Schön hier aber waren sie schonmal in baden württemberg

Foto: dpa

Stuttgart. (dpa-lsw) Die beste Werbung für Baden-Württemberg in diesen Tagen? Das Foto-Posting einer jungen Frau im Leoparden-Bikini, aufgenommen auf einer Karibik-Insel, sie lehnt sich in einer Strandbar an einen Tresen mit Rum-Flaschen. Viel Haut, viel Sonne - und ein kleiner ovaler und blassgelber Aufkleber auf der Bar, der ins Auge fällt.

"Nett hier", heißt es darauf. "Aber waren Sie schon mal in Baden-Württemberg?" Einst vom Staatsministerium in Serie produziert, wirbt der Sticker schon seit 18 Jahren selbstironisch für das Land. Eigentlich eher analog gedacht, trägt er sich durch das Internet auch viral in die Welt. Und da die Dame im Leo-Bikini niemand anderes ist als Anastasia Karanikolaou, Influencerin, Berühmtheit im sozialen Netzwerk Instagram und Freundin der jüngsten Milliardärin der Welt, Kylie Jenner, sorgen Sticker und Werbung vor allem in diesen Tagen für weltweites Aufsehen.

Wettergegerbt klebt er an Fahrradständern oder Parkbänken, an Gipfelkreuzen und auf einem Laternenpfahl in Kopenhagen, auf der New Yorker Brooklyn Bridge und einer südafrikanischen Holzbrüstung. Immer wieder gehören die Aufkleber auch zum Urlaubsgepäck baden-württembergischer Touristen, sie werden am Mittelmeerstrand ebenso in die Kamera gehalten wie in Südkorea, sie sind auf Hawaii ebenso zu finden wie in der Nähe vom Mount Everest und am Machu Picchu in Peru. Unter dem Hashtag #netthier sammeln sich die Erinnerungsfotos und patriotischen Klebe-Bekenntnisse aus dem "Ländle".

Der Spruch ist Teil der erfolgreichen Marketingkampagne, die Ende der 1990er Jahre auch mit dem Slogan "Wir können alles. Außer Hochdeutsch" berühmt wurde. Den Claim kannte nach Angaben der Werbeagentur Scholz & Friends jeder vierte Deutsche. "Nett hier", hieß es unter anderem auf Fernzügen der Bahn, auf Bussen und Stadtbahnen, auf Werbebannern in Flughäfen und Messehallen. So tourte der PR-Gag, mit dem das Land gegen Vorurteile von Provinzialität und Arbeitswut ankämpfen wollte, durch Hamburg, Düsseldorf, München oder Berlin - und verselbstständigte sich schnell.

"Damals haben alle gesagt, der Aufkleber sei tot", sagt Stefan Wegner, Geschäftsführer bei der Marketingagentur Scholz & Friends Berlin, die die Kampagne damals entwickelt hat. "Aber alles, was auf einen Aufkleber passt und eine gute Botschaft transportiert, passt eben auch auf ein Smartphone." Der "Nett hier"-Sticker spiele erfolgreich mit Identifikation und Identität - "das können die meisten nachempfinden".

Seit langem gehört der Aufkleber zu den Exportschlagern des baden-württembergischen Landesmarketings - ebenso wie T-Shirts, Kugelschreiber und eine Yoga-Matte, auf der für die baden-württembergische Work-Life-Balance geworben wird. Mit dem Post aus der Beachbar Little Bay in der Karibik schnellen die Bestellzahlen für den Sticker weiter nach oben. "Pro Jahr haben wir 35.000 bis 40.000 Aufkleber im Versand, seit dem Post kamen bereits 10.000 weitere Bestellungen dazu", freut sich Thomas Bürger vom Staatsministerium. "Es ist wunderbar, dass ein kleiner analoger Sticker einen solchen Hype in der viralen Welt auslösen kann."

Schön hier aber waren sie schonmal in baden württemberg

Selbst der Landesvater ist begeistert: "Es ist schön zu sehen, dass ein Aufkleber aus der analogen Welt in der digitalen Welt so durch die Decke geht", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). "Und abgesehen davon ist es gute Werbung für Baden-Württemberg."

Und auch Scholz & Friends setzt den neuen Erfolg seines alten Aufklebers schnell um: Am Donnerstag wollten die Werbestrategen einen Sticker im XL-Format auf eine Litfaßsäule direkt vor der Unternehmenszentrale kleben.

So ein Aufkleber ist ja ursprünglich vor allem eins: herrlich analog. Er wird ausgedruckt und dann irgendwohin in die Welt geklebt, auf Stromkästen und Klotüren in Clubs und auf Spiegel in Bars. Seit einigen Jahren werden diese Sticker dort aber nicht nur gesehen, sondern oft auch mit dem Smartphone abfotografiert – und so in die sozialen Netzwerke gebracht.

So jetzt auch der Aufkleber „Nett hier. Aber waren Sie schon mal in Baden-Württemberg?“. Seit immerhin 20 Jahren gibt es den Spruch samt Sticker schon – und er funktioniert anscheinend immer noch. Besonders dann, wenn eine Influencerin sich damit ablichten lässt und das Bild mit ihren knapp fünf Millionen Follower*innen teilt.

Hier fehlt zusätzlicher Inhalt

Komplett laden

Geplant war das sicherlich nicht so: Auf dem Bild posiert Anastasia Karanikolaou, die beste Freundin von Kylie Jenner, im Bikini vor einer Reihe von Rum-Flaschen in einer Strandbar auf der Karibikinsel Anguilla, in der Ferne glitzert das Meer. Und unter der Theke klebt er, der Sticker, und fragt: „Nett hier. Aber waren Sie schon mal in Baden-Württemberg?“

Natürlich blieb das vor den Adleraugen der Instagram-User*innen nicht lange verborgen. „Nett hier“, kommentiert ein Nutzer unter dem Foto. „Mir sin überall“, schreibt ein anderer. Und als eine Userin den Sticker auf Twitter postet, teilen andere Menschen die „Baden-Württemberg“-Sticker, die sie schon auf Reisen entdeckt haben. Denn anscheinend tragen sehr viele Menschen ihre Baden-Württemberg-Liebe an die entferntesten Orte der Welt:

Hier fehlt zusätzlicher Inhalt

Komplett laden

Hier fehlt zusätzlicher Inhalt

Komplett laden

Hier fehlt zusätzlicher Inhalt

Komplett laden

Hier fehlt zusätzlicher Inhalt

Komplett laden

Hier fehlt zusätzlicher Inhalt

Komplett laden

Dass der Sticker mal so viral gehen würde, hätten sich die Macher damals sicherlich nicht erträumt – davon abgesehen, dass es das Wort „viral“ damals ohnehin in diesem Zusammenhang noch nicht gab. Freuen darf sich Baden-Württemberg über die kostenlose Kampagne aber auf jeden Fall. Zumal sie, wenn auch mit Verspätung, sehr erfolgreich ist. Anders als eine andere lokalpatriotische Kampagne aus Baden-Württemberg, die 2010  komplett in die Hose ging: In ganz Deutschland warb Konstanz für sich als „Die Stadt am H2O“. Gemeint war damit der Bodensee. Der Fail: Auf den Plakaten war nicht die chemische Strukturformel von Wasser, sondern die von Formaldehyd zu sehen.

Immer diese Influencer*innen: