Wie weit darf man wegfahren wenn man krankgeschrieben ist

Sind Sie krankgeschrieben und möchten trotzdem verreisen, ist das in einigen Fällen ohne Konsequenzen möglich. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten müssen.

  • Sind Sie durch einen Arzt krankgeschrieben, gelten Sie für den festgelegten Zeitraum als arbeitsunfähig. Nur weil Sie nicht fähig zur Arbeit sind, müssen Sie jedoch nicht den ganzen Tag im Bett verbringen.
  • Grundsätzlich können Sie trotz Krankschreibung verreisen, sofern Ihr Arzt es nicht für genesungswidrig hält. Mit einer starken Grippe oder Lungenentzündung sollten Sie also nicht unbedingt einen 12-Stunden-Flug in die USA antreten. Bei psychischen Erkrankungen kann Urlaub hingegen durchaus förderlich für Ihre Genesung sein.

Verreisen bei Krankschreibung ist nicht verboten.

Wie weit darf man wegfahren wenn man krankgeschrieben ist

  • Durch die Krankschreibung kann Ihr Arbeitgeber nicht herausfinden, aus welchem Grund Sie nicht zur Arbeit können. Er hat ebenfalls kein Recht dazu, nach Ihrer Erkrankung zu fragen.
  • Mit einer Kündigung müssen Sie nicht rechnen. Ob Ihre Krankschreibung einen Urlaub zulässt oder nicht, kann Ihr Arbeitgeber ohne Ihre Aussage nicht herausfinden. Verreisen Sie trotzdem nur, wenn der Grund der Krankschreibung es zulässt.

Im nächsten Praxistipp verraten wir Ihnen, ob Sie sich rückwirkend krankschreiben lassen können und was Sie tun können, wenn Ihre Krankmeldung wegen der Post zu spät eintrifft.

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Trotz Krankschreibung in den Urlaub fliegen - geht das so einfach?

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Kiattisak Lamchan / EyeEm / Getty Images

Endlich Ferien! Das Hotel ist längst gebucht, und die Reise steht kurz bevor - und plötzlich machen sich Symptome wie Schnupfen, Husten oder Fieber breit. Ein Horrorszenario für Arbeitnehmer - vor allem dann, wenn der Arzt anschließend auf Bettruhe pocht. Doch was ist in solchen Fällen zu beachten? Darf ich trotz Krankschreibung in den Urlaub fahren? Kann ich das Land verlassen? Und: Muss ich meinen Arbeitgeber über meinen Aufenthaltsort informieren? Die wichtigsten Antworten finden Sie hier.

Ja, grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer trotz einer Krankschreibung ihren geplanten Urlaub antreten. Allerdings sind mögliche Reisen an Bedingungen geknüpft: Sollte der Ausflug die Genesung des Angestellten ernsthaft gefährden, darf dieser nicht verreisen. In einem Gespräch mit dem Arzt muss abgeklärt werden, ob und inwiefern der geplante Urlaub die "Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit" gefährden könnte. Der Erholungszweck sollte dabei immer im Vordergrund stehen. "Den Arbeitnehmer trifft während dieser Zeit eine sogenannte erhöhte Sorgfaltspflicht gegen sich selbst", sagt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Daniel Brügger . Demnach gelte eine sogenannte Einzelfallbetrachtung. "In einigen Fällen kann das Verreisen sogar förderlich sein, beispielsweise bei einer Kur oder Erholungsreise", so der Anwalt.

Arbeitnehmer sollten sehr genau abwägen, ob sie ihren Urlaub wie geplant antreten wollen. Im schlimmsten Fall droht eine fristlose Kündigung, wie ein Urteil des BAG (Urteil vom 2. März 2006 - AZ 2 AZR 53/05) zeigt. Hier reiste ein Arbeitnehmer, der wegen Konzentrationsschwächen aufgrund einer Hirnhautentzündung krankgeschrieben war, in einen Skiurlaub. "Auch die Teilnahme an einer Wallfahrt ist unzulässig, wenn man eine Lungenentzündung hat. Gleiches gilt für die Teilnahme an einem Fußballspiel", so Brügger.

Bei Reisen ins Ausland gelten zunächst die oben beschriebenen Grundsätze. Sollte der Arbeitnehmer jedoch länger als sechs Wochen krankgeschrieben sein und somit Anspruch auf Krankengeld haben, muss folgendes beachtet werden:

Der Anspruch auf Krankengeld aus Paragraf 44 SGB V ruht gemäß Paragraf 16 Absatz 1 Satz 1 SGB V, wenn sich der Versicherte im Ausland aufhält. Der Anspruch ruht gemäß Paragraf 16 Abs. 4 SGB V jedoch nicht, wenn der Arbeitnehmer sich vor Antritt der Reise eine Zustimmung seines gesetzlichen Krankenversicherers einholt. Sollten Angestellte innerhalb der EU verreisen, ist die Versicherung dazu verpflichtet, dem Antrag zuzustimmen. Das hat das Bundessozialgericht in einer mündlichen Verhandlung klargestellt (AZ B 3 KR 23/18 R).

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Jedes Jahr erkranken allein in Deutschland ein bis zwei Prozent der Bevölkerung erstmals an einer Depression. Vier Millionen Menschen leiden jährlich an den Symptomen (Lesen Sie hier mehr zu dem Thema ). Doch was gilt, wenn ein Arbeitnehmer wegen Depressionen vom Arzt für arbeitsunfähig erklärt wird? Tatsächlich sind keine Besonderheiten zu beachten.

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Vielmehr muss auch hier im Einzelfall geschaut werden, ob der Urlaub die Genesung gefährdet. Von einer Kur in den Alpen oder an der See wird aller Voraussicht nach nicht abzuraten sein, da sie der Gesundung des Angestellten dienen könnte.

Muss ich meinen Arbeitgeber über meinen Aufenthaltsort informieren?

Nein, der Chef oder die Krankenkasse haben kein Recht darauf, über den Aufenthaltsort informiert zu werden. Das ändert sich allerdings, wenn sich der Arbeitnehmer bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit bereits im Ausland befindet. "Die Verpflichtung umschließt nicht nur die Mitteilung des Aufenthaltsorts, sondern auch die unverzügliche Einholung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung", sagt Rechtsanwalt Brügger.

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Ein Angestellter, der arbeitsunfähig erkrankt, muss alles unterlassen, was die Genesung verzögern könnte. Das bedeutet auch, dass der Arbeitnehmer unter Umständen dazu verpflichtet ist, einen Urlaub nicht anzutreten.

Entsprechend der Regelung des Paragrafen 9 BUrlG dürfen Krankheitstage während des Urlaubs nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden. "Hintergrund dieser Regelung ist, dass ein kranker Arbeitnehmer nicht arbeitspflichtig ist. Ist die Arbeitspflicht bereits entfallen, kann der Zweck des Urlaubs - die Erholung von der Arbeitspflicht - nicht mehr eintreten", erklärt der Jurist. Paragraf 9 BUrlG deckt zudem den Fall ab, dass die Erkrankung vor Urlaubsbeginn eintritt.

Erst krank, dann Urlaub, dann wieder krank - ist das ein Problem?

Sie sind krank, werden pünktlich zu Ihrem geplanten Urlaub gesund, und sind - aus was für Gründen auch immer - nach dem Urlaub plötzlich wieder arbeitsunfähig. Ihr Chef ist in so einem Fall nicht zu beneiden. Doch was kann er dagegen tun? Dies hängt von den Umständen ab. Grundsätzlich kann ein solcher Fall eintreten, ohne dass der Angestellte Konsequenzen zu befürchten hat.

Zu beachten ist allerdings, dass, sofern die Erkrankung nach dem Urlaub auf der Erkrankung beruht, die bereits vor dem Urlaub bestand, kein neuer Entgeltfortzahlungszeitraum (sechs Wochen) beginnt, sondern die Tage vor dem Urlaub angerechnet werden.

Mit Grippe im Bett und der Kühlschrank ist leer - was nun? Wer krank geschrieben ist, weiß oft nicht, was er machen darf und was nicht.

Dabei gibt es eine einfache Regel: Ein erkrankter Arbeitnehmer muss sich so verhalten, dass er möglichst bald wieder gesund wird. Grundsätzlich ist deshalb alles erlaubt, was die Genesung nicht verzögert oder gefährdet. Wer jedoch gegen den Rat des Arztes handelt, riskiert eine Abmahnung oder ­ im schlimmsten Fall ­ sogar die fristlose Kündigung.

"Was ein Patient tun darf und was nicht, hängt von der Krankheit und der individuellen Situation ab", sagt Axel Döhr, Arbeitsrechtler des R+V Infocenter für Sicherheit und Vorsorge. "Denn nicht jede Krankheit fesselt den Patienten ständig ans Bett. Vor allem gegen Aktivitäten, die die Heilung fördern, können Arbeitgeber und Krankenkasse keine Einwände haben." Im Zweifelsfall rät Döhr, geplante Unternehmungen mit einem Arzt zu besprechen und sich diese schriftlich genehmigen zu lassen.

Tipps des R+V-Experten

Einkaufen: Sich mit Lebensmitteln zu versorgen, ist eigentlich immer erlaubt - außer der Arzt hat absolute Bettruhe verordnet.

Spazieren gehen: Bewegung an der frischen Luft gilt als heilungsfördernd. Ein Patient sollte darauf allerdings verzichten, wenn der Arzt ihn bis zur Genesung im Bett sehen möchte.

Ausgehen: Ein Besuch im Kino, in der Kneipe oder im Restaurant ist vertretbar, wenn der Patient nicht im Bett bleiben muss. Nicht gesundheitsfördernd: Sich mit einer schweren Bronchitis in einer verrauchten Kneipe aufhalten.

Verreisen: Mit Gipsbein oder Magengeschwür kann man verreisen, wenn dies den Heilungsprozess nicht beeinträchtigt. Beispielsweise ist ein Urlaub am Toten Meer für einen an Neurodermitis erkrankten Menschen heilsam, während ein Langstreckenflug für Personen mit Rückenschmerzen zu strapaziös ist. Einer geplanten Reise muss aber derjenige zustimmen, der während der Erkrankung Zahlungen leistet: der Arbeitgeber, wenn noch keine sechs Wochen vergangen sind, danach die Krankenkasse. Wer ohne Genehmigung wegfährt, riskiert die Einstellung der Lohnfortzahlung beziehungsweise des Krankengeldes.

Sport: Bei sportlichen Aktivitäten ist es besser, vorher mit dem Arzt zu sprechen. Gezielte Gymnastik kann bei Rückenproblemen die Genesung beschleunigen, Tennis spielen hingegen eher schaden.

Arbeiten: Wer krank geschrieben ist, darf seiner Arbeit streng genommen nicht nachgehen - das gefährdet den Versicherungsschutz. Wenn man sich wieder fit fühlt und etwas früher an seinen Arbeitsplatz zurückkehren möchte, muss der Arzt zustimmen. Der Arbeitgeber braucht sich darauf jedoch nicht einlassen. Und nie vergessen: Die Krankenkasse über einen früheren Arbeitsbeginn informieren.

Nebentätigkeit: Ein erkrankter Mitarbeiter darf seine Nebentätigkeit nur dann fortsetzen, wenn sie den Genesungsprozess nicht verzögert oder gefährdet.