Wo ist frau merkel heute

Die Pfarrerstochter Angela Merkel wuchs in der Deutschen Demokratischen Republik auf und erarbeitete sich nach der Wiedervereinigung eine einzigartige politische Karriere. Von 2005 bis 2021 bekleidete die Physikerin das Amt der deutschen Bundeskanzlerin. Innerhalb der Europäischen Union (EU) war sie die am längsten amtierende Regierungschefin.

Angela Merkels Familie: Kindheit und Jugend in der DDR

Angela Kasner kam im Juli 1954 als ältestes Kind des evangelischen Theologen Horst Kasner und dessen Frau Herlind Kasner in der Hansestadt Hamburg zur Welt. Schon kurz nach ihrer Geburt siedelte die Familie in die DDR über und wurde später in Templin in der Uckermark sesshaft, wo ihr Bruder Marcus und ihre Schwester Irene geboren wurden. Bereits zu Schulzeiten fiel die junge Angela Kasner als vorbildliche Schülerin auf, in den Fächern Russisch und Mathematik war sie sogar die Beste ihrer Klasse. Verwundern dürfte es also niemanden, dass das schüchterne Mädchen ihr Abitur 1973 mit der Durchschnittsnote 1,0 ablegte.

Physik-Studium in Leipzig und Doktorgrad

Nach der Schule nahm die Musterschülerin ein Studium der Physik an der Karl-Marx-Universität in Leipzig auf (heute Universität Leipzig) und lernte dort ihren Kommilitonen Ulrich Merkel kennen und lieben. Die Ehe der beiden, die 1977 geschlossen wurde, hielt jedoch nur fünf Jahre. 1982 folgte die Scheidung. Nachdem sie ihr Diplom erhalten hatte – für ihre Abschlussarbeit erhielt sie die Note "Sehr gut" – ging Angela Merkel nach Ost-Berlin, um am Zentralinstitut für Physikalische Chemie (ZIPC) der Akademie der Wissenschaften der DDR zu arbeiten. Ihr dortiger Job sowie die Arbeit an ihrer Dissertation führten sie unter anderem nach Donezk (Ukraine) und nach Prag (Tschechien) - und in die Bundesrepublik Deutschland (BRD). Nach ihrer bestandenen Promotion erhielt Merkel 1986 den Titel Doktor der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.) und widmete sich fortan dem Fachbereich Analytische Chemie. Mittlerweile war sie auch wieder liiert – mit dem Quantenchemiker Joachim Sauer, den sie 1984 kennengelernt hatte. Die beiden lebten lange Zeit ohne Trauschein zusammen, erst 1998 heirateten sie. Das Paar bekam zwar keine eigenen Kinder, Joachim Sauer hat jedoch zwei Söhne aus erster Ehe.

Angela Merkel geht in die Politik und findet zur CDU

Ihre politische Karriere begann Angela Merkel am "Vorabend" der deutschen Wiedervereinigung als Systemadministratorin des Demokratischen Aufbruchs (DA) im Jahr 1989. Schnell nahm die Partei das Potenzial der Akademikerin wahr und sie stieg erst zur Sachbearbeiterin, dann zur Pressesprecherin und schlussendlich in den Vorstand auf. Für die CDU hatte die Jungpolitikerin zunächst nichts übrig, wollte sie doch ursprünglich der SPD beitreten. Das Blatt wendete sich jedoch, nachdem Merkel und der DA als Teil der "Allianz für Deutschland" innerhalb der letzten gewählten DDR-Regierung 1990 an die Macht kamen. Bei den Verhandlungen zur Wiedervereinigung mit der Bundesrepublik Deutschland war die Jungpolitikerin im Rahmen von vorbereitenden Gesprächen beteiligt. Außerdem begleitete sie den damaligen DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière auf Auslandsreisen. Mitte des Jahres 1990 entschloss sich der DA dazu, sich aufgrund von schlechten Wahlergebnissen zunächst der Ost-CDU und schlussendlich der Gesamt-CDU anzuschließen. Angela Merkel trug diese Entscheidung maßgeblich mit und traf beim 38. CDU-Bundesparteitag zum ersten Mal auf ihren späteren Mentor – Bundeskanzler Helmut Kohl.

Rasanter Aufstieg: Angela Merkel als Ministerin und Generalsekretärin der CDU

Mit der Wiedervereinigung wechselte Angela Merkel hauptberuflich von der Wissenschaft in die Politik. Bei der Bundestagswahl 1990 erhielt sie zunächst das erste Bundestagsmandat ihrer Karriere, wurde jedoch auch überraschend vom wiedergewählten Bundeskanzler Kohl als Ministerin für Frauen und Jugend in sein Kabinett geholt. Bei der Bundestagswahl vier Jahre später erhielt sie erneut von ihrem Mentor einen Platz im Kabinett – als Ministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Von da an ging es für Angela Merkel raketenartig die Karriereleiter hinauf. Obwohl ihre Partei bei der Bundestagswahl 1998 scheiterte und ihr eigener Erststimmenanteil um elf Prozentpunkte fiel, stieg sie innerhalb der CDU zur Generalsekretärin auf. Während der Regierungszeit von SPD-Kanzler Gerhard Schröder hatte sie so eine der wenigen Oppositionspositionen inne, die ihr politische Gestaltungsmöglichkeiten bot. Was folgte, war ein Wendepunkt. Im Zuge der Parteispendenaffäre rund um Altkanzler Helmut Kohl wandte sich Merkel gegen ihren vormaligen Mentor und wurde unter anderem als "Vatermörderin" bezeichnet. Ihr Aufruf an die Partei, sich von Kohl abzunabeln, stieß jedoch auch auf Verständnis, weshalb sie 2000 nach dem Rückzug Wolfgang Schäubles Bundesvorsitzende der CDU wurde – und die Hoffnungsträgerin der Christdemokraten. Als Kanzlerkandidatin sah Merkel sich jedoch vorerst nicht. Zu wenig Rückhalt hatte die frühere DDR-Bürgerin innerhalb der Parteispitze, zu groß war (noch) die Konkurrenz rund um Edmund Stoiber (CSU), dem sie im Rennen um die "K-Frage" 2002 den Vortritt ließ. Nach Stoibers Niederlage bei der Bundestagswahl gestaltete Merkel die Bundespolitik aus der Opposition heraus mit und positionierte sich in entscheidenden politischen Fragen als Gegenbeispiel zu Gerhard Schröder. So sprach sie sich zum Beispiel für eine Unterstützung des Kurses von US-Präsident George W. Bush den Irakkrieg betreffend aus.

2005 wird Merkel Bundeskanzlerin einer GroKo

Als die SPD-Spitze rund um Parteichef Franz Müntefering und Bundeskanzler Gerhard Schröder 2005 aufgrund von schlechten Landtagswahlergebnissen eine vorgezogene Bundestagswahl für den Herbst des Jahres ankündigte, war Angela Merkels Chance gekommen. Als Kanzlerkandidatin strebte sie eine deutliche Mehrheit von CDU/CSU und FDP an. Ein Wunsch, der sich allerdings nicht erfüllte. Stattdessen holte ihre Partei zwar eine knappe Mehrheit, konnte allerdings nur im Rahmen einer Großen Koalition mit der SPD regieren. Dennoch: Als Angela Merkel im November 2005 als Bundeskanzlerin vereidigt wurde, schrieb sie Geschichte. Sie war zugleich die erste weibliche, mit 51 Jahren die jüngste und die erste Kanzlerin aus den neuen Bundesländern - und die erste Naturwissenschaftlerin in diesem Amt. Über die folgenden 16 Jahre, in denen die gebürtige Hamburgerin insgesamt drei Mal wiedergewählt wurde, musste sie sich einigen Herausforderungen stellen. 2008 wurde beispielsweise das Ausmaß der Weltwirtschaftskrise deutlich, auf das die Regierung unter anderem mit der sogenannten "Abwrackprämie" reagierte. Zwei Jahre später bewegte die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima Merkel und ihr Kabinett dazu, sich für einen vorzeitigen Atomausstieg einzusetzen. Eine weitere große Herausforderung brachte der Sommer 2015 mit sich. Im Zuge der Flüchtlingskrise gestattete Angela Merkel Geflüchteten, vornehmlich aus Afghanistan und Syrien, die nicht durch Ungarn registrierte Einreise in die Bundesrepublik Deutschland – eine Entscheidung, die ein großes Medienecho und unterschiedliche Reaktionen in der Bevölkerung hervorrief. Besonders folgender Satz, den Merkel der "FAZ" sagte, ging in die Geschichte ein: "Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land."

Eine der mächtigsten Frauen der Welt

Ihre Haltungen in der Flüchtlings- , aber auch in der Ukraine-Krise, riefen vor allem im Ausland positive Reaktionen hervor. Das US-Magazin "Time" kürte sie beispielsweise zur "Person des Jahres 2015". Im Ranking des US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" landete sie zwischen 2006 und 2009, sowie seit 2011 auf Platz eins der 100 mächtigsten Frauen der Welt. Hinter Barack Obama platzierte das Magazin sie außerdem 2012 auf Platz zwei der mächtigsten Personen der Welt – als erste Frau überhaupt. Staatliche Würden, die Merkel erhielt, sind unter anderem das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1996) und die Presidential Medal of Freedom (2011), die ihr US-Präsident Barack Obama übergab. Außerdem ist Angela Merkel Trägerin diverser Ehrendoktorwürden – unter anderem ihrer Heimatuniversität in Leipzig, der Harvard University (USA) und der Hebräischen Universität Jerusalem (Israel).

Angela Merkel kündigt ihren Rückzug an

Nachdem CDU und CSU 2018 bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen herbe Verluste hinnehmen mussten, fällte Bundeskanzlerin Merkel zwei Entscheidungen: Sie gab den Posten als Parteivorsitzende ab und wollte sich bei der Bundestagswahl 2021 nicht noch einmal für das Amt der Bundeskanzlerin zur Verfügung stellen.

Bevor Angela Merkel jedoch aus dem Amt schied, wartete noch eine Aufgabe ungeahnten Ausmaßes auf sie: die Corona-Pandemie. Nachdem sich das Coronavirus Anfang 2020 von China aus immer schneller global ausbreitete, mussten die Kanzlerin und ihre Regierung so schnell wie niemals zuvor in den Krisenmodus umschalten. Grund genug für die Politikerin, sich im Frühjahr 2020 zum ersten Mal überhaupt in einer gesonderten Fernsehansprache an das deutsche Volk zu wenden. Zuvor hatte Merkel dies lediglich anlässlich der traditionellen Neujahrsansprachen getan. Letztlich verpasste Merkel (16 Jahre, 16 Tage) den Amtszeit-Rekord von Bundeskanzler Helmut Kohl (16 Jahre, 26 Tage) nur um wenige Tage. Nachdem sie infolge der Bundestagswahl 2021 noch einige Wochen geschäftsführend im Amt war, übergab sie die Geschäfte am 8. Dezember 2021 an ihren Nachfolger Olaf Scholz (SPD).

Es muss ein ungewohntes Leben für sie sein. Die einzige Schlagzeile seit ihrem Rückzug lautete: "Merkel in Berliner Supermarkt bestohlen". Die Altkanzlerin, die auch als aktive Politikerin gerne selbst einkaufen ging, hatte ihr Portemonnaie wohl im Einkaufswagen liegen gehabt; auch der Personenschützer, der sie noch immer begleitet, bemerkte den Diebstahl nicht.

Abseits solch chronikaler Meldungen bekommt Deutschland nicht viel mit von jener Frau, die das politische Leben 16 Jahre so sehr prägte wie keine andere. Merkel lebt nach wie vor in ihrer Wohnung in Berlin-Mitte unweit des Pergamonmuseums; dazu hat sie neben einer Rente in Höhe von etwa 15.000 Euro bis zu ihrem Lebensende Anspruch auf einen Dienstwagen und ein Büro, und zwar jenes der ehemaligen DDR-Volksbildungsministerin Margot Honecker. Genutzt hat sie das bisher eher selten, heißt es.

Auch Jobangebote hat die einst einflussreichste Politikerin der Welt bisher nur ausgeschlagen.

"Passt nicht in die Zeit"

UN-Generalsekretär Antonio Guterres wollte sie dem Vernehmen nach überreden, den Vorsitz eines Beratungsgremiums zu globalen öffentlichen Gütern zu übernehmen. Auch Friedrich Merz’ Einladung zu einem Abendessen schlug sie aus, ebenso wie die Idee von dessen Vorgänger Armin Laschet, sie zur Ehrenvorsitzenden der CDU zu machen. "Es passt nicht mehr in die Zeit", sagte sie dazu lapidar.

Ein wenig Einblick in ihr Leben im und nach dem Kanzleramt wird Merkel aber noch geben. Sie schreibt nämlich, ließ ihre engste Mitarbeiterin Beate Baumann wissen, an einer politischen Autobiografie.

Bis die erscheint und sie auf Lesereise geht, wird sie wohl das tun, wovon sie bei ihrem Abgang sprach: "Dann werde ich vielleicht versuchen, was zu lesen, dann werden mir die Augen zufallen, weil ich müde bin, dann werde ich ein bisschen schlafen, und dann schauen wir mal."

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