Wie lange dauert die Bearbeitung einer Anzeige bei der Polizei

Eine Straftat zu erleben kann schlimm sein. Oft ist es gar nicht so leicht, dann den Mut zu finden, die Tat auch anzuzeigen und somit ein mögliches Strafverfahren anzustoßen. Wahrscheinlich hast du ganz viele Fragen. Wie ist der genaue Ablauf? Was passiert nach einer Anzeige? Wer unterstützt dich? Was ist, wenn der Täter sich an dir rächen will? Und wie läuft eigentlich ein Strafprozess ab? Antworten und den genauen Ablauf (von der Anzeige, über das Ermittlungsverfahren, dem Strafverfahren und der Hauptverhandlung) findest du hier.

Wenn du Opfer eines Strafdeliktes geworden bist, befindest du dich in einem Ausnahmezustand. Körperliche Verletzungen verheilen meist mit der Zeit – das Geschehene auch emotional zu verarbeiten, dauert hingegen oft noch länger. Das geht Erwachsenen übrigens nicht anders als Kindern und Jugendlichen.

Viele Menschen sind sich unsicher, ob sie überhaupt Strafanzeige erstatten sollen. Sie wissen nicht, was auf sie zukommt, oder glauben, dass eine Anzeige gar nichts bringt. Zum Beispiel weil sie nicht wissen, wer der Täter oder die Täterin war. Es kann auch sein, dass sie Angst vor Rache haben oder fürchten, ausgelacht oder ausgegrenzt zu werden. Manche Menschen schämen sich, weil sie lange nichts gesagt haben oder vielleicht mal mit dem Täter zusammen oder befreundet waren. Allerdings ist eine Strafanzeige wichtig, damit die Polizeibehörde ermitteln kann, wer die Tat begangen hat. Wenn die Aufklärung gelingt, kann die Person ganz offiziell zur Verantwortung gezogen werden – und ist gezwungen, sich mit ihren Taten auseinanderzusetzen.

Ein kleiner Hinweis für dich: Neben einer Bestrafung oder Wiedergutmachung soll das zum Beispiel auch zur Folge haben, dass der oder die Beschuldigte so etwas nicht nochmal macht! Viele Menschen berichten, dass die Anzeige und der folgende Prozess zwar schmerzhaft waren, sie sich danach aber besser und stärker gefühlt haben.

Wem kann ich mich anvertrauen?

Wie lange dauert die Bearbeitung einer Anzeige bei der Polizei
Foto: ceciangiocchi/RooM/Getty Images

Das kommt drauf an, was passiert ist. Familie und Freunde sind vermutlich deine ersten Anlaufstellen für Unterstützung. Wenn der Täter oder die Täterin aber aus deiner Familie kommt, kannst du dich natürlich auch an eine andere erwachsene Person wenden. Egal was passiert ist, es ist jemand auf deiner Seite! Überlege, wer dir in der Vergangenheit Hilfe angeboten hat und wem du vertraust. Ein Nachbar, eine Patentante, ein Trainer? Du kannst dich auch an den Vertrauenslehrer oder die Vertrauenslehrerin deiner Schule wenden. Dort kannst du Adressen von Beratungsstellen bekommen, die dir in deiner Situation weiterhelfen.

Zu diesen Beratungsstellen kannst du natürlich auch jederzeit allein gehen. Du findest sie im Netz unter den Suchbegriffen „Opferschutz“ oder „Opferberatung“. In den Beratungsstellen arbeiten Menschen, die dir bei den ersten Schritten helfen können. Besonders dafür ausgebildete Prozessbegleiter und Prozessbegleiterinnen können dich eventuell auch später während des Prozesses begleiten. Noch bevor du aber zu einer Beratungsstelle gehst, beschäftigen dich vielleicht schon folgende Fragen:

Ist das, was passiert ist, überhaupt strafbar?

Diese Frage musst du dir nicht stellen, das ist Aufgabe des Ermittlungsverfahrens durch Polizeibehörden und Staatsanwaltschaft. Damit das aber passiert, musst du erstmal dafür sorgen, dass jemand davon erfährt. Deshalb solltest du – oder deine Eltern – Strafanzeige erstatten. Eine Anzeige bedeutet erstmal nur, dass du der Polizei erzählst, was geschehen ist. Die polizeilichen Beamten und die Staatsanwaltschaft sichten dann alle Einzelheiten und Beweise und entscheiden, ob etwas Strafbares passiert sein könnte. Wenn nicht, wird das Verfahren eingestellt. Das geschieht auch, wenn nach einer gewissen Zeit niemand gefunden wird, der die strafbare Tat begangen haben könnte.

Was ist eigentlich das Ziel eines Strafprozesses?

In Gesetzen steht, welches Verhalten verboten ist und ob und mit welcher Strafe zu rechnen ist, wenn gegen Verbote verstoßen wird. Sie sollen also einerseits dazu beitragen, dass die Regeln gar nicht erst gebrochen werden und andererseits den Gerichten eine Richtlinie vorgeben, ob und wie ein Verstoß zu bestrafen ist.

Die eventuelle Strafe soll den Täterinnen und Tätern vor Augen führen, dass sie etwas Unrechtes getan haben und dies Konsequenzen hat. Sie stellt aber keine staatliche „Rache“ dar, sondern soll vor allem dazu führen, dass Täterinnen und Täter ihr Verhalten überdenken und in Zukunft keine Straftaten mehr begehen. Zugleich sollen aber auch alle anderen von solchen Straftaten abgehalten werden, indem ihnen vor Augen geführt wird, dass andernfalls eine Bestrafung erfolgt.

Dabei müssen im Ermittlungs- und Strafverfahren auch die Rechte von Beschuldigten geschützt werden! Polizei und Staatsanwaltschaft dürfen zum Beispiel nicht einseitig zu Lasten der Beschuldigten ermitteln – vielleicht stellt sich ja heraus, dass eine andere Person für die Strafsache verantwortlich ist. Aber auch wenn jemand überführt wurde, müssen seine Rechte auf ein faires Strafverfahren beachtet werden. Der Strafprozess dient dazu, alle Seiten genau zu betrachten. Deshalb muss ein Strafprozess immer fair ablaufen.
Es gibt Gesetze, die bestimmen wie ein Strafprozess abläuft, damit er für alle Beteiligten fair und verständlich ist: Das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) regelt zum Beispiel die Zuständigkeit der Gerichte, in der Strafprozessordung (StPO) steht, wie ein Verfahren durchgeführt wird. Ein Strafverfahren läuft also immer nach den gleichen Regeln ab.

Insbesondere bei jugendlichen Beschuldigten geht es im Falle einer Verurteilung weniger darum, sie zu bestrafen. Stattdessen sollen sie vor allem dazu gebracht werden, sich in Zukunft anders zu verhalten und sowas nicht noch mal zu machen. Im Jugendstrafrecht, das für Jugendliche (14 bis 17 Jahre) und teilweise auch für Heranwachsende (18 bis 20 Jahre) gilt, gibt es deshalb eine ganze Menge eher erzieherischer Maßnahmen anstelle einer reinen Bestrafung. Zuständig sind dafür besondere Jugendgerichte. Für das Jugendgerichtsverfahren gibt es besondere Regeln. Die gesetzlichen Bestimmungen für ein solches Verfahren finden sich im Jugendgerichtsgesetz (JGG).

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Die Anzeige

Deine Strafanzeige erstattest du schriftlich oder mündlich bei der Staatsanwaltschaft oder bei der Polizei. Du kannst wählen, ob du eine E-Mail an eine Online-Wache der Polizei schicken oder persönlich zu einer Polizeiwache gehen willst. Der Ablauf ist immer ähnlich. In bestimmten Fällen ist allerdings ein Strafantrag erforderlich, dann musst du das beachten, was sich oben aus der BOX zum Strafantrag ergibt.

Zuerst notiert der Beamte auf der Wache all deine Angaben. Wer hat was wann und wo gemacht? Hat das jemand gesehen? Wenn du nach einer Gewalttat beim Arzt warst, zum Beispiel nach einer Vergewaltigung oder einer Schlägerei, nimm die ärztlichen Unterlagen mit. Blut oder Körperflüssigkeiten können wichtige Beweismittel sein, bring also auch deine ungewaschenen Klamotten in einer Plastiktüte mit.

Bei einer Vernehmung, die meist einige Tage später stattfindet, wirst du dann noch mal genauer gefragt, was passiert ist. Von der Befragung wird ein Protokoll angefertigt, das du anschließend gründlich lesen und unterschreiben musst. Wichtig: Du musst den Polizeibeamten so genau wie möglich erzählen, was passiert ist und auch sagen, wer der oder die Beschuldigte ist, wenn du es weißt.

Übrigens: Du kannst auch dann Anzeige erstatten, wenn du die Tat nur beobachtet hast oder wenn dir ein Freund oder eine Freundin davon erzählt hat.

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Das Ermittlungsverfahren

Wenn es Hinweise auf eine strafbare Handlung gibt, wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Ermittlung führt meistens die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft. Möglicherweise musst du noch einmal aussagen – als geschädigte Person bist du nämlich auch Zeuge. Du bist verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Du darfst auch nichts verschweigen oder falsch ergänzen, selbst wenn es dir unangenehm oder peinlich ist. Ausnahme: Der Täter ist nah mit dir verwandt. Dann besteht das Zeugnisverweigerungsrecht (§ 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO), was bedeutet, dass du die Aussage verweigern darfst. Wenn du dich dennoch dazu entscheidest, etwas zu sagen, muss das auch die Wahrheit sein. Sag den Beamten und Beamtinnen, die dich vernehmen, wenn es dir schwerfällt, bestimmte Dinge zu erzählen. Sie wissen, wie schwierig die Situation für dich sein kann und werden versuchen, dich zu unterstützen.

Die Polizei ermittelt, das heißt, sie versucht den Tathergang zu rekonstruieren, vernimmt weitere Augenzeugen und sichert Spuren. Sämtliche Beweise werden gesichert und in der Ermittlungsakte dokumentiert. Außerdem wird die tatverdächtige Person als Beschuldigte oder Beschuldigter vernommen. Am Ende leitet die zuständige Polizeidienststelle die Ermittlungsergebnisse an die Staatsanwaltschaft weiter.

Diese prüft sodann die Beweislage und die rechtlichen Voraussetzungen. Sie kann auch Nachermittlungen durch die Polizei durchführen lassen..

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Die Aufzeichnung einer (ermittlungs-)richterlichen Vernehmung

Bei bestimmten besonders schlimmen Delikten, wie Sexualstraftaten oder Mord bzw. Totschlag (Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder gegen das Leben), die gegen Kinder oder Jugendliche begangen worden sind, sieht das Gesetz vor, dass immer dann, wenn dies im Interesse der Betroffenen ist, ein Ermittlungsrichter eine Zeugenvernehmung vornehmen soll, die auf Video aufgezeichnet wird. Diese Aufzeichnung kann dann unter Umständen später in der Gerichtsverhandlung verwendet werden, so dass du vielleicht gar nicht noch einmal dort aussagen musst. Diese Regelung dient dazu, Opfer dieser schweren Straftaten davor zu schützen, dass sie mehrfach zur selben Sache aussagen müssen. Es soll ihnen auch den Stress der Gerichtsverhandlung ersparen. Ob deine Aussage auf Video aufgezeichnet wird, entscheiden die Ermittlungsrichterinnen und -richter vor Ort, wenn die Staatsanwaltschaft dies beantragt. Du wirst auf jeden Fall informiert, wenn eine solche Vernehmung stattfinden soll (– geht es um Sexualstraftaten, ist auch deine Zustimmung zur Aufzeichnung der Vernehmung erforderlich).

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Die Anklage

Wenn es genügend Anhaltspunkte für die Tat gibt und auch eine Person, der die Tat zur Last gelegt werden kann, kann die Staatsanwaltschaft Anklage erheben. Häufig wird ein Verfahren aber auch nach Abschluss der Ermittlungen eingestellt, wenn das ausreicht, um das begangene Unrecht wieder gut zu machen. Nach Erhebung der Anklage wird der Tatverdächtige offiziell zum Angeklagten. In der Anklageschrift stehen Details zur Tat, gegen welchen Paragrafen des Strafgesetzes der oder die Angeklagte verstoßen hat und wie dies bewiesen werden kann. Die Anklageschrift fasst die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zusammen und wird an das Gericht geschickt. Die Richter und Richterinnen arbeiten die Akte durch und entscheiden, ob die Beweise ausreichen und die rechtlichen Voraussetzungen für ein Strafverfahren erfüllt sind.

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Die Gerichtsverhandlung

Das Gericht prüft noch einmal alle Informationen und eröffnet dann per Beschluss das Hauptverfahren. Es legt einen Termin für die mündliche Hauptverhandlung fest. Für die Hauptverhandlung bekommst du, wenn deine Aussage für erforderlich gehalten wird, eine Ladung. Darin steht neben Tag und Uhrzeit auch der Gerichtssaal.

Wichtig: Du musst unbedingt pünktlich zur Hauptverhandlung sein. Am besten gehst du mit jemandem ins Gericht, der sich dort schon auskennt. Das kann zum Beispiel eine psychosoziale Prozessbegleitung sein, die du vielleicht bereits in der Beratungsstelle kennengelernt oder von dort vermittelt bekommen hast. Sie sind dafür ausgebildet, Zeugen bei Verfahren zu unterstützen. Kennst du noch keine Prozessbegleiter, kann das Gericht dir eventuell jemanden beiordnen. Außerdem gibt es in manchen Gerichten eine Zeugenbetreuung oder ein Zeugenbegleitprogramm. Die Leute dort beantworten dir alle Fragen, die du zur Verhandlung hast.

Dann geht die Verhandlung los: Die Anklage wird vorgelesen, der oder die Angeklagte darf etwas zu den Vorwürfen sagen, die Zeugen werden befragt. In vielen Gerichten gibt es Zeugenzimmer, in denen du warten kannst, bist du aufgerufen wirst. Hast du eine psychosoziale Prozessbegleitung, wartet diese mit dir zusammen.

Auf Nachfrage bekommst du eine Bestätigung vom Gericht, dass du eine Zeugenaussage zwecks eines Strafverfahrens machen musstest. Diese dient als Entschuldigung für Schule oder Ausbildungsstätte, denn Zeugen sind verpflichtet, auszusagen. Wenn du trotzdem gar nicht möchtest, dass jemand von der Gerichtsverhandlung erfährt, müsstest du dir für die Gerichtsverhandlung einfach einen Tag frei nehmen.

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Wer ist an der Verhandlung beteiligt?

Diese Personen sind im Jugendgericht dabei: ein bis drei Richter, wovon eine Person als Vorsitzende oder Vorsitzender des Jugendgerichts die Hauptverhandlung leitet, und eventuell zwei Jugendschöffen. Die Jugendschöffen sind nicht Richter von Beruf, bringen aber Gerechtigkeitssinn und unterschiedliche Lebenserfahrung mit, um das Gericht zu unterstützen. Die Stimme eines Schöffen oder einer Schöffin wiegt genauso viel wie die eines Richters oder einer Richterin. Dabei sind außerdem noch ein Protokollführer, ein Vertreter der Staatsanwaltschaft, eventuell deine Anwältin oder dein Anwalt als Nebenklagevertreter, oft ein Verteidiger, die angeklagte Person sowie Zeugen und deine psychosoziale Prozessbegleitung, sofern du eine hast. Wenn du minderjährig bist und das möchtest, dürfen auch deine Eltern bei der Verhandlung dabei sein. Ist der oder die Angeklagte unter 18, ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Ansonsten sind auch meist Zuschauer dabei.

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Die Zeugenvernehmung

Wenn du an der Reihe bist, nennst du deinen Namen, dein Alter, deine Adresse. Du bist zur Aussage verpflichtet und musst die Wahrheit sagen. Nur wenn der oder die Angeklagte nah mit dir verwandt ist, hast du ein Zeugnisverweigerungsrecht. Für deine Aussage bittet der Vorsitzende Richter oder die Vorsitzende Richterin dich, die Tat zu schildern. Richter, eventuell Schöffen, Staatsanwalt, dein Anwalt bzw. deine Anwältin, Verteidiger und auch der oder die Angeklagte selbst können dir Fragen stellen. Meistens sitzt du dafür an einem kleinen Tisch direkt vor dem Richtertisch, sodass du die angeklagte Person nicht ansehen musst. Deine Prozessbegleitung oder deine Anwältin oder dein Anwalt kann neben dir sitzen.

Bist du unter 18, befragt dich nur der Vorsitzende Richter. Wenn keine weiteren Fragen mehr an dich sind, kannst du entscheiden, ob du im Gerichtssaal bleibst. Du kannst dann in einer Zuschauerreihe Platz nehmen. Wenn du nicht auf den Angeklagten treffen willst, gibt es unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, dass die Person während deiner Aussage den Raum verlässt oder dass du per Videoübertragung vernommen wirst. Deine Eltern dürfen bei einem Strafverfahren nicht für dich vor Gericht aussagen.

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Das Urteil

Nach der Beweisaufnahme werden die Schlussvorträge der Staatsanwaltschaft, der Verteidigung und des Nebenklagevertreters gehalten und Anträge für die Urteilsfindung gestellt. Wenn du Nebenkläger oder Nebenklägerin bist, kann dein Rechtsanwalt bzw. deine Rechtsanwältin also auch einen Schlussvortrag halten und eine bestimmte Strafe beantragen. Die angeklagte Person darf sich in einem letzten Wort zu dem Vorwurf oder dem Verfahren äußern. Die Richter und ggf. Schöffen entscheiden in einer geheimen Beratung über Schuld oder Unschuld des Angeklagten und über die Art und Höhe der Strafe.

Zum Schluss der Hauptverhandlung werden alle in den Gerichtssaal gerufen. Der Vorsitzende des Gerichts beginnt mit „Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil ...“ und verkündet das Urteil: Freispruch oder Verurteilung und die Strafe (Geld-, Freiheits- oder Jugendstrafe, mit oder ohne Bewährung) und/oder die anderen verhängten Rechtsfolgen.

Das Urteil gilt, wenn innerhalb von einer Woche keine Berufung oder Revision eingelegt wird. Somit ist das Urteil also akzeptiert. Auch Nebenkläger dürfen unter bestimmten Voraussetzungen gegen das Urteil Berufung oder Revision einlegen. Genaueres kann dir deine Anwältin oder dein Anwalt erklären. Mit Akzeptieren des Urteils ist das Strafverfahren beendet.

Wo mache ich meine Aussage?

Die meisten Leute gehen zunächst zu einer Polizeidienststelle, wenn sie Strafanzeige erstatten möchten. Du kannst jemanden mitnehmen, wenn du dich allein nicht traust oder dir Unterstützung wünscht. Wenn du noch minderjährig bist, sollten deine Eltern mitkommen. Dort schreibt ein Polizeibeamter oder eine -beamtin alles auf. Einige Zeit später bekommst du dann vielleicht eine Ladung zur weiteren Vernehmung, die auch bei der Staatsanwaltschaft oder bei Gericht erfolgen kann. Auch hierher kannst du dich von einer Vertrauensperson, einem Berater oder einer Rechtsanwältin bzw. einem Rechtsanwalt begleiten lassen. Wenn du aus bestimmten Gründen bei der Polizei nur von einer Frau oder nur von einem Mann vernommen werden willst, solltest du das sagen. Wenn möglich, wird man auf deinen Wunsch eingehen. Du musst bei deiner Aussage die Wahrheit sagen und darfst nichts weglassen oder hinzufügen!

Habe ich das Recht auf einen Anwalt?

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Grundsätzlich kannst du dir von Anfang an eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt an die Seite holen. Bei bestimmten, besonders schlimmen Straftaten wie Sexualstraftaten oder einem Tötungsdelikt trägt der Staat sogar die Kosten. Ob das in deinem Fall so ist, wird die Rechtsanwältin bzw. der Rechtsanwalt dir erklären. Neben der Unterstützung durch eine Anwältin oder einen Anwalt kannst du bei diesen besonders schlimmen Straftaten auch einen Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung haben. Dies sind besonders dafür ausgebildete Menschen, die Opfer von schweren Straftaten bei ihren Vernehmungen begleiten und ihnen während des ganzen Verfahrens zur Seite stehen. Näheres können dir die Beratungsstellen sagen.

Kann ich als Nebenkläger auftreten?

Wenn du Anzeige erstattet hast und die Polizei das Ergebnis ihrer Ermittlungen der Staatsanwaltschaft vorgelegt hat, entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob sie Anklage erhebt. Die Staatsanwaltschaft ist, wie das Wort schon sagt, die Anwältin des Staates. Sie vertritt den Staat und seinen Auftrag, die Bürgerinnen und Bürger zu schützen und Straftaten zu verfolgen. Du selbst kannst dich aber bei bestimmten Straftaten der Anklage als Nebenklägerin oder Nebenkläger anschließen, beispielsweise bei Körperverletzung oder sexuellem Missbrauch. Voraussetzung ist in der Regel, dass der Angeklagte volljährig ist. Bei schweren Delikten, wie einer Vergewaltigung, kannst du auch bei minderjährigen Angeklagten Nebenkläger werden.

Als Nebenklägerin oder Nebenkläger hast du mehr Möglichkeiten, am Verfahren mitzuwirken. Zum Beispiel kannst du zusammen mit deinem Anwalt bei der gesamten Gerichtsverhandlung dabei sein. Also auch über deine Zeugenaussage hinaus. Außerdem kannst du Fragen und Anträge stellen und schon vor der Verhandlung die Strafakte lesen. Sprich am besten mit deinem Anwalt, damit dann eine entsprechende Erklärung in deinem Namen abgeben wird, wenn Du Dich als Nebenkläger anschließen möchtest.

Werde ich den Täter beim Prozess treffen?

Wenn es sehr belastend für dich ist, kann der Angeklagte oder die Angeklagte aus dem Gerichtssaal geschickt werden, wenn du mit der Vernehmung dran bist. Wenn du Angst hast, der Person zu begegnen, solltest du das so früh wie möglich deiner Anwältin oder deinem Anwalt sagen, damit der Angeklagte vielleicht sogar schon den Saal verlässt, bevor du reinkommst. Unter bestimmten Voraussetzungen kannst du auch über Video vernommen werden. Du sitzt dabei in einem Nebenraum, deine Aussage wird über eine Liveschaltung in den Gerichtssaal übertragen.

Was ist, wenn sich der Täter rächen will?

Wie lange dauert die Bearbeitung einer Anzeige bei der Polizei

Sage den Polizeibeamten zu Beginn des Verfahrens, am besten schon beim Erstatten der Anzeige und bei der Vernehmung, wenn du Angst vor dem Täter oder der Täterin hast. Wenn die Person aus deiner Familie kommt, kannst du eventuell vorübergehend woanders wohnen. Spätestens bei ihrer Vernehmung wird dieser Person verdeutlicht, dass sie dich in Ruhe lassen muss. In den allermeisten Fällen reicht es aus, dass sie nun namentlich bei der Polizei bekannt ist. Wenn du dennoch bedroht wirst, rufe sofort die Polizei unter dem Notruf 110.

Mehr Informationen zur Arbeit der Polizei findest du unter www.polizeifuerdich.de.