Wo befindet sich das bindegewebe

Der Begriff „Bindegewebe“ kann auf zweierlei Arten interpretiert werden: Zum einen „verbindet“ Bindegewebe verschiedene Gewebetypen im Körper und dient dabei als Reserve- oder Verschiebeschicht, bspw. zwischen der Schleimhaut und der glatten Muskulatur im Darm. Zum anderen stellt der besondere Zellzwischenraum des Bindegewebes, den man auch als „Extrazellulärmatrix“ bezeichnet, eine Art „Bindemittel“ für große Mengen von Ionen und Wasser dar, die entscheidend zu den biomechanischen Eigenschaften des Bindegewebes beitragen.

Der Hauptzelltyp im Bindegewebe ist der Fibroblast, der für Synthese und Umbau der Extrazellulärmatrix sorgt. Weiterhin befinden sich im Bindegewebe verschiedene Zellen des Immunsystems.

Unter dem Begriff „Extrazellulärmatrix“ (EZM) muss man sich ein dreidimensionales Netzwerk aus verschiedenen Makromolekülen vorstellen. Je nach genauer Zusammensetzung der Extrazellulärmatrix hat das Bindegewebe verschiedene biomechanische Eigenschaften. Die Makromoleküle lassen sich in folgende Hauptgruppen einteilen:

Bindegewebsfasern

Die drei Fasertypen der EZM (kollagene, retikuläre und elastische Fasern) bestehen jeweils aus mehreren Tausend hintereinander geketteten Proteinmolekülen. Dabei unterscheidet man zwei Arten von Proteinen: Kollagen und Elastin. Kollagenmoleküle bilden die kollagenen Fasern und die retikulären Fasern, während Elastinmoleküle die elastischen Fasern bilden.

Kollagen

  • Definition: Kollagene sind Glykoproteine, die von Fibroblasten sezerniert werden und sich extrazellulär zu langkettigen, teils faserbildenden Makromolekülen (=Polymeren) zusammenlagern. Man unterscheidet je nach Aminosäuresequenz ca. 20 Isoformen.
  • Eigenschaften der Kollagenmoleküle
    • Wasserunlöslich
    • Es gibt faserbildende (fibrilläre) und nicht faserbildende (=nicht fibrilläre) Kollagentypen
  • Aufbau: Kollagenmolekül = Protein mit repetitiver Aminosäuren-Abfolge (Gly-X-Y)n
    • Die erste Aminosäure dieser Dreierfolge ist immer Glycin
    • Position X: Meist Prolin (Am zweithäufigsten: Lysin oder Hydroxylysin)
    • Position Y: Meist Hydroxyprolin (Am zweithäufigsten: Lysin oder Hydroxylysin)
  • Abbau: Erfolgt enzymatisch durch spezifische Kollagenasen
  • Biosynthese: Die Kollagenbildung entspricht der Biosynthese von sekretorischen Proteinen mit mehreren posttranslationalen Modifikationen, die in nachfolgender Tabelle dargestellt werden.

Vitamin C wird für die Hydroxylierung von Prolin und Lysin benötigt, ist also Cofaktor für die Prolylhydroxylase und die Lysylhydroxylase. Diese Hydroxylierung ist die Voraussetzung für eine spätere Quervernetzung des Kollagens. Die eigentliche Quervernetzung durch die Lysyloxidase(!) ist nicht Vitamin-C-abhängig!

Wo befindet sich das bindegewebe
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Osteogenesis imperfecta (sog. Glasknochenkrankheit)
Osteogenesis imperfecta bezeichnet eine Gruppe genetisch bedingter Knochenerkrankungen mit stark herabgesetzter Knochenstabilität aufgrund einer Störung der Kollagensynthese. Aktuell sind elf verschiedene Formen beschrieben, die sich hinsichtlich Genlocus der Mutation sowie Schwere der Erkrankung unterscheiden. Ca. 90% aller Fälle von Osteogenesis imperfecta sind durch autosomal-dominante Mutationen im Gen für das Kollagen-Typ-I-Protein bedingt. Beispielsweise kommt es bei der Osteogenesis imperfecta Typ IV durch eine Mutation zum Austausch eines Glycins durch verschiedene größere Aminosäuren. Das führt dazu, dass die "Verdrillung" der drei Pro-α-Ketten zur Tripelhelix gestört ist. So entsteht fehlerhaftes Kollagen, das seine stabilisierende Funktion innerhalb der Extrazellulärmatrix des Knochens nicht erfüllen kann. Betroffene neigen schon bei geringen Knochenbelastungen zu Frakturen, teilweise sogar bereits intrauterin oder während der Geburt. Somit können Erkrankte im Laufe des Lebens mehr als hundert Knochenbrüche erleiden, mit der Folge von späteren Knochenfehlstellungen und Kleinwuchs.

Elastin

Elastin ist neben dem Kollagen das zweite faserbildende Protein der Extrazellulärmatrix. Jeweils mehrere Elastinmoleküle werden miteinander vernetzt (= Polymerisation) und zu elastischen Fasern gebündelt, die u.a. den Blutgefäßen oder der Haut ihre Elastizität verleihen.

Marfan-Syndrom
Beim genetisch bedingtem Marfan-Syndrom kommt es aufgrund einer Fibrillin-1-Genmutation zu fehlerhaftem Aufbau elastischer Fasern. Die resultierende Bindegewebsschwäche führt äußerlich zu Hochwuchs, abnorm beweglichen Gelenken mit Luxationsneigung und Spinnenfingrigkeit. Innerlich kann es zu aneurysmatischer Aussackung der Aorta mit potenziell lebensbedrohlicher Dissektion kommen.

Faserarten der Extrazellulärmatrix

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Wo befindet sich das bindegewebe

Je mehr kollagene Fasern in der Matrix, desto höher die Zugfestigkeit des Gewebes! Je mehr elastische Fasern in der Matrix, desto höher die Dehnbarkeit des Gewebes!

Glykosaminoglykane

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Allen Glykosaminoglykanen gemein ist ihre starke negative Ladung durch ihre Sulfat- und Carboxylgruppen. Zusammen mit Na+-Kationen können dadurch große Mengen von Wasser in der Matrix gebunden werden.

Nicht-orale Antikoagulation mit Heparin
Das Glykosaminoglykan Heparin wird klinisch als subkutane Injektionslösung zur Thromboseprophylaxe genutzt. Es wirkt durch Bindung an Antithrombin im Blut. Um zu binden, müssen die Heparinmoleküle mindestens 18 Monosaccharide lang sein. Für diese Bindung verantwortlich ist eine spezifische Pentasaccharidabfolge im Heparin, die im Zentrum ein Glucosamin mit essenzieller negativ geladener C3-Sulfatgruppe aufweist. Die aus der Heparinbindung resultierende Konformationsänderung des Antithrombins beschleunigt den Abbau seiner Substrate Thrombin und Faktor Xa etwa um den Faktor 1000.

Proteoglykane

Proteoglykane bestehen hauptsächlich aus Kohlenhydraten, die seitlich an einen kleinen Proteinkern gebunden sind! Glykoproteine bestehen dagegen hauptsächlich aus einem Protein, an das kurze Kohlenhydratketten seitlich gebunden sind!

Glykoproteine

An der Zusammensetzung der Extrazellulärmatrix sind mehrere Glykoproteine beteiligt. Dabei handelt es sich um Proteine mit angehängten kurzen Kohlenhydratketten . Im Folgenden wird ein Überblick zu den wichtigsten hier vorkommenden, nicht faserbildenden Glykoproteinen gegeben.

Fibronektin

Laminin

Elastische Bänder

Gallertiges Bindegewebe

Spinozelluläres Bindegewebe

Spezielle Ausprägungen des Bindegewebes

Einige Gewebearten im Körper bestehen fast ausschließlich aus Bindegewebe mit einer speziell zusammengesetzten Extrazellulärmatrix. Sie werden aufgrund ihrer besonderen Funktionen in eigenen Kapiteln behandelt. Dazu zählen:

In Kooperation mit Meditricks bieten wir dir durchdachte Merkhilfen zum Einprägen relevanter Fakten, dies sind animierte Videos und Erkundungsbilder. Die Inhalte sind vielfach auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend. Viele Meditricks gibt es in Lang- und Kurzfassung, oder mit Basis- und Expertenwissen, Quiz und Kurzwiederholung. Eine Übersicht über alle Inhalte findest du in dem Kapitel Meditricks. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – welche, siehst du im Shop.

Kollagen: Typen I, II, V und XI

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Kollagen: Typen IV, IX und XII

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Kollagen: Typen VI, VII, VIII und X

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  1. Lüllmann-Rauch: Histologie. 2. Auflage Thieme 2006, ISBN: 3-131-29242-3 .
  2. Rassow et al.: Duale Reihe Biochemie. 2. Auflage Thieme 2008, ISBN: 978-3-131-25352-1 .
  3. Heinrich et al. (Hrsg.): Löffler/Petrides: Biochemie und Pathobiochemie. 9. Auflage Springer 2014, ISBN: 978-3-642-17971-6 .
  4. Behrends et al.: Duale Reihe Physiologie. 1. Auflage Thieme 2009, ISBN: 978-3-131-38411-9 .
  5. Horn et al.: Biochemie des Menschen. 6. Auflage Thieme 2015, ISBN: 978-3-131-68096-9 .