Wie viel Geld gibt eine Frau für ihre Periode aus im Monat?

Foto: Emilija Manevska/ Getty Images

Es sind eigentlich nur Kleinigkeiten, meist hat frau sie sowieso im Haus. Sie werden mitgekauft wie Äpfel, Shampoo und Klopapier. Und trotzdem: Tampons, Binden, Einlagen kosten Geld. Es sind vielleicht keine großen Summen, doch es sind Kosten, die nur Menschen mit Menstruation haben. Also vor allem Frauen, aber auch Transmänner. Und sie können sich häufen.

Vor einigen Wochen sorgte die britische Abgeordnete Danielle Rowly für Aufregung, als sie im Parlament sagte: "Ich habe meine Periode. Und das hat mich diese Woche schon 25 Pfund gekostet." Sie zitierte eine Umfrage, der zufolge britische Frauen jährlich 550 Euro (im Schnitt 20.500 Euro im Leben) für ihre Periode ausgeben.

Die Berechnung berücksichtigte nicht nur die Kosten von Hygieneprodukten wie Tampons, Binden, Einlagen und Menstruationstassen. Sie bezog auch viele Dinge mit ein, von denen die Frauen sagten, dass sie sie während oder wegen der Periode bräuchten: Schmerztabletten, Schokolade, Chips, Zeitschriften und neue Unterwäsche zum Beispiel. Eine ähnliche Schätzung der Huffington Post kommt auf 15.500 Euro, die eine durchschnittliche Amerikanerin in ihrem Leben wegen der Periode ausgibt.

Was kostet die Periode wirklich?

Für Deutschland gibt es keine Erhebungen zu den Kosten der Menstruation. Bekannt ist aber, dass mehr als die Hälfte der Frauen in Deutschland Tampons benutzt. Das ergab eine Marktforschungsstudie für 2017.

Ein Rechenbeispiel: Eine große Packung mit 64 Tampons einer beliebten Marke kostet im Drogeriemarkt etwa 4,75 Euro. Tampons sollten laut Hersteller etwa alle sechs Stunden gewechselt werden, das macht also vier Tampons pro Tag, bei durchschnittlich fünf Tagen Blutung sind das 20 Tampons pro Zyklus. Bei durchschnittlich 456 Perioden zwischen 13 und 51 Jahren braucht frau im Leben demnach 9.120 Tampons. Das entspricht 143 Packungen, die heute etwa 677 Euro kosten würden. Nicht mitgerechnet: Die vielen Tampons, die in Handtaschen und unterwegs verloren gehen.

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Bei Binden und Slipeinlagen ist die Preisspanne ähnlich wie bei Tampons. Die noch relativ neuen Menstruationstassen sind mit zehn bis 15 Euro im Einzelverkauf zwar teurer, können aber immer wieder benutzt werden. Hersteller sprechen sogar von fünf bis zehn Jahren Lebensdauer. Damit wären sie auf Dauer deutlich günstiger als wegwerfbare Hygieneprodukte.

Für ein Viertel der Frauen in Deutschland kommen regelmäßig noch Schmerzmittel dazu. Eine Packung mit 20 Tabletten kostet zwischen vier und zehn Euro - je nach Marke und Inhaltsstoff. Nur für das Nötigste - Hygieneprodukte und Schmerzmittel - dürften die meisten Frauen in Deutschland also mit höchstens fünf Euro pro Periode auskommen. Da die Periode aber für jede Frau anders ist, kann der persönliche Wert auch deutlich darüber oder darunter liegen. Denn einige haben sehr starke Schmerzen und Blutungen, andere merken kaum etwas von ihrer Menstruation.

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"Das ist schon sehr wesentlich"

Fünf Euro klingen nicht nach besonders viel. Trotzdem kämpfen Feministinnen dafür, diese Kosten zu senken. "Für eine Studentin oder für jemanden, der gerade seine Ausbildung angefangen hat, ist das etwas anderes als für eine berufstätige Frau. Ganz zu schweigen von Personen, die vielleicht keinen Wohnsitz haben", sagt Theresa Lehmann, die sich als Aktivistin mit dem Thema Menstruation beschäftigt. "Man könnte Frauen da entgegenkommen. Gerade wenn man bedenkt, dass sie in den meisten Fällen weniger verdienen."

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Eine Studie der Kinderhilfsorganisation Plan stellte 2017 fest, dass eines von zehn Mädchen in Großbritannien sich keine Hygieneprodukte leisten konnte. Fast die Hälfte hatte wegen ihrer Monatsblutung auch schon Unterricht verpasst. "Zugang zu Hygieneprodukten ist erst mal die Voraussetzung, um am öffentlichen Leben teilzunehmen", sagt Lehmann. "Das ist schon sehr wesentlich."

"Bluten ist kein Luxus!"

Der Hartz-IV-Regelsatz sieht für "Gesundheitspflege" 15,55 Euro im Monat vor. Zahnpasta, Allergietabletten, Arztbesuche - all das soll davon bezahlt werden. Da fällt auch eine günstige Packung Tampons für zwei Euro ins Gewicht. SPD-Politikerin Nanna-Josephine Roloff hat deshalb mit einer Parteifreundin eine Petition gestartet, in der sie fordern, die Mehrwertsteuer auf Hygieneprodukte zu senken. Bis jetzt haben mehr als 80.000 Menschen unterschrieben.

Momentan kommen auf Tampons, Binden, Slipeinlagen und Menstruationstassen die üblichen 19 Prozent Mehrwertsteuer. Feministinnen fordern, das zu ändern und sie mit dem vergünstigten Satz von sieben Prozent zu besteuern - wie etwa Lebensmittel, Tierfutter und Bücher. Die große Packung Markentampons wäre dann 48 Cent günstiger. "Diese 19 Prozent gelten als Luxussteuer", sagt Roloff. "Aber wieso ist Bluten denn Luxus? Es ist etwas, was Frauen zur Frau macht. Das ist eine fiskale Diskriminierung, die beseitigt gehört."

Viele Länder sind diesen Weg bereits gegangen und haben die sogenannte Tampon Tax abgeschafft. In Kenia, Kanada, Irland und neuerdings auch in Indien werden Frauenhygieneartikel komplett steuerfrei verkauft. Andere Länder, wie Frankreich und Großbritannien, haben die Steuer deutlich gesenkt.

Und Deutschland? Auf Anfrage teilt das Finanzministerium mit: Eine ermäßigte Besteuerung von Frauenhygieneprodukten sei "zulässig, aber nicht zwingend". Der Gesetzgeber habe entschieden, von der Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen. Es komme für die Einordnung in einen Steuersatz generell auch nicht darauf an, ob ein Gegenstand Luxusware sei.

Sind Tampons luxuriöser als Kaviar?

Tatsächlich fallen einige Produkte unter den ermäßigten Steuersatz, die man als Luxus betrachten könnte: Gemälde, Sammelmünzen, Schnittblumen, Kaviar. Doch eine Überarbeitung "würde einen breiten gesellschaftlichen und politischen Konsens erfordern, der zumindest zurzeit nicht ersichtlich ist", so das Ministerium.

Genau diesen Konsens versucht Nanna Roloff herbeizuführen. Ihre Petition ist symbolisch. Doch sie und ihre Mitstreiterin wollen das Thema in der SPD platzieren und in die Regierung tragen. Die Jusos haben sie bereits überzeugt. Aus dem Ministerium von Olaf Scholz (SPD) heißt es jedoch, der ermäßigte Steuersatz sei ohnehin "kein geeignetes Mittel, eine dauerhafte Entlastung der Betroffenen zu erreichen". Es könne nicht sichergestellt werden, dass Unternehmen den geringeren Steuersatz tatsächlich weitergäben.

Ein Argument, das Roloff nicht versteht. "Da ruht sich das Finanzamt auf dem freien Markt aus. Das ist eine kapitalistische Denkweise, die einfach eine Frechheit ist für ein sozialdemokratisch geleitetes Ministerium." Das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend - ebenfalls in Hand der SPD - äußert sich erst gar nicht zu der Frage.

"Es ist einfach eine Frage der Perspektive und die ist in der deutschen Politik einfach noch sehr männlich dominiert", sagt Aktivistin Lehmann.

Auf der Urlaubsinsel Mallorca nehmen einheimische Frauen derzeit heimlich Windeln von Tafeln oder Hilfsprojekten mit, nicht für Kinder, sondern um sie zu zerschneiden und für sich Binden daraus zu basteln – denn viele sind während der Pandemie in die Armut abgerutscht, für Hygieneartikel wie Tampons oder Binden fehlt ihnen das Geld.

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Weltweit müssen 1,8 Milliarden Menschen, die menstruieren, jeden Monat zahlen: für Tampons oder Binden und häufig auch für Schmerzmittel oder sogar für Arbeitsausfälle wegen besonders starker Schmerzen während der Periode.

Berechnen Sie hier in unserem interaktiven Rechner, wie viel Sie bisher und in Ihrem Leben für die Periode ausgegeben haben und ausgeben werden – oder ausgeben würden:

Während sich hierzulande die meisten Frauen Hygieneartikel leisten können, haben in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern Millionen Menschen keinen Zugang zu Tampons oder Binden. Und die Produkte sind vielerorts vergleichsweise extrem teuer. Die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise, die Frauen weltweit häufig stärker als Männer treffen, verschärfen dieses Problem.

Von etwa 350 Millionen Frauen und Mädchen im menstruationsfähigen Alter nutzen in Indien nur etwa acht Millionen entsprechende Hygieneartikel. Der Lockdown hat den Zugang zusätzlich erschwert , da Tampons und Binden oft nur in Städten verkauft werden und viele Frauen noch weniger Geld als vor der Pandemie zur Verfügung haben.

Hinzu kommt: Vor allem in ländlichen Gegenden gelten sie während ihrer Blutungen als unrein, dürfen religiöse Stätten nicht betreten und trauen sich oft nicht zur Schule.

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Auch in afrikanischen Ländern gehen viele Mädchen während ihrer Periode nicht zur Schule, weil sie keine Hygieneartikel haben – sie verpassen den Unterricht und haben später schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Weltweit ist die Periode bis heute vielerorts ein Tabu. Viele Mädchen sind nicht aufgeklärt, wenn sie ihre Menstruation zum ersten Mal bekommen: Sie wissen nicht, wie sie die Blutungen stoppen sollen, manche haben Angst zu sterben oder verletzt zu sein. Wer sich Hygieneprodukte nicht leisten kann oder keinen Zugang dazu hat, muss auf Alternativen wie Zeitungspapier, Toilettenpapier, Plastiktüten, Socken, Stoffreste, Lumpen oder sogar Sand oder Blätter ausweichen – und riskiert schwere Infektionen.

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Selbst in Großbritannien schämen sich einer Plan-International-Studie von 2017 zufolge fast die Hälfte der befragten 14- bis 21-Jährigen für ihre Periode, ein Viertel von ihnen wusste nicht, was es bei seiner ersten Monatsblutung tun sollte – und jedes zehnte Mädchen konnte sich keine Hygieneprodukte leisten. Auch in Schottland greifen Frauen in der Not teils zu alter Kleidung oder Zeitungen.

Unterschiedliche Initiativen versuchen, den Frauen mit verschiedenen Ansätzen zu helfen, setzen auf günstigere und wiederverwertbare Hygieneprodukte. Der indische Unternehmer Arunachalam Muruganantham zum Beispiel hat eine leicht bedienbare Maschine erfunden, mit der sich kostengünstige Binden massenhaft herstellen lassen. Nichtregierungsorganisationen wie Goonj oder die nepalesische Mirmirey Youth Society fertigen Binden aus recycelten Baumwollstoffen, die gewaschen werden können und biologisch abbaubar sind.

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Menstruationstassen sind zwar noch ein Nischenprodukt, sie verbreiten sich aber zunehmend als günstige Alternative zu Wegwerfprodukten. Die Silikonbecher kosten rund 15 Euro, dafür halten sie mehrere Jahre. Die Nichtregierungsorganisation Golden Girls Foundation hat bereits Tausende solcher Becher an Schülerinnen in Kenia verteilt.

Aktivistinnen setzen sich zudem dafür ein, dass die Mehrwertsteuer für Tampons, Binden und Menstruationstassen gesenkt wird. Auch in Deutschland galt lange ein Steuersatz von 19 Prozent und nicht der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent. Seit Anfang 2020 gilt die Steuersenkung – allerdings reagierten viele Hersteller mit Preiserhöhungen.

Einige Länder verteilen bereits kostenlos Tampons und Binden an Schulen oder Universitäten. Die französische Regierung lässt derzeit Automaten mit kostenlosen Periodenprodukten an Universitäten und in Wohnheimen des Studierendenwerks aufstellen. Im vergangenen Jahr hatte Schottland als erstes Land weltweit ein Gesetz beschlossen, das den freien Zugang zu Menstruationsartikeln garantiert. In öffentlichen Gebäuden müssen sie künftig kostenlos bereitgestellt werden.

Indiens Premierminister Narendra Modi berichtete in seiner Rede am Unabhängigkeitstag im August 2020 von einem Programm, das armen Frauen Binden für einen Symbolpreis von einer Rupie pro Stück, umgerechnet einem Cent, zur Verfügung stellt. In sozialen Netzwerken wurde er für den Tabubruch gelobt: »Das ist riesig – Menstruation ein Mainstream-Gesprächsthema im konservativen Indien«, kommentierte ein Twitter-Nutzer Modis Rede.

Auch Initiativen aus Sport und Wirtschaft kämpfen für mehr Gleichberechtigung durch ausreichend Hygieneprodukte: Eine Cricketmannschaft aus Indien machte im vergangenen Jahr auf Trikots Werbung für Binden – und spendete für jeden Treffer Menstruationsprodukte an bedürftige Mädchen.

Und ein indischer Lieferdienst sorgte mit einem »Periodenurlaub« für Aufsehen: Mitarbeitende dürfen sich bei starken Regelschmerzen bis zu zehn Tage im Jahr bezahlt freinehmen. Der Firmenchef will das Stigma rund um die Blutung auflösen. An sein Team schrieb er: »Du solltest in internen Gruppen oder E-Mails einfach sagen können, dass du gerade einen Tag Periodenurlaub nimmst.«