Warum Normalverdiener sich heute kaum noch ein Eigenheim leisten können

Ein Haushalt mit mittlerem Einkommen und dem minimal notwendigen Eigenkapital kann sich eine Wohnung oder ein Haus mit einem Preis von höchstens 740 000 Franken leisten. Solche Objekte sind in der Schweiz rar geworden.

Andrea Martel 32 Kommentare 03.03.2021, 06.51 Uhr

Christian Beutler / Keystone

Etwas mehr als 1 Mio. Fr. muss mittlerweile auf den Tisch legen, wer in der Schweiz ein Einfamilienhaus mit vier oder mehr Zimmern kaufen will. 850 000 Fr. werden im Mittel für eine Eigentumswohnung dieser Grösse fällig. Das ist viel Geld – und führt dazu, dass immer mehr Haushalte vom Zugang zu Wohneigentum ausgeschlossen sind.

Nicht die Kosten sind das Problem

Das Problem sind dabei nicht die eigentlichen Kosten. Die Hypothekarzinsen könnten sich viele Haushalte problemlos leisten, kostet eine 800 000-Fr.-Hypothek heute bei 1% Zins doch nur 8000 Fr. im Jahr. Selbst inklusive je 1% für Unterhalt und Amortisation sind es gerade einmal 24 000 Fr. jährlich – ein Betrag, den man auch als Wohnungsmieter bei vier oder mehr Zimmern rasch einmal ausgibt. Laut Wüest Partner liegt die mittlere Miete bei den inserierten Wohnungen (4 Zimmer, 110 Quadratmeter) ohne Nebenkosten bei 1730 Fr. pro Monat bzw. knapp 21 000 Fr. im Jahr.

Die Schwierigkeit besteht darin, überhaupt an eine Hypothek heranzukommen. Wie die Credit Suisse in der neusten Ausgabe ihrer jährlichen Immobilienstudie ausgerechnet hat, ist dies für einen Haushalt mit einem mittleren Einkommen (knapp 131 000 Fr.) nur noch in 34% der Fälle möglich. Zwei Drittel der schweizweit inserierten Objekte mit vier und mehr Zimmern sind zu teuer, als dass die Banken bei diesem Einkommen eine 80%-Hypothek gewähren dürften. Vor zehn Jahren war die Tragbarkeit noch in 47% der Fälle gegeben.

Weniger Vorbezüge von Pensionskassengeldern

Zusätzliche Eigenmittel sind ein möglicher Weg, um die Problematik der fehlenden Tragbarkeit zu entschärfen. So sind beispielsweise bei einem Einkommen von 120 000 Fr. und einer Fremdfinanzierung von 80% rund 30% aller Objekte tragbar. Kann der Anteil Fremdmittel mit einer Verdoppelung des Eigenkapitals auf 60% gesenkt werden, sind es laut der CS fast doppelt so viele (56%).

Mehr Eigenkapital aufzutreiben, ist natürlich einfacher gesagt als getan. Wer nicht auf die Unterstützung der Familien zählen kann (Erbe, zinsloses Darlehen), muss das entsprechende Vermögen zuerst ansparen. Das braucht in der Regel Zeit, auch wenn man für das Eigenheim nicht unbedingt separat sparen muss, sondern die Vorsorgegelder verwenden darf. Dabei müssen allerdings mindestens 10% an «hartem» Eigenkapital vorliegen, wozu Pensionskassengelder im Gegensatz zu Mitteln aus der Säule 3a nicht zählen.

2018 haben laut der Credit Suisse 18 400 Personen Gelder aus ihrer Pensionskasse für die Wohneigentumsförderung bezogen (im Mittel 78 900 Fr. pro Person). Vor der Finanzkrise, als Wohneigentum noch erschwinglicher war, bezogen mehr als 30 000 Personen pro Jahr Vorsorgegelder der zweiten Säule. Auch dies deutet laut der Studie darauf hin, dass sich der Traum vom Eigenheim für viele Haushalte – trotz rekordtiefen Hypothekarzinsen – immer schlechter verwirklichen lässt.

Grösserer Suchradius dank Home-Office

Eine andere Möglichkeit, doch noch an erschwingliches Wohneigentum zu kommen, besteht darin, sich nach günstigeren Regionen umzusehen. Das Tragbarkeitsproblem besteht in erster Linie rund um die grossen Zentren und nimmt mit zunehmender Distanz ab. Bereits heute nehmen Eigentümer im Mittel längere Arbeitswege in Kauf als Mieter.

Der Trend zum Home-Office dürfte diese Grenzen noch weiter nach aussen verschieben. Als Folge davon erhöht sich der Suchradius, den Haushalte für den potenziellen Erwerb von Wohneigentum berücksichtigen, und damit wiederum nehmen auch die zur Auswahl stehenden quartalsweise inserierten Eigentumsobjekte zu: im Falle eines um sechs Minuten längeren Arbeitsweges um volle 43%, wie die CS-Ökonomen schreiben.

Aber nicht nur in peripheren Wohnlagen rund um die Arbeitsplatzzentren hat die Nachfrage nach Wohneigentum zugenommen. Viele alpine Tourismusregionen verzeichnen ebenfalls ein verstärktes Interesse. Flexibles Arbeiten erhöht eben auch die Nutzbarkeit einer Ferienwohnung.

32 Kommentare

Felix ud Karin Geering

vor etwa einem Jahr

Der Anstieg der Immobilienpreise (und der Aktienkurse) ist nichts anderes als Inflation: Die riesigen Geldmengen, die seit 2008 ins System gepumpt werden, wollen ja irgendwo angelegt sein.

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D. F.

vor etwa einem Jahr

In der Agglomeration kostet der m2 Bauland 1000 CHF und mehr. Da kann man nicht mehr billig bauen. Wenn etwas knapp ist, dann wird es eben teuer. Wohnraum ist nicht teuer wegen den Schweizern die pro Paar 1,5 Kinder haben. Knapp und teuer ist der Boden und Wohnraum wegen der rücksichtslosen Einwanderungspolitik. Da sind wir selber schuld. Wir haben seit Schwarzenbach in den 60ern Jahren sämtliche Überfremdungsinitiativen abgelehnt.

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Liebe Community, wer kennt es nicht, als Kind hatte man noch den utopischen Traum: Heiraten, Haus bauen, Kinder bekommen. Diese Seifenblase insbesondere beim Thema "Eigenheim" scheint immer mehr zu platzen. Kurz zu meiner Situation: Mein Mann und ich haben etwa bis 23 Studiert, danach direkt in die Arbeitswelt eingetreten, etwas gereist und mit 29 unser erstes Kind bekommen, zwischenzeitig haben wir noch Studentenkredite abgezählt. Finanziell sind wir normale Durschnittsverdiener mit einem Haushalteinkommen von 4.500 Euro, jeden Monat legen wir etwa 1.000 Euro zurück und zuzüglich noch Geld für unsere private Altersvorsorge. Der Immobilienmarkt ist zur Zeit natürlich total überhitzt und um eine einigermaßen vernünftige Immobilie zu erwerben, müssten wir etwa 300-350 Euro einplanen. Was wiederum bedeutet, dass wir mit Eigenkapital und Nebenkosten etwa 80 TEUR auf der hohen Kante liegen haben müssten, von der hohen Abtragsrate und Rücklagenbildung mal ganz abgesehen. Um uns herum sehen wir durchweg Familien im gleichen Alter, die entweder fleißig am bauen sind oder sich ein Haus gekauft haben. Ich frage mich immer, was wir falsch machen, haben die Familien alle geerbt? Handelt es sich bei einem kleinen Häuschen in keiner Metropolregion mittlerweile um ein Luxusgut, was sich quasi nur noch die Oberschicht oder Erben leisten können? Das war mir früher nie so bewusst. Liebe Hausbesitzer, wie habt ihr das gemacht? Habt ihr vielleicht Tipps, wie man als Durchschnittsfamilie den Traum von Häusle doch noch realisieren kann?

Vielen Dank im Voraus

Warum Normalverdiener sich heute kaum noch ein Eigenheim leisten können

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Hallo, ich denke manche erben, bekommen etwas geschenkt, haben bessere Jobs, haben mehr sparen können, etc. Was ich aber auch denke: dass viele Familien, die (zB bei uns in der Region oft) um die 250qm Wohnfläche bauen und die Zunsen ja ach so niedrig sind, später auf die Schnauze fallen - wenn ich das mal so sagen darf.

Viele haben sich das glaube ich nicht gut durchgerechnet und spätestens wenn die Kinder aus dem Haus sind und einem die vielen qm zu groß er scheinen, werden sich die Häuser schlecht halten oder verkaufen lassen. Die wirtschaftliche Lage wird nicht immer so gut bleiben wie jetzt und die Zinsen zB für eine Nachfinanzierung könnten auch höher ausfallen... trifft natürlich nicht auf alle zu und ist nur ein Beispiel, aber ich denke einige waren auch etwas blauäugig und können es sich nicht dauerhaft leisten

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Hallo. Wenn du sagst, ihr müsst für eine gescheite Immobilie 300-350t Euro einplanen, dann seid ihr wirklich noch recht günstig unterwegs. Das passt in meinem Augen auch durchaus zu eurem Lebensalter und Einkommen. Wart ihr denn schonmal bei einem Kreditinstitut und habt euch beraten lassen. Bei den günstigen Zinsen ist das nicht unmöglich. Ich müsst ja nicht in 20 Jahren schon schuldenfrei sein.

Alles Gute

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Alternativ kommt vielleicht ja auch eine Eigentumswohnung in Betracht?
Oder weiter zur Miete wohnen, muss ja nicht jeder ein Haus haben.

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Ich stelle mir die selbe Frage, wir haben ein ähnliches Einkommen (etwa 500€ Monatlich mehr). Aber bei den Preisen die du beschreibst würde ich nicht lange Fackeln. Bei uns kostet das günstigste Haus was momentan angeboten wird 690 000€ 😳. Und das ist wirklich völlig utopisch für uns. Obwohl wir etwa 150 000€ Eigenkapital haben. Rechnet es euch doch nochmal genau durch, ich denke schon dass eine Finanzierung für euch machbar wäre.

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Hallo, Wir sind eine "Durchschnittsfamilie", würde ich behaupten. Unser monatliches Nettoeinkommen liegt derzeit bei rund 4000-4500€. Ich bin in Elternzeit, mein Elterngeld (Elterngeld Plus) ist aber recht niedrig weil ich zwischen dem ersten und zweiten Kind nur 18std pro Woche gearbeitet habe. Zwischen Kind 2 und Kind 3 bin ich dann nicht mehr arbeiten gewesen und ich werde wohl auch die nächsten Jahre zuhause sein. Ich bin mit 19 ins Berufsleben gestartet, mein Mann mit 17. Unser erstes Kind haben wir bekommen als ich 25 und er 27 war. Wir leben im Speckgürtel einer teuren Großstadt, dementsprechend sehen die Immobilienpreise aus. Eigentlich wollten wir immer ein freistehendes Einfamilienhaus mit großem Garten.

Geworden ist es ein Reihenmittelhaus mit Handtuchgarten. Irgendwo muss man Abstriche machen und für mehr hat's nicht gereicht

Warum Normalverdiener sich heute kaum noch ein Eigenheim leisten können

Wir haben neu gebaut und es hat uns rund 400.000€ gekostet. Davon haben wir 260.000 finanziert. Unser Eigenkapital war also schonmal ganz gut, ich denke das ist sehr wichtig. Wir haben einerseits viel gespart, andererseits leben wir auch einfach nicht verschwenderisch. Ich kenne viele die sich fragen wo ihr Geld bleibt. Aber dann haben sie viele Tiere, kaufen Kaffee to go und energydrinks ohne Ende, rauchen vielleicht sogar noch. Dazu dann ewig neue Klamotten, Schuhe, am Wochenende immer ausgehen, viel Essen gehen. Das läppert sich! Für einige mag das der Lebensstandard sein, uns ist es nicht so. Wir geben gerne Geld für gute Lebensmittel aus, gehen aber wenig ins Restaurant. Wir kaufen gute Kleidung wenn es nötig ist, aber es muss nicht jeden Monat ein paar Schuhe sein. Soweit nur als Beispiele. Das einzige wo wir vorher echt Geld gelassen haben war für Urlaub. Wir haben im letzten Jahrzehnt jedes Jahr eine Fernreise gemacht, das sparen wir uns jetzt und stecken das Geld lieber in die Sondertilgung. Geerbt haben wir nicht, unsere Familien haben uns aber beim Eigenkapital etwas unter die Arme gegriffen. Einen wirklichen Tipp habe ich eigentlich nicht, außer vielleicht eben nochmal die Ausgaben prüfen ob es da Einsparmöglichkeiten gibt um das Eigenkapital zu erhöhen.

LG

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Hallo! 300 000 Euro kriegt man je nach Laufzeit und Zinssatz um ganz grob 1500 Euro pro Monat finanziert. Und das trauen bzw muten sich bei euren Einkommen schon so einige zu. Und es muss ja auch nicht gleich das große Erbe sein. Wenn die einen Eltern 20 000 schenken (oder langfristig leihen) und die anderen 30 000 dann kommt auch was zusammen... (da kenne ich ein paar Fälle, einmal hat auch die kinderlose Tante geholfen). Natürlich darf dann nix passieren (Verkauf wegen Scheidung haben wir auch im Freundeskreis). Prinzipiell gebe ich dir recht, in so manchen Gegenden ist Eigentum ohne Hilfe von x und y für Normalverdiener - auch Akademiker schwer oder gar nicht leistbar...

LG

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Hallo, entweder die anderen gehen mit sehr wenig Eigengeld an die Sache ran und nehmen dafür extrem lange Laufzeiten in Kauf oder sie hatten tatsächlich etwas auf der hohen Kante. So außergewöhnlich ist das nicht, die allermeisten bringen doch einen Grundstock mit, z. T. angespart für sie durch die Eltern und dann selbst weitergeführt durch Bausparverträge u. Ä. Ich weiß ja nun nicht, ob ihr während eurer Reisezeit genauso ums Sparen gekümmert habt, aber oft macht das den Unterschied. Spart jeder von euch 1000 Euro oder spart ihr zusammen 1000€? Das finde ich sonst schon wenig bei so einem Einkommen. Für 2000 € Sparrate/ Monat sieht es doch schon bald anders aus mit Eigenkapital. Und der Großteil der Bauherren schränkt sich ein, was andere Wünsche betrifft, obwohl man glaubt, man sei der einzige.

VG, midnatsol

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Hallo, wir hatten, als wir ein Haus gesucht haben auch soviel wie ihr verdient. Wir waren knapp 23 Jahre alt, mein Mann ist mit 17, ich mit 18 ins Berufsleben (Ausbildung) gestartet. Damals (2014) waren die Immobilen etwas günstiger aber die Kreditzinsen sehr hoch, hier gab es kaum ein Grundstück zu kaufen, Häuser, Eigentumswohnung alles weg, jeder hat gekauft oder gebaut. Wir haben uns dann in der Nachbarstadt umgeschaut (8km zu meiner Arbeitsstelle also nicht die Welt) auch dort sah es gleich aus. Haben dann ein Haus gekauft und Kernsaniert (hätten wir neu gebaut, wären wir günstiger dran😉). Unser erstes Kind kam kurz nachdem wir ins Haus eingezogen sind. Mittlerweile haben wir 2 Kinder (4 und fast 3 Jahre), wir sind 28 und 29 Jahre alt. Ich würde mal behaupten mit 350.000 Euro kommt ihr doch gut hin? Wir hatten keine finanzielle Hilfe, bei der Baustelle haben unsere Väter und 1-2 Freunde geholfen. Ich denke so mit monatlich 1.500€ fürs Kredit kommt ihr so ungefähr hin und das zahlen die meisten. Meine Freunde haben ein Einkommen (ohne Kinder) von 4.000€ und zahlen 2.000€ monatlich fürs Kredit.

LG

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Bei einem Einkommen von 4000euro würde ich niemals 2000 Euro Kreditrate monatlich zahlen wollen. Das ist viel zu viel.

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ich auch nicht. Ich wollte nur Erfahrungen teilen😉 Wenn sie ein Kind bekommen werden sie natürlich weniger Tilgen. LG

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Ach vergessen.. Wart ihr mal bei eurer Hausbank oder einer anderen Bank, Kreditinstitut und habt euch mal beraten lassen? Wir hatten das mal gemacht und uns wurde vorgeschlagen, wieviel wir in unser Bausparvertrag zB einzahlen können, wie Teuer die Immobilie für uns maximal sein kann.....
Wäre für euch vielleicht auch hilfreich 😊