Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit sich in Deutschland mit HIV anzustecken?

Art des Kontaktes/Partners

Infektionswahrscheinlichkeit/ Kontakt

Ungesch�tzter rezeptiver Analverkehr

Mit bekannt HIV-positivem Partner

0,82 % (0,24 - 2,76)*

Range 0,1 - 7,5 %

Ungesch�tzter rezeptiver Analverkehr

Mit Partner von unbekanntem HIV-Serostatus

0,27 % (0,06 - 0,49)*

Ungesch�tzter insertiver Analverkehr

Mit Partner von unbekanntem HIV-Serostatus

0,06 % (0,02 - 0,19)*

Ungesch�tzter rezeptiver Vaginalverkehr

0,05 - 0,15 %  #

Ungesch�tzter insertiver Vaginalverkehr

Range 0,03 - 5,6 %  #

Oraler Sex

keine Wahrscheinlichkeit bekannt, jedoch sind Einzelf�lle, insbesondere bei Aufnahme von Sperma in den Mund, in der med. Literatur beschrieben

* Seroinzidenzstudie bei homosexuellen M�nnern in US-amerikanischen Gro�st�dten

#  Partnerstudien bei serodiskordanten Paaren, Wahrscheinlichkeitskalkulationen

auf Grundlage epidemiologischer Entwicklungen)

Die erhebliche Schwankungsbreite der �bertragungswahrscheinlichkeiten beruht vermutlich auf der unterschiedlichen H�ufigkeit von Risikofaktoren wie z.B. Viruslast und gleichzeitig vorliegenden anderen Geschlechtskrankheiten.

Quelle:  http://www.rki.de, dann HIV/AIDS, dann Prophylaxe

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit sich in Deutschland mit HIV anzustecken?

HIV Infektionsrisiko (Abb.: Sonulkaster | Bigstock)

Das HIV-Infektionsrisiko hängt von mehreren Parametern ab: Wie hoch ist die Durchseuchung der Bevölkerung? Welche Art von Risikokontakt gab es und wie oft? Gehört der Kontaktpartner zu einer Risikogruppe?

Lesezeit: 8 Minuten

  • ▷︎ Infektionsrisiko verschiedene Sexualpraktiken
  • ▷︎ Nichtsexuelle Risiken
  • ▷︎ Risikogruppen
  • ▷︎ Übertragung von HIV
  • ▷︎ Fragen und Antworten
  • ▷︎ HIV-Symptome
  • ▷︎ HIV-Statistik Deutschland

Infektionsrisiko verschiedene Sexualpraktiken

Bei einem Risikokontakt mit einer HIV positiven Person verteilt sich das Ansteckungsrisiko wie folgt:

SexualpraktikRisko
Oralsex 0 – 0,04 Prozent
Oralsex ohne Ejakulation 0 – 0,005 Prozent
Oralsex aktiv 0,01 Prozent
Oralsex passiv 0,005 Prozent
Vaginalsex 0,05 – 0,30 Prozent
Vaginalsex ohne Ejakulation 0,01 – 0,38 Prozent
Vaginalsex (Frau) 0,10 Prozent
Vaginalsex (Mann) 0,05 Prozent
Analsex 0,04 – 3 Prozent
Analsex ohne Ejakulation 0,03 Prozent
Analsex empfangend 0,5 Prozent
Analsex aktiv 0,065 Prozent

Die genannten Spannenwerte kommen durch unterschiedliche Studien zustande.

Infektionsrisiko – Wie hoch das Ansteckungsrisiko für HIV ist

In Deutschland sind ca. 80.000 Menschen mit HIV infiziert. Das entspricht einer Rate von rund 0,1 Prozent. Das Risko, bei einem Sexualkontakt auf einen Infizierten zu treffen, entspricht also statistisch 1:1000.

Risikogruppen

Allerdings ist HIV in bestimmten Risikogruppen stärker verbreitet:

  • Drogenabhängige
  • Prostituierte
  • männliche Homosexuelle
  • Empfänger von Bluttransfusionen
  • Menschen mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern

Auch die um Kinder und sehr alte Menschen bereinigte Gruppe der sexuell aktiven Menschen hat eine Infektionsrate, die über 0,1 Prozent liegt.

Das Gesamtrisiko eines ungeschützten Geschlechtskontakts ermittelt sich aus den beiden Einzelrisiken. (auf eine infizierte Person zu treffen + sich zu infizieren)

Es kann aber nur davon abgeraten werden, die Nutzung eines Kondoms von der Statistik abhängig zu machen. Schon der nächste Sexualkontakt kann zu einer Infektion führen. Kondome schützen – wenn sie ordnungsgemäß verwendet werden – recht zuverlässig vor einer HIV-Infektion. Wer ungeschützten Sex haben will, sollte mit seinem Partner einen HIV-Test machen.

Nichtsexuelle Risiken

  • 90% – Bluttransfusion mit einer HIV-positiven Spende
  • 0,7% – Nadeltausch / Drogeninjektion
  • 0,3% – Nadelstichverletzung

Übertragung

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit sich in Deutschland mit HIV anzustecken?

Schematischer Aufbau des HIV (Abb.: rob3000 | Bigstock)

Im Vergleich zu anderen übertragbaren Krankheitserregern gilt das HI-Virus als relativ schwer übertragbar. Das Gerücht, das Virus könnte auch durch Umarmungen, Husten, Niesen oder Küssen übertragen werden, ist falsch. Die häufigste Übertragungsform ist der Geschlechtsverkehr ohne Schutz durch ein Kondom.

Virenlast muss für Infektion reichen

Das HI-Virus wird übertragen, wenn eine ausreichende Zahl von Viren auf Schleimhäute oder in den Körper gelangen. Daher ist eine Ansteckung über das Blut, Scheidenflüssigkeit und Sperma ebenso möglich wie über die Muttermilch.

Ein erhöhtes Übertragungsrisiko besteht bei Verletzungen der Schleimhäute, da diese dann für die Viren leichter zu durchdringen sind. Die Verwendung von Kondomen ist daher der wichtigste und sinnvollste Schutz gegen eine HIV-Infektion und sollte bei jeglicher Art des Geschlechtsverkehrs erfolgen. Impfungen oder Medikamente, die vor einer Infektion schützen, gibt es bislang nicht.

Drogensucht als HIV-Risiko

Am häufigsten – neben dem ungeschützten Geschlechtsverkehr – wird der HI-Virus über Drogeninjektionen mit gebrauchten Nadeln übertragen. Drogensüchtige gelten deshalb auch als Risikogruppe für HIV-Infektionen.

Bluttransfusionen

Das mit einer 90-prozentigen Ansteckungswahrscheinlichkeit größte Risiko einer Übertragung besteht bei Bluttransfusionen mit infektiösem Blut.

Allerdings hat dieses Risiko in Deutschland kaum noch Bedeutung, da seit 1985 sämtliche Transfusionen vor der Weiterverwendung routinemäßig auf HIV-Antikörper getestet werden. Da Antikörper jedoch in den ersten Monaten nach der Infektion nicht nachgewiesen werden können, werden seit 2002 sämtliche Blutspenden in Deutschland mittels einer sogenannten Polymerase-Kettenreaktion auf den Virus getestet.

Eine Infektion via Bluttransfusion ist dank dieser Vorsichtsmaßnahmen in Deutschland nahezu ausgeschlossen.

Fragen und Antworten:

Kann man sich durch Oralverkehr mit HIV infizieren?

Auch wenn das Risiko bei Oralverkehr deutlich geringer als etwa bei vaginalem Geschlechtsverkehr oder Analverkehr ist, kann HIV – zumindest theoretisch -auch durch oralen Geschlechtsverkehr übertragen werden.

Hinweis: Teile der Wissenschaft glauben nicht an HIV-Übertragungen durch Oralverkehr.

HIV Infektion durch Oralverkehr

HI-Viren sind vor allem im Blut und im Sperma eines Infizierten in einer hohen Konzentration enthalten. In geringer Konzentration erhält auch der menschliche Speichel HI-Viren.

Szenarien für eine orale HIV-Übertragung

Für eine HIV-Infektion ist aber – je nach Zustand des Immunsystems – eine gewisse Virenmenge erforderlich. Es gibt Szenarien, in denen diese möglicherweise erreicht wird:

Verletzungen im Mund: Erreicht infiziertes Sperma die verletzte Partie der Mundschleimhaut, kann es zur Infektion kommen

Verletzungen am Penis: Gibt es Verletzungen, Geschwüre oder Entzündungen am Penis, kann aus ihnen Blut austreten und zu einer Infektion führen. Umgekehrt sind sie auch Eintrittstore für HI-Viren.

Blut aus der Vagina: Bei Verletzungen, Entzündungen oder Infektionen der Vagina besteht ebenso wie während der Menstruation ein hohes Risiko, da Blut hochinfektiös ist.

HIV/AIDS: Risiko-erhöhende Faktoren beim Oralverkehr

Folgende Faktoren erhöhen das Risiko einer HIV-Infektion beim Oralverkehr:

  • Samenerguss in den Mundraum
  • Schlucken des Spermas
  • Infektionen des Mundraums (Pilze, Zahnfleischentzündung / Parodontose)
  • mangelnde Zahn-/Mundhygiene
  • orale Penetration der Frau während ihrer Menstruation

Das höhere Risiko besteht für den Partner, der den Penis in seinem Mund aufnimmt bzw. die Vagina oral penetriert.

Höhe des Risikos

Eine genaue Risikoeinschätzung der Wissenschaft liegt nicht vor. Es gibt bislang nur wenige gut dokumentierte Einzelfälle einer oralen Übertragung von HIV. Die Schwierigkeit der Erfassung liegt darin begründet, dass die meisten Paare nicht ausschließlich oralen Verkehr praktizieren.

Zungenküsse und HIV

Das Risiko einer HIV-Übertragung ist eher theoretisch. Wenn etwa beide Partner starkes Zahnfleischbluten haben, käme eine Infektion infrage. Bei normalem Mundzustand ist eine Infektion kaum möglich, da kleine Blutmengen durch den Speichel stark verdünnt werden.

Der Speichel selbst wird nicht zum Problem, da er Virus-hemmende Enzyme enthält und man mehrere Liter Speichel für eine HIV-Infektion bräuchte.

Kann man sich durch Küssen bzw. Speichel mit HIV infizieren?

Eine Infektion über Speichel ist ausgeschlossen. Die Speichelmengen, die für ein Erreichen der für eine Infektion nötigen Virusmenge erforderlich wären, sind einfach absurd. (mehrere Liter) Auch beim Küssen besteht kein signifikantes Risiko. Es bräuchte eine Verkettung ungünstiger Umstände (bspw. Offene Wunden im Mundraum beider Betroffener), damit es zu einer Übertragung kommt.

Ist der sogenannte Lusttropfen infektiös?

Im Gegensatz zu anderen Geschlechtskrankheiten, bei denen eine Übertragung durch den Lusttropfen dokumentiert ist, ist die Studienlage bei HIV nicht klar. Der Lusttropfen enthält vermutlich eine geringere Virenkonzentration als das Hauptejakulat. Ob sie ausreicht, um HIV zu übertragen, ist umstritten. Möglicherweise ist sie bei frisch infizierten Patienten hoch genug, um eine Infektion zu ermöglichen.

Der Coitus interruptus – das sogenannte „Zurückziehen“ – ist aber ganz sicher keine „Safer Sex“-Praxis.

Kann man sich trotz Kondom mit HIV infizieren?

Theoretisch ist das möglich. Wenn das Kondom reißt, abrutscht oder defekt ist, kann Samenflüssigkeit die Vaginalschleimhaut erreichen bzw. Vaginalflüssigkeit auf den Penis gelangen. Bei einer sachgemäßen Verwendung von Kondomen ist das Risiko aber sehr gering.

Können Insekten HIV übertragen?

Eine HIV-Infektion durch Insektenstichen gilt nach derzeitigem Kenntnisstand als ausgeschlossen. Insekten verdauen und verdünnen das aufgenommene Blut, wodurch es seine Infektiösität verliert. Außerdem ist Mengen des Blutes, das beim „Anzapfen“ eines zweiten Stichopfers eingebracht wird, zu gering für eine Übertragung.

Wie lange ist ein HI-Virus außerhalb des Körpers infektiös?

Entgegen der landläufigen Meinung sind HI-Viren außerhalb des Körpers lange Zeit überlebensfähig. Sie können mehrere Tage außerhalb ihres Wirts überdauern.

Allerdings sind sie zur erneuten Infektion auf eine Trägerflüssigkeit – bspw. Blut oder Sperma – angewiesen. Befindet sich diese außerhalb des Körpers, trocknet sie verhältnismäßig schnell ein und verliert damit ihr Infektionspotential.

Wird aber diese Flüssigkeit erneut gelöst, kann sie wieder infektiös werden. Das ist bspw. beim Teilen der Nadel unter Drogensüchtigen der Fall. Auch eingetrocknetes Blut, das – mit einer Droge vermischt – wieder injiziert wird, kann eine Infektion auslösen.


Medizinjournalist


Sebastian () arbeitet seit Jahren für medizinische Publikationen. Er engagiert sich in Distributed Computing Projekten zur medizinischen Forschung. Sebastian ist verheiratet, hat ein Kind und lebt in Berlin.


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Quellen

  • ICD-10: B20-B24 HIV, U60 AIDS Stadien, Z21 asymptomatisch
  • Ärztliche Anlaufstellen: Hausarzt, Allgemeinmediziner, Urologe, Gynäkologe, Arzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten
  • Thrombozytenkonzentrate – Infektionsrisiko für HIV, HCV und HBV. ,
    Transfusionsmedizin, 2015, Vol.5(1), pp.6-7 – DOI: 10.1055/s-0034-1397545
  • Bochow, M., Schmidt, A.J. & Grote, S., 2009. Das schnelle Date : internetgestützte Sexualkontakte und HIV-Infektionsrisiko ; Ergebnisse einer 2006 durchgeführten Internetbefragung, Berlin: Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. – PDF
  • Infektionsrisiko durch HIV in Klinik und Praxis – Gefährdungspotential und Prävention – Naumann, P –
    Deutsche Medizinische Wochenschrift, 1988, Vol.113(28/29), pp.1162-1166 – DOI: 10.1055/s-0029-1236095
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  • HIV Prevention for Young Gay Men. A Medical Challenge HIV – Prävention bei jungen schwulen Männern – Vollmann, J – Das Gesundheitswesen, 2001, Vol.63(6), pp.392-397 – DOI: 10.1055/s-2001-15746
  • Stillen bei HIV-Infektion der Mutter Breast feeding by HIV infected mothers – Krawinkel, M. ; Chavez-Zander, U. – Monatsschrift Kinderheilkunde, 2006, Vol.154(3), pp.237-242 – DOI: 10.1007/s00112-006-1295-6
  • Besteht in der unfallchirurgischen Notaufnahme ein erhöhtes Infektionsrisiko für das medizinische Personal durch unbekannt HIV-positive Patienten? Is the risk of infection for medical staff by unknown HIV-positive patients higher in the emergency room? – Mathiak, G. ; Wening, J. ; Fröschle, G. ; Jungbluth, K. – Unfallchirurgie, 1995, Vol.21(5), pp.247-250 – DOI: 10.1007/BF02588764
  • Risikofaktoren einer HIV-1-Infektion bei weiblichen Prostituierten in Khon Kaen, Nordost-Thailand Risk factors of HIV-1 infection among female prostitutes in Khon Kaen, northeast Thailand – Rehle, T. ; Brinkmann, U. ; Coplan, P. ; Siraprapasiri, Taweesap ; Ungchusak, K. ; Aiemsukawat, C. – Infection, 1992, Vol.20(6), pp.328-331 – DOI: 10.1007/BF01710677
  • Infektionsrisiko bei Nadelstichverletzung. Risk of infection by needle-stick injury – Goebel, F D ; Gürtler, L – Der Internist, January 1999, Vol.40(1), pp.117-8 – PMID: 10086314
  • HIV und Schwangerschaft – Berthold, Annette ; Lange, Ute – Die Hebamme, 2017, Vol.30(01), pp.12-19 – DOI: 10.1055/s-0042-122451

Wie wahrscheinlich ist es in Deutschland HIV zu bekommen?

Besonders in Subsahara-Afrika, großen Teilen der Karibik und einigen Ländern in Südostasien ist HIV ein Problem. Dort sind mehr als ein Prozent der erwachsenen Bevölkerung infiziert (zum Vergleich: in Deutschland nur 0,1 Prozent).

Wie hoch HIV Risiko bei einmaligem Kontakt?

Das Risiko einer Aidsübertragung bei einer einmaligen sexuellen Begegnung ist fast doppelt so hoch wie bislang vermutet. Der einmalige Sexualkontakt zwischen heterosexuellen Partnern kann in einem von 588 Fällen zu einer Infektion führen, wenn einer der Partner mit Aids infiziert ist.

Wie viel Prozent in Deutschland sind HIV positiv?

9.500 Menschen mit HIV wissen nach Hochrechnungen nichts von ihrer Infektion. 90-90-90-Ziele: In Deutschland sind 90 % der HIV-Infektionen diagnostiziert, 97 % der Diagnostizierten erhalten HIV-Medikamente, bei 96 % davon ist HIV nicht mehr nachweisbar.

Wie häufig ist HIV in Deutschland?

Die Zahl der Menschen mit einer HIV-Infektion in Deutschland ist bis Ende 2019 auf 90.700 gestiegen. Von diesen ist bei etwa 10.800 die HIV-Infektion noch nicht diagnostiziert. Wer von seiner Infektion nichts weiß, kann das Virus unbeabsichtigt weitergeben, außerdem ist die Sterblichkeit bei Spätdiagnosen höher.