Wo liegt der vulkan krakatau

Es dampft und brodelt, es qualmt und zischt. Glühend heißes Gestein schießt aus dem Inneren der Erde empor. Eine Aschewolke steigt auf, Lava quillt aus dem Vulkan und fließt über die Erdoberfläche. Bei einem Vulkanausbruch sind gewaltige Kräfte am Werk. Doch wie kommt es eigentlich zum Ausbruch eines Vulkans?

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Vulkanausbruch vom Flugzeug aus
Quelle: Colourbox

Im Erdmantel, der Gesteinsschicht unter der Erdkruste, herrschen Temperaturen von über tausend Grad Celsius und ein sehr hoher Druck. Sind Hitze und Druck hoch genug, schmilzt das Gestein und wird zu einer zähflüssigen Masse, genannt Magma. Dieses Magma dehnt sich aus und steigt nach oben. Dort sammelt es sich zunächst in Hohlräumen, den Magmakammern. Das alles geschieht aber nicht von heute auf morgen, sondern dauert Zehntausende oder Hundertausende von Jahren.

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Eruptionssäule über dem Ätna
Quelle: imago stock&people

Wenn die Magmakammer voll ist und kein weiteres Material mehr aufnehmen kann, bahnt sich das heiße Magma seinen Weg nach draußen. Es dringt durch Kanäle und Spalten an die Oberfläche und tritt dort als glühend heiße Lava aus – der Vulkan bricht aus. Den Kanal, durch den das Magma nach oben quillt, nennt man Schlot, seinen Ausgang Krater.

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Lavastrom
Quelle: imago stock&people

Manche Vulkane spucken regelmäßig Lava, zum Beispiel der Stromboli in Süditalien. Seine Ausbrüche kann man täglich beobachten. Andere Vulkane bleiben Jahrhunderte lang ruhig, sind aber nicht wirklich erloschen. Oft sind ihre Krater mit Lava und Geröll verstopft. Das macht sie sehr gefährlich, denn wenn sie ausbrechen, kann es gewaltige Explosionen geben; bekannt dafür sind zum Beispiel der Vesuv bei Neapel oder der Krakatau in Indonesien. Solche explosiven Ausbrüche sprengen Millionen Tonnen von Gestein in die Luft. Die Aschewolke, die durch den Ausbruch aufsteigt, kann lange in der Luft bleiben und durch den Wind weit verteilt werden. Nur langsam setzt sich diese Wolke dann als feine Ascheschicht auf der Erde ab.

Lava, die nicht in die Luft geschleudert wird, fließt als glühend heißer Strom aus geschmolzenem Gestein vom Kraterrand herab. Wenn dieser Lavastrom abkühlt, erstarrt er zu Lavagestein. Nach und nach bauen Lavaströme, Asche und Gesteinstrümmer einen Berg um den Krater auf – den Vulkankegel.

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Krakatau bildet die gleichnamige Vulkaninsel in der Sundastraße zwischen Sumatra und Java. Der Subduktionszonen Vulkan gehört zum indonesischen Inselbogen und weist eine hohe Explosivität auf: plinianische Eruptionen mit gigantischen pyroklastischen Strömen, vulcanianische Eruptionen und strombolianische Ausbrüche mit kurzen Lavaströmen sind seine häufigsten Ausbruchsarten.
Der heute aktive Vulkan heißt Anak Krakatau. Er wuchs in jener Caldera, die während der Katastrophe von 1883 entstand. Diese Caldera liegt innerhalb einer älteren und größeren Caldera.

Die Katastrophe von 1883

1883 erlangte der Krakatau traurige Berühmtheit, als er sich in einer gigantischen phreatomagmatischen Eruption selbst zerstörte. Der Knall der finalen Explosion war sogar noch in mehr als 4800 Kilometern Entfernung zu hören und gilt als das lauteste Geräusch, das je ein menschliches Ohr gehört hat. Pyroklastische Ströme und Tsunamis verwüsteten weite Teile von Java und Sumatra. Die Druckwelle der Explosion umrundete die Erdkugel siebenmal. Selbst an der französischen Atlantikküste wurde ein erhöhter Tidenhub gemessen. Mehr als 36.400 Menschen wurden Opfer dieser Katastrophe.

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Vulcanianische Eruption am Anak Krakatau im Januar 2008.

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Die explosive Zerstörungskraft einer Eruption wird gern mit der Sprengkraft der Hiroshima-Atombombe verglichen; 10.000 bis 100.000 dieser Atombomben wären nötig, um eine der Krakatau-Katastrophe vergleichbare Explosion zu erzeugen. Der Ausbruch förderte fast 20 Kubikkilometer Lava und hatte einen Explosivitätsindex von 6. Den gleichen VEI hatte 1991 der Ausbruch des Pinatubo; allerdings war dieser Ausbruch tatsächlich nur halb so groß und förderte 10 Kubikkilometer Lava, während es der Mount St. Helens 1980 gerade einmal auf einen Kubikkilometer gebracht hatte. Der Ausbruch von 1883 war nicht die erste Katastrophe, die sich am Krakatau zugetragen hat; der hoch explosive Vulkan hatte sich zuvor schon mehrmals selbst zerstört. Eine Theorie besagt, dass seine Eruption im Jahr 535 n. Chr. einen globalen Klimawandel auslöste, in dessen Folge sich die Pest in Europa ausbreiten konnte. Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt verschwanden auch die Reste des römischen Imperiums sowie die Maya-Kultur von der Bühne des Weltgeschehens. Vor der Eruption von 1883 bestand der Krakatau-Archipel aus drei Inseln: aus Verlaten Island, Lang Island und dem eigentlichen Krakatau. Dieses setzte sich aus drei Vulkankegeln - Rakata, Danan und Perbuwatan - zusammen. Die beiden letztgenannten Kegel verschwanden am 27. August 1883 vollständig; vom Rakata blieb ungefähr die Hälfte übrig. Nachdem sich bei der Eruption die Magmakammer entleert hatte, versanken die Kegel in einer Caldera. Diese hat einen Durchmesser von sechs Kilometern und ist gut einen Kilometer tief.

Die Krakatau Eruption von 1883 hatte aber nicht nur katastrophale Auswirkungen, sondern beeinflusste die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft. So wurde kurz vor dem Ausbruch ein unterseeisches Telegraphenkabel verlegt und die Welt konnte erstmals zeitnahe an den Geschehnissen in Indonesien teilhaben. Es war die Geburtsstunde des "globalen Dorfes" und Nachrichtenagenturen wie Reuters.

An dem Ort, an dem einst die Welt unterging, wächst seit 1927 ein neuer Vulkan, Anak Krakatau, heran. Die Geburt von Anak Krakatau war schwer und verlief nicht ohne Wehen. Mehrmals versank das kleine Vulkaneiland wieder in den Fluten des Ozeans, aufgezehrt von der erbarmungslosen Brandung. Ab 1930 etablierte sich im "Kind des Krakatau" aber endlich eine stabile Insel, auf der bald neues Leben Fuß fassen konnte. Die Aktivität des Anak Krakatau wird seit einigen Jahren von strombolianischen Ausbrüchen geprägt. Es kommt zum Ausfluss kurzer Lavaströme und gelegentlich zu vulcanianischen Eruptionen. Im Oktober 2007 begann die jüngste Ausbruchsphase: Unterhalb des Hauptkraters am 400 Meter hoch gelegenen Gipfel sprengte sich ein neuer Krater frei. Er hat einen Durchmesser von 250 Metern. Während der explosiven Tätigkeit wurden glühende Lavabomben über den gesamten Vulkan verteilt und auch bis ins Meer geschleudert. Bei meinem jüngsten Besuch des Eilandes im Jahr 2011 hatte sich die Narbe, die der neue Krater an der Flanke des Vulkans hinterließ, wieder geschlossen. In dem neuen Krater war ein Kegel gewachsen, der fast wieder Gipfelniveau erreichte. Zwischen 2007 und 2011 war Anak Krakatau sehr aktiv. Es gab nur relativ kurze Ruhephasen. Nach wenigen Jahren war die Depression von 2007 verfüllt und der Vulkan gewann wieder an Höhe. Im September 2012 änderten die Eruptionen ihren Charakter. Es begann eine Eruption, während derer Lavaströme gefördert wurden. Sie erreichten schnell die Küste und ließen die Insel wachsen. Wenig später wurde es ruhig um Anak Krakatau. Erst im Frühsommer 2018 mehrten sich die Anzeichen, dass der Vulkan wieder erwachen würde: es bildeten sich neue Hochtemperatur-Fumarolen und die Seismik stieg. Am 18. Juni gab es dann erste Ascheeruptionen. In den folgenden Monaten war ein breites Spektrum eruptiver Tätigkeit zu beobachten: strombolianische Eruptionen und vulcanianische Explosionen förderten Tephra. Bis zum Oktober 2018 legte Anak Krakatau ordentlich an Höhe zu. Auch in der Breite wuchs die Insel. Lavaströme erreichten die Südküste und ließen diese wachsen. Im Dezember 2018 ereignete sich eine neue Tragödie am Krakatau. Am 22, Dezember kollabierte ein großer Teil von Anak Krakatau. Die Hangrutschmassen verursachten einen Tsunami, der ohen Vorwarnung auf die Küsten der umliegenden Inseln brandete. Es starben mindestens 439 Menschen. Der Kollaps ereignete sich während einer paroxysmalen Phase, von denen es zuvor 10 Stück gab.

Veröffentlichung 2008. Letzte Aktualisierung April 2019


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Einer der bekanntesten Vulkane der Erde ist der Krakatau in Indonesien. Der kleine Archipel besteht aus 4 Inseln, und liegt in der Sundastrasse zwischen Sumatra und Java. Seit der katastrophalen Eruption vom 24.August 1883 ist Krakatau Synonym für die Vulkankatastrophe schlechthin. Der Vulkan vernichtete sich in einer Serie gigantischer Explosionen selbst. Mehr als 36.000 Menschen starben an den Folgen dieser Naturkatastrophe. Pyroklastische Ströme verbrannten Ortschaften auf Sumatra, riesige Flutwellen -Tsunamis- überfluteten die Küstenregionen von Java und Sumatra. Der Knall der finalen Detonation war sogar noch im australischen Perth zu hören; in 4500 Kilometern Entfernung! Der Untergang der Insel hinterließ eine Caldera und eine kleine Insel. Seit 1927 wächst in dem unterseeischen Einsturzkessel der Caldera ein neuer Vulkan heran: Anak Krakatau. Innerhalb von 80 Jahren etablierte sich die neue Vulkaninsel, sodass sich dort bereits wieder Pflanzen und Tiere heimisch fühlen. Das Kind des Krakatau war Anfang Juni 2009 Ziel einer kleinen Expedition der Geonauten. Zusammen mit Martin Rietze und Thorsten Böckel machte ich mich auf den Weg, um die Eruptionen des Vulkaneilandes zu Filmen. Im April begann eine neue Tätigkeitsphase und im Mai wurde die Alarmstufe von 2 auf 3 erhöht. Einheimische berichteten von vulcanianischen Eruptionen mit hoch aufsteigenden Aschewolken in denen Blitze zucken sollten. So trafen wir uns in Jakarta und charterten von Carita aus ein Fischerboot. 4 Nächte wollten wir am Vulkan verbringen.

Am kleinen Hafen wurden wir von der 4-köpfigen Crew der "Royal" in Empfang genommen. Martin und ich kannten den Koch schon von unserer letzten Reise im vergangenen Jahr und waren sehr erfreut ihn wieder an Bord zu haben. Für Thorsten sollte es der erste Besuch des Archipels sein und für ihn war alles neu. Entsprechend aufgeregt war er, als sich nach 2 Stunden auf See die Silhouette des Vulkans aus dem Dunst schälte. Schnell waren Delfine und fliegende Fische vergessen, die im Kielwasser der "Royal" tanzten und bis dahin im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit standen. Gebannt fixierten wir Anak Krakatau und warteten auf eine aufsteigende Aschewolke, die uns signalisieren würde, dass der Vulkan noch aktiv war. Nach einigen Minuten tat uns Anak den gefallen und begrüßte uns mit einer Serie kleinerer Ausbrüche. Der Wind trieb die Asche-Schleppe Richtung Rakata, dem Rest des einstigen Vulkans. Dort wollten wir auch unser Basiscamp errichten. Die beiden anderen Inseln des Archipels - Verlaten,- und Langisland kamen dafür nicht infrage, da man von dort aus den aktiven Krater nicht einsehen konnte. Der neue Krater entstand erst im Oktober 2007 auf der Flanke des Vulkans. Jetzt hatte sich der große Schlund bereits wieder zu 2/3 verfüllt und befand sich fast wieder am Gipfel.

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Anak Krakatau von Rakata aus gesehen.

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Nahaufnahme strombolianische Eruption.

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Martin und Thorsten an Bord der Royal.

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Thorsten im Schlauchboot.

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Anak Krakatau gibt Rauchzeichen.

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Strombolianer auf Anak Krakatau.

Nach gut 3 ½ Stunden Fahrt dümpelten wir in der sanften Dünung wenige 100 Meter von Anak Krakatau entfernt und warteten auf Ausbrüche. Plötzlich zerriss ein Donnerschlag die Stille. Vulkanische Bomben stiegt hoch in die Luft 300, 400, 500 Meter über den Krater schienen kurz in der Luft still zu stehen und beschleunigten auf einer Parabel Richtung Boden. Der gesamte Kegel des Vulkans war mit Einschlägen bedeckt. Überall stiegen kleine Staubwolken auf. Einige besonders dicke Brocken splashten ins Wasser und ließen Wasserfontänen aufspritzen. Erschrocken warf der Kapitän der "Royal" den Motor an und gab Hackendampf! Wenigstens wussten wir jetzt, warum eine 2,5 Kilometer durchmessende Sperrzone um Anak Krakatau etabliert worden war. Uns wurde auch Bewusst, auf welcher Gratwanderung zwischen Leben und Tod wir uns begeben würden, wenn wir unser Vorhaben - am nächsten Tag auf Anak Krakatau anzuladen- in die Tat umsetzen wollten.

Doch zunächst landeten wir auf Rakata und errichteten dort unser Basiscamp. Wir richteten unsere Kameras nach Anak Krakatau und überbrückten die 4,5 Kilometer mit unseren Teleobjektiven. Doch der Vulkan zeigte sich von seiner ruhigen Seite und produzierte nur vereinzelte Ascheeruptionen. Das änderte sich pünktlich zum Abendessen! Als wir unseren Posten hinter den Kameras aufgegeben hatten und es uns auf der Picknickdecke bequem gemacht hatten, um das Seafood-Menü zu verzehren, sahen wir die rote Fackel einer strombolianischen Eruption aufsteigen. Der Explosionsknall folgte mit einigen Sekunden Verzögerung und verstärkte sich durch das Echo der steilen Felswand von Rakata hinter uns. Diese Art der Aktivität hielt für einige Stunden an, bevor es gegen Mitternacht ruhiger wurde. Langsam bekamen wir ein Gefühl für den Rhythmus des Vulkans und für die Bandbreite seiner Eruptionen. Wir nutzten die Eruptionspause um ein wenig Schlaf nachzuholen.

Vor Beginn der Morgendämmerung saßen wir wieder auf Beobachtungsposten und wurden unsererseits von 2 neugierigen Warane inspiziert. Misstrauisch beäugten sie uns während sie die Feldküche nach Essbarem durchstöberten. Gegen Nachmittag setzten wir über, fest entschlossen die Nacht am Fuße des Vulkankegels zu verbringen. Martin kannte noch vom letzten Jahr eine kleine Bucht, an der wir mit dem Schlauchboot anlanden konnten. Von dort war es kein Problem den steilen Schutthang aus lockerer Lava zu erklimmen, aus dem die Küste hier bestand. Die Risiken dieses Unterfangens waren uns durchaus bewusst. Die Atmosphäre an Bord war gedrückt. Es herrschte jene Mischung aus Schweigen und makaberen Witzen, wie sie für solche Situationen typisch ist. Ähnlich empfinden wohl Soldaten kurz vor einem Einsatz. Tatsächlich kamen wir uns ein wenig wie Berichterstatter von der Lavafront vor und packten unsere Ausrüstung mit bedacht. Einmal auf Anak Krakatau gelandet gab es kein zurück, bis uns das Boot am nächsten Morgen abholen würde, denn ankern konnte und wollte der Kapitän hier nicht! So rüsteten wir uns mit Helmen, Gasmasken, Schlafsäcken, Trinkwasser und Regenschutz aus, checkten die Akkus unserer Kameras und verpackten diese Wasser- und staubdicht. Dann kam der unangenehme Moment des Ausbootens. Das Wissen, eine mehrere Tausend Euro teuere Kameraausrüstung im Rucksack zu haben stellt selbst bei geringem Seegang eine psychologische Hemmschwelle da, die es zu überwinden gilt. Schließlich rutscht man mal schnell von der schmalen Reling ab und das winzige Schlauchboot tanzte wild in den Wellen. Da half auch das Wissen um die wasserdichte Verpackung der Kamera wenig. Nun ja, knapp 5 Minuten später setzte ich meinen Fuß auf Anak Krakatau und wurde von einem gewaltigen Scheppern des Vulkans begrüßt. Mit einem Schloträumer beendete Anak eine seiner ruhigeren Phasen. Die steile Uferböschung versperrte die Sicht auf den Vulkan, was mir gar nicht behagte. Eventuell heranfliegende Lavabomben würde ich viel zu spät sehen um noch ausweichen zu können. Als Martin und Thorsten eintrafen folgten weitere Eruptionen. Nun doch etwas eingeschüchtert suchten wir uns den Weg hinauf aufs Lavaplateau am Fuße des Vulkans. Einem weiteren Explosionsknall folgte das Zischen sich nähernder Lavageschosse. Gebannt schauten wir in den Himmel und fixierten die Brocken, deren Bahn in unserer Richtung führte, immer bereit zur Seite zu springen. Mit einem dumpfen Ploppen schlugen einige Bomben gut 100 Meter vor uns ein. Noch reichte der Sicherheitsabstand!

Sorgfältig suchten wir unseren Beobachtungsposten aus. Neben idealer Sicht kam es auf ausreichend Platz zum ausweichen an und eine ebene Stelle für die Isomatte wäre auch nicht übel gewesen. Doch das Gelände auf dem Plateau aus alten Lavaströmen war alles andere als ideal. Die locker aufeinandergeschichteten Aa-Lavaströme mit steilen Muränen und Schluchten sind nicht nur übel zu begehen, sondern auch rar an Lagerplätzen mit Platz für drei Personen. So wählte Martin einen Standpunkt, wo ihm rechts und links große Lavabrocken Schutz boten und Thorsten und ich postierten uns auf einem kleinen Wall, an dessen Basis eine winzige Lavagrotte Schutz versprach. Als wir dann kurz vor der Dämmerung unsere Kameras positioniert hatten, ließ Häufigkeit und Intensität der Ausbrüche nach. Dafür näherten sich vom Osten her drohende Gewitterwolken. Donnergrollen mischte sich mit den gelegentlichen Explosionen des Vulkans. Als es dunkel war erwischte es uns voll! Ich deponierte Stativ und Wanderstöcke einige Meter von mir entfernt und kauerte mich unter meinem Poncho zusammen. Um möglichst wenig Angriffsfläche für Schrittspannungen zu liefern balancierte ich auf meinen Füßen hockend in einer kleinen Senke. Wahre Wassermassen stürzten vom Himmel und die Blitze zuckten um uns nieder, krachten in aufsteigende Lavafontänen und dem 800 Meter entfernten Krater, in den Wald einen Kilometer vor uns und ins Wasser ein paar hundert Meter hinter uns. Die Redensart "den Naturgewalten schutzlos ausgeliefert sein" bekam eine neue Dimension! Um uns herum nur feuchtwarme Dunkelheit deren Schwärze durch die grellen Blitze und dem gelegentlichen, roten Schein der Lavafontänen betont wurde. Bunte Lichter tanzten auf meiner Netzhaut, nachdem ich direkt in einen Blitz gesehen hatte, der in den Vulkanhang donnerte. Wie die gierigen Finger einer Hand griffen die elektrischen Entladungen nach Anak Krakatau und damit auch nach uns. Meine Füße wurden taub und ich schwitzte unter dem Poncho. Nach einer Stunde war der Spuk vorbei. Thorsten kam aus seiner Höhle gekrochen und schon schwang respektvolle Begeisterung in seiner Stimme. Mir war einfach nur... nass! Mit zunehmenden Beingefühl und -ich gebe es zu- einer Flasche Bier, die wir uns teilten, stieg auch die Begeisterung in mir hoch. Begeisterung über das eben Erlebte und Begeisterung darüber noch am Leben zu sein!

So plötzlich die Wolken aufzogen, genauso schnell verschwanden sie wieder. Erste Sterne wurden sichtbar und der Vulkan verstärkte seine Aktivität. Schnell dahinziehende Wolken reflektierten dass gespenstische Glühen aus dem Krater und Thorsten produzierte eine Reihe fantastischer Zeitrafferaufnahmen.

Nach Mitternacht wurde ich doch ein wenig müde und entgegen des Vorsatzes, den Vulkan nicht aus den Augen zu lassen, rollte ich mich auf einer kleinen Lavaplatte zusammen und döste ein wenig vor mich hin. Doch immer wieder ließen mich die Eruptionen hochschrecken und nach anfliegenden Lavabrocken Ausschau halten. An Schlaf war nicht wirklich zu denken. Kurz nach 5 Uhr erschien der erste Lichtstreifen der nahenden Dämmerung am Horizont. Schnell packte ich meine Videokamera aus und bereitete mich auf die "Blaue Stunde" vor. Das ist jenes kurze Zeitfenster vor Sonnenaufgang, während dem man noch das Glühen der Lavabomben sieht, sich aber auch schon die Umgebung gut sichtbar durchzeichnet. Voll konzentriert standen wir hinter unseren Kameras, bemüht, keine Eruption zu verpassen. Strombolianische Ausbrüche zu filmen ist eine undankbare Aufgabe! Wenn man die erste Sekunde der Eruption verpasst ist die gesamte Aufnahme unbrauchbar! Es erstaunt mich immer wieder aufs Neue, wie schnell die Dämmerung in den Tropen vorbei ist. Nach einer ¾ Stunde ging die Sonne auf. In dieser Zeit hatte ich 6 Ausbrüche gefilmt und 3 verpasst.

Um 8 Uhr zog Dunst auf und das Licht wurde völlig unbrauchbar. Müde, aber zufrieden packten wir unsere Sachen ein. Auch Martin verließ seinen Posten zwischen den Felsen und kam zu uns rüber. Aufgeregt tauschten wir unsere Eindrücke des Erlebten aus. Inzwischen war auch die "Royal" zurückgekehrt und wir winkten das Schlauchboot herbei. Wieder im Basiscamp auf Rakata sortierten wir die Aufnahmen und schafften Platz auf den Speicherkarten. Meine anschließende Siesta am Strand wurde unsanft von einem Waran unterbrochen, der meinte es sich auf meinem Bauch bequem machen zu müssen. Irgendwie störte mich sein Schwanz im Gesicht und ich fuhr erschrocken auf, als das über einen Meter lange Tier auf mir herumturnte. Am nächsten Tag setzten wir wieder nach Anak Krakatau über. Dunst und Wolken verhießen nichts gutes und misstrauisch beobachteten wir die Wolken. Rakata versank im Regen und die 900 Meter hohe Insel hielt die Wolken fest, zumindest für eine Weile. Pünktlich zur "Blauen Stunde" fing es an aus Kübeln zu gießen. Als der Regen aufhörte war es dunkel. Das Filmen konnte ich für heute vergessen und so verlegte ich mich aufs Fotografieren. Dummerweise gab der Akku nach ein paar Aufnahmen auf, obwohl ich einen frisch aufgeladenen an Bord der "Royal" eingelegt hatte. So konnte ich bis zum Morgengrauen in Ruhe die Eruptionen beobachten, die aus mindestens 3 verschiedenen Schloten eruptierten. Mal schossen die Lavafontänen nach Rechts, mal nach links und der dritte Schlot schoss die Lavabrocken senkrecht in die Luft. Am Morgen zeichnete ich noch einige Statements mit Martin und Thorsten auf. Der Vulkan zeigte sich von seiner aktivsten Seite. Mit dem Boot ließen wir uns zum Waldrand fahren. In dem schmalen Baumstreifen stand die Luft bewegungslos und der Schweiß schoss mir augenblicklich aus allen Poren. Vom Waldrand aus bot sich eine andere Perspektive auf den Krater. Wir bestiegen den ca. 120 Meter hohen Rand des alten Kraters. Das obere Drittel war von frischen Bomben und Einschlaglöchern übersät. Hier bewegten wir uns in der "Todeszone". Allerdings hatte ich während der Nacht sorgfältig beobachtet, dass 99,9 % der Bomben auf der Innenseite des alten Kraters niedergingen. Als wir dann oben auf dem schmalen Grat standen und zum Kegel des neuen Kraters hinüberblickten und die von Einschlägen zerfurchte Innenseite des alten Kraters wenige Meter unter uns sahen, wurde es uns doch ein wenig zu unheimlich und wir stiegen wieder zum Waldrand ab. Dort angekommen zerriss ein gewaltiges Krachen die Stille der unbewohnten Insel. Lavabrocken, so groß wie ein Minivan segelten schräg über den Gipfel und schlugen am Hang ein. Einige Brocken von Melonengröße schafften es bis über den alten Kraterrand und landeten gut 200 Meter von uns entfernt, eine Staubwolke aufwirbelnd und einen neuen Krater hinterlassend. Wir beobachteten noch 2 weitere starke Eruptionen bevor wir uns von Krakatau verabschieden mussten. Am späten Nachmittag kehrten wir nach Carita zurück. Auf der Rückfahrt fiel uns besonders der ganze Plastikmüll auf, der in der Sundastrasse treibt.

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Arbeiter im Alten Hafen von Jakarta.

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Eine wohlverdiente Pause.

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Am nächsten Tag stattete ich dem Alten Hafen von Jakarta einen Besuch ab. Mein Sparziergang durch das alte Batavia trieb mir den Schweiß auf die Stirn und das lag nicht nur an der feuchtwarmen Luft in den engen Gassen. Armselige Hütten schmiegten sich an den Mauern verfallener Villen aus der Zeit, als dieses Viertel bessere Jahre erlebte. Zahllose Mopeds knatterten über die Strassen und die Luft stank nach ihren Abgasen. Kurzum, keine Gegend in der Touristen alleine Unterwegs sein sollten und erst recht nicht, wenn sie eine 10.000 € teuere Foto- und Videoausrüstung durch die Gegend trugen. Doch der erste Eindruck täuschte. Selbst wenn die Menschen hier arm waren, so war ihnen, die für Indonesier typische, Freundlichkeit eigen.
Am Alten Hafen werden die Frachtsegler beladen, mit denen der innerindonesische Frachtverkehr abgewickelt wird. Für einen Augenblick fühlte ich mich in die Zeit des legendären Krakatau-Ausbruches von 1883 zurück versetzt, als der Hafenpegel gut zweieinhalb Stunden nach der größten Explosion am Krakatau in die Höhe schnellte. Doch von dieser Abenteuerromantik des kolonialen Batavias ist auf dem zweiten Blick nicht mehr viel übrig geblieben, wenn gleich die Arbeitsbedingungen der Hafenarbeiter nicht besser geworden sind.
Die muskelbepackten Arbeiter balancierten über schmale Holzbalken und verluden LKW-Ladungen mit Zementsäcken und Tropenholz. Als Westeuropäer neigt man schnell dazu die indonesischen Arbeitsbedingungen als menschenunwürdig abzustempeln, doch wenigsten haben diese Menschen Arbeit. Was mich viel mehr schockierte war die Kloake, in denen die Segler dümpelten. Die Schiffe schwammen in einem Berg aus Müll. Das Wachstum der "Boomtown" Jakarta ist brutal, die Zunahme an Umweltproblemen steigt exponential zur Bevölkerung. Wenn hier nicht bald etwas geschieht sehen wir alle keiner besonders rosigen Zukunft entgegen.

Stand 2009


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Nach unseren Filmarbeiten am Merapi, die wir Mitte November 2010 ausführten, machten Chris und ich uns in Begleitung der Guides Andy und Samir auf den Weg zum Anak Krakatau. Von Yogyakarta aus wählten wir den langen Landweg, vorbei an einigen Thermalgebieten und Vulkanen Javas, die wir mal gesehen haben wollten. Wir fuhren volle 2 Tage, da die Straßen im Kernland Indonesiens marode sind und die gut Befahrbaren hoffnungslos überfüllt sind. Am Abend des 2. Tages erreichten wir Charita und stiegen in unserem üblichen Hotel schräg gegenüber dem Hafen ab. Wir organisierten ein Speedboot das uns die 50 km zur Vulkaninsel fahren sollte. 2 Nächte wollten wir auf Anak Krakatau bleiben. Die Überfahrt am nächsten Morgen gestaltete sich problemlos, doch schon als wir uns der Insel näherten, bereuten wir kein größeres Boot gewählt zu haben: wild schaukelte es in den Wellen, als wir vor der Vulkaninsel trieben, um Fotos der donnernden Eruptionen zu schießen. Anak Krakatau zeigte sich von seiner explosiven Seite. Die Eruptionen erfolgten im Abstand weniger Minuten und gelegentlich waren die Explosionen so stark, dass Lavabomben ins Meer platschten. Trotzdem entschlossen wir uns direkt auf Anak zu Zelten. Der Wald mit den Camping-Lichtungen am Strand befindet sich auf der Inselseite die am weitesten vom Krater entfernt ist. Bei meinen 3 Aufenthalten zuvor, war es hier immer sicher; diesmal verhielt es sich anders! Zahlreiche Bäume hatten unter der Last der Vulkanasche nachgegeben und waren umgestürzt. Im ansonsten dichten Blätterdach klafften Schneisen und auf dem Boden fanden sich einige Impactkrater größerer Lavabomben. Ein ungutes Gefühl beschlich mich, doch ich redete mir ein, dass die Hauptphase der Eruption bereits vor einigen Tagen stattgefunden hatte. Am späten Nachmittag machten wir uns auf den Weg Richtung Kraterkegel. Vorsichtig wollten wir ausloten, wie nahe man sich dem Krater nähern kann und wanderten am Strand entlang zu jener Inselseite, die dem Krater am nächsten ist. Schroffe Lavaklippen säumen diesen Küstenabschnitt. Sie wurden von Lavaströmen erzeugt, die einst ins Meer flossen. Wir überquerten einige der Aa-Lavaströme um zu einer Stelle zu gelangen, von der aus man freie Sicht auf den Kraterkegel hat und dennoch durch einige Felsen geschützt ist. Auf Aa-Lava läuft es sich selbst mit schweren Wanderstiefeln nicht gut und man kommt nur langsam voran. Immer wieder donnerten Ascheeruptionen aus dem Krater und gelegentlich landeten Bomben am Fuße des Kegels. Wohl fühlte ich mich auf dem Lavastrom nicht. Trotzdem bauten wir auf einer Lavazunge unsere Kameras auf und harrten der Dinge, die da kommen sollten.

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Ascheeruption am Krakatau.

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Ascheeruption am Krakatau.

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Querschlagende Lavabomben landeten im Wald.

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Eine hochexplosive Eruption.

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Diese Lavabombe landete wenige Meter vor unseren Füßen.

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Der Krater des Krakatau im August 2011.


Andy, der uns begleitet hatte, machte sich kurz vor der Abenddämmerung auf den Rückweg. Er war gerade knapp 40 Meter von meinem Standpunkt entfernt, als ein Kanonenschlag die Luft zerriss. Ich fotografierte fleißig die Lavabomben, die am Kraterrand einschlugen und realisierte augenblicklich, dass sich die Einschläge wohl nicht auf den Kraterrand beschränken würden. Aus dem Augenwinkel sah ich Andy, der erschrocken versuchte hinter einem Lavafelsen zu springen und über die Aa-Lava strauchelte. Ich konzentrierte mich auf den Himmel und bewegte mich nicht. 5 winzige Punkte stiegen höher und höher, genau in meine Richtung. Bomben im Anflug! Eine löste sich aus der Pünktchenwolke und landete wohl auf halben Weg zwischen mir und der Kegelflanke. Eine zweite Bombe tendiert rechts an mir vorbei, eine dritte etwas nach links. Blieben 2 Bomben um die ich mich Sorgen mussten, denn diese hielten genau auf mich zu. Das Dumme an punktförmigen Objekten auf einer parabelförmigen Flugbahn, die direkt auf einen zukommen, ist, dass man unmöglich einschätzen kann, ob sie vor einem, oder hinter einem landen, oder treffen. Schnell machte ich 2 Schritte nach links, als eine Bombe gut 20 Meter vor mir in den Boden schlug und die Andere hinter mir ins Meer ploppte (Videoclip). Gespannt suchte ich noch für einige Sekunden den Himmel ab, doch weitere Geschosse waren wohl nicht im Anflug. Chris, der einige Meter von mir entfernt gestanden hatte, kam aus einer Deckung hinter dem Felsen hervor, während Andy aufgeregt um eine glühende Bombe herum hüpfte, die ihn nur um 2 - 3 Meter verfehlt hatte (Videoclip). Lavabomben waren sogar im Wald gelandet und am Waldrand loderten Flammen auf. Dass war ganz schön knapp! Die nächsten 2 Explosionen waren ähnlich heftig, doch kamen uns die Lavabomben nicht ganz so nahe. Als wieder eine Serie schwächerer Eruptionen stattfand, beschlossen Chris und ich den Rückzug. Nur ungern verließen wir unseren strategisch günstigen Platz auf der Landzunge zwischen den Lavaströmen, denn hier konnte man sich frei bewegen und hatte Deckung durch einige Felsen. Auf dem erkalteten Aa-Lavastrom war das Gehen so schwierig, dass man Bomben kaum ausweichen konnte. Natürlich ging es auch hier nicht ohne einen neuerlichen Bombenhagel. Ich war heilfroh, als wir unversehrt den schmalen Sandstrand am Waldrand erreichten. Dieser war auf einer Länge von gut 300 m von einem steilen Küstenabschnitt begrenzt. Dummerweise herrschte Flut und das Wasser leckte bereits an einigen Stellen an der Steilküste. Hier sammelte sich auch reichlich Treibholz und wir balancierten zwischen glitschigen Baumstämmen, Felsen und Wellen herum. Diese Passage war nicht ungefährlich. Hier war der Abstand zum Kraterkegel des Anak Krakatau am geringsten und Dank des baumbestandenen Steilstücks konnte man den Vulkan nicht sehen. Bereits auf dem Hinweg hatten wir einige Breschen in den ca. 10 m hohen Steilabschnitt gesehen, die nur von Lavabomben geschlagen worden sein konnten. Die Bestätigung hierfür folgte auf dem Fuße. Eine laute Detonation übertönte das Brandungsrauschen und wenige Sekunden später kündigte das charakteristische Pfeifen einer herannahenden Granate eine weitere Lavabombe im Anflug an. Das etwas faustgroße Geschoß krachte zischend 3 Meter hinter mir ins Wasser. Irgendwie hatte ich die Nase von dem Beschuss gehörig voll. Zu allem Überfluss sahen wir nun, dass unsere Guides offenbar in Schwierigkeiten geraten waren: sie kletterten durch ein Steilstück an den Lavaklippen hinter uns herum und wirkten ein wenig orientierungslos. Chris und ich wunderten uns, dass sie sich noch hinter uns befanden, dachten wir doch, sie wären längst im Lager. Mit den Wanderstiefeln an den Füßen standen wir bereits knöcheltief im Wasser und hüpften von Baumstamm zu Baumstamm. Wir hatten die gefährliche Passage fast hinter uns und wollten nicht ohne triftigen Grund umkehren. So legten wir die letzten Meter zurück, bis wir trockenen und einigermaßen sicheren Strand unter den Füßen hatten und warteten auf die Jungs. Was zum Teufel hatte sie zu dieser Kletterpartie veranlasst? Die Erklärung hierfür bekamen wir wenig später im Lager: sie wollten die Deckung der Klippen ausnutzen und sind deshalb an der Küste entlang geklettert. Als die Explosion ertönte, unter deren Beschuss ich geraten war, wollten Andy und Samir in Deckung springen. Bei dieser Aktion flog Andys Kamera aus ihrer Tasche und verschwand im Meer. Kurz entschlossen sprang Samir hinterher und konnte die Kamera bergen, doch für sie kam jede Rettung zu spät. Während des Abendessens am Camp, in Sichtweite des Strandes, ertönte eine neuerliche Explosion und wieder vernahmen wir das Zischen von anfliegenden Lavabomben. Einige Geschosse landeten gut 100 m entfernt im Wald, und flog über unsere Köpfe hinweg um ins Meer zu platschen. Die Lavabombe muss in der Nähe des Bootes eingeschlagen sein. Der Kapitän befand sich gerade an Bord. In Windeseile schmiss er die Motoren an, gab Vollgas und brauste davon. Wir blickten dem Boot verdutz hinterher und starrten in die Dunkelheit. Zum Glück fuhr der Kapitän nur bis ans andere Ende der Bucht und nicht zurück nach Charita. Bei gut 30 Grad und hoher Luftfeuchte legte ich mich zunächst vor das Zelt zum Schlafen nieder, doch selbiger wollte nicht kommen. Immer wieder zerrissen laute Explosionen die Stille der Nacht. Gelegentlich gab es Serien mit heftigen Eruptionen und ich hörte Lavabomben in einigen Hundert Metern Distanz zum Camp niedergehen. Einige landeten auch im Wald und krachten durch das Laub. Im Halbschlaf malte ich mir aus, wie hoch wohl die Wahrscheinlichkeit für einen Treffer wäre. Als dann auch noch der Wind drehte und Ascheregen einsetzte verzog ich mich ins Zelt. Hier lief der Schweiß in Strömen.

Am Morgen gesellte sich auch noch Nieselregen zum Aschefallout. Die Zelte waren total eingesaut. Ich marschierte zum Waldrand am Fuße des Kraterkegels und folgte ihm ein Stück, in der Hoffnung aus dem Aschefallout rauszukommen, doch das war vergebens. Der Regen spülte die Asche aus meinen Haaren in den Nacken und bis in die Unterhose. Gepaart mit Schweiß eine unangenehme Mischung.(Videoclip Statement Marc)

Nach dem Frühstück stürmten wir das Boot und drehten eine Runde um die Insel. Auf der anderen Seite ließ der Ascheregen nach und wir dümpelten in der leichten Dünung, machten Fotos der Eruptionen und diskutierten die morphologischen Veränderungen des Vulkans. Im Oktober 2008 hatte sich auf der Flanke unterhalb des Gipfels ein neuer Krater geöffnet, dieser war über die Jahre wieder zugewachsen und ein neuer Gipfelkrater hatte sich gebildet. Hier waren mindestens 3 Förderschlote aktiv. Aus einem quoll nun unablässig Asche, ein zweiter produzierte leichte strombolianische Eruptionen und der dritte zeigte sich für die starken Explosionen verantwortlich, aus dem die weit fliegenden Lavabomben quer über die Insel schossen. Am späten Nachmittag war der Vulkan relativ ruhig, große Explosionen blieben seit einigen Stunden aus. So machten wir uns wieder zu Fuß auf den Weg über die erkalteten Lavaströme. Es kam, wie es kommen musste: kaum standen wir wieder auf der Landzunge wurden die Eruptionen wieder stärker und wir bliesen zum Rückzug. Da nützten die besten Absichten nichts! Das Schöne an einer tropischen Insel sind natürlich alternative Beschäftigungsmethoden und daher stürzte ich mich erst einmal in das warme Meerwasser und genoss ein Bad.

Die Nacht verlief ähnlich schlaflos wie die vorherige. Mit Anbruch der Dämmerung machten Chris und ich uns auf den Weg zum Waldrand hinter dem Camp und warteten. Zur blauen Stunde ereigneten sich leider nur kleinere Ascheeruptionen, aber ein wenig später krachte es wieder heftig. Abermals blickten wir gebannt in die Luft um etwaigen Lavabomben auszuweichen. Wieder schlugen die Granaten aus dem Erdinneren in wenigen Metern Entfernung auf und hinterließen respektable Einschlagskrater. Fußballgroße Lavabomben schlugen gut 1 Meter durchmessende Trichter in den Boden, die bis zu 30 cm tief waren. Selbst faustgroße Brocken hinterließen deutliche Löcher im Boden und man mochte sich nicht ausmalen, was passieren würde, wenn man von so einem Brocken getroffen wird.(Videoclip explosive Eruption)

Genug des Krakataus. Am späten Vormittag räumten wir das Lager und verabschiedeten uns von der jungen Insel. Das war der mit Abstand gefährlichste Aufenthalt auf Krakatau, den ich bisher erlebte. Es zeigt einmal mehr, wie unberechenbar unserer Erde doch ist. Ein dreiviertel Jahr später kehrte ich zum fünften Mal auf die Insel zurück, diesmal in Begleitung der Geonauten Martin, Thorsten und Richard. Andy zeichnete sich wieder für die Reiseorganisation verantwortlich. Angelockt wurden wir von Berichten über starke Seismik unter dem Vulkan, sowie von gelegentlichen Eruptionen. Wir rechneten eigentlich mit einer neuen Eruptionsphase. Zu unserer Enttäuschung fanden keine Explosionen statt, doch in der ersten Nacht sahen wir rot illuminierte Wolken über den Krater schweben. Irgendetwas musste also glühen. Wir gingen von einem Förderschlot aus, der sich aufheizte. Am nächsten Nachmittag wagten wir den Aufstieg zum Kraterrand. Die Eruptionen der letzten Jahre hatten den Weg hinauf verschüttet. Die Vulkanflanke war recht steil und die frischen Schlacken nur lose geschichtet. So hieß es immer 2 Schritte rauf, einen hinunter. Müheselig kämpften wir uns den Kegel hinauf und staunten nicht schlecht: vor uns breitete sich der neue Doppelkrater auf. Im hinteren Krater befand sich eine glühende Bodenplatte. Auf dem ersten Blick dachten wir an einen Lavastrom, doch tatsächlich war der Boden so heiß, dass er glühte. Der Förderschlot war verstopft und aus einigen Fumarolen entwich pfeifend Dampf. Hier herrschte offenbar großer Druck und wir hegten die Befürchtung, dieser könne sich in einem spontanen Schloträumer entladen. Da ich diesen Bericht noch schreiben kann, ist dieser zum Glück ausgebleiben. Andy kehrte wenige Wochen später zum Vulkan zurück und berichtete von einem Lavadom, der sich nun im hinteren Krater manifestierte. Im Frühjahr 2012 war dieser Dom dann wieder verschwunden.

Stand 2011


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Video 1: Der Ausbruch des Anak Krakatau im Jaunar 2008
Das Video entstand im Januar 2008. 3 Monate zuvor kollabierte ein Teil der Flanke des Vulkans und es entstand ein neuer Krater. Aus ihm erfolgten mehrere Monate lang Ascheeruptionen. Die Bildung des neuen Kraters läutete eine Eruptionsphase ein die erst im Jahr 2011 endete.