In welche Richtung dreht sich die Erde links oder rechts herum

Auch wenn man in das Erdinnere vorstößt, verändert sich dort die Drehgeschwindigkeit. Das liegt daran, dass der Erdkern magnetisch und teils flüssig ist. Die beständige Rotation des magnetischen Erdkerns erzeugt ein Magnetfeld, und das wiederum wirkt sich auf die darin enthaltenen Metalle aus: Es lässt den festen inneren Erdkern in östlicher Richtung rotieren, und zwar schneller als der Rest der Erde; zugleich rotiert der flüssige äußeren Erdkern in die entgegengesetzte Richtung und damit – relativ zum Rest des Planeten – nach Westen.

Es kommt nicht nur auf Richtung und Geschwindigkeit an

Bei meiner Darstellung der Erddrehung ging es bis hierher nur darum, in welche Richtung und mit welcher Geschwindigkeit die Erde sich dreht – ich könnte jedoch auch danach fragen, wie sie in ihrer Drehung positioniert ist. Durch die genaue Beobachtung der Sonne und der Planeten wissen wir, dass die Rotationsachse unserer Erde keineswegs lotrecht zu ihrer Umlaufbahn um die Sonne steht, sondern leicht geneigt ist. Genau gesagt neigt sich diese Achse, die vom Nordpol zum Südpol verläuft, um durchschnittlich 23,4 Grad gegenüber der so genannten Ekliptikebene, die den Umlauf der Erde um die Sonne beschreibt. Diese Schrägstellung der Erdachse ist es, die uns Einwohnern der gemäßigten Zonen unsere ausgeprägten Jahreszeiten beschert, denn sie sorgt dafür, dass die Sonneneinstrahlung im Verlauf des Jahreskreises an unterschiedlichen Punkten auf dem Globus mehr oder minder senkrecht auftritt und somit im Sommer ihr Wirkungsmaximum beziehungsweise im Winter ihr Wirkungsminimum erreicht.

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Tatsächlich verändert sich die Art und Weise, in der die Erde sich dreht, andauernd. So kippt die Neigung der Erdachse über einen Zeitraum von 42 000 Jahren zwischen den Extremen von 22,1 Grad und 24,5 Grad hin und her. Binnen 26 000 Jahren bewegt die Achse sich zudem einmal im Kreis, beschreibt also – auf Grund ihrer Schrägstellung – einen Kegel; dies bezeichnet man als die Präzession der Erdachse. Und innerhalb von gerade einmal 18 bis 19 Jahren wird diese Präzession durch ein weiteres kleines Taumeln namens Nutation überlagert, das sich aus der unvollkommenen Übereinstimmung des Erdäquators und der Umlaufbahn des Monds um die Erde ergibt: Die gegenseitige Anziehung von Erde und Mond bringt die Erdachse leicht aus ihrer Position; die Erdrotation wird unregelmäßig. Der serbische Mathematiker Milutin Milanković hat in den 1920er Jahren gezeigt, dass diese zyklischen Veränderungen die "Heizeffizienz" der Sonne beeinflussen und somit regelmäßige Klimaschwankungen einleiten, die heute als Milanković-Zyklen bekannt sind.

In dem Film "Superman" von 1978 gebraucht der Titelheld seine übermenschlichen Kräfte, um die Erddrehung umzukehren, die Zeit zurückzudrehen und seine geliebte Lois Lane zu retten. Vielleicht wird eines Tages ja irgendeine andere Macht die Rotation der Erde verändern, doch bis es so weit ist, dürfen wir ruhig damit rechnen, dass die Sonne auch weiterhin im Osten auf- und im Westen untergehen wird – ganz so, wie es sein sollte.

Man könnte zum Beispiel auch einfach sagen: "Die Erde dreht sich in meine Richtung!" – denn schließlich hängt jede Richtungsaussage von einem bestimmten Bezugssystem ab. Die einzigen unmittelbar sichtbaren Indizien für die Erddrehung sind die alltägliche "Bewegung" von Sonne, Mond und Sternen am Himmel und das damit verbundene "Wandern" der vom Sonnenschein geworfenen Schatten. Und doch ist uns diese Bewegung der Erde so wenig bewusst, dass die Menschen lange Zeit – und verständlicherweise – glaubten, die Sonne und die Sterne bewegten sich, während die Erde an ihrem Ort bleibe. Selbst heute muss man sich, wenn man einen Sonnenuntergang beobachtet, bisweilen daran erinnern, dass es die Erde ist, die sich dreht – und nicht die Sonne, die unter den westlichen Horizont sinkt. Einige clevere Astronomen der griechischen Antike, unter ihnen Aristarchos von Samos, kamen schon vor mehr als 2000 Jahren darauf, dass die Erde sich dreht. Allerdings sind die entsprechenden Hinweise derart schwer zu entdecken, dass dieser Faden erst im 16. Jahrhundert wieder richtig aufgenommen wurde, als der Astronom Nikolaus Kopernikus die Vorstellung vom Kreisen der Erde um die Sonne in Europa bekannt machte. Doch noch ein Jahrhundert später musste Galileo Galilei dieselbe Überzeugung gegen heftige Angriffe aus Kirchenkreisen verteidigen, die schließlich in seinem Hausarrest gipfelten. Sein Verbrechen? Er hatte darauf bestanden, dass die Erde sich um die Sonne bewege – und das widersprach der offiziellen Position der katholischen Kirche. Wir haben heute, vier Jahrhunderte später, gut lachen, wenn wir uns über die tattrigen Kirchenväter amüsieren, die sich gegen Galileo stellten – aber tatsächlich lief sein Beweismaterial für die Wahrheit seiner Behauptungen auf wenig mehr hinaus als einige Beobachtungen der Venusphasen, die er mit seinem Teleskop gemacht hatte und die er nun der genialen – und richtigen – Erklärung hinzufügte, die Kopernikus mit Blick auf die "Schleifen" der Planetenbahnen am Nachthimmel gegeben hatte. Nach Galileo versuchten Newton und andere, die Erdbewegung aus der seitlichen Ablenkung fallender Gegenstände zu ermessen, hatten dabei aber nur geringen Erfolg. Erst 1851 gelang es dem französischen Physiker Léon Foucault mit seinem berühmten Pendel, die Rotation der Erde um ihre eigene Achse zu beweisen: Dieses Pendel verändert im Lauf eines Tages langsam seine Schwingungsrichtung, was sich aus der Einwirkung der Erddrehung auf den sonst unveränderten Schwungimpuls erklären lässt. Heutzutage können wir natürlich die Erde verlassen und ihre Drehung gewissermaßen "von außen", aus dem Weltall nämlich, beobachten.