Wann war Papst Johannes Paul II in Deutschland

16. Oktober 2021 um 15:09 Uhr

Wann war Papst Johannes Paul II in Deutschland

Die Titelseite der Rheinischen Post vom 17. Oktober 1978. Foto: Rheinische Post

Rom Johannes Paul II ist den meisten Menschen als Papst noch präsent. Immerhin war er bis 2005 im Amt. Dass Karol Wojtyla im Oktober 1978 mit nur 58 Jahren zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt wurde, war damals aber eine große Überraschung.

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Papst Franziskus kommt aus Argentinien, Papst Benedikt XVI. aus Deutschland. Die Nationalität des Oberhauptes der katholischen Kirche spielt heute keine so große Rolle mehr. 1978 sah das noch anders aus. Seit 455 Jahren waren alle Päpste Italiener gewesen. Am 16. Oktober 1978 kam es dann zur Überraschung: Der aus Polen stammende Karol Józef Wojtyła wird neuer Pontifex. Er nimmt den Namen Johannes Paul II an.

Wojtyła wurde von den 111 zum Konklave versammelten Kardinälen als Nachfolger des am 28. September 1978 verstorbenen Johannes Paul I zum 264. Papst und Bischof von Rom gewählt. Der letzte nicht-italienische Papst war zuvor der aus Utrecht stammende Hadrian VI gewesen (1522). Zudem war er der erste slawische Papst der Kirchengeschichte. Die Rheinische Post hielt auf der Titelseite am 17. Oktober 1978 eine weitere Besonderheit fest: „Ein junger Papst“. Mit seinen 58 Jahren war Johannes Paul II bei seiner Wahl der jüngste Papst seit Pius IX (1846).

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Als Johannes Paul II am Abend der Wahl auf der Mittelloggia des Petersdoms erschien, sagte er: „Ich hatte Angst, diese Wahl anzunehmen“. Er habe es aber getan, „im Geist des Gehorsams gegen Gott und im Vertrauen auf die Gottesmutter“, wie ihn die Rheinische Post weiter zitiert.

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Mit seiner Wahl schien der Pole wahrlich nicht gerechnet zu haben. In ihrem Artikel schildert die Rheinische Post damals eine Situation, die anschließend bekannt geworden war. Eine Woche zuvor soll ein Fotoreporter eine Fotoserie von Kardinal Wojtyła gemacht haben, als dieser in Rom eintraf. Der damals 58-Jährige soll in Gelächter ausgebrochen sein und „Sie glauben doch wohl nicht, dass ich der neue Papst sein werde“, gesagt haben.

Die Amtszeit von Johannes Paul II war bewegt. 1981 wurde er bei einem Attentat schwer verletzt. Er verzieh dem Attentäter und besuchte ihn sogar im Gefängnis. Der Papst setzte sich für das Ende des Sozialismus in seiner Heimat Polen ein. Besondere Anliegen waren für ihn zudem die Ökumene und der Dialog zwischen den Religionen. Er setzte sich auch mit großem Engagement gegen Kriege ein - unter anderem kritisierte er die Irak-Politik der USA. Bis zu seinem Tod im April 2005 war er im Amt. Eine längere Amtszeit ist nur von Pius IX bekannt. 2011 sprach ihn Benedikt XVI selig. 2014 folgte die Heiligsprechung durch Papst Franziskus.

Es war ein Tag, der die kleine Stadt Speyer schlagartig ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit rückte: Am 4. Mai 1987 kam Papst Johannes Paul II. im Rahmen seines zweiten pastoralen Deutschlandbesuches in die alte Bischofsstadt und feierte mit fast 60 000 Gläubigen vor dem Dom eine heilige Messe. Speyer war die letzte Station der fünftägigen Reise, in deren Verlauf der Papst zwei Glaubenszeugen der Nazizeit selig sprach: am 1. Mai in Köln die in Auschwitz ermordete Jüdin und Ordensfrau Edith Stein und am 3. Mai in München den Jesuitenpater Rupert Mayer. Dass Johannes Paul II. auch nach Speyer kommen würde, damit hatte bis zum Bekanntwerden der Nachricht im Juni 1986 niemand gerechnet. Selbst Bischof Dr. Anton Schlembach, der den Heiligen Vater nur sechs Wochen zuvor schriftlich eingeladen hatte, war von der prompten Zusage überrascht. Ausschlaggebend für die Annahme der Einladung war wohl der Hinweis im Brief des Bischofs, dass Speyer eine entscheidende Rolle im Leben Edith Steins gespielt hatte. Alle Glocken der katholischen Kirchen Speyers läuteten, als genau 931 Jahre nach dem letzten Besuch eines Papstes Johannes Paul II. am 4. Mai 1987 Speyerer Boden betrat. Noch auf dem Landeplatz wurde er von Bischof Schlembach, Ministerpräsident Bernhard Vogel, Oberbürgermeister Christian Roßkopf und Vertretern des Katholikenrates begrüßt. Beifall und Jubel begleiteten Minuten später die Fahrt des "Papamobils" durch die Straßen der Stadt zum Domplatz. Nachdem sich der Papst zur Mittagspause ins Bischofshaus zurückgezogen hatte, wurde das Rahmenprogramm mit Liedern und Tänzen, aber auch szenischen Spielen und Informationen über den Papst und die selige Edith Stein, über die Geschichte der Stadt und des Kaiserdomes, über Europa und die Partnerschaften des Bistums Speyer fortgesetzt. Im Anschluss an die kurze Mittagspause besuchte der Papst mit Bischof Schlembach und Mitgliedern des Domkapitels den Dom. Vor der Marienstatue kniete er sich zum Gebet nieder, bevor er sich über das Bauwerk und seine Geschichte informieren ließ. In der Grablege der Kaiser begann er spontan das kirchliche Totengebet zu sprechen, dann segnete er die Gräber. Es war bereits 16 Uhr, als der Gottesdienst vor dem Dom und damit der Höhepunkt des Tages begann. Mit dem Papst am Altar standen die Kardinäle Agostino Casaroli, Joseph Höffner, Joseph Ratzinger und Friedrich Wetter, Bischof Schlembach und Weihbischof Ernst Gutting; weitere 30 Bischöfe waren unter den Mitfeiernden. Der protestantische Kirchenpräsident Heinrich Kron, Synodalpräsident Gustav Adolf Bähr und der gesamte Landeskirchenrat dokumentierten durch ihre Teilnahme die guten ökumenischen Beziehungen in der Pfalz. Der prominenteste Politiker unter den Gottesdienstteilnehmern war Bundeskanzler Kohl. Seine Predigt vor dem fast tausendjährigen Kaiserdom, "dem Zeugen der Größe des christlichen Europas und zugleich seines selbstverschuldeten Niedergangs", stellte der Papst unter das Thema "Die Verantwortung der Christen für Europa". Sie wurde - zweieinhalb Jahre vor dem Fall der Mauer - zu einem eindringlichen Appell, in Verantwortung vor Gott und unter Achtung aller Grundwerte und Grundrechte ein geeintes Europa vom Atlantik bis zum Ural zu schaffen. Johannes Paul II. betonte, dass das Zeugnis der Christen für die Menschenwürde und die Menschenrechte wirkungsvoller werde, wenn es mit gemeinsamer Stimme und von einer geeinten Kirche vorgetragen werde. Der Speyerer Dom als Zeuge der Trennung zwischen West- und Ostkirche wie auch der reformatorischen Spaltung stelle ein Denkmal der Einheit und Mahnmal zur Einheit dar. Der Papst bat die getrennten Kirchen, auf diesem mühsamen Weg zur Einheit weiterzugehen und alles zu vermeiden, was Gräben erneut vertiefen könnte. Im Hinblick auf die drei Tage zuvor selig gesprochene Edith Stein mahnte er die Gläubigen der Diözese Speyer: "Seid treue Hüter ihrer Botschaft und ihres Lebenszeugnisses!" Weltkirchliche Solidarität bewiesen die Gottesdienstbesucher während der Gabenbereitung, als sie für die Gemeinschaft Sant’ Egidio, die sich in Rom um Randgruppen kümmert, über 50 000 Mark spendeten. Zugleich wurden in einer eindrucksvollen Gabenprozession typische Produkte aus den Regionen des Bistums zum Altar gebracht. Dabei überreichte auch eine Dominikanerin des Klosters St. Magdalena dem Papst als Geschenk eine kleine bronzene Stele, die an den Lebens- und Glaubensweg der seligen Edith Stein erinnerte. Überaus herzlich war die Verabschiedung des Heiligen Vaters. Wie schon am Mittag kam lauter Beifall auf, als der Papst durch die dicht gedrängte Menschenmenge zum Landeplatz fuhr.

Nur sieben Stunden lang weilte der Papst in Speyer. Die Bedeutung dieses kurzen Besuches fasste Bischof Schlembach nach der Abreise so zusammen: "Es war ein großes Fest für das ganze Bistum, ein Fest des Glaubens, ein Fest des Bekenntnisses zur Kirche." Johannes Paul II. sei nicht als Tourist in Speyer gewesen, sondern als Seelsorger. "Als oberster Hirte kam er, damit wir miteinander im Glauben bestärkt werden", so der Bischof damals. Inwieweit der Papstbesuch in diesem Sinn Früchte trug, ist in Zahlen nicht fassbar. Messbar aber ist, was er für Speyer und seinen Dom gebracht hat, deren herausragende historische Bedeutung am 4. Mai 1987 - noch vor der 2000-Jahr-Feier der Stadt und der großen Salierausstellung - neu ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt wurden, und zwar weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Die seitdem jährlich anwachsenden Besucherzahlen sind ein deutlicher Beleg dafür.

Gebet vor der Patrona Spirensis Gebet im Dom vor der "Patrona Spirensis" Foto: © Bistumsarchiv

Gottesdienst vor dem majestätischen Dom Gottesdienst vor der majestätischen Domkulisse Foto: © Bistumsarchiv

Begrüßung mit Bischof Dr. Anton Schlembach Begrüßung mit Bischof Dr. Anton Schlembach Foto: © Bistumsarchiv