Wo ist Wasser auf der Erde gespeichert?

Tief unter der Erdoberfläche könnte es ein gewaltiges Wasserreservoir geben. So viel Wasser wie in allen Meeren der Erde zusammen ist dort wahrscheinlich im Gestein gespeichert. Das entscheidende Indiz dafür fanden Forscher in einem winzigen, wegen seiner trübbraunen Farbe wertlosen Diamanten. Denn in seinem Inneren trug dieser einen Kristall, der einst in der Übergangsschicht zwischen oberem und unterem Mantel entstanden ist – genau in dem Bereich, der das wasserreiche Gestein enthält.

Die Erde ist ein wasserreicher Planet, immerhin bedecken Ozeane heute rund drei Viertel ihrer Oberfläche. Doch woher stammt das kostbare Nass? In ihrer Anfangszeit war die Erdoberfläche glühend heiß und knochentrocken und auch die Uratmosphäre enthielt kaum Wasserdampf. Gängiger Theorie nach könnte das irdische Wasser aus zwei Quellen gekommen sein: Wasserreiche Kometen und Asteroiden könnten einiges davon aus dem Weltraum mitgebracht haben. Ein Großteil aber soll aus dem Erdinneren stammen: „Der Ursprung des Wassers in der Hydrosphäre der Erde ist der Erdmantel“, erklären Graham Pearson von der University of Alberta in Edmonton und seine Kollegen.

Der obere Erdmantel besteht jedoch aus dem Mineral Olivin, das kaum Wasser speichern kann. Aber darunter, in 410 bis 660 Kilometern Tiefe, liegt die Übergangsschicht zum unteren Erdmantel. Hier sorgen der enorme Druck und große Hitze dafür, dass das Olivin seine Kristallstruktur ändert und zu den Mineralen Wadsleyit und Ringwoodit wird. Und vor allem letzteres könnte theoretisch Wasser speichern und so das gesuchte Reservoir des Urzeitwasser darstellen. Das große Problem dabei: In diese Tiefen kann nicht einmal der modernste Bohrer vordringen, Forscher mussten daher bisher indirekte Messmethoden nutzen, unter anderem durch seismische Wellen, um mehr über die Struktur dieser Übergangsschicht herauszufinden. Bis jetzt. Denn zum ersten Mal haben nun Wissenschaftler ein winziges Stück Ringwoodit aus den Tiefen des Erdmantels gefunden.

Zufallsfund im trüben Diamant

Pearson und seine Kollegen kam dabei der Zufall zu Hilfe. Die Forscher waren eigentlich auf der Suche nach einem anderen Mineral, als sie in der Gegend um die Diamantenminen von Mato Grosso in Brasilien auf einen unscheinbaren, trüb-bräunlichen Minidiamanten stießen. Der nur drei Millimeter kleine, unregelmäßig geformte Brocken war für die Schmuckerherstellung wertlos. Doch in seinem Inneren verbarg sich ein wahrer Schatz, wie einer der Doktoranden im Team, ein Jahr später bei einer Nachuntersuchung entdeckte: In der Mitte des Diamanten steckte ein winziger, nur rund 40 Mikrometer großer, grünlicher Kristall. „Das war echtes Glück, dass wir den überhaupt entdeckt haben“, sagt Pearson. Die Forscher präparierten diesen Kristall-Einschluss heraus und analysierten ihn mit verschiedenen Methoden, darunter der Laser- und Infrarot-Spektroskopie und der Untersuchung per Röntgenbeugung.

Die Analysen ergaben, dass es sich tatsächlich um Ringwoodit handelte – das erste jemals auf der Erde gefundene. Zum ersten Mal hatten die Geoforscher damit ein Stück Mineral in der Hand, das aus der Übergangszone des Erdmantels stammen musste – aus einer Tiefe von mehr als 410 Kilometern. Das winzige Körnchen war zusammen im Laufe der Jahrmillionen wahrscheinlich durch vulkanische Aktivität in höhere Schichten gelangt. Irgendwo auf diesem Aufstieg wurde es von einem Diamant eingeschlossen, der es bis heute konservierte.

Mehr Wasser als alle Meere zusammen

Aber noch viel wichtiger: Wie die Analysen zeigten, enthält das Ringwoodit tatsächlich rund 1,5 Gewichtsprozent Wasser. Das aber bedeutet, dass auch die Übergangsschicht, aus der dieses Mineral stammt, mindestens ein Prozent Wasser enthalten muss. Das klingt nicht viel, aber rechnet man dies auf die gesamte Übergangsschicht hoch, dann kommt eine Menge zusammen: „Diese Schicht der Erde könnte so viel Wasser enthalten wie alle Ozeane der Erde zusammen“, erklärt Pearson. Diese Mineralprobe liefere den ersten direkten Beweis dafür, dass die Übergangszone zumindest stellenweise wasserreich sein muss. „In mancher Beziehung ist es ein Ozean im Inneren der Erde, wie es Jules Verne in seinem Roman ‚Reise zum Mittelpunkt der Erde‘ beschrieb“, erklärt Hans Keppler von der Universität Bayreuth in einem begleitenden Kommentar. „Nur hat dieser Ozean nicht die Form flüssigen Wassers, sondern besteht aus OH-Gruppen an einem ungewöhnlichen Mineral.“

Diese Entdeckung hat große Bedeutung für unser Bild des Erdinneren, aber auch für viele geologische Prozesse. Denn Vulkanismus, Plattentektonik und andere Vorgänge, die die Erde zu einem so dynamischen Planeten machen, werden entscheidend davon beeinflusst, ob und wie viel Wasser in den verschiedenen Schichten präsent ist. Wasser verändere die gesamte Art, wie ein Planet funktioniere, erklärt Pearson. Das Wissen, dass in der Tiefe tatsächlich ein ganzes Reservoir dieses geologischen Schmiermittels existiert, wirft neues Licht auf viele geologische Theorien und Hypothesen.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar

Für die Wissenschaftler, die die Geschichte der Erde erforschen, sind diese drastischen Veränderungen wie ein neues Kapitel in einem Buch: Sie unterteilen die Erdgeschichte in verschiedene Abschnitte, die Äonen genannt werden.

Zu Beginn, vor 4,5 Milliarden Jahren war die Erde völlig unbewohnbar. Sie entstand als eine heiße Kugel aus glühendem geschmolzenem Gestein, umgeben von heißen, ätzenden und giftigen Gasen. Das klingt wie eine Beschreibung der Hölle – und vom griechischen Wort „Hades“ für Hölle stammt auch der Name dieser Zeit: Hadaikum. Es endete vor etwa vier Milliarden Jahren mit der ersten großen Veränderung: Die Erde war so weit abgekühlt, dass die Oberfläche fest wurde – die Erde bekam eine Kruste.

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Im Hadaikum war die Erde eine Kugel aus flüssigem Gestein
Quelle: Colourbox

Die Erde kühlte weiter ab, so dass sich auf der Kruste flüssiges Wasser sammeln konnte: Meere entstanden. Und in diesen Meeren begann vor etwa 3,8 Milliarden Jahren das Leben – zunächst aber nur in Form einfachster Bakterien. Das griechische Wort für Ursprung oder Beginn steckt im Namen dieser Zeit: Archaikum. Eine wichtige Klimaveränderung vor etwa 2,5 Milliarden Jahren markierte den Übergang zur nächsten Epoche: Die primitiven Lebewesen begannen, die Umwelt zu beeinflussen. Sie produzierten Sauerstoff, der bislang in der Atmosphäre fast gar nicht vorkam.

Die frühen einzelligen Lebensformen wurden mit der Zeit komplexer, sie bildeten Zellkerne. Später begannen einige auch, dauerhaft in Verbünden zusammenzuarbeiten – daraus wurden schließlich die ersten mehrzelligen Organismen. Allerdings hatten sie noch keine festen Schalen oder Skelette, so dass aus dieser Zeit kaum Fossilien erhalten sind. Dieser Zeit vor dem Entstehen der Fossilien verdankt diese Epoche ihren Namen: Proterozoikum.

Das Proterozoikum endete vor 550 Millionen Jahren mit einer Explosion des Lebens: Innerhalb kurzer Zeit entwickelte sich aus den primitiven Lebensformen eine enorme Artenvielfalt. Diese Arten waren viel komplexer gebaut – und einige hatten auch schon harte Schalen, die erstmals als Fossilien erhalten blieben. Daher wird für die Wissenschaftler die Geschichte des Lebens erst ab diesem Zeitpunkt so richtig sichtbar. Und nach dem griechischen Begriff für „sichtbar“ ist auch diese Epoche bennant: Phanerozoikum.

Dieses Zeitalter des Lebens dauert seit 550 Millionen Jahren bis heute an. Allerdings verlief auch die Entwicklung des Lebens nicht gleichmäßig: Nach der explosionsartigen Ausbreitung des Lebens gab es zwei verheerende Massensterben. Diese markieren weitere wichtige Einschnitte in der Erdgeschichte, so dass Wissenschaftler das Zeitalter des Lebens, das Phanerozoikum in drei Abschnitte, Ären genannt, einteilen.

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Die Abschnitte des Phanerozoikum
Quelle: SWR

Die älteste Ära des Phanerozoikum begann vor 550 Millionen Jahren mit der massenhaften Entstehung neuer Arten. Man nennt sie das Erdaltertum oder Paläozoikum. Zunächst spielte sich das Leben nur in den Ozeanen ab. Dann besiedelten die Pflanzen das Land, später zog auch die Tierwelt nach: Zuerst entwickelten sich die Amphibien, die sich bereits ein wenig an Land vortasten konnten, und schließlich auch Reptilien, die unabhängig vom Wasser wurden und das Land eroberten. Das Erdaltertum endete vor etwa 251 Millionen Jahren mit dem größten Massensterben aller Zeiten: Über 90 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten starben aus, vor allem in den Meeren. Der Grund ist bis heute nicht endgültig geklärt. Wissenschaftler vermuten, dass eine Eiszeit schuld war, möglicherweise als Folge eines Meteoriteneinschlags.

Als sich die überlebenden Tier- und Pflanzenarten an ihre neue Umwelt gewöhnen mussten, brach das Erdmittelalter oder Mesozoikum an. Es ist vor allem das Zeitalter der Dinosaurier: Riesige Echsen entwickelten sich und beherrschten das Leben fast 200 Millionen Jahre lang. Doch auch das Erdmittelalter endete mit einem einschneidenden Ereignis: Vor etwa 65 Millionen Jahren schlug ein großer Meteorit auf der Erde ein. Dabei wurde so viel Staub und Asche in die Luft geschleudert, dass sich der Himmel verdunkelte und sich das Klima für lange Zeit veränderte. Die Dinosaurier und viele andere Arten starben aus.

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Das Erdmittelalter war die Zeit der Dinosaurier, wie Stegosaurus ...
Quelle: Colourbox
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... und Tyrannosaurus Rex.
Quelle: Colourbox

Davon profitierten vor allem kleine Säugetiere, die sich am besten an den Klimawandel anpassen konnten. Sie hatten sich bereits im Erdmittelalter entwickelt, waren aber im Schatten der Dinosaurier geblieben. Nun konnten sie sich rasant ausbreiten, die unterschiedlichsten Lebensräume erobern und sich immer weiter entwickeln. Auch der Mensch stammt von dieser Gruppe ab. Dieses jüngste Zeitalter hält bis heute an und wird daher auch die Erdneuzeit oder Känozoikum genannt.

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Die Erdneuzeit gehört den Säugetieren
Quelle: Colourbox
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Die Erdneuzeit gehört den Säugetieren
Quelle: Colourbox
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Die Erdneuzeit gehört den Säugetieren
Quelle: Colourbox

Diese grobe Einteilung der Erdgeschichte orientiert sich an sehr einschneidenden Veränderungen des Lebens: Explosionsartige Vermehrung oder Massensterben. Dazwischen gab es aber weitere Umbrüche durch verschiedene andere Einflüsse – Veränderungen der Meere und Kontinente durch die Kontinentalverschiebung, Klimawandel zwischen Eis- und Warmzeiten, Zusammensetzung der Luft und vieles mehr. Immer bevorzugten die neuen Bedingungen einzelne Arten und benachteiligten andere. So können die drei Abschnitte des Phanerozoikum (Zeitalter des Lebens) noch jeweils in mehrere Perioden unterteilt werden.

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Übersichtstabelle der Erdzeitalter
Quelle: SWR