Saarbrücken: Menschen stehen vor dem Wahllokal in der Grundschule Rodenhof in einer Schlange an.
© Quelle: Oliver Dietze/dpa
Deutschland hat gewählt, und nun wird um Koalitionen gerungen. Mehr als 70 Prozent der deutschen Bürgerinnen und Bürger haben ihr Stimmrecht bei der Bundestagswahl 2021 genutzt. Ist das viel oder wenig? Ein historischer Vergleich.
SPD oder CDU? Olaf Scholz oder Armin Laschet? Ampel oder Jamaika? 76,6 Prozent (vorläufiges Ergebnis) der wahlberechtigen Bürginnen und Bürger haben dafür gesorgt, dass sich diese Fragen nun stellen. Ihre Stimmen haben die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag erheblich verändert und der Union ein historisch schlechtes und den Grünen ein historisch gutes Ergebnis gebracht und der SPD den Wahlsieg beschert.
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Doch wie schneidet die Bundestagswahl 2021 in Sachen Wahlbeteiligung im historischen Vergleich ab?
- 1949: 78,5 Prozent
- 1953: 86 Prozent
- 1957: 87,8 Prozent
- 1961: 87,7 Prozent
- 1965: 86,8 Prozent
- 1969: 86,7 Prozent
- 1972: 91,1 Prozent (18-Jährige durften erstmals wählen)
- 1976: 90,7 Prozent
- 1980: 88,6 Prozent
- 1983: 89,1 Prozent
- 1987: 84,3 Prozent
- 1990: 77,8 Prozent (Erste Wahl nach Wiedervereinigung)
- 1994: 79 Prozent
- 1998: 82,2 Prozent
- 2002: 79,1 Prozent
- 2005: 77,7 Prozent
- 2009: 70,8 Prozent
- 2013: 71,5 Prozent
- 2017: 76,2 Prozent
- 2021: 76,6 Prozent (vorläufiges Ergebnis)
Quelle: Bundeswahlleiter
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Die höchste Wahlbeteiligung seit 1949 erreichte Deutschland im Jahr 1972 mit 91,1 Prozent. Das war auch das Jahr, in dem zum ersten Mal 18-Jährige abstimmen durften. Zuvor hatte das aktive Mindestwahlalter bei 21 Jahren gelegen. Mit der ersten gesamtdeutschen Wahl 1990 ging die Quote deutlich zurück. Nur 1998 beteiligten sich noch einmal mehr als 80 Prozent am Wahlprozess.
Mit ihrem Podcast "Geyer & Niesmann" sind Steven Geyer und Andreas Niesmann über das politischen Berlin hinaus erfolgreich - ihre Wahlprognosen im Video.
© Quelle: RND
Bei der Wahl 2009 gaben historisch wenig Wahlberechtigte ihre Erst- und Zweitstimme ab. Seitdem steigt das Wahlinteresse jedoch stetig. 2017 verzeichnete Deutschland den höchsten Anstieg der Wahlbeteiligung seit 1953. Bei der Bundestagswahl 2021 waren rund 60,4 Millionen Bürgerinnen und Bürger zur Wahl aufgerufen.
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RND/ka
Das vorläufige Wahlergebnis finden Sie auf dieser Seite: Bundestagswahl 2021: Ergebnis
Seit vierzig Jahren sinkt die Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen in Deutschland. Obwohl der Rückgang nicht kontinuierlich verläuft, ist der bisherige Trend eindeutig.
- Die Wahlbeteiligung hatte ihren Höhepunkt bei der Bundestagswahl 1972 mit 91,1 Prozent.
- Ihren historischen Tiefstand erreichte die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2009: Nur 70,8 Prozent der Wahlberechtigten gingen an die Urnen.
- Bei der Bundestagswahl 2017 stieg die Wahlbeteiligung um 4,7 Prozentpunkte auf 76,2 Prozent, der höchste Anstieg seit der Bundestagswahl 1953.
- Und auch bei der Bundestagswahl 2021 stieg die Wahlbeteiligung weiter an – von 76,2 auf 76,6 Prozent.
Deutschland verzeichnete bis zur Bundestagswahl 2013 den zweitgrößten Rückgang bei der Wahlbeteiligung von allen „westlichen Demokratien“, hinter Portugal und vor Frankreich.
Die AfD führte zu einer Steigerung der Wahlbeteiligung
Bei Wahlforschern herrscht Konsens darüber, dass der Erstauftritt der AfD bei einer Bundestagswahl die Wahlbeteiligung steigen ließ, und dies gleich aus zwei Gründen. Zum einen stimmten laut Infratest dimap 1,47 Millionen bisherige Nichtwähler für die AfD, zum anderen zog die Angst vor einem Wahlsieg der AfD mehr Anhänger der Alt-Parteien in die Wahllokale.
Hohe Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2021
Vor der Bundestagswahl veröffentlichte das Wahlforschungsinstitut Forsa bei seiner wöchentlichen „Sonntagsfrage“ den Anteil der „Nichtwähler und Unentschlossenen“ – dieser betrug zuletzt 24 Prozent. Forsa prognostizierte also eine Wahlbeteiligung von 76 Prozent, und kam der tatsächlichen Wahlbeteiligung von 76,6 Prozent damit beeindruckend nahe.
Schon bei den vergangenen Bundestagswahlen hatte sich dieses Umfrageergebnis als relativ zuverlässig gezeigt, um zumindest die Größenordnung der Wahlbeteiligung bei der nächsten Bundestagswahl abschätzen zu können.
Mehr zum Thema | Bundestagswahl 2021: Umfragen, Prognosen und Projektionen
Durch die gestiegene Polarisierung des Parteiensystems und trotz des schwindenden Vertrauens in Politik und Parteien stieg die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2021 weiter an. An der Größenordnung ändert sich bei der Bundestagswahl 2021 allerdings nicht viel: Denn etwa ein Viertel der Wahlberechtigten ging nicht zur Urne.
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Enthaltungen bei Wahlen sind oft politisch motiviert
Laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung sind Nichtwähler durchaus politisch interessiert und informiert, sie beobachten das politische Geschehen sowie die Wahlkampfaktivitäten der Parteien. Die Hauptmotive der Nichtwähler, sich nicht (mehr) an Wahlen zu beteiligen, sind geradezu politisch: Unmut über Politiker sowie Unzufriedenheit mit Programme der Parteien sind die Hauptgründe für die Enthaltung bei den Bundestagswahlen.
Laut der oben genannten Studie werden folgende Gründe für die Wahlabstinenz am häufigsten angegeben (es waren mehrere Angaben möglich):
- 34 %: Die Politiker haben kein Ohr mehr für die Sorgen der kleinen Leute
- 31 %: Den Politikern geht es doch nur um ihre eigene politische Karriere
- 24 %: Ich bin mit dem ganzen politischen System so unzufrieden, dass ich nicht zur Wahl gehe
- 21 %: Die Parteien unterscheiden sich nicht mehr voneinander
- 20 %: Es lohnt sich nicht zur Wahl zu gehen, weil man mit seiner Stimme ohnehin nichts bewirken kann
- 18 %: Keine Partei vertritt meine Interessen
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