Welcher strand an der ostsee

Usedom, kurz vor Polen

Welcher strand an der ostsee

Die let­zten Strand­körbe vor Polen © jes/zweikuesten

Wo kann man das son­st: an einem her­rlich bre­it­en und nahezu unberührten Strand ent­langlaufen und dabei unverse­hens und unbe­merkt die Seit­en wech­seln, von einem Land zum näch­sten – ohne Stachel­draht zu durchtren­nen oder gries­grämige Gren­z­er zu passieren? Man merkt noch nicht mal, dass man die Gren­ze passiert. Denn dafür müsste man den Blick auf die Düne heften, statt aufs Meer, und die rudi­men­tären Gren­zan­la­gen, mehr Denkmal als Gren­ze, ver­steckt in den Dünen aus­machen. Man kön­nte dann hochlaufen, den Bohlen­weg ent­lang und ein Foto von sich machen, wie man zwis­chen den Län­dern ste­ht. Man kann aber auch ein­fach am Strand weit­er laufen, bis man immer mehr Pol­nisch als Deutsch hört, Strand­körbe verge­blich sucht und plöt­zlich eine unerk­lär­liche Lust ver­spürt auf Waf­feln mit Schlagsahne und Erd­beeren oben­drauf. Willkom­men in Świnou­jś­cie, der pol­nis­chen und großstädtis­chen Seite Usedoms!

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Rügen, Schaabe

Welcher strand an der ostsee

Unver­bautes Vergnü­gen: Strand auf der Schaabe © TZR

Aus der Luft betra­chtet wirkt diese Nehrung mit etwas Fan­tasie wie das Oberteil eines überdi­men­sion­alen Biki­nis, das sich zwis­chen den Hal­binseln Jas­mund und Wit­tow span­nt. Und das passt sog­ar: Auf Schaabe lässt man die Tex­tilien näm­lich gern im Sand liegen oder packt sie gar nicht erst ein. FKK ist weit ver­bre­it­et und gehört hier auch gut hin. Denn auf der Schaabe darf Natur noch Natur sein, die zwölf Kilo­me­ter lange Nehrung ist nicht ver­baut. Lediglich eine Straße gibt es, einen Fahrrad­weg und eine Försterei. Son­st nichts. Kein Kiosk, keine Strand­bar, kein Eis­café. Wer hier den Tag ver­brin­gen will, sollte sich also einen Imbiss ein­steck­en. Gebildet hat sich die bizarre Form der Schaabe übri­gens durch die Kraft der Bran­dung. Diese trägt nun auch gern wieder Sand­massen ab. Das soll der aufwändig gepflanzte Strand­hafer ver­hin­dern. Damit die Biki­ni-Fig­ur erhal­ten bleibt.

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Darss, Weststrand

Welcher strand an der ostsee

Natür­lich, der Wes­trand! Der darf in keinem Rank­ing fehlen. © Thomas Grundner/Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern

Diese Strand­schön­heit ist es gewohnt, ständig unter die Besten gewählt zu wer­den. Arte kürte den 14 Kilo­me­ter lan­gen West­strand auf dem Darss sog­ar zu einem der zehn schön­sten Strände der Welt. Was macht ihn aus? Das Wilde. Das Urwüch­sige. Das Roman­tis­che. Das End­lose. Hier formten Flo­ra und Wind bizarre Baumgestal­ten, Wind­flüchter genan­nt, weil sie ihre Kro­ne vom Meer abwen­den als woll­ten sie fliehen. Bäume dür­fen sich in den Sand fall­en lassen und ein­fach liegen bleiben. Badegäste tun es ihnen gle­ich. Manch­er bastelt sich vorher noch aus herum liegen­den Ästen und Zweigen einen Wind­schutz. Denn Strand­körbe sucht man am West­strand eben­so verge­blich wie Kioske und Kinderan­i­ma­tion. Das Geheim­nis also dieser Strand­schön­heit: Sie kommt ohne Kos­metik aus, ohne Ein­griffe, ohne Repara­turen – und ist ein­fach ganz natürlich.

Warnemünde

Welcher strand an der ostsee

Und im Hin­ter­grund wacht das Hotel Nep­tun über den Strand © Hotel NEPTUN, Warnemünde

Er ist der bre­iteste Strand der deutschen Ost­seeküste: 100 bis 150 Meter läuft man in Warnemünde von der Prom­e­nade bis zum Wass­er, und zwar über fein­sten Ost­seestrand. Dabei heftet sich der Blick an den Hor­i­zont, wo in diesem Moment ver­mut­lich ger­ade ein großer Kreuzer Kurs auf den Hafen der Stadt nimmt (Warnemünde ist Deutsch­lands wichtig­ster Kreuz­fahrthafen). Oder ein paar her­rliche Großsegler zum jährlichen Schaulaufen ein­laufen (immer im August zur Hanse Sail). Hier gibt es ständig was zu guck­en. Dass hin­ter dem Strand ein paar hohe Häuser ste­hen und es dort plöt­zlich sehr urban wird, kann man da pri­ma aus­blenden. Tat­säch­lich stören die Hotel­baut­en – das Nep­tun, das a‑ja – nicht. Denn die sind so weit weg, dass sie wed­er Schat­ten wer­fen, noch sich in den Blick drän­geln. Und irgend­wie hat es doch auch seinen Reiz, eine ganze Stadt im Rück­en zu wissen.

Nienhagen, Gespensterwald

Welcher strand an der ostsee

Wenig gespen­stisch: Gespen­ster­wald bei Nien­hagen © Kurver­wal­tung (KV) Ost­see­bad Nienhagen

Die Sonne muss tief ste­hen, um diesem Gespen­ster­wald etwas gespen­stis­ches abzugewin­nen. Denn dann wer­fen die bizarren, von Wind und Seeluft geformten, knochi­gen Bäume lange Schat­ten und scheinen das Licht gespen­stisch gefan­gen zu hal­ten, wie in dem Käfig eines bösen Zauber­ers. Anson­sten fällt es schw­er, hier Gruseliges zu ent­deck­en, ist das etwa 180 Hek­tar große Mis­chwald­stück namens Nien­häger Holz – etwa auf hal­ber Strecke zwis­chen Heili­gen­damm und Warnemünde gele­gen – doch vor allem eines: auf einzi­gar­tige Weise schön. Beson­ders, wenn sich das Blau des Meeres als Hin­ter­grund auf­spielt und die Sonne die spär­liche Belaubung in den Baumkro­nen leucht­en lässt. Wer hier am Strand liegt, sollte den Blick auf die Bäume heften, wie er es son­st vielle­icht mit den Wolken tut, und sein­er Fan­tasie freien Lauf lassen. Vielle­icht fällt ihm dabei ja eine märchen­hafte Geschichte ein, in der auch das ein oder andere Gespenst herum­spuken darf.

Boltenhagen im Klützer Winkel

Welcher strand an der ostsee

See­brücke in Boltenhagen © Ost­see­bad Boltenhagen

Erst wun­dert man sich über die nächtliche Beleuch­tung am Strand. Doch dann däm­mert es: Natür­lich, wir sind in Boltenhagen, dem einst west­lich­sten Strand der DDR, Hoff­nungs­gewäss­er für Repub­lik­flüchtlinge und Her­aus­forderung für Schein­wer­fer und andere Leucht­mit­tel. Heute leuchtet das Licht in der Nacht allen­falls der Erin­nerung den Weg. Und Mit­ter­nachts­baden­den, die natür­lich keine Ver­fol­gung mehr fürcht­en müssen und den Strand stattdessen in ein­er ganz eige­nen Stim­mung genießen. Aber auch bei Tages­licht ist der Strand von Boltenhagen beein­druck­end. Fünf Kilo­me­ter lang und 30 bis 50 Meter bre­it, mit einem üppi­gen Küsten­wald im Rück­en und der zwei­thöch­sten Steilküste der deutschen Ost­see zur linken Hand. Vor allem Fam­i­lien zieht es im Som­mer hier­her. Denn das Wass­er ist schön flach und der Strand nicht so voll. Und wer die Ein­samkeit bevorzugt, der wan­dert ein­fach ein biss­chen im Klützer Winkel herum, dem ehe­ma­li­gen Gren­zge­bi­et – und trifft hier zuweilen keine einzige Menschenseele.

Fehmarn, Südstrand Burgtiefe

Welcher strand an der ostsee

Baden mit Jacob­sen im Rück­en © IFA Fehmarn Hotel & Ferien-Centrum

Nein, schön sind sie nicht, die drei Wolkenkratzer aus den Sechziger­jahren, die direkt hin­ter dem Strand in den Him­mel schießen. Der Name des Architek­ten –  es war kein gerin­ger­er als Arne Jacob­sen – macht sie lei­der auch nicht schön­er. Denn der wollte gar nicht so hoch bauen. Fünf Eta­gen sollte sein Ensem­ble max­i­mal aus dem plat­ten Eiland wach­sen. Die Lokalpoli­tik­er macht­en 17 draus – und damit nicht nur den dänis­chen Star-Architek­ten unglück­lich. Wer heute am Süd­strand Burgtiefe auf Fehmarn Urlaub macht, kommt also um den Anblick der drei Hochhäuser (zwei von ihnen beherber­gen ein Hotel, das andere eine Mut­ter-Kind-Klinik) nicht herum. Am besten postiert er sich so, dass er die Baut­en im Rück­en und nicht im Blick hat – was pri­ma geht, denn der Süd­strand zwingt die Son­nenan­beter nicht dazu, sich umzu­drehen – oder er checkt gle­ich direkt im IFA-Hotel ein. Denn wer drin sitzt, kann raus­guck­en: aufs Meer! Und der Aus­blick ist in allen Apart­ments, das hat Jacob­sen per­fekt geplant, ein­fach grandios.

Fehmarn gehört übri­gens zu den 5 beliebtesten deutschen Urlaub­sin­seln. Hier geht es zum Artikel.

Grömitz und Lensterstrand

Welcher strand an der ostsee

Naturschutzge­bi­et Lenster­strand © Touris­mus-Ser­vice Grömitz

Grömitz gehört zu den ältesten See­bädern der Ost­see: Ab 1813 empf­ing das dama­lige Fis­cher­dorf seine ersten Gäste und ließ sie in aufgewärmtem Meer­wass­er baden. Das geht auch heute noch, im Spaßbad Grömitzer Welle. Aber eigentlich erwärmt sich das Wass­er an schö­nen Tagen in der flachen Bucht sehr gut selb­st. Und leuchtet dabei manch­mal so karibisch Türkis, dass jed­er Flug in die Ferne ein Legit­i­ma­tion­sprob­lem bekommt. Tat­säch­lich ist der Strand von Grömitz traumhaft, der Sand ein­er der fein­sten, und ein Ende – bei acht Kilo­me­tern Gesamtlänge – nicht in Sicht. Doch wer jet­zt denkt, dass sich da selb­st in der Hoch­sai­son ein ruhiges Plätzchen find­en müsste, dürfte vor Ort eines besseren belehrt wer­den. Grömitz ist vor Tim­men­dor­fer Strand der wichtig­ste Ferienort an der Ost­seeküste von Schleswig Hol­stein. Wem das zu viel Trubel ist, der wan­dert ein­fach ein Stück weit­er zum naturgeschützten Lenster­strand und genießt die Idylle.

Weidefelder Strand bei Kappeln

Welcher strand an der ostsee

Traum­strand am Meere­sarm © Ost­seefjord Schlei/Orbiter Aer­i­al Footage

Nebe­nan wird ein biss­chen Skan­di­navien gespielt: Ost­seeFjord nen­nen die Touris­tik­er die Schlei, weil sie glauben, diese Gegend damit bess­er ver­mark­ten zu kön­nen. Dabei ist die Schlei gar kein Fjord. Son­dern schlicht ein Meere­sarm, der sich 40 Kilo­me­ter ins Land hinein räkelt – und ver­bales Auf­don­nern übri­gens über­haupt nicht nötig hat. Und ist Meere­sarm nicht auch ein schönes Wort, das Assozi­a­tio­nen weckt? Damit lässt sich zum Beispiel sehr anschaulich die Lage des Wei­de­felder Stran­des bei Kap­peln beschreiben, denn der liegt qua­si in der Achsel­höh­le jenes Glied­maßes: An der Schleimün­dung in Schleimünde nimmt der Strand seinen Anfang und endet im Ost­see­bad Schön­hagen. Drei Kilo­me­ter, auf denen sich fein­ster Sand­strand, ein niedriger Dünengür­tel und flach­es Wass­er zu einen kleinen Traum­strand vere­inen. An Skan­di­navien denkt hier nie­mand, eher ans Mittelmeer.

Wassersleben bei Flensburg

Welcher strand an der ostsee

Mit Blick auf die dänis­che Küste © Flens­burg­er Fjörde

Wasser­sleben! Der Name scheint eigens geschaf­fen für diese kleine Per­le von Strand, die sich nahe der dänis­chen Gren­ze in eine Bucht schmiegt und seine Badegäste wed­er zu größer­er Bewe­gung nötigt (man kann im Liegen bis nach Däne­mark guck­en) noch zu lan­gen Strandspaziergän­gen (das Ende des Stran­des ist schnell in Sicht) und sie stattdessen beim Bade mit weichem, fast war­men Wass­er fre­undlich umspielt. Savoir-vivre am Strand. Wasser­sleben! Doch erstaunlicher­weise wurde der Name gar nicht durch den begeis­terten Aus­ruf eines vor­bei­flanieren­den Vor­fahren kreiert. Vielmehr geht er auf einen Her­rn Kon­feren­zrat Joachim Wasser­schlebe zurück, der hier im Jahr 1780 ein größeres Grund­stück als Alter­sruh­e­sitz erwarb.

Der Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift DÜNENZEIT Ost­see, Aus­gabe Som­mer 2017. Die Zeitschrift mit Reporta­gen und Aus­flugstipps für die Küsten von Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Schleswig-Hol­stein gibt es zum Preis von 5,90 Euro am Kiosk oder hier online.

Euer Lieblingsstrand ist nicht dabei? Dann ergänzt ihn gern unten im Kom­men­tar­feld. Es sei denn, Ihr wollt ihn lieber für euch behalten…