Wo ist die hogwarts schule

Panorama Schule für Zauberei

Veröffentlicht am 05.12.2014

Lernen im verwunschenen Schloss, Üben mit dem Zauberstab, Besenkunde: In Polen können Schüler sich wie Harry Potter benehmen. Allerdings hat die wirkliche Welt der Magier ein paar dumme Fallen.

Fiktionen in die Realität umsetzen? Keine leichte Sache. Das sieht dann so aus: Hogwarts ist irgendwie eingeschrumpft, sieht aber dennoch großartig aus. Die Schüler streifen in Talaren durch holzgetäfelte Gänge und dunkle Verliese, sie hampeln auf Besen herum. Lehrer erläutern seltsames Zeug, es wird mit Federn geschrieben.

Wer teilnimmt, bekommt eine Robe, ein Zaubererbuch und eine Krawatte in einer der Hausfarben, irgendwas Gryffindor-ähnliches. Dann wird gehext, geforscht, getanzt. Bestimmt warten Gefahren und Fallen auf die Schüler. Die Videobilder der Schule erinnern ein wenig an das fortgeschrittene Getümmel beim Mittelaltermarkt nach zu viel Butterbier.

Hogwarts und Harry Potter, klar. Die Schule ist Schloss Czocha in Polen, nahe des Dorfes Lesna, drei Stunden von Berlin entfernt, zwei von Warschau. Dort werden die Schüler empfangen, ausgestattet, unterrichtet und, nun ja, bespaßt. Denn das „College of Wizardry“, die Schule für Hexerei und Zauberei, ist nur halb echt. Es geht um ein großes Rollenspiel, für vier Tage und für 280 Euro können Frauen und Männer im magischen Raum zwischen Mythos und Realität eintauchen.

Mindestens zwei magische Lehrgänge wird es im nächsten Frühjahr geben. Im November waren es 190 Eleven aus elf Ländern, etliche trugen modische Vollbärte, die es bei Harry Potter nur in Lehrergesichtern gibt. Die jungen Möchtegern-Zauberer schwangen voller Bedacht ihre Zauberstäbe und hüpften fröhlich durchs Herbstlaub.

Sie konnten nicht fliegen, leider, die Besen auf Schloss Czocha sind dann doch keine Nimbus 2000, der Harry Potter so viel Freude bereitet, bevor er auf den Feuerblitz umsteigt. Auch müssen Drachen aus irdischen Materialien erzeugt werden, und vor der Rückkehr des dunklen Lords bewahre uns der Himmel und die fürwahr verehrenswerte Frau J. K. Rowling. Traurig, traurig: Die Realität kennt ihre Grenzen, nicht bloß nahe des Dorfes Lesna.

Was uns dazu bringt, die Welt von Hogwarts ein wenig infrage zu stellen.

Wäre es in Wirklichkeit nicht viel praktischer, mit dem Laptop zu arbeiten wie normale Studenten an normalen Universitäten, statt Feder und Papier zu nutzen? Findet die Romantik der Kerzenbeleuchtung und der dicken Gemäuer nicht ihre Grenzen, wenn es schlicht kalt und zugig wird?

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Nein, die heißeste Touristenattraktion Großbritanniens ist nicht der Buckingham Palast, sondern ein etwas anderes Schloss – und zwar das von Harry Potter. Der „Warner Bros. Studio“...-Park bietet Einblicke hinter die Kulissen der magischen Welt des wohl berühmtesten Zauberschülers des Planeten. Und wer möchte, kann auch gleich lernen, wie ein Zauberstab richtig geschwungen wird...

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…oder das Büro des Schulleiters Albus Dumbledore besuchen. Wer genau hinsieht, wird feststellen, dass es sich bei der Zauberliteratur in den Regalen in Wirklichkeit um in Leder geb...undene Telefonbücher handelt. Wenn Harry Potter das gewusst hätte...

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Mehr als 130 Millionen Euro hat die Filmproduktion Warner Brothers in den Umbau der Filmstudios in Leavesden 30 Kilometer außerhalb von London investiert. Aber es wäre wohl auch zu... schade gewesen, die Millionen von Requisiten (allein 16.000 Zauberstab-Boxen für den Laden von Ollivander!) einfach auf den Müll zu werfen. Und die Mechanik, die die Tür zur „Kammer des Schreckens“ öffnet, funktioniert ja auch noch tadellos...

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…genauso wie die etlichen Prothesen und Motoren, die teilweise für die vielen tausend Figuren verwendet wurden. In der Mitte des Tisches liegen doch die Arme des Hauselfen Dobby, o...der?

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Kaum vorstellbar für den „Film-Unwissenden“: Dieses Modell der Zauberschule Hogwarts samt umliegender Ländereien im Maßstab 1:32 wurde für Außenaufnahmen verwendet. In 32 Tagen bau...ten es Produktionsmitarbeiter in aufwendiger Kleinstarbeit zusammen. Heute gehen Besucher auf einer Rampe um das Schloss herum, während das Licht für die peferkte Stimmung von taghell zu mitternachtsschwarz wechselt.

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Nun ja, Daniel Radcliffe alias Harry Potter, Emma Watson in der Rolle der Hermine Granger und Rupert Grind, der Ron Weasley spielt, wären leibhaftig auch nicht schlecht gewesen. Ab...er die Kostüme im Aufenthaltsraum der Gryffindors sind ja auch schon ein Anfang, nicht wahr?

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Und dann gibt es da ja auch noch die Perücken der Darsteller. Vorne rechts die dunklen Haare von Snape, hinten links die hellen des Harry-Gegners Malfoy. Und dann die roten Haarsch...öpfe, die – ganz klar – der Weasley-Familie zuzuordnen sind.

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Oha, welche süßen Köstlichkeiten warten denn hier auf den Besucher? Es sind – leider – nur Requisiten, doch ähnliche, echte Naschware findet sich im Geschenkshop am Ende der Ausste...llung. Schokofrösche gibt es für weniger zauberhafte acht Euro.

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Der interaktive Spaziergang durch das Studio, für den Besucher etwa 35 Euro pro Person zahlen, führt auch an der Statue unterdrückter Muggel im Zaubereiministerium vorbei. Sie war ...in Film sieben, „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, Teil 1“, zu sehen.

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Haben auch Sie sich schon einmal vorgestellt, wie es wäre, statt über die Königsallee oder den Kurfürstendamm einmal durch die Winkelgasse zu schlendern? Nur 30 Kilometer außerhalb... Londons kann das Wirklichkeit werden – ebenso wie ein Besuch in Harry Potters Zimmer im Schrank unter der Treppe oder die Klassenräume der Professoren Snape und Lupin.

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Rund 5000 Besucher tauchen täglich in die Welt von Harry Potter ein. So viele Eindrücke machen natürlich durstig. Zum Glück gibt es – stilgerecht – Butterbier zur Erfrischung, das ...hier noch in Holzfässern gelagert ist.

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Anfassen verboten? Mitnichten! Auch diese Kulisse, die zu Hogwarts gehört, ist für Besucher begehbar. Selbst im fliegenden Auto der Weasleys können Sie Platz nehmen. Oder wie wäre ...es mit einem Ritt auf Harrys Besen?

Der Haupteinwand gegen Hogwarts ist der: Die Schule hilft den Schülern nicht, weder in der Fiktion, noch in der Realität. Dazu hilft ein Blick auf den Stundenplan. Ab dem ersten Schuljahr, wenn die Kinder elf Jahre alt sind, geht es los mit Geschichte der Zauberei, Kräuterkunde, Verwandlung, Astronomie, Besenfliegen, Zaubersprüchen, Zaubertränken und natürlich der gefürchteten Verteidigung gegen die dunklen Künste. Ab dem dritten Schuljahr gibt es die Wahlfächer Alte Runen, Arithmantik, Muggelkunde, Pflege magischer Geschöpfe sowie Wahrsagen, sehr beliebt bei esoterisch veranlagten Mädchen.

Doch hier greift hier ein literarischer Kniff: Auch wenn aus den stupiden Augen eines Muggels die „Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei“ irrational und nicht funktionsfähig erscheint vergessen wir einen essentiellen Punkt: Die Welt der Zauberei lebt, genau wie die durch Kinderfantasie getragene Welt um die Winkelgasse und das Butterbier, nicht durch BWL und Logik, sondern durch pure Magie.

Das ist seltsam. Was ist mit Lesen, Schreiben, Rechnen? Woher können die Kinder das? Wie steht es um Fremdsprachen und Naturwissenschaften? Ist das unnötig?

So sehr und berechtigt Schüler den Zitronensäurezyklus oder die Geheimnisse der Photosynthese hassen mögen, es hilft, die Welt zu verstehen, auch die Welt der Zauberer. Das Leben in der Parallelgesellschaft erfordert jede Menge Kenntnisse, die nicht im „Monsterbuch der Monster“ stehen.

Sogar der Englisch- oder Deutsch-Unterricht ist nicht ganz umsonst. Denn dort wird im guten Fall gelernt, wie man die verwickelte Welt von Harry Potter betreten, sich hineinwühlen, verstehen und fortgesetzt Vergnügen aus ihr ziehen kann. Es ist zu bezweifeln, ob Schüler wie Ron, Luna, Draco oder Neville die Romane würden goutieren können.

Das College of Wizardry hat das offensichtlich erkannt. Man soll Englisch können, heißt es in den Statuten, und man muss 18 Jahre alt sein. Dann hat nämlich die gute alte Schule bei den Magie-Begeisterten die Grundlagen gelegt, sich einigermaßen unfallfrei bewegen zu können. Man mag es Zauberei nennen.

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