Wie viel Prozent der deutschen Bevölkerung zahlen Steuern?

In Deutschland leben rund 70 Millionen Menschen, deren Einkünfte prinzipiell der Einkommensteuer unterliegen. Doch während mehr als 20 Millionen von ihnen gar keine Abgaben zahlen, tragen vergleichsweise wenige Reiche fast ein Drittel zum Einkommensteueraufkommen bei.

Sie ist die wichtigste Einnahmequelle des Staates: die Einkommensteuer. Im Jahr 2017 spülte sie zusammen mit dem Solidaritätszuschlag, den etwa 60 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen zahlen, rund 298 Milliarden Euro in die Staatskasse, im Jahr 2018 sind voraussichtlich rund 320 Milliarden Euro zusammengekommen. Das entspricht etwa 40 Prozent aller Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden.

Die Einkommensteuer soll für mehr Einkommensgerechtigkeit sorgen, indem Besserverdienende stärker besteuert werden als Menschen mit niedrigeren Einkommen. Dass dieses Umverteilungsinstrument wie gewünscht funktioniert, zeigt eine Simulationsrechnung des Instituts der deutschen Wirtschaft (Grafik):

Im Jahr 2018 haben die reichsten 3,6 Prozent der Bundesbürger mehr als 30 Prozent zum Steueraufkommen beigetragen.

Wie viel Prozent der deutschen Bevölkerung zahlen Steuern?

Betrachtet man all jene, die mindestens 15.000 Euro Einkommensteuer im Jahr zahlen – das sind 6,4 Prozent aller Steuerzahler –, erhöht sich der Anteil am Einkommensteueraufkommen sogar auf fast 42 Prozent. Die oberste Einkommensschicht leistet somit den größten Beitrag zum Aufkommen aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag.

Mehr als 20 Millionen Menschen in Deutschland führen keine Steuern ab, weil ihr steuerpflichtiges Einkommen zu gering ist. Dazu zählen sieben Millionen Rentner sowie Auszubildende, Studenten, geringfügig Beschäftigte und Arbeitslose.

Andererseits zahlt ein großer Teil der Bevölkerung gar keine Einkommensteuer: Von den rund 70 Millionen Einkommensteuerpflichtigen in Deutschland führen mehr als 20 Millionen Menschen keine Steuern ab, weil ihr steuerpflichtiges Einkommen zu gering ist. Dazu zählen sieben Millionen Rentner sowie Auszubildende, Studenten, geringfügig Beschäftigte und Arbeitslose. Insgesamt zahlen rund 30 Prozent der Erwachsenen in Deutschland keine Einkommensteuer.

Aufgrund der wachsenden Realeinkommen und des progressiven Tarifverlaufs – der dafür sorgt, dass mit dem Einkommen auch der Steuersatz steigt – hat das Steueraufkommen in Deutschland in den vergangenen Jahren stark zugelegt. So stieg das Bruttoinlandsprodukt zwischen 2000 und 2017 um knapp 27 Prozent, das Einkommensteueraufkommen dagegen wuchs um rund 53 Prozent.

Die Einkommensteuer ist das zentrale Instrument der Umverteilung, viel wirksamer als zum Beispiel die Mehrwertsteuer. Eine Vermögenssteuer würde hingegen wenig Einnahmen bringen, aber vielen Unternehmen die Luft zum Atmen nehmen.

Während die Einkommen in Deutschland recht gleichmäßig verteilt sind, ist Vermögen eher ungleich verteilt. Der Aldi-Erbe Karl Albrecht Junior besitzt mehr als 30 Milliarden US-Dollar, so mancher Hartz-IV-Empfänger aus Duisburg-Marxloh keinen einzigen Cent. Doch diese beiden Pole haben wenig mit der Lebenswirklichkeit der überwiegenden Mehrheit in Deutschland zu tun, denn den allermeisten Bürgern geht es in materieller Hinsicht recht gut.

Je besser jemand finanziell dasteht, desto mehr Steuern und Abgaben verlangt der Staat. Sozialbeiträge, direkte und indirekte Steuern tragen in etwa zu gleichen Teilen zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte bei. Einige Einnahmequellen berücksichtigen die Höhe der Einkommen mehr, andere weniger. Das wichtigste Umverteilungsinstrument ist die Einkommensteuer. Bereits ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von knapp 58.000 Euro zahlt ein Alleinstehender den Spitzensteuersatz von 42 Prozent – ab etwa 274.000 Euro wird jeder zusätzliche Euro gar mit 45 Prozent belastet (Reichensteuersatz). Mit Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag liegt die Belastung jedes zusätzlich verdienten Euros in dieser Gehaltsklasse bei rund 50 Prozent.

Wie viel Prozent der deutschen Bevölkerung zahlen Steuern?

Im Vergleich zu dieser direkten Steuer sind die Steuersätze der indirekten Steuern unabhängig von der tatsächlichen Einkommenshöhe. Die Mehrwertsteuer zum Beispiel belastet den Konsum aller in gleichem Maße. Obwohl die Wohlhabenden einen kleineren Teil ihres Einkommens für Konsum ausgeben, konsumieren sie natürlich immer noch mehr als Geringverdiener und tragen deshalb einen größeren Teil der Last: Die oberen zehn Prozent der Einkommensbezieher zahlen rund ein Fünftel der indirekten Steuern. Zum Vergleich: Ihr Anteil an der Einkommensteuer beträgt knapp die Hälfte. Die Beteiligung der Wohlhabenden an der Staatsfinanzierung wäre sogar noch größer, wenn nicht einige ihr Geld widerrechtlich auf Schwarzgeldkonten im Ausland parken würden. Ein Mittel gegen Steuerhinterzieher ist sicherlich eine effektivere Fahndung. Steuererhöhungen sind in diesem Fall allerdings wirkungslos und träfen vor allem die ehrlichen Bürger.

Die Einnahmen erreichen Rekorde

Trotzdem ist die Vorstellung verbreitet, der Staat müsse „die Reichen“ mit einer zusätzlichen Vermögenssteuer belasten. Diese Einschätzung beruht auch darauf, dass viele glauben, mit der sogenannten Abgeltungssteuer von 25 Prozent seien Kapitaleinkommen im Vergleich zu Arbeitseinkommen zu niedrig besteuert. Doch gerade bei den Betriebsvermögen sieht die Welt anders aus. Auf die Dividende wird zwar auch „nur“ die Kapitalertragssteuer von 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag fällig, das Unternehmen selbst hat aber vorher bereits Steuern gezahlt. Dadurch steigt die Steuer auf ausgeschüttete Gewinne auf fast 50 Prozent. Kommt die Vermögenssteuer hinzu, kann die Belastung sogar auf mehr als 90 Prozent steigen. Ein Argument für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer ist, dass sie gebraucht wird, um die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren. Die öffentliche Hand leidet zwar an vielem, aber nicht an mangelnden Einnahmen: Mit rund 799 Milliarden Euro erreichte das Steueraufkommen 2019 einen Höchststand. Im Corona-Jahr 2020 reduzierten sich zwar die Einnahmen auf 740 Milliarden Euro. Aktuelle Steuerschätzungen erwarten jedoch bis zum Jahr 2023 eine Erholung und anschließende Verbesserung der Einnahmesituation. Ein strukturelles Einnahmeproblem hat somit auch die Corona-Pandemie nicht hinterlassen.

Die boomende Wirtschaft beschert dem Staat Rekordsteuereinnahmen. Mithilfe eines IW-Tools können Sie nun berechnen, wie viel Sie und andere dazu beitragen.

27.11.2018 | von Martin Greive

Berlin Kleptokratie, fiskalischer Diebstahl, die Mittelschicht als Melkvieh: Wie sehr der Frust über den Steuerstaat in den vergangenen Jahren zugenommen hat, lässt sich auch an der drastischen Wortwahl ablesen, zu der Politiker wie etwa FDP-Chef Christian Lindner greifen. Der weit verbreitete Eindruck ist: Der Aufschwung spült gigantische Summen in die Staatskasse, doch der einfache Bürger hat davon wenig – denn er zahlt immer mehr Steuern.

Mithilfe eines interaktiven Einkommensteuer-Rechners des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) kann nun jeder Steuerzahler selbst berechnen, wie viel Steuern er oder sie im Vergleich zu anderen zahlt. Dabei lässt sich auch durchspielen, wie hoch die Entlastung durch die geplante Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags ist, die für 2021 anvisiert ist.

Mit dem folgenden IW-Tool können Sie ihre Steuerlast im Vergleich zu anderen selbst berechnen:

Die Ergebnisse dürften für so manche Überraschung sorgen: Denn gerade Familien mit Kindern stehen bei der Steuerbelastung keinesfalls so schlecht da.

Dank Ehegattensplitting und Kindergeld/Kinderfreibeträgen müssen sie deutlich weniger Steuern zahlen als Singles, die dafür auch im internationalen Vergleich, wie andere Studien zeigen, zur Kasse gebeten werden.

Auch dürfte einigen Steuerzahlern dämmern, dass sie im Vergleich zu anderen gar nicht so schlecht dastehen, was den Verdienst angeht. Das zeigen auch die Daten, die das IW Köln für das Erstellen des Rechners zusammengetragen hat:

  • Rund 70 Prozent der Bevölkerung zahlen Einkommensteuer.
  • Das durchschnittliche Bruttoeinkommen von Vollzeitbeschäftigten lag 2017 laut Statistischem Bundesamt bei rund 50.000 Euro, das sind rund 4167 Euro im Monat.
  • Wer als Lediger über ein Bruttoeinkommen von knapp 55.000 Euro verfügt, reiht sich beim Verdienst bereits unter den Top zehn Prozent ein.
  • Diese Top zehn Prozent schultern allein gut die Hälfte der gesamten Steuerlast. Allein die 6,4 Prozent Topverdiener, die mindestens 15.000 Euro Steuern im Jahr zahlen, tragen zu 41,5 Prozent des gesamten Einkommensteueraufkommens bei.
  • 2,3 Prozent, das sind rund 1,6 Millionen Menschen, zahlen Steuern von mehr als 25.000 Euro. Zu dieser Gruppe gehören Ledige ohne Kinder mit einem Bruttojahreseinkommen von mindestens 92.000 Euro.
  • Etwas über 20 Millionen Menschen zahlen gar keine Einkommensteuer, weil ihr steuerpflichtiges Einkommen zu gering ist. Darunter befinden sich sieben Millionen Rentner, aber auch Millionen Auszubildende und Studierende sowie geringfügig Beschäftigte und Arbeitslose.
  • Den Solidaritätszuschlag zahlen 60 Prozent der Steuerzahler. Dass viele ihn nicht mehr zahlen, liegt daran, dass es auch beim Soli Freibeträge gibt, bis zu denen der Zuschlag nicht an den Fiskus abgeführt werden muss.

Was folgt aus diesen Zahlen politisch?

  • Vom Durchschnittsverdiener bis zum Topverdiener ist es ein kurzer Weg. Deshalb hatten im Wahlkampf sowohl Union wie SPD gefordert, den Spitzensteuersatz von 42 Prozent erst ab einem höheren Gehalt greifen zu lassen. Derzeit wird er bereits ab einem zu versteuernden Einkommen von 55.000 Euro fällig. Doch am Ende konnten sich beide Parteien in den Koalitionsverhandlungen nicht auf ein Vorgehen einigen.
  • Untere Einkommen leiden nicht an zu hohen Steuern, sondern unter zu hohen Sozialabgaben. Denn diese werden sehr schnell schon ab geringen Gehaltssteigerungen fällig. Und anders als im Steuersystem gibt es bei den Sozialabgaben nur eine sehr geringe Progression. Es werden also sehr schnell die vollen Beiträge fällig.
  • Insgesamt funktioniert die Umverteilung über das deutsche Steuersystem gut: Starke Schultern tragen allein gut die Hälfte des Einkommensteueraufkommens in Deutschland.

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