Was tun wenn Baby Brust als Schnuller nimmt?

Manche Säuglinge nuckeln schon während der Schwangerschaft im Mutterleid ab Daumen. Diese Gewohnheit behalten sie nach der Geburt bei und nutzen den Saugreflex als natürliches Beruhigungsmittel. Durch das Saugen produziert dein Baby wichtige Hormone, um Eindrücke, Stress oder gar Schmerzen besser zu verarbeiten. Die mütterliche Brust ist hier natürlich die erste Anlaufstelle. Doch diese ist nicht immer verfügbar und nicht jede Mutter praktiziert das sogenannte Dauerstillen bei ihrem unruhigen Kind. Der Schnuller kann ein künstlicher Ersatz für das so beruhigende Saugen sein und wird trotzdem häufig abgelehnt.

Wichtig: Hebammen raten in den ersten Wochen nach der Geburt von einem Schnuller ab. Hier kann es in Kombination mit dem Stillen zu einer sogenannten Saugverwirrung kommen. Die Babys nutzen an der Brust eine andere Saugtechnik und lassen sich durch den Schnuller quasi aus dem Konzept bringen. Das Ergebnis ist eine Verweigerung der Brust. Erst nach gefestigtem Stillverhalten sollten die Kinder an einen Schnuller herangeführt werden. Und auch hier lehnen viele Stillbabys den künstlichen Sauger ab.

Gründe für das Ablehnen des Schnullers

Warum will mein Baby keinen Schnuller? Diese Frage scheinen sich viele Eltern zu stellen und wünschen sich ein Patentrezept – das es jedoch nicht gibt. Zunächst sollte nach den möglichen Gründen für die Ablehnung gesucht werden, was bei Babys häufig im Rätselraten endet. Es gibt nämlich viele verschiedene Faktoren, die hier eine Rolle spielen:

  • falsche Form
  • unangenehmes Material
  • falsche Größe
  • allgemeine Ablehnung

Viele Stillkinder mögen generell keinen Schnuller als Ersatz und ziehen lieber die Mutterbrust vor. Auch das Stillen übernimmt eine beruhigende Funktion und ist nicht rein zur Nahrungsaufnahme gedacht. Auf keinen Fall solltest du deinem Baby den Schnuller aufzwingend, sondern vielmehr auf die Signale und Bedürfnisse achten. Manchmal heißt es auch einfach: testen und ausprobieren. Vielleicht kommt dein Baby einfach mit dem Material nicht klar oder würde lieber eine andere Form bevorzugen?

Das richtige Schnullermodell finden – Größe, Form und Material

  • Größe – 0 – 24 Monate: Die Größe des Schnullers muss an den Kiefer und an das Alter des Babys angepasst sein. Hier bieten die Hersteller meist drei verschiedene Größen, wobei du natürlich immer mit der kleinsten Größe beginnen solltest.
  • Form – rund oder abgeflacht: Oder dein Baby bevorzugt eine andere Form. Schau dir hierfür das Saugteil etwas genauer an. Ist es abgeflacht, rund geformt oder vielleicht kiefergerecht? Die runden Modelle (Kirschform) kommt der Brustwarze am nächsten und wird von Stillkindern bevorzugt. Ältere Babys sollten eher an den kiefergerechten Schnuller gewöhnt werden, um Zahnfehlstellungen zu vermeiden.
  • Material – Latex oder Silikon: Vom Material wählst du zwischen Latex, Naturkautschuk und Silikon. Bei den ersten beiden handelt es sich um ein natürliches Material in leicht bräunlicher Farbe, wobei der Naturkautschuk noch etwas gröber wirkt. Sie zeigen sich widerstandsfähig und sind für Babys mit ersten Zähnchen gut geeignet. Silikon ist etwas weicher und damit auch anfälliger. Es ist dafür farblos und auch geschmacklos, was man von den natürlichen Materialien nicht behaupten kann. Bei Babys mit Latex-Allergie musst du ohnehin auf die Modelle aus Silikon ausweichen.

Darüber hinaus können auch Schild und Griff für die Babys einen Unterschied machen. Während sich manche Kinder eher für Modelle komplett aus Silikon oder Naturkautschuk begeistern, spielen andere gern mit dem Ring.

Baby an den Schnuller heranführen – sanft und liebevoll

Der Schnuller darf nie aufgezwungen werden. Biete ihn ruhig immer wieder und liebevoll an, beispielsweise nach dem Stillen. Achte genau auf die Vorlieben und Abneigungen. Manche Kinder würgen direkt mit dem Schnuller und bringen ihn direkt wieder heraus. Dann sollte ein anderes Modell zum Test ausprobiert werden. Warte auch nicht, bis sich dein Baby in Rage geschrien hat oder vollkommen übermüdet ist. In diesem Moment werden neue Eindrücke auch sehr schnell abgelehnt. Außerdem wirst du mit einem knurrenden Magen auch kein Glück haben, den Schnuller näherzubringen. Nutze ihn lieber immer in gleichen Situationen, beispielsweise nach dem Füttern oder beim Einschlafen. Diese Gewohnheiten fördern die Akzeptanz.

Wichtig: Verfeinere den Schnuller niemals mit Zucker ohne Honig, um ihn dem Baby schmackhaft zu machen. Das wirkt sich absolut negativ auf die Gesundheit aus und birgt große Gefahren.

Schlagen wirklich alle Versuche mit dem Schnuller fehl, dann leg den Gedanken einfach beiseite. Vielleicht beruhigt sich die Lage in einigen Monaten und dein Kind nimmt ihn dann liebend gerne. Häufiges Tragen, Körperkontakt oder andere Gegenstände zum Saugen (wie beispielsweise deinen Finger oder einen Deckenzipfel) helfen als Alternativen weiter.

Schnuller Pro und Contra – muss er angewöhnt werden?

Bedenke immer: der Schnuller ist kein Muss! Er bringt zwar Stille und Beruhigung, kann aber auch mit liebevollen Alternativen ersetzt werden. Wer sich für einen Schnuller entscheidet und den richtigen gefunden hat, sollte auf jeden Fall mehrere Modelle im Haus haben. Ist der geliebte Nuckel nicht verfügbar, findest du dein Baby nämlich wieder in einer schreienden und aufgelösten Situation wieder. Außerdem ist eine entsprechende Hygiene zu wahren und der Schnuller darf nach dem Herunterfallen nicht einfach abgelekt werden. Klappt es mit keinem Modell und lehnt dein Beby förmlich jeden Schnuller ab, bleibst du am besten ruhig und gelassen. Spätestens beim Thema Abgewönen merkst du die Vorteile. Diese Phase kann nämlich wieder enorm problematisch werden. Um den dritten Geburtstag sollten Kinder ihren Schnuller abgeben, da er sonst Fehlstellungen an Zähnen und im Kiefer verursacht. Natürlich verabschieden sich die Kleinen nur ungern von ihrem liebsten Nuckel. Rituale und viel Zuneigung helfen jedoch bei dem Prozess.

Weiterführende Inhalte:

Schon lange klebt da die Notiz »Schnuller!« auf meinem Schreibtisch, mit dem Kürzel KV/8 drauf (das heisst »Kinder verstehen, 8. Auflage« – ich nehme mir bei jeder neuen Auflage ein Kapitel vor, das ich dann hier und da aktualisiere und ergänze).

Diesmal also der Schnuller. Aus evolutionsbiologischer Sicht.

Eigentlich gut verständlich, was wir den Babys da anbieten – eine nachgeformte Brustwarze. Und natürlich fahren sie darauf ab, und das schon eine ganze Weile: im Mittelalter waren zu Beuteln zusammengeschnürte Leinentücher in Mode (gerne auch mit etwas Mohn drin oder auch mal mit Hochprozentigem getränkt). Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es die ersten Versionen in Gummi.

Was tun wenn Baby Brust als Schnuller nimmt?

Der Drang zum Schnuller ist verständlich – schließlich aktiviert das Nuckeln die »Beruhigungsschleifen« des kindlichen Gehirns. Das Saugen vermittelt dadurch Nähe, Geborgenheit und Entspannung (kein Wunder, dass findige Babys da auch Finger, Daumen oder auch mal den großen Zehen zu Hilfe nehmen). Als »non-nutritives Saugbedürfnis« ist dieses Verhalten auch der Fachwelt bekannt: Babys nutzen die Brust nicht nur  als Quelle von Kalorien und Wasser, sondern auch um Beruhigung und Entspannung zu tanken. Mein Baby will jetzt einfach nuckeln, sagt dann die eine Mutter. Mein Baby nimmt meine Brust als Schnullerersatz, sagt die andere – aus evolutionärer Sicht eine recht putzige Erklärung: als sei der Schnuller eigentlich das Original, und die Brust nur der Ersatz… Dabei wurde die Brust vor vielen Millionen Jahren erfunden, schon vor 165 Millionen Jahren hat ja der gemeinsame Vorfahr von Beuteltieren und höheren Säugetieren spezielle Drüsen entwickelt, von denen der Nachwuchs ein konzentriertes Sekret auflecken- oder aufsaugen konnte (Mama musste damit nicht mehr ganz so häufig Nahrung in die kleinen Münder stopfen).

Aber zurück zum Schnuller. Die wie auch immer konstruierte Attrappe bietet ja nicht nur den Kleinen eine Gelegenheit zur Beruhigung. Sie hilft auch den Eltern – ruhige Babys sind nun einmal kein Luxus. Und waren es bestimmt noch nie. Warum sollten die Eltern für solche »Abkürzungen« also nicht dankbar sein? Tatsächlich ist die Geschichte der Säuglingspflege ja auch eine Geschichte der Suche nach Methoden, Tricks und Produkten, die uns Großen das Leben leichter machen, ob das nun Tragegestelle sind, oder Hängematten, Windeln, Wiegen, Babyphones oder Apps fürs Smartphone. Oder eben brustwarzenähnliche Stöpsel für den Babymund. Diese Suche nach Abkürzungen ist bestimmt nicht »unevolutionär« – dass sich Homo sapiens mit allen möglichen kulturellen Errungenschaften rüstet, um sich das Leben leichter zu machen, liegt nun einmal in seiner Natur, warum sollte ausgerechnet das Großziehen des Nachwuchses davon ausgenommen sein? Eltern sind schließlich – auch das übrigens ein Grundaxiom der Evolutionsbiologie – keine unerschöpflich sprudelnden Quellen, aus denen Liebe, Zuwendung und Muttermilch im Übermaß quillt. Sie sind vielmehr auch darauf angelegt, mit ihrem Nachwuchs immer wieder Kompromisse auszuhandeln, wenn es um den sinnvollen Einsatz begrenzter Ressourcen geht.

Der Schnuller passt also nicht nur prima in den Mund, sondern auch in unser kulturelles Konzept. Und dazu noch dieses wunderbare Win-Win: Schnuller in den Mund – zufriedenes Baby, zufriedene Eltern!

… Wäre da nicht der zweite Teil der Geschichte, und auch dieser Teil ergibt sich aus der evolutionären Konflikttheorie. Jede kulturelle Lösung ist mit Vorteilen – aber auch mit möglichen Nachteilen verbunden.

Die sind zum Teil banal und leicht eingängig, im wahrsten Sinn des Wortes: der Whisky in den Schnullersäckchen des Mittelalters war für das wachsende Gehirn des Babys sicher kein Schmiermittel. Und aus den Plastikschnullern der Moderne haben kleine Kinder bestimmt schon Tonnen von Bisphenolen und anderen Weichmachern rausgenuckelt – auch nicht gerade das, was ein wachsender Organismus so braucht. Und auch die Bakterien- und Pilzrasen, die sich am Schnuller gerne bilden, müssen zu den Nachteilen zählen. Staunen wir also ruhig einmal über die Selbstreinigungskraft der mütterlichen Brust! (Das ästhetische Dilemma des Schnullers will ich in dieser Schweigeminute nur kurz anblinzeln, denn wir scheinen das kulturell ganz gut gelöst zu haben: eigentlich gehört so ein Plastikproppen mitten im Gesicht ja nicht unbedingt zum Kindchenschema – da war eigentlich einmal der Babymund vorgesehen. Aber weil für uns normal ist, was wir normalerweise so sehen, tun und lassen, fällt uns das nicht mehr auf – ein Schnullermund gehört heute im Grunde zum angesagten Look des »richtigen« Babys. Unser Hang zur beständigen Neudefinition von Normalität (genannt Kultur) macht uns also auch ästhetisch ziemlich flexibel – an Zahnspangen, taucherbrillenähnliche Hipster-Brillen und alle möglichen Zeichnungen, Verzierungen, Implantate und Metallwaren am menschlichen Körper haben wir uns ja auch irgendwie gewöhnt. Outen sich irgendwo in der westlichen Hemisphäre Menschen als werdende Eltern, bekommen sie deshalb fast schon reflexhaft von Freunden, Verwandten und Co. die ganze Produktpalette von NUK, Goldi und MAM geliefert.)

Ein echter Nachteil ergibt sich ausgerechnet aus dem eigentlichen Geschäftszweck der Attrappe. Denn der ist eindeutig auf die Aktivierung der kindlichen Beruhigungsreflexe gerichtet. Und die taugen – jawohl: zur Beruhigung. Zur Entspannung also, zur Angstlösung, vielleicht auch noch zur rascheren Heilung eines »Auas«. Aber für die Erforschung der Welt sind die Beruhigungsreflexe eher Klebstoff – da sollte ein Kind doch eher wach sein als sediert. Auch kann so ein kleinen Entdecker bei seinem Vorstoß in die Welt seinen (funktionsbereiten) Mund ganz gut gebrauchen, er dient ja im wahrsten Sinne der Aneignung ihrer Einzelteile. Aber nicht nur das – diese Expeditionen sind meist soziale Prozesse:  man unternimmt sie mit anderen zusammen, mit Mama, Papa, anderen Kindern, einem Teddybär. Da werden also Beziehungen gestaltet, und da wird kommuniziert – gut, wenn man dabei seine Mimik und sein Sprechwerkzeig benutzen und seinen Gefühlen Ausdruck verleihen kann. Ein Stöpsel im Mund bremst den Dialog mit den Mit-Entdeckern ja dann doch auf die eine oder andere Art aus. (Manche Forscher vermuten sogar, dass das langfristige Folgen haben könnte. Zumindest lässt sich in einer größeren Studie ein – leider negativer – Zusammenhang zwischen häufiger Schnullernutzung und späterer Intelligenz erkennen. Dauerhaft »abgestöpselte« Kinder sehen also möglicherweise nicht nur tranig aus, sondern werden es auch.)

Was tun wenn Baby Brust als Schnuller nimmt?

Vielleicht spielt dabei ja noch etwas anderes eine Rolle: ein funktionsfähiger Mund hilft dem Säugling sogar bei der Selbstentdeckung. Denn wenn man Säuglinge beobachtet, so zeigen sie ein seltsames Verhalten: sie benutzen immer wieder spontan – und deshalb trotzdem vielleicht nicht grundlos – ihr Sprechwerkzeug! Fast schon mutwillig, oft aus dem Nichts heraus, beginnen sie zu gurgeln. Zu quiecken. Zu grunzen. Ziehen hohe Schreie durch die Luft. Immer wieder, und mit welcher Lust! Flattern mit den Lippen. Lassen Grunzer aus dem Mund purzeln. Spitzen angestrengt den Mund.  Und so weiter. Mal produzieren sie die Laute mit dem Gaumensegel, mal mit der Zunge. Manchmal sogar mit der Nase. Das dürfte dem Aufbau und Training ihres Sprech- und Musikapparates dienen.

Interessant erscheint mir aber noch ein weiterer Zusammenhang. Säuglinge gehen mit dem allmählichen Sitzenlernen durch eine Phase, in der sie mit unstillbarem Eifer und größter Beharrlichkeit alles in den Mund stecken, was sich ihnen irgendwie bietet, von Stuhlkanten bis zu ihren Spielsachen. Dieses »Mündeln« wird, wie bereits gesagt, als Teil ihres Explorationsverhaltens gewertet:  die Kinder lernen die Welt auch über den Mund kennen. Das könnte aber auch in immunologischer Hinsicht gelten. Denn tatsächlich ist die Mündel-Phase ja auch ein Vorstoß in die belebte Welt vor Ort und eine intensive Auseinandersetzung mit der für den eigenen Lebensraum typischen Keimausstattung der Umwelt. Durchaus vorstellbar also, dass die Erforschung mit dem Mund auch dem Aufbau eines an die Umwelt angepassten Immunsystems dient. Jedenfalls fällt auf, dass sich gerade in dieser Phase die Zusammensetzung der Muttermilch ändert – sie enthält jetzt deutlich mehr antibiotische Wirkstoffe und liefert dem Kind damit ein regelrechtes Schutzschild für seinen Mündel-Trieb.

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Während die immunologische Bedeutung des unbeschnullerten Mundes erst wenig erforscht ist, lassen sich aus HNO- und zahnärztlicher Sicht klarere Schlüsse ziehen. Demnach treten beim übertriebenen Schnullergebrauch Mittelohrentzündungen häufiger auf, beim Gebrauch des Schnullers über drei Jahre hinaus können zudem Zahnfehlstellungen entstehen. Ob gleichzeitig die Sprachentwicklung leidet, ist weniger gut erforscht.

Kommen wir also zurück zum Thema: der Schnuller aus evolutionsbiologischer Sicht… Es scheint, wie wenn wir auch beim Schnuller eine »Lösung« für unsere elterliche Notlage gefunden hätten, die wir nicht überstrapazieren sollten. Wir kommen einfach nicht um die Tatsache herum: der Babymund dient vor allem der Begegnung mit der Welt, und nur zweitrangig der Aufnahme einer Beruhigungsattrappe.

Wenn die zum Einsatz gebracht werden soll, dann am besten so, wie das Objekt das sie ersetzt – also zur Tröstung, bei emotionalem Stress oder zum Einschlafen – und nicht viel länger als die »angestammte« Stillzeit von ungefähr 3 Jahren. Dauernuckeln dagegen oder auch Nuckeln bei der spielerischen Erforschung der Welt ist aus evolutionsbiologischer Sicht nicht vorgesehen – das »brauchen« womöglich eher die Betreuenden als die Kinder.