Herr Pütter, weltweit arbeiten 168 Millionen Kinder. Handelt es sich dabei nur um ausbeuterische Arbeitsverhältnisse? Auch auf Baumwollplantagen, etwa in Pakistan oder Usbekistan, müssen Kinder Zwangsarbeit leisten. Sind die Übergänge fließend? Sollte man nicht lieber die Rechte arbeitender Kinder stärken, anstatt Kinderarbeit pauschal zu verbieten? Viele Unternehmen und Teile der öffentlichen Hand haben Verhaltensregeln aufgestellt, um Kinderarbeit auszuschließen. Trotzdem kommt sie bei der Herstellung unserer Konsumgüter noch vor. Wie passt das zusammen? Vertreter der Steinbranche in Deutschland behaupten, Ihre Recherchen stimmten nicht. Warum leugnet die Steinbranche das Problem so hartnäckig? In der Praxis hat sich bei kommunalen Bauprojekten nur wenig verändert. Denn die Städte verlangen höchstens Selbstverpflichtungen von den Händlern. Die sind weitgehend wertlos. Bisher haben XertifiX und Fair Stone kaum Marktanteile. Wird sich das ändern? Aber was nützt es, Kinderarbeit zu verbieten, wenn ihre Ursache, die Armut der Familien, weiter besteht? Wie kann man alle Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit vom deutschen Markt verbannen? Benjamin Pütter berät seit 2015 das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ zum Thema Kinderrechte. Der 57-Jährige hat bei zahlreichen Reisen nach Indien in den vergangenen 25 Jahren die Ausbeutung von Kindern vor allem in den Steinbrüchen Südindiens dokumentiert. Zuletzt ist 2017 sein Buch „Kleine Hände, großer Profit. Kinderarbeit. Welches ungeahnte Leid sich hinter unserer Warenwelt verbirgt“ erschienen. Das Gespräch führte Claudia Mende
Der Kaffee im Büro, der Blumenstrauss zum Geburtstag, der Schokoriegel oder die Banane am Nachmittag. All diese Produkte haben eines gemeinsam: Sie werden häufig mithilfe von Kinderarbeit hergestellt. Niemand möchte Kinderarbeit unterstützen, und doch ist es schwer, sich im Supermarkt zu orientieren. Erfahren Sie, in welchen Produkten Kinderarbeit stecken kann – und worauf Sie beim Einkaufen achten können. Die ganze Welt ist in unseren Supermärkten zu finden: Jede Banane, jedes Paket Kaffee oder Kakao verbindet uns mit weit entfernten Ländern. Unter welchen Bedingungen die Banane jedoch geerntet wurde und ob Kinder dafür arbeiten mussten, verrät sie nicht. Realität ist, dass nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) weltweit 152 Millionen Kinder arbeiten, 73 Millionen davon unter ausbeuterischen Bedingungen. Fast die Hälfte der Jungen und Mädchen ist noch keine 12 Jahre alt. Kein Käufer möchte das unterstützen, und doch steckt Kinderarbeit in vielen Waren, die hierzulande tagtäglich gekauft werden: Exotische Früchte, Nüsse, Tee, Natursteine, Computer, Schuhe, Kleidung, Gold, Reis, Tabak und vieles mehr. Nach Untersuchungen des amerikanischen Arbeitsministeriums werden weltweit in 76 Ländern 148 verschiedene Güter mit Hilfe von Kinderarbeit produziert. Allein beim Goldabbau müssen Kinder in 21 Ländern mitarbeiten, beim Kaffee sind es 17 Länder, bei der Baumwolle 15. Wie ist die Gesetzgebung in der Schweiz?Im Gegensatz zu Staaten wie Frankreich, Holland oder den USA gibt es in der Schweiz noch keine gesetzlichen Bestimmungen, die sicherstellen, dass Waren, die hierzulande auf den Markt kommen, ohne Kinderarbeit hergestellt werden. Verschiedene Organisationen fordern dies seit Jahren. Die Konzernverantwortungsinitative, welche am 29. November vors Volk kommt, will globale agierende Konzerne mit Sitz in der Schweiz verpflichten, sicherzustellen, dass sie nicht von Kinderarbeit profitieren. SOS-Kinderdorf hilft Eltern weltweit dabei, ihr Leben aus eigenen Kräften zu bestreiten, sodass Kinder nicht arbeiten müssen. Sie bekommen Mikrokredite und werden mit Knowhow unterstützt, um beispielsweise ein kleines Geschäft zu eröffnen. Kindern ermöglichen wir ausserdem den Schulbesuch. All dies trägt dazu bei, die weltweite Kinderarbeit zu beenden. Als Verbraucher einen wichtigen Beitrag leistenAuf unseren Social-Media-Kanälen zeigen wir, in welchen Produkten oft Kinderarbeit steckt. Und in unserem Folgeblog, erfahren Sie, was Sie als Konsument tun können, um Kinderarbeit zu bekämpfen. |