Wer zu oft und zu viel Alkohol trinkt, riskiert nicht nur seine Gesundheit, sondern auch eine Sucht. Doch was dabei im Gehirn passiert, ist bislang unklar. Jetzt haben Forscher eine zuvor unbekannte Wirkung des Alkohols auf unser Gehirn entdeckt. Demnach verändert selbst mäßiger, aber anhaltender Alkoholgenuss die Struktur der Zellzwischenräume in der grauen Hirnsubstanz. Sie werden durchlässiger und dadurch können suchtfördernde Botenstoffe wie Dopamin sich besser im Gehirn verteilen. Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte dieser Effekt erklären, warum Alkohol trotz schwacher akuter Einflüsse auf unser Belohnungssystem mit der Zeit doch süchtig machen kann. Show Ein Gläschen in Ehren… Der Konsum von Bier, Wein oder anderen alkoholischen Getränken gehört für viele Menschen einfach dazu. Nach Feierabend gehen sie noch etwas mit den Kollegen oder Freunden trinken oder entspannen auf dem Sofa mit einem Gläschen Wein. Das Problem nur: Selbst mäßiger, aber regelmäßiger Alkoholgenuss kann auf Dauer zu einer Gewöhnung führen und schleichend in eine Sucht übergehen. „Alkohol hat die Fähigkeit, neurologische Anpassungen auszulösen, die die Bildung starker Konsumgewohnheiten und einer Abhängigkeit fördern und daher oft zu Alkoholismus führen“, erklären Silvia De Santis von der spanischen Universität Miguel Hernández und ihre Kollegen. Dabei löst der Alkoholgenuss jedoch eine weit weniger starke Reaktion des Belohnungssystems aus als andere Drogen. „Wie der Alkohol trotzdem seine potente Suchtwirkung entfaltet, ist ein bislang kaum verstandenes Rätsel“, so die Forscher. Spurensuche im ExtrazellularraumEine mögliche Ursache haben nun De Santis und ihr Team näher untersucht: Veränderungen in der grauen Hirnsubstanz, die möglicherweise die Konzentration und Ausbreitung des Hirnbotenstoffs Dopamin beeinflussen könnten. Dopamin spielt eine entscheidende Rolle für das Belohnungssystem und ist unter anderem verantwortlich für das Glücksgefühl und die Befriedigung, die Abhängige beim Stillen ihrer Sucht empfinden. Aus Studien weiß man, dass dieser Neurotransmitter nicht nur an den Synapsen zwischen Nervenzellen übertragen wird, sondern sich auch über Diffusionsprozesse in den Zellzwischenräumen verteilt. „Erhöhte Diffusion im Extrazellularraum mögen als sehr unspezifische Wirkmechanismen für eine Droge erscheinen. Dadurch werden aber eine Vielzahl von Kommunikationsprozessen im Gehirn beeinflusst“, erklärt Co-Autor Wolfgang Sommer vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. Der Extrazellularraum besteht aus flüssigkeitsgefüllten Hohlräumen und Kanälchen, die sich zwischen Gehirnzellen und deren vielen Fortsätzen bilden. Ob und wie sich diese Zellzwischenräume durch anhaltenden Alkoholkonsum verändern, haben De Santis, Sommer und ihre Kollegen nun bei chronisch alkoholkranken Menschen sowie bei Ratten nach einmonatigem regelmäßigen Alkoholgenuss untersucht. Mithilfe der Diffusions-Tensor-Bildgebung, einer Variante der Magnetresonanz-Tomographie, zeichneten sie auf, wie gut sich Wassermoleküle im Extrazellularraum der Gehirne der tierischen und menschlichen Probanden verteilten. Zusätzlich ermittelten sie mithilfe eines Kontrastmittels, wie sich die Struktur der Zellzwischenräume zwischen den alkoholabhängigen Ratten und gesunden Kontrolltieren unterschied. Stärkere Diffusion erleichtert die DopaminausbreitungBei den Untersuchungen zeigten sich deutliche Unterschiede: „Sowohl bei den alkoholtrinkenden Tiere wie den alkoholkranken Patienten zeigen unsere Ergebnisse eine weitreichende Erhöhung der Diffusion in der grauen Hirnsubstanz“, berichten De Santis und ihre Kollegen. „Unseres Wissens nach ist dies das erste Mal, dass Diffusionsänderungen im Gehirn von Alkoholikern untersucht und festgestellt wurden.“ Parallel dazu veränderte sich auch die Struktur des Extrazellularraums und der seine Form beeinflussenden Mikrogliazellen: „Nach chronischer Alkoholexposition reagieren diese Immunzellen des Gehirns, sie schrumpfen und ziehen ihr dichtes Geflecht aus Fortsätzen zurück“, berichtet De Santis‘ Kollege Santiago Canals. „Durch den Wegfall von Barrieren ändert sich die Geometrie des Extrazellularraums und es ergeben sich neue Diffusionswege.“ Das bedeutet, dass auch Dopamin sich dadurch im Gehirn stärker ausbreiten kann. Nach Ansicht der Wissenschaftler liefern ihre Ergebnisse einen Erklärungsansatz dafür, warum Alkoholkonsum trotz recht schwacher akuter Effekte auf das Belohnungssystem mit der Zeit in die Sucht führen kann: Die durch den Alkohol veränderte Struktur und Form der Zellzwischenräume im Gehirn erleichtern es dem Dopamin, sich auszubreiten, und verstärken so auch ihre Konzentration und Wirkung auf verschiedene Hirnregionen. „Die im Laufe der Zeit erhöhte Neurotransmitter-Konzentration, kombiniert mit einem verlangsamten Abbau an den Synapsen, könnten dazu beitragen, die eher schwach belohnenden Eigenschaften des Alkohols zu der machtvollen Gewöhnungswirkung zu machen, die einige Menschen dann in die Sucht führt“, konstatieren die Forscher. Sollte sich diese Theorie bestätigen, dann könnte dies möglicherweise auch dabei helfen, bessere Vorbeugungs- und Gegenmaßnahmen gegen die Alkoholsucht zu entwickeln. Quelle: Silvia De Santis (Universidad Miguel Hernández, Spanien) et al., Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.aba0154 Als Zellgift greift Alkohol den Körper an – vor allem die Leber. Sie ist das Organ, das Alkohol im Körper abbaut. Bei normalgewichtigen gesunden Erwachsenen braucht die Leber in der Regel 1 bis 1,5 Stunden, um 10 bis 12 Gramm reinen Alkohol abzubauen. Das entspricht der Menge, die ein Glas Bier (0,3 l) enthält. Bei drei Gläsern Bier dauert es mindestens 4,5 Stunden, um wieder ganz nüchtern zu werden. Wie schnell der Körper den Alkohol abbaut, hängt auch von Alter, Geschlecht und Gewicht ab. Frauen vertragen weniger als Männer. Aber nicht nur die Leber kämpft mit Alkohol, sondern auch ... Pelzige Zunge? Alkohol beeinträchtigt die Geschmackssensoren: Das Lieblingseis schmeckt wie Sauerkraut. das GesichtWer ist die Tomate auf dem Foto? Alkohol weitet die Blutgefäße, mehr Blut fließt dort hindurch: Das Gesicht wird rot. das SchmerzempfindenNichts tut weh? Alkohol betäubt – macht aber nicht unverwundbar. Im Gegenteil: Denn Schmerz zu empfinden ist ein natürlicher Schutzmechanismus. Der Körper macht auf eine Verletzung aufmerksam. Nur dass man ihn unter Alkoholeinfluss nicht mehr versteht. Das kann gefährlich sein. die WahrnehmungIst das Nebel? Alkohol trübt die Wahrnehmung: Farben werden blass, Geräusche dumpf, Berührungen taub. das SehvermögenKeinen Durchblick? Alkohol verkleinert das Sichtfeld: Die Umwelt wird links und rechts um einen herum immer mehr ausgeblendet. der GleichgewichtssinnTaumeln als Gangart? Alkohol bringt aus dem Gleichgewicht: Der linke und der rechte Fuß verstehen sich nicht mehr. die SpracheWie bitte? Alkohol wirkt auf das Sprachzentrum ein: Die Buchstaben taumeln lallend durcheinander. Durch dauerhaften Alkoholkonsum können Krankheiten entstehen. Alkohol gehört zum Beispiel zu den Stoffen, die Krebs auslösen können. Wenn man sich nun Alkohol als Person vorstellt, kommt folgendes dabei heraus: Jemand, der sich mit rot glühendem Gesicht darüber wundert, warum die Welt so weit weg ist, nach ihr ins Leere greift, umfällt, dabei auch noch grinst und Sätze lallt, die niemand versteht und am nächsten Tag nicht mal weiß, warum der Ellenbogen aufgeschürft und die Hose zerrissen ist. Also jemand, den man selbst nicht auf ein Skateboard stellen, ins eigene Fußballteam wählen oder auf der Tanzfläche antanzen würde. Sexy as hell, raketenschnell und voll Power geht anders. Mehr Infos zum Runterladen: PDF „Alkohol macht kaputt“ Hier geht es zurück zur Übersicht. |