von Gerd Landgraf
Meine Größe? 180 Zentimer. Das war jahrzehntelang so. Jetzt sind es 180 Zentimeter plus X. „Ganz easy“ lässt sich ein Motorboot mit 15 PS auf dem Main steuern, hatten Joachim Pfister und Sohn Dennis versichert. Dennis Pfister hängte dann das etwa eine halbe Tonne schwere Quicksilver Fiberglasboot Activ 470 (mit Hänger knapp eine Tonne) ans Auto, und ab ging es in die Schweinfurter Wehranlagen und dort zur Bootsrampe am Anlegesteg neben dem Schwimmclub. Keine fünf Minuten brauchte der Juniorchef. Das Boot lag auf dem Wasser. Der Einstieg war leicht, die erste Mutprobe bewältigt. Das Kajütboot ...
Die Presse berichtet von Plänen, den Wassersport zu deregulieren, z.B. hier. Hauptvorschlag: die Leistungsgrenze, von der an ein Motorbootführerschein vorgeschrieben ist, soll erhöht werden. Von jetzt 5 PS auf 15 PS. Es ist sicher nicht schlecht, unnötige Regulierungen im Wassersport zurückzunehmen. Z.B. wäre es eine gute Idee, wenn die überflüssige Kennzeichenpflicht für Sportboote wieder aufgehoben würde. Das Beispiel Holland zeigt, dass man bestens ohne auskommt. Aber ausgerechnet die PS-Grenze heraufsetzen? Das ist idiotisch. Zunächst einmal ist es kurios, dass der Gesetzgeber sich an der veralteten Einheit PS orientieren soll, statt an den seit den 1970er Jahren weltweit verbindlichen SI-Einheiten. Das wirft ein Schlaglicht auf die technische Einfalt derjenigen, die den Vorschlag erarbeitet haben. Viel wichtiger ist aber: Die Gefährlichkeit eines Fahrzeugs, auch eines Wasserfahrzeugs, hat nichts mit der Leistung zu tun! (Egal ob man sie nun in kW misst oder in PS.) Entscheidend ist die Geschwindigkeit! Ein bisschen Physik für Politiker: In Worten: Die Bewegungsenergie ist gleich dem Produkt aus halber Masse und dem Quadrat der Geschwindigkeit. Ein Rechenbeispiel: Die kinetische Energie eines gleitfähigen Motorboots, das z.B. 300 kg wiegt, und mit seinem 15-PS-Außenborder 40 km/h schnell fährt, beträgt 18.500 Nm (Newton mal Meter). Zum Vergleich: Die Verdränger-Sloep mit 30 PS, die 1.000 kg wiegt und mit 12 km/h fährt, hat eine Bewegungsenergie von 5.500 Nm. Weniger als ein Drittel! Für welches Boot sollte man wohl eher einen Führerschein vorschreiben, liebe Politiker? Wer bezweifelt, dass ein Motorboot mit 15 PS überhaupt so schnell fahren kann, kann sich ja mal ein paar Videos reinziehen. Z.B. dieses oder dieses. Die holländischen Kollegen haben im Physik-Unterricht besser aufgepasst. Dort sind alle Boote mit einer Höchstgeschwindigkeit von weniger als 20 km/h führerscheinfrei. Das macht Sinn! Nun, eine Hoffnung bleibt: Der 15 PS-Vorschlag wird offenbar vor allem von der FDP gefördert. Und die Kanzlerin hat immerhin Physik studiert. Vielleicht gibt sie ihrem Koalitionspartner mal wieder ein bisschen Nachhilfe. Update 22.01.: Tags: Bootsmotoren, Gedanken, Niederlande, Seemannschaft, Umweltschutz
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