Was sind Wechselwirkungen bei Antibiotika?

Angst vor der Einnahme von Antibiotika kennen wohl die meisten. Doch wann ist wirklich mit Antibiotika-Nebenwirkungen zu rechnen, wobei helfen welche Medikamente, und warum sollte man die Mittel immer laut Angaben einnehmen?

Zuerst einmal muss geklärt werden, wie Antibiotika überhaupt wirken. Dann lassen sich die Nebenwirkungen recht einfach ableiten und verstehen. Der Name gibt bereits ein wenig Aufschluss: Aus dem Griechischen übersetzt bedeutet der Begriff nämlich so viel wie "gegen das Leben". Und genau das machen Antibiotika: sie bekämpfen Leben, und zwar das von Bakterien.

Da liegt allerdings der Knackpunkt. Grob gesagt können Antibiotika nicht unterscheiden, welchen Bakterien sie den Garaus machen. Zwar wirken unterschiedliche Arten von Antibiotika besser oder schlechter gegen bestimmte Mikroorganismen. Aber was schlechten Bakterien den Kampf ansagt, kann auch gute, für unseren Körper wichtige Bakterien schädigen.

Exkurs: Warum wirken Antibiotika gegen Bakterien? Bakterien haben einen eigenen Stoffwechsel. Antibiotika greifen diesen Stoffwechsel oder die Zellwand an und können die Bakterien so zerstören. Das ist auch der Grund, warum Antibiotika nichts gegen Viren ausrichten können: Viren sind viel kleiner und nicht selbstständig lebensfähig, sie brauchen Wirtszellen, an die sie sich anheften können.

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Es gibt mehrere Arten von Antibiotika, die alle etwas anders wirken und daher auch unterschiedliche Nebenwirkungen mitbringen können. In manchen Fällen werden auch verschiedene Antibiotika in Kombination verschrieben.

  • Penicilline: Die wohl bekannteste Gruppe der Antibiotika hemmt den Aufbau der Zellwand von Bakterien. Engspektrumpenicilline wie Penicillin V (Isocillin oder Megacillin) werden oft gegen Streptokokken (Angina, Wund- und Gesichtsrose), Meningokokken (Hirnhautentzündung) oder Pneumokokken (Hirnhaut- und Lungenentzündung) eingesetzt und gelten als gut verträglich. Sie werden auch während Schwangerschaften eingesetzt. Breitspektrumpenicilline wie Ampicillin oder Amoxicillin kommen hingegen oft bei Mittelohr- und Nasennebenhöhlenentzündungen sowie eitriger Bronchitis oder Harnwegsinfekten zum Einsatz.
  • Cefalosporine: Wirken ähnlich wie Penicilline, werden dann verordnet, wenn eine Allergie gegen Breitspektrumpenicilline vorliegt.
  • Makrolide: Greifen in den Eiweißstoffwechsel von Bakterien ein und werden meist bei einer Allergie gegen Engspektrumpenicilline eingesetzt. Zudem kommen sie meist zum Einsatz gegen Magenschleimhautentzündung und Magengeschwüre durch Helicobacter. Ein Beispiel für Makrolide ist Azithromycin.
  • Gyrasehemmer oder Chinolone wirken gegen die Erbsubstanz von Bakterien. Dadurch wird deren Stoffwechsel gestört. Sie kommen bei Atem- und Harnwegsinfekten infrage.
  • Tetrazycline: Greifen wie Makrolide in den bakteriellen Eiweißstoffwechsel ein und werden bei Atemwegsinfekten oder Akne eingesetzt.
  • Sulfonamide: Greifen in den Folsäurezyklus ein und stören damit die Nucleinsäuresynthese, sie helfen bei einfachen Harnwegsinfekten oder Salmonelleninfektionen.
  • Tuberkulostatika: Werden gegen Tuberkulose eingesetzt
  • Bei schwersten Infektionen kommen Aminoglykoside, Carbapeneme oder Glycopeptide zum Einsatz.

Typische Nebenwirkung: Das Verdauungssystem ist schnell betroffen

Da Antibiotika auch für den Menschen nützliche Bakterien zerstören können, kann der Körper während der Einnahme ganz schön durcheinandergebracht werden. Das merken wir besonders schnell im Verdauungstrakt, denn hier kann ein Ungleichgewicht im Bakterienhaushalt sehr schnell Auswirkungen haben.

Gerät die Darmflora aus dem Gleichgewicht, artet das schnell in weichen Stuhl bis hin zu Durchfall aus. Dies ist eine der Hauptnebenwirkungen, die in den Packungsbeilagen der meisten Antibiotika zu finden ist. Daneben können Übelkeit und Erbrechen, Blähungen, Bauchschmerzen und auch Geschmacksstörungen auftreten.

Eine daraus resultierende Nebenwirkung betrifft Menschen, die die Antibabypille einnehmen: Aufgrund der durcheinandergewirbelten Darmflora kann es sein, dass der Wirkstoff der "Pille" nicht mehr richtig aufgenommen werden kann und der Verhütungsschutz damit nicht mehr gegeben ist.

In der Regel stabilisiert sich die Verdauung schnell wieder, wenn die Therapie beendet ist. Geht der Durchfall nicht zurück oder wird so schlimm, dass der Körper auszutrocknen oder lebenswichtige Mineralstoffe zu verlieren droht, kann es sein, dass sich eine pseudomembranöse Colitis entwickelt, die durch eine Übervölkerung mit dem Bakterium Clostridioides difficile ausgelöst wird – einem Keim, der mittlerweile zu den gefürchteten Krankenhauskeimen zählt und bereits gegen viele Desinfektionsmittel und einige Antibiotika resistent zu sein scheint.

Einnahme nie eigenmächtig abbrechen – Resistenzen drohen

Sollte der Durchfall so schlimm werden, dass Sie davon stark geschwächt sind, sollten Sie sich immer in ärztliche Behandlung gegeben. Sie sollten Anibiotika allerdings immer exakt so lange einnehmen, wie es Ihr Arzt Ihnen verordnet hat – oder die Einnahme nur nach ärztlicher Rücksprache abbrechen. Eine kürzere Einnahme als die angegebene kann nämlich dazu führen, dass nicht alle schädigenden Bakterien beseitigt werden und sich die verbleibenden quasi an das Antibiotikum "gewöhnen" und resistent dagegen werden. Dies kann auch passieren, wenn Antibiotika zu oft oder gegen Erkrankungen verschrieben werden, gegen die sie nichts ausrichten können. So kann die , wenn ebendiese viral bedingt ist. Lediglich bakteriell bedingte Bronchitis kann mit Antibiotika behandelt werden.

Mehr dazu: Antibiotika: Auf die richtige Einnahme kommt es an!

Weitere Nebenwirkungen auf Haut und Schleimhäuten

Zudem kann es zu Entzündungen der Mundschleimhaut kommen. Auch sind Infektionen mit anderen Bakterien oder etwa mit Hefepilzen (Candida) in der Zeit der Einnahme leichter möglich. Antibiotika schwächen dadurch, dass sie auch für den Körper wichtige Bakterien angreifen, nämlich das Immunsystem, das sich dann gegen andere Erreger nicht mehr so leicht zur Wehr setzen kann. So kann auch etwa das Gleichgewicht der Scheidenflora gestört werden, so dass Pilze, gegen die Antibiotika auch nicht wirken, ein Leichteres haben, sich anzusiedeln. Auch an anderen Körperstellen (Mundschleimhaut, Haut und Co) kann Pilzbefall auftreten.

Daraus kann auch Juckreiz oder Hautausschlag sowie Nesselsucht entstehen. Generell kann die Haut während der Einnahme von Antibiotika empfindlicher sein.

Bei manchen Antibiotika kann es auch zu allergischen Reaktionen kommen, bis hin zum anaphylaktischen Schock. Überempfindlichkeitsreaktionen, vorrangig der Haut, kommen häufiger vor, liegen oft aber auch am Infekt selbst. Eine echte Pennicillin-Allergie, wie sie früher oft diagnostiziert wird, gibt es sehr selten. Hier ist aber bei ersten Anzeichen von Allergien und Intoleranzen, etwa Anschwellen der Schleimhäute und Atemnot, schnellstens ein Arzt zu kontaktieren!

Unterstützend bei der Behandlung mit Antibiotika kann eine ausgewogene Ernährung wirken. Sie hilft dabei, die Nebenwirkungen gerade auf den Magen-Darm-Trakt geringer zu halten. Vor allem helfen Joghurt oder fermentierte Lebensmittel, die den Darm mit probiotischen Bakterien versorgen.

Bei einer Störfaktor Scheidenpilz – Ursachen liegen im Immunsystem sollten Sie Ihren Gynäkologen um Rat fragen.

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

Wer auf andere Medikamente angewiesen ist, sollte immer einen noch genaueren Blick in den Beipackzettel werfen und dem behandelnden Arzt seine Medikamentenversorgung so genau wie möglich schildern. So kann, wie oben erwähnt, etwa die Wirkung der Anti-Baby-Pille durch die Einnahme von Antibiotika gestört werden. Es sollten daher immer zusätzliche verhütende Maßnahmen ergriffen werden während einer Antibiotika-Therapie.

Die Wirkung vom Cholesterinsenker Statin kann durch Makrolid-Antibiotika verstärkt werden. Dies kann Muskelschmerzen auslösen.

Diabetiker sollten sich ebenfalls genau informieren, da einige Antibiotika bei ihnen Zuckerschwankungen auslösen können.

Aber auch Nahrungs- und Genussmittel können Wechselwirkungen hervorrufen. So sollte bei der Einnahme von Gyrasehemmern auf den Genuss von Kaffee und Tee verzichtet werden, da die Mittel den Abbau von Koffein in der Leber hindern. Und einige Antibiotika wechselwirken mit Milchprodukten. Dies betrifft vor allem Antibiotika der Tetracyclin-Gruppe.

Aufmerksamkeit in den Medien bekamen allerdings Antibiotika mit dem Wirkstoff Fluorchinolon vor einiger Zeit. Denn Fluorchinolone können durchaus schwere Nebenwirkungen hervorrufen. Darunter fallen Nebenwirkungen wie Sehnenrisse, Schädigungen des Nervensystems oder der Hauptschlagader. Laut BfArM werden Fluorchinolone wie Ciprofloxacin, Levofloxacin oder Ofloxacin jedoch noch immer zu oft verschrieben. Im Rote-Hand-Brief werden Ärzte jedoch darauf hingewiesen, diese nur noch in Ausnahmefällen zu verschreiben.

Es kursieren aber auch einige Mythen über Antibiotika, die Sie kennen sollten und die Ihnen – bei korrekter Einnahme – die Angst vor den Mitteln nehmen können. Merken sollten Sie sich vor allem: Bei Erkältung sind Antibiotika in der Regel sinnlos, weil grippale Infekte von Viren ausgelöst werden. Bei Halsschmerzen sind sie nur dann wirksam, wenn eine bakterielle Infektion vorliegt. Auf die sollte Sie aber jeder Arzt mit einem Rachenabstrich testen, bevor Ihnen Antibiotika verschrieben werden.

Aktualisiert: 04.06.2021, 14:03 Di, 18.06.2019, 11.26 Uhr