Wie viele Menschen auf der Welt haben am gleichen Tag Geburtstag?

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen einer zufälligen Gruppe am gleichen Tag Geburtstag haben? Wir erklären das Geburtstagsparadoxon.

Am 03. September spielte die deutsche Fußballnationalmannschaft gegen die spanische Elf. Kurios an diesem Zusammentreffen: Die beiden Mittelstürmer der gegnerischen Mannschaften – Timo Werner und Rodrigo Moreno Machado – haben neben ihrer Feldposition noch eine weitere Gemeinsamkeit. Sie haben nämlich beide am 6. März Geburtstag. Der eine ist 1996, der andere 1991 geboren.

Aber sie waren auf dem Spielfeld nicht die einzigen, die sich das Geburtsdatum teilen. Der deutsche Mittelfeldspieler Leroy Sané (*1996) und der spanische Außenverteidiger Dani Carvajal (*1992) haben ebenfalls am gleichen Tag Geburtstag – am 11. Januar.

Wie wahrscheinlich ist das?

Das Geburtstagsparadoxon – Wie viele Menschen haben am gleichen Tag Geburtstag?

Vielleicht haben Sie das selbst auch schon einmal festgestellt, zum Beispiel in Ihrer Schulklasse oder in Ihrer Abteilung auf der Arbeit: In einer Gruppe, die eigentlich gar nicht so groß ist, haben zwei Menschen am gleichen Tag Geburtstag. Wie groß war beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, dass bei 22 Fußballspielern mindestens zwei am gleichen Tag Geburtstag haben? Das lässt sich relativ einfach berechnen.

Hinweis: Beim Geburtstagsparadoxon werden lediglich Tag und Monat berücksichtigt, nicht das Geburtsjahr. Der Einfachheit halber werden auch Schaltjahre außer Acht gelassen, das Jahr hat in dieser Rechnung also stets 365 Tage.

Die Sache scheint zunächst ziemlich komplex zu sein. Schließlich müssen alle möglichen Kombinationen berücksichtigt werden. Das heißt die Möglichkeit, dass genau zwei Spieler denselben Geburtstag haben, aber auch, dass genau drei Spieler am selben Tag Geburtstag haben usw. Oder – wie im Fall Deutschland gegen Spanien – zwei Spielerpaare mit jeweils identischen Geburtstagen. Theoretisch ist es nicht mal ausgeschlossen, dass alle 22 Spieler am gleichen Tag Geburtstag feiern.

Um die Wahrscheinlichkeitsrechnung zu vereinfachen, wird das Gegenteil berechnet. Also: Wie wahrscheinlich ist es, dass alle 22 Spieler an unterschiedlichen Tagen Geburtstag haben?

Das funktioniert so: Die Spieler werden von 1 bis 22 durchnummeriert. Wir fangen mit dem ersten Spieler an. Er hat an irgendeinem von 365 Tagen Geburtstag. Spieler Nr.2 soll ja nicht am gleichen Tag Geburtstag haben, also bleiben noch 364 mögliche Geburtstage übrig. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Spieler an zwei unterschiedlichen Tagen geboren wurden, liegt bei 364/365, also etwa 99,7 Prozent.

Weiter geht es so: Spieler 3 soll ebenfalls an einem anderen Tag Geburtstag haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle drei Geburtstage unterschiedlich sind, berechnet sich mit: 364/365 * 363/365. Das sind etwa 99,2 Prozent.

So muss die Berechnung nun für alle Spieler fortgeführt werden. Beim vierten Spieler kommen noch 362 Tage als Geburtstag in Frage, ohne dass es zu einer Dopplung mit einem der anderen Spieler kommt; bei Spieler 22 stehen schließlich nur noch 344 Tage zur Verfügung.

Die Wahrscheinlichkeit p, dass sich niemand der 22 Spieler den Geburtstag teilt, ist daher:

p = 364/365 * 363/365 * 362/365 * … * 344/365

p = 52,4 Prozent

Da wir ja aber eigentlich herausfinden wollten, wie wahrscheinlich es ist, dass sich zwei Spieler den gleichen Geburtstag teilen, müssen wir das Ergebnis von 100 abziehen. Das bedeutet, mit einer Wahrscheinlichkeit von 47,6 Prozent sind unter 22 Spielern zwei, die am selben Tag Geburtstag haben.

Nimmt man noch den Schiedsrichter sowie zwei Trainer hinzu, steigt die Wahrscheinlichkeit auf 56,8 Prozent. Es ist dann also wahrscheinlicher, dass zwei Personen am gleichen Tag Geburtstag haben als dass alle an unterschiedlichen Tagen Geburtstag haben. Bereits bei einer Gruppe ab 41 Personen liegt die Wahrscheinlichkeit, dass zwei am gleichen Tag Geburtstag haben, bei über 90 Prozent.

Im Schnitt stehen also bei der Hälfte aller Fußballspiele zwei Akteure auf dem Spielfeld, die am gleichen Tag Geburtstag haben. Weil diese Werte auf die meisten Menschen so überraschend hoch wirken, nennt man dies auch das Geburtstagsparadoxon oder auch Geburtstagsproblem.

Darum erscheint das Geburtstagsproblem so paradox

Die menschliche Intuition versagt leider oft, wenn es um Wahrscheinlichkeiten oder andere mathematische Wahrheiten geht.

Das hängt beim Geburtstagsparadoxon damit zusammen, dass schon die Frage falsch interpretiert wird. Beim Geburtstagsparadoxon geht es darum, wie wahrscheinlich es ist, dass zwei beliebige Personen an ein und demselben beliebigen Tag Geburtstag haben.

Oft wird dieses Problem aber anders verstanden, nämlich: „Wie wahrscheinlich ist es, dass eine bestimmte Person an einem bestimmten Tag Geburtstag hat?“

Also, zum Beispiel: Wie wahrscheinlich ist es, dass Rodrigo am gleichen Tag wie Timo Werner (6. März) Geburtstag hat? Oder: Wie wahrscheinlich ist es, dass Jogi Löw am gleichen Tag wie ich Geburtstag hat? Diese Wahrscheinlichkeit ist tatsächlich deutlich kleiner. Um hier eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent zu erreichen, muss die Gruppe 254 Personen umfassen.

Jetzt weiterlesen: Können Sie dieses Mathematik-Rätsel lösen?

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Ich habe drei Statistiken gefunden, zwei aus den USA und eine aus Österreich: Schon die Zahlen aus den USA widersprechen sich ein wenig. Zum einen gab es die Statistik der (inzwischen eingestellten) Internetseite anybirthday.com. Das war eine Seite, die man u. a. als Erinnerungskalender nutzen konnte, um Geburtstage von Freunden und Angehörigen nicht zu vergessen. Nach der Statistik dieser Seite ist der Rekordhalter der 5. Oktober. Diese Daten beruhen allerdings auf freiwilligen Angaben von Millionen von Nutzern. Daneben hat die New York Times eine Statistik der Geburten zwischen 1973 und 1999 veröffentlicht. Dort stand der 16. September auf Platz 1.

Nach der österreichischen Studie – sie beruht auf amtlichen Zahlen – gibt es ebenfalls eine Häufung von Geburten im frühen Herbst. Allerdings ist da der häufigste Geburtstag am 22. September.

Weihnachtszeit inspiriert möglicherweise zur Familiengründung

Auf jeden Fall zeigen die Zahlen sehr schön einen Anstieg bei den Geburten zwischen Juli und Oktober. Und Ende September/Anfang Oktober kommen bis zu 15 Prozent mehr Kinder auf die Welt als im Jahresdurchschnitt. Wenn wir 9 Monate zurückzurechnen, stellen wir fest, dass diese Kinder vor allem in den Weihnachtsferien gezeugt wurden. Wenn man es noch genauer macht und die Durchschnittsdauer einer Schwangerschaft von 266 Tagen ansetzt, landet man ausgehend vom 22. September ziemlich genau bei Neujahr. Nun kann man spekulieren, ob an diesem Tag viele Menschen schon einen ersten guten Vorsatz fürs neue Jahr umsetzen wollen oder ob generell die Weihnachtszeit eine überdurchschnittliche Zahl von Leuten zur Familiengründung inspiriert.

Was die Geburten in Deutschland betrifft, weist das statistische Bundesamt nur eine Monatskurve aus – der Trend ist ähnlich.

Statistisches Bundesamt SWR

Anmerkung zur Grafik: Die Zahl 1.000 für den Jahresdurchschnitt bedeutet nicht, dass im Schnitt 1.000 Kinder pro Tag geboren werden. Vielmehr dient die Zahl der Vergleichbarkeit – die Bevölkerung und damit die Geburten schwanken ja von Jahr zu Jahr. Deshalb wurden jeweils die Geburtenzahlen jedes Jahres auf „1.000“ heruntergerechnet, um die Häufigkeiten vergleichbar zu machen.

Die Kurve verdeutlicht auch sehr schön, dass sich die Kurven über die Jahre verändern. Früher in der Zeit vor der Pille sind in Deutschland die meisten Kinder noch im März/April geboren worden. Man könnte sie als Produkte von starken „Frühlingsgefühlen“ im Vorjahr deuten. Zwar gab es auch damals schon eine zweite kleine Spitze im September, aber erst in den letzten Jahrzehnten wurde der September zum geburtenstärksten Monat.

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