Erkrankungen des Kreislaufsystems sind seit Jahren Haupttodesursache in Deutschland. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, wurde im Jahr 2003 bei nahezu jedem zweiten Verstorbenen der Tod durch eine Erkrankung des Kreislaufsystems ausgelöst. Eine hohe Cholesterolkonzentration im Blut ist neben dem Alter ein wichtiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Besonders hoch ist das Risiko für Erkrankungen des Herzens und der Gefäße, wenn die LDL- und die Triglycerid-Konzentrationen erhöht sind sowie die HDL-Cholesterolkonzentration niedrig ist und der Patient raucht, sich wenig bewegt, Diabetes oder Hypertonie hat. Die Behandlung der Dyslipoproteinämie reduziert sowohl die Gesamt- als auch die KHK-Mortalität (KHK = koronare Herzkrankheit) und damit auch die Krankheitskosten.Welche Therapieziele und -methoden adäquat sind, hängt davon ab, wie hoch das individuelle Risiko des Patienten ist, in den nächsten zehn Jahren ein kardiovaskuläres Ereignis zu erleiden. Zur Abschätzung bzw. Berechnung dieses Risikos dienen Tabellen bzw. Programme (PROCAM Software, PRECARD, Framingham Risk Equations). Einen umfassenden überblick über das Vorgehen zur Abschätzung des Risikos und zur Findung adäquater Lipidwerte nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen geben die Empfehlungen zur „Vereinheitlichung von Referenzwerten für das Lipidprofil auf Laborberichten“ (DGFF (Lipid-Liga) e. V. 2005).
Koronares Risiko und Zielwerte für BlutlipideIm März 2005 hat die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e. V. Empfehlungen zur „Vereinheitlichung von Referenzwerten für das Lipidprofil auf Laborberichten“ mit folgender Erklärung veröffentlicht: „Bei der Bewertung des koronaren Risikos ist man inzwischen weltweit davon abgegangen, Cholesterolwerte isoliert zu betrachten. Wir sehen die Cholesterolkonzentration und insbesondere die LDLCholesterolkonzentration nicht als isolierten Risikofaktor, sondern im Rahmen des so genannten globalen Risikos. Und da das Risiko bei verschiedenen Menschen unterschiedlich ist, müssen auch unterschiedliche LDL-Zielwerte für verschiedene Risiken angegeben werden. Dies macht leider die Beurteilung eines Laborwerts für den behandelnden Arzt wesentlich schwieriger, als z. B. die Beurteilung eines Blutglucosewerts oder eines Kreatininwerts.“ Mit Empfehlungen zur „Vereinheitlichung von Referenzwerten für das Lipidprofil auf Laborberichten“ wird die Bewertung der verschiedenen Risikofaktoren auf Grundlage der Ergebnisse der Leitlinien des „Expert Panel on Detection, Evaluation, and Treatment of High Blood Cholesterol in Adults“ (Adult Treatment Panel III;ATP III), eines Teils des National Cholesterol Education Program (NCEP), zusammengefasst (Tab. 1). Eine Bewertung der ermittelten Laborwerte ist in Tabelle 2 vorgenommen.
Je nach individuellem Koronarrisiko sind demnach unterschiedliche Zielwerte zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse erstrebenswert. Bei Patienten, deren Koronarrisiko durch weniger als zwei Risikofaktoren in den nächsten 10 Jahren unter 10 % liegt, sind die Lipidparameter als „normal“ einzustufen, wenn Gesamtcholesterol <200 mg/dl, LDL-Cholesterol <160 mg/dl, HDL-Cholesterol mindestens 40 mg/dl und Triglyceride <200 mg/dl liegen.
Diese auf dem NCEP basierenden Werte sind international anerkannt und finden sich beispielsweise auch in der Richtlinie zur Diagnose und Therapie der Hyperlipidämie der Japan Atherosclerosis Society (JAS) wieder (Hata et al. 2002). Nachdem die Japan Atherosclerosis Society Consensus Conference 1987 noch Serum-Gesamtcholesterol 220 mg/dl, Serum-Triglyceride 150 mg/dl, HDL-Cholesterol 40 mg/dl als Werte zur Initiation einer Behandlung vorgegeben hat, wurde basierend auf den Ergebnissen epidemiologischer Studien in Japan und dem westlichen Stand die wünschenswerte Serum-Gesamt-Cholesterolkonzentration zur Prävention der KHK auf <200 mg/dl herabgesetzt, da das KHK-Risiko bei einer Gesamt-Cholesterolkonzentration ab 200 mg/dl markant erhöht ist (Tab. 3).
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) „Diagnose und Behandlung der chronischen koronaren Herzerkrankung“ Zur Sekundärprävention bei koronaren Herzerkrankungen gibt die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) Empfehlungen in der Leitlinie „Diagnose und Behandlung der chronischen koronaren Herzerkrankung“. Wie auch in dieser Leitlinie analysiert, steigt das Herzinfarktrisiko mit steigenden LDL-Cholesterolkonzentrationen. Auch erhöhte Triglycerid- und erniedrigte HDL-Cholesterolkonzentrationen sind mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko verknüpft. Die Senkung des LDL-Cholesterols führt bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung zu einer Verlangsamung der Progression der Arteriosklerose, zu einer Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse um 30 bis 40 % und zu einer Reduktion der Letalität um bis zu 34 %. Durch eine zielgerichtete Ernährungsumstellung kann das koronare Risiko signifikant gesenkt werden. Dieser günstige Effekt geht über die alleinige Senkung des Cholesterolspiegels hinaus. Die Ernährung soll sich laut der Leitlinie zur Diagnose und Behandlung chronischer koronarer Herzerkrankung der DGK an folgenden Richtlinien orientieren:
Dies entspricht einer Kost mit:
Lebensstiländerungen wie Anpassung der Ernährung, Gewichtsreduktion und regelmäßiges körperliches Training sind die Basis jeder fettmodifizierenden Therapie, sie sind aber in aller Regel allein nicht ausreichend. Bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung sollen deshalb die genannten Lebensstiländerungen durch eine medikamentöse Therapie ergänzt werden. Die Zielwerte der Blutfette liegen bei Patienten mit KHK wie folgt[9]:
Laut NCEP (2001) besteht überzeugende Evidenz dafür, dass ein erhöhtes Risiko, im Laufe des Lebens eine KHK zu erleiden, mit hohen Gesamt-Cholesterolkonzentrationen (>240 mg/dl) einhergeht, die grundsätzlich durch hohe LDL-Cholesterolkonzentrationen (>160 mg/dl) bedingt sind (Tab. 4). Dies rechtfertigt klinische Therapien, um das Langzeitrisiko zu reduzieren. Aber auch grenzwertig erhöhte Gesamt-Cholesterolkonzentrationen (200–239 mg/dl) bedingen ein erhebliches Langzeitrisiko, so dass es klinischer Interventionen bedarf, wenn auch nicht unbedingt mit LDL-senkenden Medikamenten (s. „Therapeutische Maßnahmen“).
Den Empfehlungen des Adult Treatment Panel (ATP III) zufolge ist die Senkung des LDL-Cholesterols das primäre Therapieziel. Die LDL-Cholesterol- Zielwerte für jede Risikokategorie sind nochmals separat in Tabelle 5 zusammengefasst.
Den Empfehlungen des NCEP (2001) zufolge ist je nach Ausgangskonzentration und anderen Risikofaktoren, also je nach Risikokategorie, nur eine therapeutische Lebensstilintervention notwendig (Ernährungsumstellung, körperliche Aktivität, ggf. Gewichtsreduktion) oder aber auch gleichzeitig eine medikamentöse Therapie, um die gewünschte LDL-Cholesterolkonzentration zu erreichen. Bei Personen mit KHK oder KHK-Risiko- Äquivalenten (Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2) beispielsweise sollten bei einer LDL-Cholesterolkonzentration von <100 mg/dl lebensstilinterventionen zur erhaltung des wertes initiiert werden, bei einer ausgangskonzentration von 100 bis 129 mg/dl ist zusätzlich zur therapeutischen lebensstilintervention eine medikamentöse therapie abzuwägen, bei >130 mg/dl sollte Letztere gleichzeitig mit den Lebensstilinterventionen eingesetzt werden. Eine medikamentöse Therapie ist jedoch immer dann notwendig, wenn sich der individuelle LDL-Zielwert mit Ernährung und Bewegung sowie ggf. Gewichtsreduktion nicht erreichen lässt. Nähere Informationen zum Einsatz von Medikamenten zur Therapie verschiedener Fettstoffwechselstörungen sind beispielsweise bei der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e. V. abrufbar (www.lipid-liga.de).
Die Ergebnisse von Kohortenstudien und tendenziell auch die von Interventionsstudien zur primären Prävention der KHK sprechen – unterstützt durch die in klinischen, tierexperimentellen, biochemischen und molekularbiologischen Untersuchungen abgesicherten Wirkungsmechanismen – dafür, dass durch eine Optimierung der Fettzufuhr mit einer erfolgreichen primären Prävention der KHK gerechnet werden kann. Dabei besteht überzeugende Evidenz für die Wirksamkeit einer Verminderung des Anteils an gesättigten Fettsäuren, trans-Fettsäuren und Cholesterol sowie für die Anhebung von mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Leitlinie „Fettzufuhr und Prävention ernährungsmitbedingter Erkrankungen“, in Vorbereitung). Die Aufnahme von gesättigten Fettsäuren und Cholesterol kann reduziert werden, indem Lebensmittel tierischer Herkunft wie Butter, Sahne und andere fettreiche Milchprodukte sowie Eier, Fleisch und Wurstwaren nur in Maßen verzehrtwerden. Lebensmittel, die gehärtete Fette enthalten, z. B. Gebäck, Snackartikel, frittierte Speisen und Blätterteig, sind häufig auch reich an trans-Fettsäuren, so dass diese Lebensmittel nur selten verzehrt werden sollten. Die Anhebung der Menge von mehrfach ungesättigten Fettsäuren in der Nahrung ist durch die Verwendung von pflanzlichen Ölen und Fetten (Ausnahmen sind Frittierfette wie Kokosfett) erreichbar; z. B. sind Raps-,Walnuss- und Sojaöl und daraus hergestellte Streichfette besonders wertvolle Quellen für diese Fettsäuren. Eine adäquate Zufuhr von langkettigen n-3 Fettsäuren kann über fettreiche Seefische wie Hering, Makrele oder Lachs sichergestellt werden. Die genannten Empfehlungen erleichtern gleichzeitig die Einhaltung einer moderaten Gesamtfettzufuhr (max. 30 % der Energie), erst recht, wenn sie mit einer Erhöhung der Kohlenhydrataufnahme einhergehen. Kohlenhydratreiche Lebensmittel, insbesondere Vollkornprodukte, Kartoffeln und Hülsenfrüchte, enthalten wie auch Obst und Gemüse zudem gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe wie Ballaststoffe und Sekundäre Pflanzenstoffe, denen ebenfalls ein primärpräventives Potenzial zugesprochen wird. Zusammengefasst spiegelt sich die Optimierung der genannten Ernährungsfaktoren zur Primärprävention der KHK in einer vollwertigen Ernährung nach den Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung wider:
Literatur
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