Klage unterschied zwischen angestellten und verbeamteten lehrer

Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Entlohnung eines Tarifbeschäftigten und die Alimentation eines Beamten grundsätzlich nicht. In beiden Fällen erhält der Beschäftigte monatlich eine Zahlung auf sein Gehaltskonto. Bei genaueren Hinsehen auf die der Zahlung zugrunde liegenden Berechnungen zeigen sich erhebliche Unterschiede.

Der Tarifbeschäftigte erhält seinen Lohn für geleistete Arbeit. Im Fall der unserer Universität berechnet sich die Höhe des Lohnes nach dem Tarifvertrag TV-L und der zugehörigen Entgeltordnung nach der Tätigkeit des Beschäftigten. Zunächst werden von diesem Lohn Lohnsteuern an das Finzanzamt abgeführt. Außerdem sind die Beiträge für die Sozialversicherungen, d.h. für die Krankenkasse, die Rentenversicherung und die Arbeitslosenversicherung vom Arbeitgeber abzuführen. Die Hälfte dieser Beiträge und ggf. einen Zuschlag für die Krankenversicherung muss der Tarifbeschäftigte von seinem Lohn tragen. Der Auszahlungbetrag kann sich durch persönliche Abgaben (z.B. Vermögensbildung) oder Zuwendungen (z.B. Kindergeld) vermindern oder erhöhen.

Die Beamten erhalten eine Alimentation des Staates, deren Höhe vom übertragenen Amt abhängt. Diese Alimentation soll ihnen ermöglichen, ein Leben mit einem angemessenen Lebensstandard zu führen. Dafür haben Beamte die Verpflichtung, ihre Arbeitskraft vollständig und mit Hingabe für ihren Dienstherren einzusetzen. Da die Alimente für die laufende Lebensführung benötigt werden, erfolgt die Auszahlung im Voraus. Die monatliche Abrechnung der Beamten ist relativ übersichtlich. Vom Bruttobetrag sind lediglich Steuern zu zahlen. Wie bei Tarifbeschäftigten kann sich der Auszahlungsbetrag durch persönliche Abgaben oder Zuwendungen vermindern oder erhöhen.

BERLIN. Die Corona-Krise hat bei vielen Lehrerinnen und Lehrern Ohnmachtsgefühle ausgelöst. Sie mussten sich Entscheidungen der Kultusministerien beugen, die erkennbar wenig am Gesundheitsschutz von Schülern und Lehrkräften ausgerichtet waren. So galt die „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung“ des Bundesarbeitsministeriums für Kitas und Schulen ausdrücklich nicht. Dass der Staat mit seinem pädagogischen Personal so umspringen konnte, hat Gründe. Ein wesentlicher: das Beamtenrecht. Eine Lehrkraft aus Hessen, die ungenannt bleiben möchte, beleuchtet im folgenden, insgesamt dreiteiligen Beitrag, wie weit die Einschränkungen im Grundrechtsschutz von verbeamteten Lehrkräften gehen – und was das für die Schule bedeutet.

Klage unterschied zwischen angestellten und verbeamteten lehrer
Beamtete Lehrer leisten einen Amtseid – und der hat Konsequenzen. Foto: Shutterstock

Die meisten Lehrer wollen vorrangig Lehrer sein

Tatsächlich kenne ich persönlich keine einzige Kollegin und keinen Kollegen, deren bzw. dessen vorrangige Motivation, den Lehramtsberuf zu ergreifen, darin bestand, Beamter zu sein. Im Gegenteil, gerade wir Lehrerinnen und Lehrer der Baby-Boomer-Generation, die sehenden Auges in die Lehrermassenarbeitslosigkeit der neunziger Jahre hinein studierten, waren uns schon zu Studienzeiten darüber bewusst, dass wir uns alle glücklich schätzen durften, wenn wir nach dem Examen überhaupt irgendwo irgendeine – oftmals über viele Jahre befristete – Stelle bekamen, bei der wir während der Ferien übrigens in den meisten Fällen in die Arbeitslosigkeit entlassen wurden.

Als ich nach mehreren Jahren derartiger Vertretungstätigkeit an unterschiedlichen Schulformen in diversen Bundesländern gegen Ende der neunziger Jahre ebenso plötzlich wie unerwartet meine erste Planstelle bekam, dachte ich nicht lange nach: Endlich eine feste Stelle als Lehrerin – anstatt, wie bisher, einen Vertrag unterzeichnen zu müssen von den Sommer- bis zu den Herbstferien, von den Herbst- bis zu den Weihnachtsferien, von den Weihnachts- bis zu den Osterferien, und so weiter und so fort – wobei ich während der Ferien selbstverständlich immer arbeitslos gemeldet war. Endlich Schülerinnen und Schüler, Kolleginnen und Kollegen zu haben, die ich nicht gleich wieder verlassen musste, nachdem wir einander gerade ein wenig kennen gelernt hatte! Endlich wissen, wo man arbeiten, wo man bleiben, wo man leben würde: Raus aus der engen Mietswohnung, vielleicht ein Häuschen kaufen, die Kinder wurden ja schon groß!

Denn wir, die Lehrerinnen und Lehrer, die in den neunziger Jahren ihre Staatsexamina absolviert haben, hatten in vielen Fällen die Dreißig ja schon ein ganzes Stück weit überschritten, als wir unsere ersten festen Stellen angeboten bekamen! Klar, dass die meisten von uns nicht lange zögerten und direkt zugriffen. Es hing ja so viel davon ab!

Über das „Kleingedruckte“ unseres neuen Dienstverhältnisses, nämlich über das sogenannte Sonderrechtsverhältnis oder besondere Gewaltverhältnis, das für jeden deutschen Beamten gilt und das seinem Dienstherrn, dem Staat, die Macht verleiht, jederzeit in bestimmte Grundrechte seiner Beamten einzugreifen, um über seine Staatsdiener in einem sehr hohen Maße verfügen zu können, dürften sich die wenigsten von uns Baby-Booomer-Lehrerinnen und -Lehrern im Vorfeld ihrer Verbeamtung allzu große Gedanken gemacht haben.

Natürlich wussten wir, dass wir als Beamte bei Bedarf auch abgeordnet werden konnten, dass wir kein Streikrecht besitzen würden und dass wir dazu verpflichtet waren, als Lehrerinnen und Lehrer „die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu wahren und dafür einzutreten“ – was für die meisten von uns eine Selbstverständlichkeit gewesen sein dürfte, zumal angesichts des Zusatzes, dass dabei der „christlich und humanistisch geprägten abendländischen Tradition des Landes (in diesem Falle: HBG[1]) in angemessener Weise Rechnung zu tragen“ sei.[2]

Kurzum, wir – damals gar nicht mehr so jungen! – „Junglehrer“ waren, nachdem jeder von uns seine persönliche Vertretungslehrer-Odyssee hinter sich gebracht hatte, schließlich angekommen in einem (Schul-)System, das uns damals, in den 90ern, noch in Vielem vertraut erschien, so vertraut jedenfalls, dass die meisten von uns sich mehr oder weniger sicher in dem Glauben wiegten, schon zu wissen, worauf wir uns einließen, als wir unsere Verbeamtung entgegennahmen.

Denn obwohl die Schulwelt, besonders an den Haupt- und Gesamtschulen, aber auch an vielen Grundschulen und Gymnasien, schon damals keineswegs immer „heil“ war, so war es doch noch vor Pisa; der Reform-Wahn an deutschen Schulen hatte noch nicht seine rasende Fahrt aufgenommen (bzw. er tobte sich zu jener Zeit aus in den östlichen Bundesländern!), es gab noch Lehrpläne und Lehrer waren, zumindest an den Gymnasien und Realschulen, aber auch an vielen Haupt- und Grundschulen, noch in erster Linie Lehrer.

Das besondere Gewaltverhältnis

Klage unterschied zwischen angestellten und verbeamteten lehrer

Lehrer aber wollten wir sein, das war schließlich unser Beruf, und wenn dazu ein Beamtenverhältnis gehörte, dann bitte gern, zumal dieses uns endlich die langersehnte Planungssicherheit für uns und unsere Familien versprach.

Denn, so muss ich heute leider sagen, an nichts anderes dachten die meisten von uns jahrelang durch Zeitarbeit Geprüften, als wir mit Freude und selbstverständlich widerspruchslos von unserem Dienstherrn unsere Ernennungsurkunden zum Beamten entgegennahmen: Ich jedenfalls kann es von mir nicht behaupten, dass ich im Vorfeld meiner Verbeamtung alle 235 Paragraphen des Beamtengesetzes (damals HBG) intensiv studiert hätte!

An dieser Stelle möchte ich daraufhin weisen, dass die einzelnen Bundesländer jeweils ihre eigenen Landesbeamtengesetze besitzen, die ihrerseits auf dem Beamtenstatusgesetz [3] als ihrer gemeinsamen Vorgabe basieren. Deshalb sind sich die Beamtengesetzgebungen der einzelnen Länder zwar meist sehr ähnlich; trotzdem ist es bei allen rechtlichen Fragen grundsätzlich unabdingbar, dass der betroffene Landesbeamte sich bezüglich der für sein Land geltenden Gesetze kundig macht. Die im Folgenden aufgeführten Bezugsstellen beziehen sich auf das Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und das Hessische Beamtengesetz (HBG).[4]

Wie dem auch sei, die meisten von uns dürften damals keine besondere Veranlassung darin gesehen haben, sich mit dem Beamtenrecht ihres jeweiligen Bundeslandes gründlich vertraut zu machen, aber selbst diejenigen, die sich möglicherweise schon damals intensiver mit dem Beamtengesetz auseinandergesetzt haben, hätten sich, so behaupte ich jetzt einmal, vor etwa zwanzig Jahren, also zum Zeitpunkt ihrer Ernennung, doch nicht vorstellen können, was der eingeschränkte Grundrechtschutz für sie persönlich einmal bedeuten könnte.

Denn tatsächlich war das „Gold“ des „goldenen Käfigs“ zu Ende der neunziger Jahre noch nicht derartig abgenutzt wie es heute ist und die Arbeitsbedingungen, so werden mir sicherlich die meisten meiner – im Dienste – gleichaltrigen Kolleginnen und Kollegen zustimmen, waren besser und vor allen Dingen klarer definiert.

Insofern haben erst die vergangenen Jahre mir, und mit mir sicherlich vielen anderen Kolleginnen und Kollegen, die Augen geöffnet darüber, worin der hohe Preis eigentlich besteht, den wir als Beamte für unsere Planungssicherheit zahlen, nämlich darin, dass wir mit unserer Ernennung zur Beamtin bzw. zum Beamten unserem Dienstherrn, dem Staat, eine sehr weitgehende und zudem lebenslange Verfügungsgewalt über unsere Person einräumen.

Denn der Beamte, so legt es das Beamtengesetz seit Anfang der siebziger Jahre fest, hat hinsichtlich seines Dienstverhältnisses keinen vollständigen Anspruch auf Grundrechtschutz [5], was sich in der Realität für den einzelnen Staatsdiener auch deshalb als besonders schwerwiegend erweist, weil der Beamte durch sein Dienst-und-Treue-Verhältnis eigentlich niemals als reine Privatperson zu betrachten ist.[6]

Noch einmal möchte ich darauf hinweisen, dass die nachfolgenden, nach bestem Wissen und Gewissen recherchierten Informationen besonders angehenden jungen Lehrerinnen und Lehrern eine gute Grundlage bieten können, um die eigene Situation als zukünftige Beamtin bzw. Beamter einzuschätzen und daraus eventuelle Schlussfolgerungen zu ziehen; meine Ausführungen können aber keineswegs eine kompetente juristische Beratung ersetzen. Für eine solche sollten die Betroffenen grundsätzlich einen Anwalt für Beamtenrecht aufsuchen. News4teachers

Hier geht es zu Teil zwei des Beitrags:Grundrechte, die das besondere Gewaltverhältnis für Beamte einschränkt“.

[1] Hessisches Beamtengesetz
[2] http://www.besoldung-hessen.de/beamtenrecht_in_hessen/hessisches_beamtengesetz/hessen_landesbeamtengesetz, §68, Absatz 2
[3] Im Folgenden wird für das Beamtenstatusgesetz die Abkürzung BeamtStG verwendet werden.
[4] Seit dem Jahr 2009 liegt die Gesetzgebungskompetenz für die Landesbeamten bei den jeweiligen Ländern; diese haben nur noch die Vorgaben des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) und des Grundgesetzes (in der entsprechend eingeschränkten Form) zu beachten. Eine sehr gute Übersicht hierzu sowie Hinweise auf weitere Quellen bietet Das Dossier von Michael A. Else, Streitfall Dienstunfähigkeit, hg. News4teachers 2017, S. 8
[5] https://www.minilex.de/a/beamte-und-grundrechte
[6]Hier Bezug auf: http://www.besoldung-hessen.de/beamtenrecht_in_hessen/hessisches_beamtengesetz/hessen_landesbeamtengesetz, § 67 – 70

„Gehen Sie doch selbst in die Schule – ohne Impfung, ohne Luftfilter“: Ein Lehrer rechnet mit seiner Bildungsministerin ab. Und kündigt.

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