Wie sehen die augen eines sterbenden aus

Direkt nach dem Tod halten Sie vielleicht einfach inne. Vielleicht möchten Sie eine Kerze anzünden oder etwas sagen. Vielleicht sprechen Sie ein Gebet oder Sie haben dem gerade verstorbenen Menschen noch etwas zu sagen oder mit auf den Weg zu geben? Sie werden dann nach einiger Zeit einen Arzt anrufen, der offiziell den Tod mit einem Abstand von mindestens zwei Stunden nach dem Eintreten des Todes bescheinigen muss und vermutlich einen Bestatter informieren, der Ihnen bei der Organisation von Trauerfeier und Bestattung helfen wird. Vor Beginn der Leichenstarre, die nach etwa einer Stunde einsetzt, sollten Sie Augen und Mund sanft schließen und vielleicht ein angefeuchtetes Taschentuch auf die geschlossenen Augen legen. Vielfach wird den Verstorbenen eine Zahnprothese nun wieder eingelegt, damit das Gesicht weniger eingefallen wirkt und "wie früher im Leben" aussieht. Wenn der Mund sich immer wieder öffnet, können Sie ein ganz kleines Kissen oder gefaltetes Handtuch zwischen Kinn und Brustkorb legen. Oftmals falten Menschen dem Verstorbenen die Hände vor der Brust und legen einen kleinen Blumenstrauß, eine einzelene Blüte oder religiöse Dinge, wie ein Kreuz oder einen Rosenkranz, hinein.

Wenn Sie den Verstorbenen ein letztes Mal waschen und ihm seine liebsten oder festlichsten Kleidungsstücke anziehen möchten, sollten Sie vielleicht zu zweit sein, damit Sie sich beim Anziehen helfen können.

Wenn später der Arzt und vielleicht ein Mitarbeiter eines Bestattungsinstituts bei Ihnen eintreffen, werden Sie nach und nach aus dieser sehr eigenen Zeitrechnung und Welt der letzten Stunden vor und nach dem Tod auftauchen. Bitte lassen Sie sich Zeit und haben Sie Geduld mit sich.
Vermutlich funktionieren Sie zunächst eher mit der Selbstverständlichkeit einer Maschine. Vielleicht können Sie nicht weinen und wirken seltsam geschäftig und haben von sich selbst den Eindruck, ein gefühlloses Wesen geworden zu sein. Warten Sie ab, bis dieses erste Erstarren, dieser Schock sich löst, und erwarten Sie nicht zu viel von sich. In der folgenden Zeit, die sich in Tagen, Wochen, Monaten und Jahren bemessen wird, werden Sie nach und nach wieder in Ihrer Welt ankommen und Ihr Leben leben - sicherlich anders und vielleicht auch bewusster durch die intensive Nähe des Todes, die Sie eingegangen sind und ein Stück weit begleitet haben!

Wie sehen die augen eines sterbenden aus

Wie ist das eigentlich mit den Augen – man liest ab und zu von ‚gebrochenen Augen‘, oder dass die Augen von Toten blind; seien, ich deute das so, dass sie aussehen wie manche blinden Augen, denen ansieht, dass sie nicht sehen können (oder z.B. grauer Star). Sehen die Augen von Toten anders, tot, aus?

Jemand sagte einmal, die Augen seien der Spiegel der Seele. Was sieht man, wenn man einem Menschen in die Augen schaut?
Ist ein Mensch gestorben, sieht man das alles nicht mehr.

Die Augen blicken starr, es gibt keine Bewegungen mehr und auch Pupillen- und Lidreflex sind nicht mehr gegeben.

Zunächst bleiben die Augen so, wie sie zu Lebzeiten waren, dann verändern sie sich mit zunehmendem körperlichen Verfall des Verstorbenen. Sie trüben im Verlaufe von mehreren Tagen ein und werden auch kleiner. Körperflüssigkeiten, die hinter dem Auge oder über den Tränenkanal austreten, können einen wässrigen Belag auf den Augen bilden.

Davon bekommt man als Angehöriger allerdings nichts mit, weil die Augen längst geschlossen wurden.
Nebenbei bemerkt ist es eine affige Erfindung der Filmregisseure, wenn in Spielfilmen, entweder nur eine Hand kurz über die Augen gelegt wird oder so eine leichte wischende Handbewegung über der Augenpartie gemacht wird und dann bei einem Verstorbenen die Augen geschlossen sind. Man sieht das immer wieder.

Da die Muskulatur erschlafft ist, ist es normalerweise kein Problem, die Lider über die Augen zu ziehen, aber nur mal eben so mit einer segnenden Bewegung übers Gesicht fahren, bringt gar nichts.

Weil die Augen oft auch kleiner werden, sie verlieren einfach im Verlaufe der Zeit an Flüssigkeit, verwenden viele Bestatter sogenannte Augenkappen. Das sind hauchdünne fast halbkugelförmige Plastikkappen, die an ihrer Oberseite aufgerauht sind.
Man legt diese Kappe auf das Auge und zieht dann vorsichtig das Lid darüber. Durch die rauhe Oberfläche zieht sich das Lid dann nicht mehr zurück, was ab und an vorkommt, und die Augenpartie sieht nicht mehr so eingefallen aus.

Als Bestatter hört man aber dennoch hin und wieder von den Angehörigen, der Verstorbene sähe um die Augen herum so eingefallen oder fremd aus. Das liegt dann aber meistens nur daran, daß sie den Verstorbenen seit Jahren nicht mehr ohne Brille gesehen haben. Die meisten Brillen vergrößern oder verkleinern die dahinterliegende Augenpartie für den Betrachter.
Dieser Effekt fällt natürlich weg, da es unüblich ist, Verstorbene mit Brille aufzubahren.

Peter Wilhelm 28. Mai 2012

Das Auge als biologische Kamera: Eine Idee, die im 19. Jahrhundert den Forschergeist beflügelte - und morbiden Gerüchten einen Nährboden bot. Man hoffte, im Auge eines Toten, ein Abbild seines letzten Blicks finden zu können. Ein Optogramm eben. Ansatzweise funktionierte das sogar.

In der Optografie versucht man, jenen letzten Blick vor dem Ableben zu fixieren. Für den englischen Künstler Derek Ogbourne ist das Thema schon seit mehr als zehn Jahren eine Quelle der Inspiration. Zur Zeit stellt er seine Arbeiten als "Museum of Optography" im Kurpfälzischen Museum der Stadt Heidelberg aus - eine faszinierende Mischung aus Kunst und Wissenschaft, Fakten und Fiktion. Die Materie eignet sich bestens dafür.

Ein Optogramm sei immer vage, sagt Ogbourne. "Es verlässt sich auf die Imagination." Und bietet so Spielraum für die Phantasie.

Rhodopsin heißt der Stoff, aus dem die optografischen Träume sind. Es ist das lichtempfindliche Pigment in den Sehzellen der Retina, der Netzhaut. Die Substanz besteht aus komplexen Molekülen, die unter Einfluss von Lichtenergie in ihre farblosen Komponenten Opsin und Retinal zerfallen. Diese Reaktion erzeugt einen Sinnesreiz. Der Zellstoffwechsel fügt die Teile anschließend wieder zusammen, der Prozess kann erneut starten.

Entdeckt wurde das "Sehpurpur" 1876 von dem in Rom lehrenden deutschen Professor Franz Boll. Der Anatom untersuchte damals Froschaugen und stellte verblüfft fest, dass die Netzhaut kurz nach dem Tod der Tiere rötlich-purpurn gefärbt ist und nach 40 bis 60 Sekunden ausbleicht, wenn die Frösche zuvor im Dunkeln gehalten wurden. Boll beschrieb seine Entdeckung in einem Wissenschaftsjournal und weckte so das Interesse des Heidelberger Physiologen Wilhelm Kühne. Auch er experimentierte zuerst mit Fröschen, wechselte aber bald zu Kaninchen und erkannte auf deren Netzhaut winzige quadratische Abbildungen seines Laborfensters. Der berühmte Chemiker Robert Bunsen war Zeuge - die Optografie war geboren.

Das erste Optogramm stammt aus dem Auge eines Guillotinierten

Kühne erwies sich als besonders ehrgeiziger Erforscher optografischer Möglichkeiten. Ein tragischer Mordfall bot dem Gelehrten 1880 die Gelegenheit, seine Erkenntnisse an einem Menschen zu testen. Im Gefängnis zu Bruchsal sollte am 16. November der 31-jährige Erhard Reif mit der Guillotine hingerichtet werden. Der Witwer hatte seine beiden Kinder im Altrhein ertränkt. Anscheinend war er so arm, dass er sie nicht mehr ernähren konnte. Mitsamt einem mobilen Labor reiste Kühne aus Heidelberg an, richtete sich in einem dunklen Raum des Gebäudes ein - und traf letzte Vorbereitungen.

Kurz nach Tagesanbruch fiel das Fallbeil. Reifs Kopf wurde laut Kühnes Bericht "unterhalb der Medulla oblongata" abgetrennt, schon drei Minuten später "waren am Körper keine Reflexe mehr zu erzeugen". Beim Sezieren des linken Auges des Hingerichteten gab es im Gewebe gleichwohl noch störende Zuckungen. Doch Kühne fand, was er suchte: Die Netzhaut des Toten zeigte deutlich ein drei bis vier Millimeter langes, farbloses Optogramm, umgeben von einer hellrosa Retina-Oberfläche. "An dem trüben Herbstmorgen blieb das Bild etwa fünf Minuten sichtbar", schrieb der Wissenschaftler. So etwas zu fotografieren war damals technisch noch nicht möglich, deshalb zeichnete er das Optogramm nach. Was es jedoch darstellte, konnte man trotz intensiver Suche im Exekutionsumfeld nicht herausfinden. Und Spekulationen mochte sich der Physiologe wohl nicht hingeben.

Bei anderen Menschen dagegen ließ das Thema Optografie die Phantasie aufblühen. Allerdings nicht erst seit Kühnes Studien. Der britische Fotografie-Pionier William Warner berichtete bereits Anfang der 1860er Jahre von einer seltsamen Beobachtung. Eines seiner Bilder zeigte das Auge eines toten Kalbs. Darin sah Warner nach eigenem Bekunden ein Linienmuster: die Fliesen auf dem Boden des Schlachthauses. Der Fotograf klopfte bei Scotland Yard in London an und schlug vor, zukünftig die Augen von Mordopfern abzulichten, um so vielleicht deren Meuchler erkennen zu können. Man versuchte es - absolut erfolglos.

Netzhautbilder von Ermordeten

Trotzdem geisterten bis Anfang des 20. Jahrhunderts immer wieder Geschichten über angeblich mittels Optografie überführte Mörder durch die europäische Presse. Zwar erwiesen sie sich als reine Gerüchte. Es heißt jedoch, die Technik habe zumindest in einem Fall indirekt für die Aufklärung eines Kapitalverbrechens gesorgt, sagt Kristina Hoge, Kuratorin der Heidelberger Ausstellung: Bei der Untersuchung eines achtfachen Mordes 1924 in Haiger bei Gießen hätten die Ermittler den Verdächtigen erzählt, sie ließen Netzhautbilder der Toten erstellen. "Der Täter glaubte offenbar daran, dass es funktionierte, und gestand", sagt Hoge.

1975 blühte der Mythos Optografie noch einmal auf. Der Ophthalmologe Evangelos Alexandridis und seine Kollegen an der Heidelberger Universitätsaugenklinik erhielten einen Brief mit einer überraschenden Anfrage: Ob es vielleicht unter bestimmten Bedingungen doch möglich sein könnte, mittels der Netzhaut eines Mordopfers ein Optogramm zu erstellen? Der Absender des Schreibens, ein Kriminalist, hatte offensichtlich Wind bekommen von den wilden Geschichten aus früheren Zeiten. Alexandridis machte sich zusammen mit Student Thomas Klothmann an die Arbeit. Im Prinzip wiederholten sie Kühnes Kaninchenversuche. Die Tiere wurden narkotisiert und vor einer Leinwand fixiert. Darauf projizierten die Forscher unterschiedliche Dias. Mindestens zwei Minuten lang starrten die benebelten Langohren diese Bilder an, danach wurde es für sie für immer dunkel.

Alexandridis und Klothmann legten die präparierten Kaninchenaugen 24 Stunden lang in einer Kalium-Alaun-Lösung ein, spülten sie danach mit Kochsalz, nahmen die Netzhaut heraus, und zogen sie auf weiße Porzellankugeln auf. Das Ergebnis: Tatsächlich zeigten die so entstandenen Optogramme, was die Kaninchen als letztes in ihrem Leben gesehen hatten - die Zahl 75, ein Schachbrettmuster, und sogar das Gesicht des schnurrbarttragenden Künstlers Salvador Dalí, grob nachgezeichnet von Alexandridis.

Nur die Netzhaut von Geköpften könnte ihren eigenen Mörder verraten

Der Versuch war gelungen, zumindest aus wissenschaftlicher Sicht. Den Kriminalisten mussten die Ophthalmologen jedoch enttäuschen. Die Belichtungszeiten waren zu lange, die erforderliche Lichtintensität zu hoch, und die Optogramme zu kurzlebig. Ein Opfer müsste seinen Mörder in einem hellbeleuchteten Raum aus der Nähe anstarren, und nur wenn der Täter sofort die Blutzufuhr komplett unterbricht - den Anderen also köpft - und gleich das Licht ausmacht, hätte die Polizei zumindest theoretisch die Chance, auf der Netzhaut des Getöteten etwas erkennen zu können. Vorausgesetzt natürlich, sie findet die Leiche nur eine Viertelstunde nach der Tat.

Für Derek Ogbourne tun die harten Fakten dem gruseligen Zauber der Optografie keinen Abbruch. Es geht ihm um den Mythos, seine Ausstellung soll "den Zweifel fortführen". "Wir wollen, dass es funktioniert", sagt der Künstler. Er nennt das Romantizismus. Was mag das Optogramm von Erhard Reifs linkem Auge gezeigt haben, auf was fiel sein letzter Blick? Ogbourne war in Bruchsal und hat sich im umgebauten alten Gefängnisgebäude umgesehen. Er fand nicht die geringste Spur. "Vielleicht war es nur ein Lichtfleck auf dem Boden." Vergänglich wie das Leben selbst.

Die Ausstellung "Der letzte Blick" ist noch bis 5. September 2010 im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg zu sehen.