Ist es Faulheit? Blindheit? Stolz? Nichts davon: Die Gründe für chronisches Nicht-Entschuldigen von Männern sind komplexer, als ihr denkt. Show Das mag jetzt schockieren, aber grundsätzlich haben Männer lieber Recht als Unrecht. Denn natürlich finden wir Männer es per se schon mal nicht so toll, für irgendwas Kritik einzustecken. Da wir keine Lust auf Streit und Vorwürfe haben, handeln wir aus unserer Sicht sowieso immer nur in eurem Interesse. Doof ist nur, dass wir oft unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was genau "euer Interesse" so ist. Männer sind sich tatsächlich ziemlich sicher, euch so gut zu kennen, dass sie intuitiv immer richtig entscheiden. Geht uns übrigens bei praktisch allen Entscheidungen so (sorry, wir sind da arg egozentrisch). Deshalb checken wir bei Konflikten nicht etwa "Habe ich da einen Fehler gemacht?" sondern: "Warum stellt sie sich jetzt schon wieder so an?" Von dieser Position aus ist es eher schwierig, die nötige Selbsterkenntnis - "Okay, das habe ich echt verbockt" - zu erlangen. Aber: Hin und wieder passiert das trotzdem. Und dann entschuldigen wir uns auch, aber sowas von! Das Problem ist nur: Ihr kriegt es meistens nicht mit. Denn eine Männer-Entschuldigung unterscheidet sich von einer Frauen-Entschuldigung ungefähr so wie eine Michael-Kors-Clutch von „Ich habe noch Platz in der Jackentasche“: Ähnliche Funktion, total verschiedener Ansatz. Ein konkretes "Entschuldigung, das tut mir leid" liegt uns einfach nicht. Daher sparen wir uns das als allerletzte Eskalationsstufe auf, eher für Notfälle wie "Geburtstag vergessen" oder "mit deiner besten Freundin geflirtet, während du daneben standest." Nein, meistens sind wir subtiler (nicht lachen!). Zum Beispiel gucken wir nach einem Konflikt oft sehr schuldbewusst. Stundenlang, wenn es der Anlass erfordert. Oder wir laden euch spontan zum Essen ein, planen mit euch einen Wochenend-Trip oder kaufen einen Blumenstrauß (wenn uns das Klischee nicht zu peinlich ist). Nur: Einen direkten Zusammenhang stellen wir niemals, NIEMALS her. Denn das wäre ja genau das Schuld-Eingeständnis, das wir um jeden Preis vermeiden wollen. Daher werden auch die Folgen des jeweiligen Streitgrundes erst Tage oder Wochen später in Ordnung gebracht. Auf gar keinen Fall dürft ihr direkt mitbekommen, dass uns die ganze Geschichte wirklich und aufrichtig leid tut. Bescheuert? Ja, klar. Entschuldigung. Männer, was soll das?Redaktions-Mann Henning beantwortet an dieser Stelle Fragen zu männlichen Eigenarten. Auch irritiert von Mann, Freund oder Liebhaber? Schreibe uns deine Frage auf Facebook, Snapchat, Whatsapp oder per Mail an .
Manche Entschuldigungen fühlen sich eher nach "Sorry not sorry" an. Denn Sätze wie: "Es tut mir leid, dass du dich von mir angegriffen fühlst", oder "Wenn du dich dadurch verletzt fühlst, entschuldige ich mich" lassen uns an der Glaubwürdigkeit der Entschuldigung zweifeln. Na klar, theoretisch gesehen sind das Entschuldigungen. Doch die Begründungen dazu sind es, die uns ins Grübeln bringen. Implizieren sie nicht eigentlich ein "muss wohl an dir liegen"? Möchte sich jemand wirklich bei mir entschuldigen, oder sieht sie/er sich eigentlich gar nicht in dieser Rolle und formuliert es daher geschickt?
Das kleine Wort "Entschuldigung" kann nämlich einen ganz anderen Effekt haben, wenn es nicht ehrlich eingesetzt wird. Unser Vertrauen wird geschwächt, wenn wir den Verdacht haben, das ist eine "Sorry not sorry-Entschuldigung". Eine Entschuldigung hat überhaupt nichts mit gewinnen oder verlieren zu tun, sondern eher mit Empathie und Respekt dem anderen gegenüber. Durch dieses kleine Wort fühlen wir uns verstanden. Es kann für große Erleichterung sorgen, Harmonie stiften und das Zusammenleben mit anderen ungemein erleichtern. Egal, ob es um die Beziehung zu Arbeitskolleg:innen, Freund:innen oder Familie geht, das kleine "E-Wort" sorgt für Frieden. Jedem von uns passiert es immer wieder, dass wir uns bei anderen nicht entschuldigen, obwohl es angemessen wäre. Ein typisches Beispiel dafür ist es, wenn wir im Stress jemanden anraunzen, oft grundlos. Darüber, dass hier eine Entschuldigung angemessen wäre, sind wir uns alle einig. Trotzdem machen wir es oft nicht. Das hat meistens einen der folgenden Gründe:
Laut der amerikanischen Psychologin Molly Howes liegt es meist an folgenden fünf Gründen, dass eine Entschuldigung so schwer sein kann:1. Die Angst vor Fehlern In vielen Bereichen des Lebens herrscht leider immer noch eine Null-Fehler-Kultur. Nicht überall wird anerkannt, dass man aus Fehlern lernt und diese zum Leben dazugehören. Dadurch wächst natürlich auch die Angst, die eigenen Fehler einzugestehen. Wer das als Schwäche empfindet, tut sich schwerer mit einer Entschuldigung. 2. Immer Recht haben wollen Fehler oder Schuld auf sich zu nehmen, gehört nicht unbedingt zu den Lieblingsbeschäftigungen des Menschen. Viel schöner ist es doch, im Recht zu sein. Um sich entschuldigen zu können, müssen wir uns selbst auch eingestehen können, dass wir eben nicht im Recht sind. 3. Die Stärke des Selbstbewusstseins Es erfordert Mut, dem Gegenüber in die Augen zu blicken und sich aufrichtig zu entschuldigen. Selbstkritischen und unsicheren Menschen fällt dies besonders schwer, da sie mit sich selbst sehr hart ins Gericht gehen. Für eine Entschuldigung muss uns nicht nur die oder der andere verzeihen können, sondern wir uns auch selbst. 4. Der eigene Schmerz Wenn wir uns selbst ungerecht behandelt fühlen, entschuldigen wir uns ungern beim anderen, sondern erwarten eher selbst eine Entschuldigung. Doch wer sollte bei diesem Spiel anfangen? Beide! Eine Entschuldigung kann eine Kettenreaktion hervorrufen, und vielleicht bekommen wir dann auch eine. 5. Die Erlebnisse in der Kindheit Viele Ursachen unseres Verhaltens lassen sich auf die Kindheit beziehen. Wer negative Konsequenzen aufgrund einer Entschuldigung erleben musste, hat ein schlechtes Gefühl dazu mitgenommen. Diese Erfahrungen können auch im Erwachsenenalter wieder hochkommen. Nicht vergeben, sondern vergessen? Wenn wir also mal wieder auf eine Entschuldigung warten, stecken wir unsere Energie lieber in etwas anderes, als auf einem Kniefall zu beharren. Warum wir kein SORRY bekommen, obwohl wir es verdient hätten, werden wir nicht erfahren. Jedoch wissen wir, dass das kleine Wörtchen unser Gegenüber häufig noch mehr beschäftigt, als uns selbst. Mehr Themen:
Wir leben in einem Zeitalter der Entschuldigung: Ein Sorry hier, ein Sorry da, sorry, alles wunderbar? So einfach ist es leider nicht. Denn Entschuldigungen, die als bloße Höflichkeitsfloskel oder inflationär eingesetzt werden, bewirken das Gegenteil von dem, was eine gute Entschuldigung kann: Verletzungen heilen. „In jeder Beziehung passieren manchmal Dinge, die den anderen verletzen“, sagt der Berliner Psychologe und Autor Dr. Wolfgang Krüger (73, „Macht und Leidenschaft in der Liebe“). Ständiges Zuspätkommen, der vergessene Hochzeitstag, beleidigende Kommentare („Du bist genauso rechthaberisch wie deine Mutter!“). Solche Dinge können die Selbstachtung des Partners massiv beschädigen – und wenn die Verletzung nicht repariert wird, besteht die Gefahr, dass die Beziehung einen dauerhaften Schaden erleidet. „Damit das nicht passiert, brauchen wir das Signal des anderen, dass er die Verletzung gespürt hat, sich der eigenen Schuld stellt und mir zeigt, dass ich emotional im Recht bin.“ Doch wie geht das? Eigene Schuld eingestehenEine gute Entschuldigung muss laut Krüger drei Kriterien erfüllen: 1. Derjenige, der verletzt wurde, muss sein Leid schildern dürfen – und der andere muss das aushalten! Nur so bekommt man das Gefühl, dass der Partner sich wirklich mit den Schmerzen, die er verursacht hat, auseinandersetzt. 2. Der Begriff Entschuldigung enthält Schuld – man muss also zu seiner Schuld stehen mit einfachen Worten, wie z.B. „Dieses Verhalten von mir war falsch.“ Man darf sein Handeln nicht relativieren („Das habe ich doch nur gesagt, weil …“). 3. Der andere muss deutlich machen, dass er ernsthaft an sich arbeitet, damit so eine Verletzung nicht wieder stattfindet. „Wenn das gelingt, kann die Entschuldigung der Auftakt für einen Versöhnungsprozess sein“, erklärt der Psychologe. „Den Worten müssen Taten folgen, die zeigen: Ich bemühe mich, es wieder gutzumachen.“ Ein Blumenstrauß, liebe Worte, ein gedeckter Tisch – es gibt viele individuelle Möglichkeiten, dem anderen etwas Gutes zu tun. Und auf die sollte man bei seiner Entschuldigungsstrategie zurückgreifen. Weil ein einfaches Sorry eben nicht reicht um zu zeigen: Ich fühle mit dir, ich weiß dich und unsere Beziehung zu schätzen – und ich möchte deinen Schmerz lindern. Verzeihen ohne nachtretenGenauso wichtig wie das „Es tut mir leid“ ist das Annehmen einer Entschuldigung – und zwar ohne nachzutreten! „Konflikte müssen danach vergeben sein. Man muss sie aus dem emotionalen Waffenarsenal streichen und darf sie nicht beim nächsten Streit wieder rausholen“, betont Krüger. Jeder darf Fehler machen, das muss man sich selbst und dem anderen zugestehen – und verzeihen. Wie viel Streit verträgt eine Beziehung? Wichtig ist, dass das Verzeihen ohne Nachtreten erfolgt (Foto: picture alliance)Warum ein Sorry die Wogen zwischen zwei Menschen glätten kann, erklärt ein Blick in die Hirnchemie: Hören wir eine Entschuldigung, werden die Regionen im Gehirn aktiviert, die für Empathie verantwortlich sind. Es kommt zu einer Steigerung des sogenannten Liebeshormons Oxytocin. Es strömt ins System, senkt das Aggressions- sowie das Stresslevel und macht offener für das, was kommt. Lesen Sie auch ► Darum wird die Liebe zerstört, wenn man den Partner zur Ewig-Baustelle macht ► „Mein Partner benimmt sich in letzter Zeit anders, er entfernt sich. Was soll ich tun?“ Auch der Entschuldigende profitiert von seinem Schuldeingeständnis: „Die Erkenntnis, dass man Fehler machen darf, dass man sie eingestehen kann und dass einem verziehen wird, trägt zu einem positiven Selbstbild bei“, erklärt Wolfgang Krüger. Und was ist mit der Höflichkeitsfloskel Entschuldigung, die wir gefühlt 100-mal am Tag benutzen? „Wir leben in einer relativ rücksichtslosen Gesellschaft, gewisse Höflichkeitsrituale machen das Zusammenleben angenehmer“, sagt der Experte. Zum Beispiel wenn man im Restaurant die Gäste am Nachbartisch fragt: Entschuldigen, darf ich Sie kurz stören und mir den Salzstreuer nehmen? Oder sich im Supermarkt entschuldigt, wenn man jemandem mit dem Einkaufswagen die Vorfahrt nimmt. „Diese Form der Entschuldigung gehört zu den sozialen Ritualen, die unser Leben verbessern, weil es die Härte und die Möglichkeit von Verletzungen mildert.“ Aber: Man sollte es nicht übertreiben! „Es gibt Menschen, die sich schon prophylaktisch entschuldigen, bevor sie überhaupt etwas tun. Das ist eine Form von Unterwürfigkeit, die klein macht.“ |