Haben Sie eine Aufenthaltserlaubnis § 25a Abs. 1 AufenthG erhalten (vgl. Kapitel 14.1.1), soll Ihren minderjährigen unverheirateten Kindern eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 S. 4 AufenthG erteilt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: a) Familiäre LebensgemeinschaftIhre Kinder müssen mit Ihnen in familiärer Lebensgemeinschaft leben. b) Keine strafrechtliche Verurteilung in bestimmtem UmfangEine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 S. 2 AufenthG wird nicht erteilt, wenn Ihr Kind wegen einer hier begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde.[1] Dabei werden Geldstrafen nicht berücksichtigt
c) Weitere ErteilungsvoraussetzungenNach dem Nds. Erlass[3] soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden auch wenn der Lebensunterhaltssicherung nicht gesichert, die Identität und Staatsangehörigkeit nicht geklärt ist oder Ausweisungsgründe vorliegen. Nur von der Erfüllung der Passpflicht soll nicht abgesehen werden. Die Aufenthaltserlaubnis kann auch erteilt werden, wenn der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde.[4] Wenn ein Einreise- und Aufenthaltsverbot besteht, zum Beispiel weil Sie aus einem sog. sicheren Herkunftsstaat kommen und Ihr Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde,[5] soll dieses aufgehoben werden.[6] Liegen die Erteilungsvoraussetzungen vor, ist das Ermessen regelmäßig zugunsten der Betroffenen auszuüben werden.[7] Falls wenn Ihr Kind keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 S. 4 AufenthG erhält, kommt ggf. die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den allgemeinen Regelungen des Familiennachzugs in Betracht (siehe unten).[8] Die Aufenthaltserlaubnis darf allerdings nur aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland erteilt werden.[9] Ansonsten muss zumindest eine Duldung nach § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG erteilt werden, weil die Abschiebung aus rechtlichen Gründen unmöglich ist (vgl. Kapitel 11.1). BewertungDiese wohl gut gemeinte Bleiberechtsregelung geht an den Realitäten der Familien vorbei. Viele werden die vollständige Lebensunterhaltssicherung nicht leisten können. Durch die Altersvorgabe für die Antragstellung werden viele junge Menschen ausgeschlossen. Den mit der Regelung einher gehenden Familientrennungen, sei es, dass die Eltern die Erteilungsvoraussetzungen nicht erfüllen, sei es, dass die Eltern und Geschwister der Volljährigen gar nicht begünstigt werden, muss mit aller Kraft entgegengetreten werden. FamiliennachzugBei einer Aufenthaltserlaubnis nach den § 25a Abs. 2 AufenthG ist ein Familiennachzug leider ausgeschlossen.[11] Haben Sie eine Aufenthaltserlaubnis nach den § 25a Abs. 1 AufenthG, darf Ihrem Ehegatten und Ihrem minderjährigen Kind eine Aufenthaltserlaubnis nur aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland erteilt werden.[12] An das Vorliegen humanitärer Gründe dürfen wegen des Schutzes von Ehe und Familie in Art. 6 Grundgesetz keine strengen Anforderungen gestellt werden. Ein humanitärer Grund liegt zum Beispiel vor, wenn die familiäre Gemeinschaft auf absehbare Zeit nur in Deutschland hergestellt werden kann.[13] Ihr/e Ehepartner/in kann einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis haben, wenn die Ehe bei der Erteilung Ihrer Aufenthaltserlaubnis bereits bestand und die Dauer Ihres Aufenthalts im Bundesgebiet voraussichtlich über ein Jahr betragen wird.[14] Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, trifft die Ausländerbehörde eine Ermessensentscheidung, ob die Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.[15] Wenn Sie oder Ihr/e Ehepartner/in noch keine 18 Jahre alt ist, kann er oder sie noch nicht nach Deutschland kommen. Sie müssen abwarten, bis Sie und Ihr/e Ehepartner/in 18 Jahre alt ist. Hiervon kann in Härtefällen abgesehen werden, z.B. bei Vorliegen einer Schwangerschaft.[16] Eine weitere Voraussetzung für den Ehegattennachzug ist, dass der Ehegatte sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann.[17] Vom Familiennachzug ausgeschlossen sind unverheiratete Partner/innen. Der/die gleichgeschlechtliche Lebenspartner/in zählt nur dann dazu, wenn die Lebenspartnerschaft schon im Ausland vom Staat anerkannt wurde und sie in ihrer Ausgestaltung der deutschen Lebenspartnerschaft im Wesentlichen entspricht.[18] Zu den Kindern gehören auch Adoptiv- oder Stiefkindern.[19] Anderen Familienangehörigen (zum Beispiel Großeltern, volljährigen Kindern, Tanten und Onkel, Cousins und Cousinen oder Enkeln) kann der Familiennachzug erlaubt werden, wenn eine “außergewöhnliche Härte” vorliegt,[20] also zum Beispiel, wenn der Familienangehörige in Deutschland aufgrund besonderer Lebensumstände auf die Betreuung gerade durch diese/diesen Verwandte/n angewiesen ist. Auch wenn dies der Fall ist, besteht noch kein Anspruch auf Nachzug, sondern es steht im Ermessen der Behörde, ob dieser gestattet werden soll. Die Behörden machen nur selten von dieser Regelung Gebrauch. Für den Familiennachzug müssen Ihre Angehörigen die Passpflicht erfüllen.[21] Es ist auch erforderlich, dass ausreichender Wohnraum für Sie und Ihre Familienangehörigen zu Verfügung steht und dass der Lebensunterhalt gesichert ist.[22] Ist der Familienangehörige, der nachziehen will, bereits einmal ausgewiesen, an der Grenze zurückgeschoben oder abgeschoben worden, wurde gegen ihn ein befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot verhängt.[24] Zuständig dafür ist die Ausländerbehörde, die die Ausweisung verhängt und die Abschiebung oder Zurückschiebung durchgeführt hat. Die Ausländerbehörde kann ein befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot auch dann anordnen, wenn jemand nicht innerhalb der ihm hierfür gesetzten Frist ausgereist ist.[25] Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kann ein solches Verbot anordnen, wenn Flüchtlingen aus sog. „sicheren Herkunftsstaaten“ kommen[26] oder wenn ein Folgeantrag wiederholt erfolglos blieb.[27] Ein Familiennachzug ist in solchen Fällen nur möglich, wenn man erfolgreich einen Antrag auf Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots oder auf Verkürzung der Frist stellt; die Aufhebung oder Fristverkürzung kann erfolgen zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Betroffenen oder wenn der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots dieses nicht mehr erfordert.[28] Die Ausländerbehörde wird bei der Entscheidung über die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots oder über die Verkürzung der Befristung voraussichtlich oft zur Bedingung machen, dass vorher die Abschiebungskosten bezahlt wurden. Erst danach können die Familienangehörigen bei der deutschen Botschaft im Ausland ein Visum für die Einreise erhalten. Weitere Einzelheiten sind der Handreichung zum Thema Einreise- und Aufenthaltsverbote (Stand Juli 2019) zu entnehmen siehe https://www.nds-fluerat.org/wp-content/uploads/2019/09/2019_08_Fl%C3%BCRatNds_Handreichung_Einreiseverbot.pdf. Das Visum muss bei der deutschen Botschaft im Ausland beantragt werden. Die für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständige Ausländerbehörde in Deutschland muss dann der Erteilung des Visums zustimmen.[29] Diese Ausländerbehörde kann – vor allem dann, wenn die Familienangehörigen auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis einen Anspruch haben, wenn ein öffentliches Interesse besteht oder wenn ein dringender Fall vorliegt – einer Visumerteilung zustimmen, bevor die Familienangehörigen den Visumsantrag bei der Botschaft gestellt haben (Vorabzustimmung). Das Nds. Innenministerium hat die Ausländerbehörden im Erlass vom 20.08.2015[30] gebeten, von dieser Möglichkeit in geeigneten Fällen Gebrauch zu machen. Dies gelte auch für Visaverfahren bei den überlasteten Visastellen der deutschen Auslandsvertretungen in den Nachbarländern Syriens.
AufenthaltssicherungWenn Sie fünf Jahren lang eine Aufenthaltserlaubnis haben, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen eine Niederlassungserlaubnis erhalten.[33] Bei der Voraussetzung, dass Sie fünf Jahren lang eine Aufenthaltserlaubnis gehabt haben müssen, ist Folgendes zu berücksichtigen:
Außerdem müssen Sie für die Niederlassungserlaubnis folgende Bedingungen erfüllen:[38]
Es reicht aus, wenn ein/e Ehepartner/in die Versicherungsbeiträge geleistet hat.[44] Dann kann auch der andere Ehepartner die Niederlassungserlaubnis erhalten. Übergangsregelung: [45] Wenn Sie bereits vor 2005 eine Aufenthaltsbefugnis oder Aufenthaltserlaubnis besessen haben, müssen Sie die 60 Monate Rentenversicherungszeiten nicht nachweisen. Auch auf den Nachweis von Kenntnissen der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung wird dann verzichtet und es genügt, dass Sie sich auf Deutsch mündlich verständigen können.[46] Menschen mit Erkrankungen oder Behinderungen können eine Niederlassungserlaubnis auch dann erhalten, wenn sie aufgrund ihrer Krankheit oder Behinderung keine Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 und Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung haben[47] oder wenn sie deswegen nicht den Lebensunterhalt sichern oder die Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung nicht leisten konnten.[48] Flüchtlingen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 22-25b AufenthG, die als Minderjährige eingereist oder in Deutschland geboren sind, kann unter bestimmten leichteren Voraussetzungen eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden:[49] Ist der Flüchtling minderjährig, muss er hierfür, wenn er 16 Jahre wurde oder wird, die Aufenthaltserlaubnis bereits seit fünf Jahren gehabt haben.
Es besteht kein Anspruch auf die Erteilung eine Niederlassungserlaubnis nach Ablauf der fünfjährigen Wartefrist,[50] wenn:
Die Niederlassungserlaubnis kann aber trotzdem nach Ermessen erteilt werden.[52] Von der Sonderregelung können junge Erwachsene auch dann profitieren, wenn sie als Minderjährige eingereist und inzwischen verheiratet sind. Mit Erteilung einer Niederlassungserlaubnis erhalten die Kinder ein eigenständiges, von den Eltern unabhängiges Aufenthaltsrecht. [1] § 25a Abs. 3 AufenthG. [2] Das ist zum Beispiel der wiederholte Verstoß gegen eine räumliche Beschränkung (§ 95 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG). [3] Nds. Innenministerium, Erlass vom 03.07.2019, S. 19, https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/niedersaechsische_erlasse_seit_2014/niedersaechsische-erlasse-seit-2014-139998.html. [4] §§ 25a Abs. 4; 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG. [5] § 11 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 AufenthG, § 29a AsylG, Anlage II zum AsylG [6] § 11 Abs. 4 S. 2 AufenthG, Nds. Innenministerium, Erlass vom 03.07.2019, S. 20, https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/niedersaechsische_erlasse_seit_2014/niedersaechsische-erlasse-seit-2014-139998.html. [7] Nds. Innenministerium, Erlass vom 03.07.2019, S. 19, https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/niedersaechsische_erlasse_seit_2014/niedersaechsische-erlasse-seit-2014-139998.html. [8] Nds. Innenministerium, Erlass vom 03.07.2019, S. 21, https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/niedersaechsische_erlasse_seit_2014/niedersaechsische-erlasse-seit-2014-139998.html. [9] § 29 Abs. 3 S. 1 AufenthG. [10] Nds. Innenministerium, Erlass vom 03.07.2019, S. 16, https://www.mi.niedersachsen.de/startseite/niedersaechsische_erlasse_seit_2014/niedersaechsische-erlasse-seit-2014-139998.html. [11] § 29 Abs. 3 S. 2 AufenthG. [12] § 29 Abs. 3 S. 1 AufenthG. [13] Müller in Hofmann, Ausländerrecht, 2.Aufl. 2016, § 29 AufenthG, Rn. 20. [14] § 30 Abs. 1 Nr. 3e AufenthG. [15] § 30 Abs. 2 S. 2 AufenthG. [16] § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; Abs. 2 S. 1 AufenthG. [17] § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG. [18] § 27 Abs. 2 AufenthG, AVwV 27.2.2. [19] AVwV 32.0.5; 28.1.2.1; nach den AVwV kommt bei Pflegekindern nur die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 AufenthG in Betracht. [20] § 36 Abs. 2 AufenthG. [21] § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG. [22] § 29 Abs. 1 AufenthG. [23] § 2 Abs. 4 AufenthG, AVwV 2.4.2. [24] § 11 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 AufenthG. [25] § 11 Abs. 6 S. 1 AufenthG, die Anordnung darf nicht erfolgen, wenn jemand unverschuldet an der Ausreise gehindert war oder die Überschreitung der Ausreisefrist nicht erheblich ist. [26] Die Anordnung ist nur möglich, wenn der Asylantrag bestandskräftig als offensichtlich unbegründet abgelehnt, kein subsidiärer Schutz zuerkannt und das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und keinen Aufenthaltstitel vorliegt, § 11 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 AufenthG. [27] Vgl. § 11 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 AufenthG. [28] § 11 Abs. 4 S. 1 AufenthG. [29] § 31 Abs. 1 AufenthV. [30] Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, – Referat 61 (Ausländer- und Asylrecht) -61.11 – 12230/ 1-9 (§ 31), siehe http://www.nds-fluerat.org/infomaterial/erlasse-des-niederschsichen-ministeriums/. [31] § 77 Abs. 2 AufenthG. [32] Auswärtiges Amt, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/FAQ/VisumFuerD/10-Ablehnung.html?nn=350374. [33] §§ 26 Abs. 4 S. 1; 9 Abs. 2 S. 1 AufenthG. [34] § 26 Abs. 4 S. 3 AufenthG. [35] Vgl. AVwV 26.4.8 zur Fassung des § 26 Abs. 4 AufenthG vor dem 01.08.2015. [36] AVwV 9.2.1.1. [37] AVwV 85.3. [38] §§ 26 Abs. 4 S. 1; 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 – 9 AufenthG. [39] § 2 Abs. 3 AufenthG. [40] Nach § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AufenthG dürfen „Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unter Berücksichtigung der Schwere oder der Art des Verstoßes gegen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder der vom Ausländer ausgehenden Gefahr unter Berücksichtigung der Dauer des bisherigen Aufenthalts und dem Bestehen von Bindungen im Bundesgebiet nicht entgegenstehen.“ [41] § 35 AufenthG. [42] § 12a Abs. 1 Nr. 2 StAG. [43] § 2 Abs. 11 AufenthG. [44] § 9 Abs. 3 AufenthG. [45] § 104 Abs. 2 AufenthG; AVwV 104.2 – 104.2.3. [46] § 102 Abs. 2 AufenthG, § 104 Abs. 2 AufenthG. [47] § 9 Abs.2 S. 3 AufenthG. [48] § 9 Abs.2 S. 6 AufenthG. [49] §§ 26 Abs. 4 S. 4; 35 AufenthG. [50] § 35 Abs. 3 S. 1 AufenthG. [51] § 35 Abs. 5 AufenthG. [52] § 35 Abs. 3 S. 2 AufenthG. |