Wie lange nach Moderna Impfung nicht schwanger werden

Von Prof. Dr. med. Inka Wiegratz – Kinderwunsch & Hormonzentrum Frankfurt. Der Artikel wurde auf Grundlage einer Veröffentlichung der Deutschen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin verfasst und dient der Information unserer Patientinnen mit Kinderwunsch bzw. in der Frühschwangerschaft (1).

Impfstoffe
Seit wenigen Monaten sind in Europa drei COVID-19-Impfstoffe zugelassen. Über die möglichen Risiken bei Anwendung in der Schwangerschaft gibt es bisher keine ausreichenden Untersuchungen, sodass eine abschließende Bewertung zur Sicherheit dieser Impfstoffe derzeit nicht möglich ist. Dennoch ist ermutigend, dass tierexperimentelle Daten bisher keinen Anlass zu Sorge geben, denn die Untersuchungen mit dem m-RNA-COVID-19-Impfstoff von Moderna zeigten weder eine Beeinträchtigung der weiblichen Fertilität noch der kindlichen Entwicklung im Mutterleib bzw. nach der Geburt (2). Da die aktuell zugelassenen Impfstoffe kein Virus sondern lediglich Virusbestandteile enthalten, ist eine Infektion von Mutter und/oder Kind durch eine Impfung auszuschließen (3).

Impfung bei Frauen mit Kinderwunsch
Frauen, die eine Schwangerschaft anstreben, können nach aktueller Datenlage gegen COVID-19 geimpft werden. Eine Beeinträchtigung der Fertilität durch die Impfung ist nicht zu erwarten und eine Immunisierung gegen die COVID-19-Infektion vermindert potenzielle Risiken in einer Schwangerschaft. Wurde eine Impfung durchgeführt, sollte die Kinderwunschbehandlung erst einige Tage nach der 2. Impfung beginnen, um etwaige Impfreaktionen abzuwarten. Frauen, die eine Impfung ablehnen, können dennoch eine Kinderwunschbehandlung erhalten, nachdem sie über die Risiken einer COVID-19-Infektion in einer Schwangerschaft (z.B. häufiger schwere Verläufe, Frühgeburtlichkeit) aufgeklärt wurden. Wird eine Patientin versehentlich in der Frühschwangerschaft geimpft oder wird sie unmittelbar nach der ersten Impfung schwanger, sollte sie die zweite Impfung dennoch erhalten. Eine COVID-19-Impfung unmittelbar vor bzw. während einer Frühschwangerschaft stellt keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch dar.

Impfung bei Schwangeren
Es ist bekannt, das Schwangere im Vergleich zu Nichtschwangeren im Falle einer COVID-19-Infektion vermehrt einen schweren Krankheitsverlauf erleiden, der mit einer intensivmedizinischen Behandlung und ggf. notwendiger Beatmung verbunden sein kann. Besonders Frauen im Alter >35 Jahre sowie Patientinnen mit Vorerkrankungen wie z.B. Bluthochdruck, Zuckerkrankheit und/oder deutlichem Übergewicht (Adipositas) haben ein erhöhtes Risiko. Die Kinder betroffener Mütter werden häufiger zu früh geboren und müssen daher ebenfalls häufiger intensivmedizinisch betreut werden. Obwohl bisher eine abschließende Bewertung zur Sicherheit der verfügbaren COVID-19-Impfstoffe in einer Schwangerschaft nicht möglich ist, so sollen Schwangere daher nicht generell von Impfprogrammen ausgeschlossen werden (4,5). Allgemeine Kontraindikationen, wie zum Beispiel schwere allergisch Reaktionen bei einem anderen Impfstoff, sind natürlich zu beachten. Durch eine Impfung kann möglicherweise auch das Kind geschützt werden, denn die Mutter bildet nach der Impfung Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Virus. Diese Antikörper könnten entweder noch im Mutterleib über den Mutterkuchen (Plazenta) oder nach der Geburt beim Stillen durch die Muttermilch auf das Kind übertragen werden und somit einen gewissen Nestschutz des Neugeborenen erzeugen. Ausreichende wissenschaftliche Belege für diese Hypothese stehen zum jetzigen Zeitpunkt noch aus. Klar ist, nicht nur Mutter und Kind sondern auch enge Kontaktpersonen der Schwangeren sollten sich vor einer Corona-Infektion bestmöglich schützen. Neben der strengen Einhaltung der AHAL-Regeln wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) eine priorisierte Impfung enger Kontaktpersonen (betreuende Hebammen, Ärztinnen, PartnerInnen) empfohlen (6).

Fazit:
Nach ausführlicher Beratung und einem gemeinsamen Entscheidungsfindungsprozess können Frauen mit Kinderwunsch und Schwangere gegen SARS-CoV-2/COVID-19 geimpft werden. Nach aktueller Datenlage scheinen die Vorteile der Impfung gegenüber möglichen Risiken zu überwiegen. Da sich diese Empfehlung durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse stets ändern kann, muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die Verantwortung für das individuelle Vorgehen gemeinsam bei den betreuenden Ärzten und der Patientin liegt.

Literatur

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt allen ungeimpften Personen ab 12 Jahren die Impfung gegen COVID-19. Frauen mit einem perspektivischen oder konkreten Kinderwunsch, wird die Impfung ebenfalls dringend empfohlen. So sind sie vor COVID-19 bereits vor Eintritt einer Schwangerschaft bestens geschützt.

Frau Dr. Röbl-Mathieu, Gynäkologin (Frauenärztin) und STIKO-Mitglied klärt auf was es zu den Gerüchten zur COVID-19-Impfung rund um Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillzeit zu wissen gibt.

Frau Dr. Röbl-Mathieu, COVID-19-Impfung in der Schwangerschaft, Stillzeit und bei Kinderwunsch - was gibt es neues?


Doch im Internet und vor allem in den sozialen Medien halten sich hartnäckige Falschmeldungen zur Unfruchtbarkeit nach einer COVID-19-Impfung.

Der Mythos bezieht sich auf die falsche Annahme, dass sich bei Frauen die nach der Impfung gebildeten Antikörper gegen das Spikeprotein des Coronavirus aufgrund der Ähnlichkeit auch gegen ein körpereigenes Protein, das Plazenta-Protein Syncytin-1, richten könnten – und so die Bildung der Plazenta beeinträchtigen.

Doch diese Erklärung hat einen entscheidenden Haken: Sie stimmt nicht. Um zu klären, wie verwandt also ähnlich sich zwei Proteine sind, muss man auf die Reihenfolge der Aminosäuren schauen, aus denen sich Proteine zusammensetzen. Das Spike-Protein des Coronavirus SARS-CoV-2 besteht aus rund 1.300 Aminosäuren, das Plazenta-Protein Syncytin-1 aus rund 500. Folgen bei zwei Proteinen acht bis zehn gleiche Aminosäuren aufeinander, steigt die Wahrscheinlichkeit auf eine Kreuzreaktion. Bei Syncytin-1 und dem Spikeprotein von SARS-CoV-2 folgen aber höchstens vier gleiche aufeinander. Das heißt, es gibt zwar tatsächlich eine kleine Überschneidung in den Gensequenzen der Proteine – diese ist aber viel zu klein, um zu einer Verwechslung der Proteine führen zu können.

Daten zeigen: Auch Frauen mit Antikörpern werden schwanger

Eine Kreuzreaktion kann also ausgeschlossen werden. Das belegen auch die Daten: Denn gäbe es bei der Corona-Schutzimpfung tatsächlich eine negative Auswirkung auf die Fruchtbarkeit, hätte dies bereits in den klinischen Studien der Impfstoffe zu Komplikationen und Fehlgeburten führen müssen. Beides ist aber nicht der Fall. Zudem: Auch Frauen, die eine Covid-19-Erkrankung überstanden haben, bringen Kinder gesund zur Welt – in den USA zählte eine Studie zwischen März 2020 und März 2021 knapp 14.000 Babys, deren Mütter vorher COVID-19 hatten. Und auch nach den Corona-Schutzimpfungen während der Zulassungsstudie der Impfstoffentwickler BioNTech und Pfizer sind Teilnehmerinnen schwanger geworden.

Wirkt sich die Corona-Schutzimpfung auf den weiblichen Zyklus aus?

Einige Frauen berichten nach der Corona-Schutzimpfung von Zwischenblutungen, verstärkter oder ausbleibender Menstruation und Unregelmäßigkeiten beim weiblichen Zyklus. Gut zu wissen: Solche Veränderungen des Zyklus sind auch bei anderen Impfungen oder durch Infektionen bekannt und werden auf die Aktivierung des Immunsystems zurückgeführt. Ein direkter, pathologischer Zusammenhang mit der Impfung gegen COVID 19 ist nicht bekannt, heißt es dazu beim Robert Koch-Institut. Und weiter: Die beobachteten Störungen des Zyklus sind vorübergehend und nicht mit Unfruchtbarkeit verbunden.

Zudem müssen Zyklusstörungen nach einer Impfung nicht zwangsläufig auf den verabreichten Impfstoff zurückzuführen sein. Ein häufiger Auslöser solcher Störungen ist Stress. Und typische Impfreaktionen wie Fieber, Müdigkeit oder Muskelschmerzen bedeuten Stress für den Körper. Die gute Nachricht: Ein gestörter Zyklus pendelt sich meist wieder von selbst ein. Halten die Unregelmäßigkeiten allerdings länger als drei Monate nach der Impfung an, sollte dies ärztlich überprüft werden. Zyklusstörungen können übrigens als mögliche Impfkomplikation unter nebenwirkungen.bund.de gemeldet werden.

Risiko der verminderten Fruchtbarkeit bei infizierten Männern

Auch für Jungen und Männer gilt: Bisher gibt es keine wissenschaftlichen Hinweise dafür, dass ihre Fruchtbarkeit durch die Corona-Schutzimpfung beeinträchtigt wird. Anders sieht es jedoch bei dem Risiko nach einer Infektion mit COVID-19 aus. Das hat eine amerikanische Studie ergeben, die zwischen Dezember 2020 und September 2021 mit über 2.000 Paaren mit Kinderwunsch durchgeführt wurde. Das Ergebnis: Infizierte sich ein Mann mit SARS-CoV-2, sank die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft rapide. Anschließend dauerte es mindestens 60 Tage, bis die Männer wieder so fruchtbar waren wie nicht-Infizierte. Internationale Studien verweisen auf eine teils verminderte Spermienproduktion, Erektionsstörungen sowie einen starken Testosteronmangel bei Männern, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Der Mangel an Testosteron könnte in diesem Fall auch mit den neurologischen Langzeitfolgen einer Corona-Infektion zusammenhängen.