Wie geht man mit Menschen um die einen verletzt haben?

Prüfe, ob das, was der andere gesagt/getan hat, richtig bei dir angekommen ist.

Hast du richtig verstanden, was dein Gegenüber gesagt hat? Frage ihn direkt: "Wie meinst du das?" "Was verstehst du darunter?" "Auf welches konkrete Verhalten beziehst du dich mit deiner Kritik?" "Was wollest du mir mit deinem Verhalten signalisieren? Wenn du möchtest, kannst du mit diesen Rückfragen warten, bis du dich wieder stärker und ruhiger fühlst.

Sprich über deine Gefühle und Wünsche.
Teile deinem Gegenüber mit, wie du dich fühlst und wie seine Worte oder sein Verhalten bei dir angekommen sind, und was du dir anders wünscht: "Ich habe mich ... gefühlt, weil ich das so .... verstanden habe. Ich würde mir wünschen, dass du .... sagst/tust."

Schlüpfe in die Schuhe des anderen.
Überlege, welche Gefühle und Motive hinter seinem Verhalten stehen könnten. Hat er sich zuvor möglicherweise von dir angegriffen gefühlt? Passt auf ihn das Stichwort "Ein getroffener Hund bellt"? Ist er generell ein Mensch mit geringem Selbstwertgefühl?

Verhält er sich im Allgemeinen anderen Menschen gegenüber aggressiv und abwertend? Fehlt ihm generell die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen? Ist er zur Zeit stark mit seinen eigenen Problemen beschäftigt? Fällt es ihm schwer, offen zu sein und Nein zu sagen?

Suche nach positiven Motiven bei deinem Gegenüber.
Frage dich, ob sich auch positive Absichten hinter seinem Verhalten verbergen könnten? Wollte er dir ein Kompliment machen, das missglückt ist? Wollte er dir helfen, einen Fehler auszumerzen? Oder könnte sein Verhalten vielleicht überhaupt nichts mit dir zu tun haben, sondern mit seiner schlechten Stimmung, Überforderung, Müdigkeit, einer aktuellen Krisensituation?

Halte Tatsache und Meinung sorgfältig auseinander.
Erinnere dich daran, dass seine Worte nur seine persönliche Meinung widerspiegeln. Sie müssen überhaupt nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Du hast die Wahl, ob du seine Meinung für dich akzeptierst oder dir sagst: "Das ist seine persönliche Sichtweise. Ich weiß, dass ich nicht so bin, wie er mich sieht".

Überlege, welche Bedeutung du diesem Ereignis beimessen willst.
Ist das Ereignis für dich so wichtig, dass du dich in Gedanken weiter damit beschäftigen willst? Hilft dir die Beschäftigung damit, deine Ziele zu erreichen und glücklich zu sein? Lohnt es sich, dafür deinen Körper in Aufruhr zu bringen und deine Abwehrkräfte zu schwächen? Wenn nicht, unterbreche deine Erinnerungen immer wieder mit einem innerlichen "Stopp" und sage dir: "Ich bin bereit, loszulassen. Das ist Vergangenheit" - solange bis du nicht mehr an das negative Ereignis denkst.

Notiere deine Gedanken und Gefühle.
Vertraue deine quälenden Gedanken einem Tagebuch an und schließe deinen Text mit dem Satz: "Mir gefällt nicht, was der andere gesagt/getan hat, ich bin enttäuscht und traurig. Ich bin ärgerlich. Doch ich bin bereit, ihm zu verzeihen. Er ist ein Mensch und macht als solcher ab und zu Fehler.

Prüfe, wie wichtig dir die Beziehung ist.
Wenn du es mit einem Menschen zu tun hast, der dich immer wieder zu verletzen versucht, überlege dir, ob du weiterhin mit ihm zusammensein willst/musst oder ob du dich von ihm zurückziehen möchtest.

Jeder geht emotional anders mit einer Kränkung um. Die wenigsten Menschen sind in der Lage, nach einer Kränkung dem anderen zu verzeihen und das Ereignis zu vergessen. Die meisten Menschen wählen eine der drei folgenden Reaktionen. Die einen treten den Rückzug an, sie zeigen dem Kränkenden fortan die kalte Schulter und brechen den Kontakt zu ihm ab. Sie spielen quasi die beleidigte Leberwurst. Die Folge: Die Beziehung zum anderen ist ruiniert.

Andere handeln nach dem Motto: „Angriff ist die beste Verteidigung“ oder „Rache ist süß“. Sie wollen den Angreifer verletzen und es ihm heimzahlen. Sie fordern Genugtuung und Reue. Die Folge: Die Konflikte eskalieren und die Fronten verhärten sich.

Und schließlich können wir auf Kränkungen auch mit Selbstmiteid reagieren. Wir bedauern uns, fühlen uns in der Opferrolle, können die erlittene Kränkung jedoch weder vergessen, noch verzeihen. Die Folge: Die ständige Erinnerung daran vergiftet die eigenen Gefühle und so fügt man sich selbst immer wieder neue seelische und körperliche Schmerzen zu.

Die für unser emotionales Befinden beste, aber gleichzeitig auch schwierigste Art, mit Kränkungen umzugehen, besteht darin, zu verzeihen und uns auszusöhnen. Das ist jedoch ein längerer Prozess und erfordert viel innere Stärke.

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Kränkung

Lesezeit: 2 Minuten

Aggression, Enttäuschung, Wut: Tipps, wie Sie konstruktiv mit einer Kränkung umgehen können.

Antwort von Koni Rohner, Psychotherapeut FSP:

Nein, sich zurückzuziehen wäre feige und nutzlos. Konstruktiv ist es, der Kollegin mitzuteilen, dass die kurzfristige Absage Sie gekränkt hat. Das wird Sie nicht nur erleichtern, sondern es besteht auch eine gute Chance, dass die Kollegin künftig sorgfältiger mit Ihnen umgeht, weil sie nun weiss, wie verletzlich Sie sind.

Kränkungen sind weit verbreitet. Jeder hat schon mal jemanden gekränkt, und wir alle sind auch schon gekränkt worden. Trotzdem spricht man in unserer Gesellschaft selten darüber. Coolness ist in. Wer will schon zugeben, dass er verletzlich ist. Auch die Bezeichnung Mimose drückt eine leichte Verachtung aus.

Trotzdem sollte man Kränkungen ernst nehmen. Sie belasten das seelische Wohlbefinden und können körperlich krank machen. Im Extremfall sind sogar Familiendramen, Suizide oder Amokläufe die Folge.

Kränkungen fressen sich in die Seele

Kleine alltägliche Kränkungen sind etwa kurzfristige Absagen, wie Sie sie erleben mussten, oder Situationen, in denen der andere einen versetzt und überhaupt nicht erscheint. Vielleicht wird man als Einziger einer Gruppe nicht zu einem Geburtstags-fest eingeladen, oder jemand macht eine abschätzige Bemerkung über ein neues Kleidungsstück oder den Haarschnitt.

Als schwere Kränkungen erleben es die meisten, wenn sie den Job oder die Wohnung verlieren oder von einer geliebten Person verlassen oder zurückgewiesen werden.

Leider geht eine Kränkung nicht so schnell wieder weg. Im Gegenteil: Sie kann sich in die Seele fressen und Jahre oder gar ein Leben lang bestehen bleiben. Das liegt daran, dass die Kränkung unser Selbstwertgefühl angreift. Wir haben das Gefühl, wir seien es nicht wert, dass man Termine mit uns einhält, dass wir geliebt werden. Wir befürchten, wir seien nicht schön genug, nicht liebenswert genug, nicht witzig genug.

Alle Menschen kann man kränken, aber nicht alle im selben Mass. Manche sind empfindlicher, andere dickhäutiger. Zudem kommt es darauf an, von wem die Kränkung ausgeht. Je wichtiger diese Person für uns ist, desto tiefer geht die Verletzung.

Natürlich kränken auch wir andere – bewusst oder unbewusst. Egozentrische Menschen mit wenig Empathie kränken ihre Mitmenschen öfter als einfühlsame, die sorgfältiger mit andern umgehen.

Die Psychologin Bärbel Wardetzki rät, die Verletzung nicht einfach zu verdrängen. Man solle stattdessen die Gefühle ergründen, die durch die Kränkung entstanden sind, und diese der kränkenden Person sachlich mitteilen. Was man ausdrücken konnte, frisst sich nicht tiefer in die Seele hinein.

Die Wut, die eine Kränkung auslöst, soll man konstruktiv verwenden. Das bedeutet: nicht zurückschlagen und den andern noch heftiger kränken oder sich aggressiv von ihm abwenden. Sondern ein deutliches Signal setzen und klarmachen, dass man sich nicht alles gefallen lässt. Das schützt vor weiteren Kränkungen.

  • Buchtipp: Bärbel Wardetzki: «Ohrfeige für die Seele. Wie wir mit Kränkung und Zurückweisung besser umgehen können»; Verlag dtv, 2004, 224 Seiten, CHF 12.90