Wo kann man mit löwen kuscheln

Dean Schneider: Tausende schauen zu, wenn er mit Löwe Dexter kuschelt

Dean Schneider hat nicht nur mehr als eine halbe Million Follower und sieht aus wie ein Popstar. Er hat auch eine Mission: Tiere aus Gefangenschaft retten. Dafür posiert er mit Löwen und wickelt Babyäffchen.

Katja Fischer De Santi 27.03.2019, 05.00 Uhr

Dean Schneiders Leben ist zu gut, um wahr zu sein. Der 26-jährige Schweizer spielt und schmust mit Löwen, als seien sie seine Hauskatzen. Zieht verwaiste Babyäffchen gross, posiert neben Elefanten und mit Schakalen oder joggt mit nacktem Oberkörper sehr fotogen durch seine 350 Hektaren grosse Farm in Südafrika.

Er kauft Tiere aus miserablen Zuchten frei

Dean Schneider ist ein Instagram-Star. Wenn er sich mit seinen geretteten Wildtieren zeigt, fliegen ihm die Herzen und Likes aus der ganzen Welt zu – und zwar zehntausendfach. 665000 Abonnenten verfolgen via Instagram seine Mission. Die da wäre Wildtiere zu retten. Dies tut er in Südafrika in seinem «Sanctuary and Rehab Center» Hakuna Mipaka. Dort päppelt er verletzte Wildtiere auf, um sie später auszuwildern, aber vor allem kauft er Tiere wie sein Löwe Dexter aus miserablen Zuchten frei, um ihnen ein neues Zuhause zu bieten.

Alles fast ein bisschen zu schön, um wahr zu sein, für einen 26-jährigen Zürcher ohne Ausbildung. Ein Treffen soll Antworten bringen, denn Dean Schneider ist gerade auf Heimatbesuch.

Bevor er Löwenkuschler wurde, war er Firmenchef

Der Löwenkuschler sitzt entspannt in der Kanzlei seines Vaters in Zürich. Ehrwürdiges Gebäude, Marmor im Treppenhaus, Kaffee auf dem Silbertablett. Das sei nicht mehr seine Welt, sagt er. Mit Betonung auf «nicht mehr». Denn bevor es Dean den Tierretter gab, gab es Dean den Firmenchef.

Er, der zwei Lehren abbrach, sich in der Schule stets schwer tat, hatte sich mit Mitte zwanzig bereits ein eigenes Unternehmen für Finanzplanung aufgebaut. Doch zufrieden machte ihn das nicht. Sein Traum seit Kindheitstagen sei ein anderer: Ein Leben mit und für wilde Tiere, irgendwo in Afrika.

Er hatte einen grössenwahnsinnigen Traum

Andere hätten vielleicht ein Praktika in einem Wildreservat gemacht, Dean Schneider aber denkt gross. Ein eigenes Rettungs- und Aufzuchtscamp sollte es sein. Zwei Jahre Vorbereitungszeit und all seinen Besitz investierte er in seinen Traum.

Mehr als ein Dutzend Mal ist er dafür nach Afrika geflogen. Hat Grundstücke besichtigt, Kontakte geknüpft, Sponsoren gesucht, einen 70 Seiten langen Managementplan ausgearbeitet und monatelang auf Bewilligungen gewartet. «Die erste Zeit in Südafrika war teils richtig schlimm, so viel Bürokratie, viel Schikane und keine Tiere.»

Sein Vorbild «Crocodile Hunter» Steve Irwin

Den Floh mit den wilden Tieren ins Ohr gesetzt hatte ihm Steve Irwin, der legendäre australische «Crocodile Hunter» aus der gleichnamigen TV-Show. Dieser hatte bis zu seinem Tod 2006 Leute auf der ganzen Welt mit spektakulären Bildern und waghalsigen Aktionen für die Tierwelt zu sensibilisieren versucht. Genau das will Dean Schneider auch. Nur dass er dafür keine TV-Show mehr braucht, «dafür gibt es heute Social Media», sagt er.

Und dieses Metier beherrscht er meisterlich. Jeden Tag postet er ein Bild oder Video, jede Frage seiner Follower versucht er zu beantworten. Das kostet Zeit. Bis zu sieben Stunden pro Tag investiere er für seine Präsenz auf Instagram. Eine persönliche Assistentin und ein Content-Manager unterstützen ihn dabei. «Man muss das professionell machen oder gar nicht», sagt er.

Das Äffchen JayJay ist wie ein Sohn für ihn

Und er hat eine Strategie: Auf jedes «Wow»-Bild mit verspieltem Löwe oder Babyäffchen, folgt ein «Education»-Video, in dem er das Schicksal des Tiers erzählt oder Wissen über die Tierwelt vermittelt. Einer seiner Co-Stars auf Instagram ist JayJay ein Kapuzineräffchen, das viel zu früh seiner Mutter weggerissen und an eine Familie verkauft wurde. Diese war schnell komplett überfordert, und so landete das ein paar Wochen alte Tier in der Aufzuchtsstation von Dean Schneider. «Ein 24-Stunden Job, sieben Tage die Woche, ich weiss jetzt wie es Eltern geht», erzählt er. Die Videos wie er mit JayJay frühstückt oder ihn wickelt, gehören zu den meistgesehenen.

«JayJay ist wie ein Sohn für mich, trotzdem soll er dereinst auf der Farm ein möglichst wildes Leben führen.»

Ganz auswildern könne man ihn nicht mehr. Denn obwohl er es liebt, den ganzen Tag von Tieren umgeben zu sein, sagt er, dass «ein artgerechtes Leben für jedes Tier jenes in grösstmöglicher Freiheit ist.» Alle Tiere, mit denen er auf den Bildern spielt und kuschelt, seien Zuchttiere. Unter miserablen Bedingungen gehalten oder alleine dafür gezüchtet, um auf Jagdfarmen von reichen Touristen abgeschossen zu werden.

«Dexter war ein krankes, verwaistes Löwenbaby»

Zum Beispiel Dexter: Der nun 14 Monate alte Löwe war das erste Tier, dass Schneider auf seiner Farm aufnehmen konnte. Er habe das im Käfig gehaltene, von Zecken und Läusen übersäte Jungtier aus den Fängen eines Züchters gerettet. «Dexter war ein Baby und ganz alleine, als er zu mir kam. Ich musste sein Rudel ersetzen, so bin ich zu einer Art Bruder für ihn geworden», erklärt Schneider die extrem enge Bindung zum Junglöwen.

Es gibt auch Kritik von anderen Tierschützern

Immer wieder wird er auf Social Media für seine Löwenkuschelbilder hart kritisiert. Dass er seine Tiere zu sehr vermenschliche, sie für seine eigene Bekanntheit missbrauche und ein völlig verzerrtes Bild von der Arbeit mit Wildtieren vermittle, liest und hört er oft.

Das grosse Dilemma des Tierschützers Dean Schneider ist, dass er, um auf Instagram Aufmerksamkeit zu generieren, seine Tiere und sich vorführen muss. «Bilder von schlafenden Löwen hat jeder schon gesehen, das klickt niemand mehr an», erklärt er nüchtern. Erst die Kombination «junger Mann und verschmuster Löwe» geht durch die Decke.

«Tierschutz muss heute cool daherkommen, Emotionen wecken, persönlich sein.»

Erst dann würden die Menschen auch zuhören, eine Sache verstehen wollen. Er könne auf seiner Farm nicht alle Tiere retten, ja selbst wenn er 100 solcher Farmen gründen würde. Seine Mission sei eine grössere: Weltweite Tierliebe entfachen.

Finanzielle Reserven sind aufgebraucht

Bis es so weit ist, braucht Schneider aber vor allem auch Geld. Seine Reserven sind aufgebraucht. In Südafrika wollen aber nicht nur Tiere gefüttert und gepflegt werden, Schneider beschäftigt auch Personal. Seine nächste Herausforderung besteht darin, das Projekt Hakuna Mipaka so weiterzuentwickeln, dass es finanziell auf eigenen Füssen stehen kann. Die Familie, die ihn trotz grosser anfänglicher Skepsis unterstützt, dreht den Geldhahn langsam zu.

Sein grösstes Kapital sind nun seine 650000 Follower und seine Bekanntheit. Wie er diese nutzen will, mit welchen Organisationen er künftig zusammenarbeitet, lässt er noch offen. Schneider ist überzeugt, dass seine Fans ihm treu sein werden, auch dann wenn es darum geht, mehr als nur Herzchen zu verschicken. Schliesslich will er nichts weniger als der Justin Bieber des Tierschutzes werden. Dean Schneider denkt nun mal gerne gross und wenn das einer schafft, dann wohl tatsächlich er.

Nicht nur Touristen werden in die Irre geführt, sondern auch Freiwillige. Dazu wurden von den Zuchtfarmen Freiwilligenprojekte. Mehrere Wochen oder Monate lang arbeiten Freiwillige auf den Farmen, wobei sie in der Regel für die Teilnahme an diesen Projekten ziemlich viel Geld bezahlen müssen. Die Farmen nutzen damit den der Freiwilligen aus, etwas Gutes für die Tiere und den Naturschutz tun zu wollen. Leider werden sie immer wieder in die Irre geführt. Solche Projekte haben nichts mit dem Schutz der Arten oder der einzelnen Tiere zu tun. Junge Löwen leiden auf diesen Zuchtfarmen. Wer ehrenamtlich auf einer dieser Zuchtfarmen arbeitet oder Arbeitserfahrung sammeln will, unterstützt indirekt die grausame Löwenindustrie - auch wenn er es nicht so meint oder es nicht erkennt.

Die intensive Zucht von Grosskatzen hat große Auswirkungen auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden. Löwinnen in Gefangenschaft sind ständig trächtig, und Inzucht ist weit verbreitet, wodurch Nachkommen mit Missbildungen und/oder Gesundheitsproblemen entstehen.

In der freien Wildbahn schlafen die Jungtiere einen beträchtlichen Teil des Tages, während sie in Gefangenschaft den ganzen Tag lang gestupst und gestoßen werden. Nicht selten werden die Löwen-, Tiger- und Gepardenjunge während 8-10 Stunden pro Tag an sieben Tagen die Woche, der zahlenden Öffentlichkeit vorgeführt, damit Interessierte mit ihnen spielen, sie streicheln und knuddeln können. Dies bringt den Einrichtung einen beträchtlichen Geldbetrag ein. 

Das Kuscheln und Spielen mit jungen Löwen und Tigern ist für die Tiere mit viel Stress verbunden. Die Junglöwen brauchen Ruhe und Kontakt mit (älteren) Mitgliedern ihrer Art. Der intensive Kontakt mit (fremden) Menschen und die oft schlechten Haltungsbedingungen der Tiere führen zu schweren Verhaltensstörungen und einer schlechten geistigen und körperlichen Entwicklung.

Die Haltung von wilden Raubtieren in Gehegen als Touristenattraktion ist grausam, beunruhigend und unnatürlich. Die Bedingungen sind oft ungeeignet, es mangelt an Anreicherung, medizinischer Versorgung und die grundlegendsten Bedürfnisse wie Wasser und Nahrung werden oft nicht erfüllt. Und all dies zum Nutzen unserer Unterhaltung, um zu einer Fotorequisite zu werden und Wildtiere einfach zu einer Ware zu machen.