bzw. haben beide Verfahrenskostenhilfe beantragt, werden die Kosten durch staatliche Gelder abgedeckt. Allerdings gilt es hierbei zahlreiche Aspekte zu beachten, um am Ende nicht doch in die Schuldenfalle zu tappen:
|