Zu oft zum Frauenarzt in der Schwangerschaft

Zu oft zum Frauenarzt in der Schwangerschaft

Mit Beginn der Schwangerschaft ändert sich von einem Moment auf den anderen alles: Ein neuer Lebensabschnitt beginnt und neun spannende Monate stehen Ihnen bevor. Um Ihrem Baby – und weiteren 700.000 Babys, die pro Jahr in Deutschland geboren werden[1] – einen bestmöglichen Start ins Leben zu gewährleisten, gibt es schon vor der Geburt viele verschiedene Untersuchungen. Dabei wird der Schwangerschaftsverlauf und die Entwicklung Ihres Babys beobachtet. Diese Vorsorgeuntersuchungen sind in den sogenannten Mutterschafts-Richtlinien festgelegt. Was genau dabei passiert, welche Termine Sie einhalten sollten und welches Beratungsangebot es gibt, erfahren Sie hier.

Die erste Vorsorgeuntersuchung: Vorbereitung auf neun Monate zu zweit

Ihre erste Vorsorgeuntersuchung findet bei Ihrem Frauenarzt/Ihrer Frauenärztin statt, sobald Sie vermuten, dass Sie schwanger sind. Hier wird Ihre Schwangerschaft dann offiziell festgestellt. Ihr Frauenarzt beginnt mit einer ausführlichen Anamnese, bei der er medizinische Daten zu Ihnen und Ihrer Familie abfragt. Damit stellt er fest, ob evtl. eine Risikoschwangerschaft vorliegt. Ihr Gynäkologe will vor allem wissen, ob Sie an bestimmten Erkrankungen (z.B. Diabetes, Epilepsie, psychische Erkrankungen) leiden oder ob diese in Ihrer Familie bekannt sind. Ihr Arzt befragt Sie auch zu eventuell vorangegangenen Schwangerschaften und Entbindungen. Zudem führt er eine Arbeits- und Sozialanamnese durch, um festzustellen, inwieweit Ihre Arbeit im Rahmen des Mutterschutzgesetzes ein Risiko für Ihre Schwangerschaft darstellt und ob Ihre familiäre Situation Sie psychosozial belastet.

In einem Beratungsgespräch erklärt Ihr Arzt Ihnen, worauf Sie bei der Ernährung, der Arbeit, im Sport und auf Reisen während Ihrer Schwangerschaft achten sollten. Dabei bespricht er auch folgende Themen mit Ihnen:

  • Medikamenteneinnahme
  • Geburtsvorbereitung
  • Krebsfrüherkennungsuntersuchungen
  • HIV-Antikörpertest
  • Mundgesundheit

Im Rahmen dieser ersten Vorsorgeuntersuchung stellt Ihr Arzt Ihnen Ihren Mutterpass aus, den Sie zu jeder weiteren Vorsorgeuntersuchung mitbringen. Alle vorgenommenen Untersuchungen, Behandlungen und Ergebnisse trägt Ihr Arzt oder Ihre Hebamme in diesen Mutterpass ein.

Zu Ihrer Erstuntersuchung gehört auch eine Allgemeinuntersuchung und eine gynäkologische Untersuchung. Anhand Ihrer Urinprobe schließt Ihr Arzt eine Clamydieninfektion (Chlamydia trachomatis) aus. Außerdem entnimmt er Ihnen eine Blutprobe, aus der weitere wichtige Parameter für Ihre Schwangerschaft bestimmt werden (z.B. die Blutgruppe und der Hämoglobinwert). Auf Basis dieser Blutprobe kann der Arzt zudem die folgenden weiteren Tests durchführen.

Einmalige Tests zu Beginn der Schwangerschaft

Rhesus-Faktor (Antikörpersuchtest)

Wenn Sie Rhesus-negativ (D negativ) sind, ist es möglich, dass Ihr Körper Antikörper gegen das Blut Ihres Kindes bildet. Das kann Ihr Arzt mit Anti-D-Globulinen medikamentös behandeln. Er wiederholt den Antikörpersuchtest zwischen der 24. und 27. Schwangerschaftswoche (SSW).[4]

Test auf Rötelnantikörper

Wenn Sie nicht zweimal gegen Röteln geimpft wurden, testet Ihr Arzt die Blutprobe auch auf Rötelnantikörper. Um Ihr Kind vor Röteln-Embryopathie (Komplikation der mütterlichen Röteln) schützen zu können, ist es wichtig, dass Sie gegen Rötelviren immun sind. Eine Röteln-Embryopathie kann bei Ihrem Kind zu Fehlbildungen von Augen, Ohren, zentralem Nervensystem und Herzen führen.[2]

Lues-Such-Reaktion

Mit Ihrer Blutprobe stellt Ihr Arzt fest, ob Sie sich mit der sexuell übertragbaren Erkrankung Syphilis (Lues) angesteckt haben. Ein solche Infektion kann die Gesundheit Ihres Kindes während und nach Ihrer Schwangerschaft beeinträchtigen. Mit einer Antibiotikatherapie kann Ihr Arzt Sie während der Schwangerschaft behandeln.[3] Wundern Sie sich nicht: Bei dieser Untersuchung dokumentiert Ihr Arzt nur die Durchführung des Tests, nicht aber das Ergebnis in Ihrem Mutterpass. Damit garantiert er Ihre Privatsphäre, wenn Sie den Mutterpass zu anderen Gelegenheiten vorzeigen müssen.

HIV-Test

Um eine HIV-Infektion auszuschließen, kann Ihr Arzt mit der Blutprobe auf Ihren Wunsch (auch anonym) einen HIV-Test durchführen. Auch wenn Sie sich mit dem HI-Virus infiziert haben, kann eine rechtzeitige Behandlung verhindern, dass die Infektion auf Ihr Kind übertragen wird.[3] Auch hier wird lediglich die Durchführung – nicht jedoch das Ergebnis – im Mutterpass festgehalten.

Allgemeine Mutterschafts-Vorsorgeuntersuchungen

In den neun Monaten Ihrer Schwangerschaft haben Sie als gesetzlich und privat Versicherter ein Recht auf mindestens zehn Vorsorgeuntersuchungen.[3] Diese dienen dazu, mögliche Gefahren für Leben und Gesundheit von Ihnen und Ihrem Kind abzuwenden und Erkrankungen oder Entwicklungsstörungen Ihres Kindes rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln.[4] Die Vorsorgeuntersuchungen führt Ihr Frauenarzt oder Ihre Hebamme durch. Dabei überprüft er sowohl Ihre als auch die Gesundheit und Entwicklung Ihres Kindes, berät Sie zu Ihrer Schwangerschaft und klärt Ihre Fragen. Die Vorsorgeuntersuchungen finden bis zur 32. Schwangerschaftswoche alle vier Wochen und danach alle zwei Wochen statt. Bei einer Risikoschwangerschaft können mehr Termine notwendig werden.

Bei jeder Vorsorgeuntersuchung misst Ihr Arzt Ihr Gewicht und Ihren Blutdruck. In Ihrem Urin bestimmt er Eiweiß- und Zuckergehalt, sowie Sediment und ggf. Bakterien. Mit einer Blutprobe ermittelt Ihr Arzt den Hämoglobingehalt, um weiterhin eine Blutarmut auszuschließen. Außerdem kontrolliert er den Stand Ihrer Gebärmutter sowie die Herztöne und die Lage Ihres Kindes.[3][4]

Zu oft zum Frauenarzt in der Schwangerschaft

Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft

Neben den Vorsorgeuntersuchungen stehen Ihnen drei Ultraschalluntersuchungen (Sonografie) zu. Durch diese Untersuchungen kann Ihr Arzt eine Wachstumskurve Ihres Kindes erstellen. Daran kann er eine altersgerechte Entwicklung Ihres Kindes, eine Mehrlingsschwangerschaft und Hinweise auf Entwicklungsstörungen erkennen.

Zweite Ultraschalluntersuchung (19. bis 22. SSW)

Bei der zweiten Ultraschalluntersuchung können Sie zwischen zwei Varianten wählen:

  1. In der Basis-Ultraschalluntersuchung misst Ihr Arzt die Größe von Kopf und Bauch und die Länge des Oberschenkelknochens Ihres Kindes. Auch die Plazenta kontrolliert Ihr Arzt. Falls diese zu tief sitzt, muss Ihr Arzt evtl. besondere Vorkehrungen bei den weiteren Untersuchungen und bei der Geburt treffen.
  2. In der erweiterten Basis-Ultraschalluntersuchung überprüft Ihr Arzt zusätzlich, ob Kopf und Hirnkammer Ihres Kindes normal geformt und das Kleinhirn sichtbar sind. Er untersucht die Entwicklung von Hals und Rücken und das Größenverhältnis von Herz und Brustkorb bei Ihrem Kind. Außerdem stellt er fest, ob das Herz auf der linken Seite sichtbar ist, rhythmisch schlägt und die vier Herzkammern ausgebildet sind. Zuletzt ermittelt er, ob die vordere Bauchwand Ihres Kindes geschlossen ist und Magen und Harnblase sichtbar sind.

Dritte Ultraschalluntersuchung (29. bis 32. SSW)

Bei der dritten Sonografie misst Ihr Arzt erneut die Größe von Kopf, Bauch und Oberschenkelknochen Ihres Kindes. Zudem kontrolliert er auch die Lage und den Herzschlag Ihres Kindes. Falls es bei dieser Untersuchung Auffälligkeiten gibt, wird Ihr Arzt mit Ihnen besprechen, ob Sie weitere Ultraschalluntersuchungen oder andere Untersuchungen wahrnehmen sollten. 

Screening auf Schwangerschaftsdiabetes (25. bis 28. SSW)

Schwangerschaftsdiabetes kann das Risiko für Sie und Ihr Baby während der Schwangerschaft und der Geburt erhöhen. Das Screening auf Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) führt Ihr Arzt bei Ihnen durch, sofern Sie nicht bereits vor der Schwangerschaft an Diabetes erkrankt sind. Auch im Voraus dieser Untersuchung wird Ihr Arzt Sie ausführlich über die Folgen von Schwangerschaftsdiabetes, die Untersuchung und mögliche Therapien informieren, sodass Sie genug Zeit haben, sich für oder gegen diese Vorsorgeuntersuchung zu entscheiden.

Um Schwangerschaftsdiabetes festzustellen, müssen Sie 50 g einer Glucoselösung einnehmen. Eine Stunde nach der Einnahme bestimmt Ihr Arzt die Glukosekonzentration in Ihrem Blutplasma. Sind Ihre Werte auffällig, führt Ihr Arzt diesen oralen Glukosetoleranztest (oGTT) erneut durch. Bei diesem zweiten Test müssen Sie nüchtern sein und 75 g der Glukoselösung einnehmen. Ihr Arzt bestimmt die Glukosekonzentration Ihres Plasmas vor der Einnahme, sowie ein und zwei Stunden nach der Einnahme.[3][4]

Weitere mögliche Vorsorgeuntersuchungen

Neben den regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen, dem Screening auf Schwangerschaftsdiabetes und den drei ergänzenden Ultraschalluntersuchungen gibt es weitere Tests, die Ihr Arzt durchführen kann, um die Gesundheit Ihres Kindes zu überprüfen. Diese Fein- bzw. Organultraschalluntersuchungen führen oftmals spezialisierte Frauenärzte/-ärztinnen durch, wenn bei Ihnen eine Risikoschwangerschaft vorliegt oder vorherige Untersuchungen unklare Ergebnisse lieferten. Dabei werden die Nackentransparenz, die Länge des Nasenbeins und der Blutfluss durch die Trikuspidal-Herzklappe Ihres Kindes gemessen.[5] Diese feindagnostischen Untersuchungen unterliegen dem Gendiagnostikgesetz, da Ihr Arzt gezielt nach genetisch bedingten Auffälligkeiten bei Ihrem Kind sucht, die z.B. auf ein Downsyndrom hinweisen. Das ist ein sensibles Thema, mit dem werdende Mütter unterschiedlich umgehen. Ihr Arzt klärt Sie daher vor einer solchen Untersuchung ausführlich auf und berät Sie in genetischen Fragen.[3][4]

Wichtig dabei: Ihr Arzt führt diese zusätzlichen Vorsorgeuntersuchungen in der Regel nur durch, wenn es medizinisch notwendig ist. Ist eine solche Untersuchung nicht medizinisch notwendig, aber Sie möchten sie dennoch gerne durchführen lassen, können Sie Ihren Arzt natürlich darum bitten. Da es sich dann jedoch um eine Vorsorgeuntersuchung ohne einen medizinischen Grund handelt, eine sogenannte individuelle Gesundheitsleistung (iGeL), werden die Kosten nicht von Ihrer Krankenkasse getragen.

Weitere mögliche Vorsorgeuntersuchungen sind:

  • Toxoplasmose-Test (5.-7. SSW)[6]
  • Test auf Kinderkrankheiten (5.-7. SSW)[5]
  • Test auf Mangelerscheinungen (5.-7. SSW)[5]
  • Chorionzottenbiopsie (ab 10./11. SSW) (Pränataldiagnostik)[5]
  • Nackentransparenz-Test (11.-13. SSW) (Pränataldiagnostik)[7]
  • Ultraschalluntersuchung mit Farbdoppler (23.-28. und 33.-34. SSW)[5]
  • CTG (Kardiotokographie) (26./27./28. SSW)[3][4][5]
  • HBs-AG (ab 32. SSW) [3][4][5]
  • Test auf B-Streptokokken (36.-37. SSW)[5]

Alle Vorsorgeuntersuchungen auf einen Blick

Zu oft zum Frauenarzt in der Schwangerschaft

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Quellen

  1. Quarks, WDR, Projekt Schwangerschaft – alles unter Kontrolle?, https://www1.wdr.de/fernsehen/quarks/sendungen/schwangerschaft-uebersicht-100.html
  2. Flexikon, Rötelnembryopathie, http://flexikon.doccheck.com/de/R%C3%B6telnembryopathie
  3. Frauenärzte im Netz, https://www.frauenaerzte-im-netz.de/schwangerschaft-geburt/schwangerenvorsorge/aerztliche-beratung-und-untersuchungen/
  4. Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung („Mutterschafts-Richtlinien“) in der Fassung vom 10. Dezember 1985 (veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 60 a vom 27. März 1986), zuletzt geändert am 21. April 2016 (veröffentlicht im Bundesanzeiger AT 19.07.2016 B5, in Kraft getreten am 20. Juli 2016), https://www.g-ba.de/informationen/richtlinien/19/
  5. https://www.frauenarztpraxis-khamlane-yinnavong.de/leistungen/schwangerschaftsbetreuung /fr%C3%BChe-feindiagnostik/
  6. http://applications.devbureau.de/Schwangerschaft/
  7. https://www.frauenarztpraxis-khamlane-yinnavong.de/leistungen/schwangerschaftsbetreuung/fr%C3%BChe-feindiagnostik/
  8. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Familienplanung, https://www.familienplanung.de/
  9. Gemeinsamer Bundesausschuss, Mutterschafts-Richtlinien, https://www.g-ba.de/informationen/richtlinien/19/