Was sagt das lachen über den charakter aus

Lachen

"Geht ein Indianer zum Friseur. Als er rauskommt, ist sein Pony weg." Über einen guten Witz können wir lachen – weil wir die Pointe lustig finden, weil wir dem Chef gefallen wollen oder weil uns der Erzähler sympathisch ist. Was aber, wenn jemand immer wieder ohne Grund lacht?

Von Sami Skalli

Für manche Menschen ist Lachen kein Spaß. Sie leiden unter einer Krankheit, die Fachleute als "Pathologisches Lachen" bezeichnen. "Die Betroffenen lachen ohne einen erkennbaren Auslöser", sagt Torsten Kratz, Oberarzt für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie in Berlin.

Es hat also niemand einen Witz gerissen. Der Betroffene muss lachen, weil sein Körper ihn dazu zwingt. "Stellen Sie sich vor, Sie sind sehr traurig und müssen unweigerlich laut lachen, ohne zu wissen warum", sagt Kratz. Er hat Studien an Patienten durchgeführt, die unter dem Pathologischen Lachen leiden.

Vom eigenen Lachen überrumpelt

Wenn ein Mensch lacht, holt er tief Luft, die Atemhilfsmuskulatur fängt zu arbeiten an und die Atemfrequenz ändert sich ebenso wie der Gesichtsausdruck. Er gibt Laute von sich.

Bei Menschen, die unter dem Pathologischen Lachen leiden, läuft dieses Programm auch ab, allerdings losgelöst von der eigenen Stimmungslage. Der Betroffene wird vom Lachen überrumpelt – und zwar immer mit voller Intensität. Nuancen des Lachens zeigen die Patienten in diesen Momenten nicht.

"Das Lachen hat einen körperlichen und einen seelischen Anteil", sagt Kratz. Der körperliche Anteil des Lachens läuft rein mechanisch über bestimmte Hirnregionen ab. Bei Patienten mit Pathologischem Lachen haben diese Zentren einen Schaden erlitten, etwa durch einen Schlaganfall oder Multiple Sklerose.

Auf die Menschen in der Umgebung wirken die scheinbar willkürlichen Lachanfälle des Betroffenen bizarr. "Viele denken gleich: Der oder die ist irre", sagt Kratz.

Was sagt das lachen über den charakter aus
Manche Menschen können das Lachen nicht kontrollieren | Bildquelle: Mauritius

Die Betroffenen sind selbst irritiert

Die Betroffenen selbst sind sichtlich irritiert, dass sie das Lachen nicht unter Kontrolle haben. Nach der Lachattacke fangen sie häufig unvermittelt zu weinen an (man spricht daher auch vom "Pathologischen Lachen und Weinen").

Die organische Ursache der Krankheit lässt sich kaum behandeln, da die Hirnregionen der Patienten in der Regel irreparable Schäden davongetragen haben. Betroffen sind der Frontallappen der Großhirnrinde, bestimmte Mittelhirnbereiche und der Hirnstamm.

Mediziner können diese Areale mit Medikamenten behandeln, die auf die Zellwände der Nervenzellen einwirken und diese dadurch stabilisieren. Das sind Wirkstoffe, die etwa in der Behandlung von Epilepsie zum Einsatz kommen. Andere Ärzte verschreiben Psychopharmaka und Antidepressiva, um die Stimmung des Patienten zu stabilisieren.

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Das Hirn eines Multiple-Sklerose-Patienten | Bildquelle: Mauritius

Es lässt sich kaum abschätzen, wie viele Menschen unter den Symptomen leiden. "Die Mediziner wissen nur wenig über die Krankheit und auch in der Literatur findet sich kaum etwas darüber", sagt Kratz. Das führt dazu, dass das Pathologische Lachen nur selten diagnostiziert und angemessen behandelt wird. Es gibt kaum Fallbeschreibungen und Übersichtsstudien.

Diese wären jedoch eine wichtige Grundlage, um die Behandlung der Patienten zu verbessern. Die Symptomatik sei vermutlich sehr viel häufiger als die wissenschaftlichen Publikationen erwarten ließen, sagt der Mediziner aus Berlin.

(Erstveröffentlichung: 2012. Letzte Aktualisierung: 25.08.2020)

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Lachen und Humor gehören zusammen, sind aber nicht das Gleiche. Ersteres ist eine Reaktion unseres Körpers, die wir nicht steuern können. Reflexartig läuft ein standardisiertes Muster ab. In der Humorforschung ist das Lachen über einen Witz, den wir hören, am besten untersucht.

Nachdem das Sprachzentrum seine Arbeit getan hat, kommen die Hirnareale ins Spiel, die etwas mit unseren Erwartungen an die Welt und unserem Wissen über die Welt zu tun haben. Denn das Typische an einem Witz ist, dass er uns zunächst einmal auf eine falsche Fährte führt. Wir bilden dann eine Hypothese, stellen also eine Vermutung auf, was jetzt wohl als nächstes passieren wird.

Dann kommt die Pointe und wirft unsere Hypothese komplett über den Haufen. Das ist nun der Moment, in dem wir bestenfalls die Kurve kriegen und kapieren, was da tatsächlich gemeint ist. Dieses Begreifen der Pointe läuft an der Außenseite des linken Stirnhirns ab.

Gefällt uns diese unerwartete Wendung, die die Pointe offenbart, werden Teile des limbischen Systems aktiv. Der Bereich des Gehirns, der Emotionen verarbeitet. Die so genannten Mandelkerne beispielsweise vermitteln uns dann die Emotion der Erheiterung.

Winkt dann schließlich noch die Kontrollregion im Gehirn, die normalerweise Gefühlsausbrüche blockiert, die Emotion der Erheiterung durch, kommen Stimmbänder, Zwerchfell und Gesichtsmuskulatur zum Einsatz. Und es darf gelacht werden. Alles das passiert in Bruchteilen von Millisekunden.

Humor ist Charaktersache

Anders als der motorische Vorgang des Lachens ist Humor eine Charaktereigenschaft. Eine innere Haltung oder Einstellung, die man zum Leben hat. Von Mensch zu Mensch unterschiedlich, sagt sie etwas über die Art und Weise aus, wie wir mit Ereignissen in unserer Umgebung umgehen. Frustrieren uns Situationen, in denen es mal schlechter läuft, oder können wir sie mit einer gewissen Gelassenheit betrachten und im Nachhinein vielleicht sogar darüber schmunzeln?

Humor hat außerdem damit zu tun, wie wir anderen Menschen begegnen und mit ihnen kommunizieren. Schaffen wir es, unser Gegenüber hin und wieder in positive Stimmung zu versetzen oder gar zum Lachen zu bringen? Selbst wenn es bei manchen Zeitgenossen auf den ersten Blick vielleicht nicht so scheint: Jeder Mensch hat Humor – wenn auch nicht den gleichen.

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Humor ist eine Charaktereigenschaft | Bildquelle: Vladimir Pcholkin

In der Humorforschung spricht man von vier unterschiedlichen Humorarten: verbindend, selbststärkend, aggressiv und selbstentwertend. Wer sich des verbindenden Humors bedient, möchte den Umgang mit anderen Menschen möglichst angenehm und entspannt gestalten. Es handelt sich also um einen positiven Humorstil. Dazu zählt auch die selbststärkende Variante. Sie hilft, in stressigen Momenten nicht die Nerven zu verlieren, sondern der Situation humorvoll zu begegnen und so den Überblick zu behalten.

Jemand, der gerne Witze auf Kosten anderer macht, sie dadurch bloßstellt, um sich selber zu erhöhen, hat einen aggressiven Humor. Diese Spielart wird ebenso dem negativen Humorstil zugerechnet wie der selbstentwertende Humor. Hier allerdings ist das Ziel der Verspottung die eigene Person. Mit Scherzen über persönliche Unzulänglichkeiten oder Schwächen will man in der Gunst der Mitmenschen steigen.

Humor kann man trainieren

Die positive Wirkung von Humor auf die Genesung von Patienten ist mittlerweile bekannt. Seit mehr als 20 Jahren sind in Deutschland Clowns in Krankenhäusern unterwegs und bringen körperlich kranke Menschen zum Lachen. Aber auch Psychiater und Psychotherapeuten haben erkannt, dass sie Humor zur Behandlung von seelischen Erkrankungen einsetzen können.

Depressive Patienten sind in der Regel niedergeschlagen und lachen kaum. Sie empfinden wenig bis keine Freude. Dabei ist es jedoch nicht so, dass Menschen, die unter einer Depression leiden, einen Witz nicht als Witz erkennen. Man könnte eher sagen, dass sie vorübergehend ihren Humor verloren haben. Dementsprechend kommt ihr Sinn für Humor zurück, wenn die Depression nachlässt. Ein Humortraining kann sie dabei unterstützen.

Denn Humor kann man trainieren, sagt die Humorforscherin Prof. Barbara Wild. Die Patienten überlegen sich etwa, worüber sie vorher gerne gelacht haben und mit wem. Auch über das Gegenteil machen sie sich Gedanken. Außerdem stehen verschiedene Übungen auf dem Programm, zum Beispiel aus dem Improvisationstheater. Hier trainieren die Teilnehmer dann, spontan zu sein. Dabei stehen sie im Kreis und müssen eine Geschichte erzählen.

Was sagt das lachen über den charakter aus
Humor hilft gegen seelische Erkrankungen | Bildquelle: imago

Jeder darf allerdings immer nur ein Wort dazu beitragen, dann ist der nächste dran. Vorbereiten kann man sich darauf nicht, denn schließlich weiß niemand, welchen Begriff der Nachbar nennen wird, bis er ihn gesagt hat. Es geht darum, sich im Assoziieren zu üben und einfach das zu sagen, was einem in den Kopf kommt.

Von 2014 bis 2016 lief im Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart eine Pilotstudie zum Thema Humortraining mit Herzpatienten. Die Psychiaterin und Neurologin Prof. Barbara Wild untersuchte zusammen mit Dr. Eckart von Hirschhausen, ob Stress, den die Testpersonen in bestimmten Alltagssituationen erleben, durch Humor sinken kann.

Dazu übten die Patienten in einem siebenwöchigen Humortraining, ihren Ärger mit Humor zu verarbeiten, anstatt wie gewohnt mit Wut oder anderen negativen Emotionen. Vor und nach der Studie wurden ausführliche Stressfragebögen ausgefüllt sowie das Stresshormon Cortisol bestimmt.

Das Ergebnis: "Es war faszinierend zu beobachten, wie sich die Menschen im Laufe der Sitzungen weiterentwickelten", sagt Prof. Barbara Wild. Denn das Humortraining scheint bei kardiologischen Patienten zu funktionieren. Sie sind danach weniger depressiv und leichter erheiterbar, zeigte die Studie. Das belegten auch die kardiologischen Messwerte.

Stand: 25.08.2020, 09:15 Uhr