Welche arten von schall gibt es

Welche arten von schall gibt es

Von der schwingenden Quelle breitet sich Schall wellenförmig aus – entweder per Luft- oder per Körperschall. Foto: Pixabay

22. Februar 2018 | Artikel teilen

Welche arten von schall gibt es

Schall hat etwas mit Geräuschen zu tun. Mit Dingen, die wir hören können. Er breitet sich grundsätzlich über die Luft aus – denkt man für gewöhnlich. Doch es gibt auch eine andere Art von Schall: den so genannten Körperschall. Der spielt auch bei der Schallausbreitung in Gebäuden eine nicht unwesentliche Rolle. Was versteht man darunter?

Wie Lärm, Töne, Sprache oder sonstige Geräusche sich physikalisch ausbreiten und von einer beliebigen Schallquelle zu unseren Ohren vordringen, das haben wir auf baustoffwissen.de bereits grundsätzlich in einem Artikel zur Schallausbreitung erläutert. Noch einmal kurz zusammengefasst: Schall breitet sich ursächlich durch die mechanischen Schwingungen einer Schallquelle aus. Das können etwa die Membrane eines Lautsprechers, die Saiten einer Gitarre oder eben auch die Stimmbänder in unserer Kehle sein.

Durch die Schwingungen der Schallquelle werden umliegende Luftmoleküle angestoßen und geraten dadurch ihrerseits in Schwingungen. So entsteht Luftschall. Dringt dieser über Außen- und Mittelohr in unser Innenohr, dann kommt es dort zur Umwandlung der Schallwellen in neuronale Impulse. Ergebnis: Wir hören, weil unser Gehirn die Luftschwingungen als Klänge wahrnimmt.

Vom Luft- zum Körperschall

Würde es nur Luftschall geben, wäre so etwas wie Ruhestörung und Lärmbelästigung in Wohnhäusern kein Problem. Solange Fenster und Türen geschlossen bleiben, solange also keine Luft und mit ihr Schallwellen in die Wohnung hinein oder aus ihr heraus strömen können, würden die Bewohner in himmlischer Ruhe leben und nur ihre eigenen Geräusche wahrnehmen.

Doch so ist es bekanntlich nicht. Schall breitet sich eben nicht nur über die Luft, sondern auch in festen Körpern aus. Wenn Luftschallwellen zum Beispiel auf eine Wand treffen, werden sie zwar zu einem Großteil reflektiert. So entsteht Raumschall. Doch wenn die Schwingungen der Schallquelle stark genug sind, kann auch die Wand selbst zu schwingen beginnen. Eine laut aufgedrehte Stereoanlage in einer Wohnung kann Körperschallschwingungen in einer Wand auslösen. Das bedeutet konkret: Ein Teil der durch die Musikanlage ausgelösten Luftschallwellen breitet sich im festen Wandkörper aus, wird also in Körperschall umgewandelt.

Entstehung und Umwandlung

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Direkter Körperschall: Hier werden die Vibrationen der Schlagbohrer unmittelbar in die Wand weitergeleitet. Foto: Bosch

Körperschall in einer Wand – oder in anderen Festkörpern – entsteht aber nicht zwangsläufig durch die Umwandlung lauter Luftschallquellen. Er kann auch durch direkte Krafteinwirkungen auf den Festkörper erfolgen – zum Beispiel durch das Einschlagen eines Nagels in eine Wand. Nach dem gleichen Prinzip entsteht Körperschall beim Begehen einer Treppe oder eines Bodens. Man spricht dann auch von Trittschall.

Körperschall selbst können wir nicht hören. Sehr tiefe Schallfrequenzen sind allerdings spürbar. Wenn die von den Bässen eines Techno-Stückes ausgelösten Luftschallwellen auf unseren Körper treffen, lösen sie Schwingungen in diesem aus. Die Bassläufe schwingen also als Körperschall in uns, sodass wir sie nicht nur hören, sondern auch körperlich wahrnehmen.

Damit Körperschall vom menschlichen Ohr wahrnehmbar ist, muss er aber zuerst wieder in Luftschall verwandelt werden. Das geschieht durch die Abstrahlung des Körperschalls von Wänden, Böden oder anderen Festkörpern. Diese Körper fungieren also wieder als schwingende Schallquellen und setzen die umgebenden Luftmoleküle in Bewegung. So gelangt unsere zu laute Musik durch die Wand in die Nachbarwohnung und schließlich in das genervte Ohr des Nachbarn.

Manchmal können übrigens auch die bloßen Körperschall-Schwingungen in Festkörpern zum Problem für Nachbarn oder Anwohner werden. So klagen zum Beispiel Menschen, die in der Nähe von Bahnlinien wohnen, mitunter über unzumutbare Belästigungen. Das Problem ist dann oft gar nicht in erster Linie der Krach durch die vorbeiratternden Züge, sondern die enorme Vibration des Körperschalls, der sich vom Zug über die Bahngleise und das umliegende Erdreich bis in die Wände der anliegenden Häuser ausbreitet und dort unter anderem das Geschirr in den Schränken zum Klirren bringt.

Körperschall und Knochenleitung

Die Klänge, die wir als Menschen hören, werden überwiegend durch den von schwingenden Schallkörpern abgestrahlten Luftschall erzeugt, der über Außen- und Mittelohr bis in unser Innenohr vordringt. Daneben werden Schallwellen aber auch stets von unserem sonstigen Körper aufgenommen und zum Teil in Körperschall verwandelt. Normalerweise nehmen wir das aber kaum wahr, weil die per Luftschall übertragenen Klänge unsere Wahrnehmung klar dominieren.

Interessant wird die Körperschall-Wahrnehmung aber für Menschen, die an Schwerhörigkeit leiden, weil sie ein geschädigtes Außen- und/oder Mittelohr haben. Solange die Innenohr-Funktion noch intakt ist, können solche Personen unter Umständen trotzdem noch hören, und zwar über die Weiterleitung von Körperschall. Dabei werden äußere Schallwellen wahrgenommen, die über den Schädelknochen direkt in das Innenohr gelangen. Man spricht hier auch von der so genannten Knochenleitung, bei der Außen- und Mittelohr sozusagen „übergangen“ werden. Es gibt heutzutage Knochenleitungshörgeräte, die sich dieses Prinzip zunutze machen.

Beethovens Trick

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Der schwerhörige Beethoven konnte Klaviermusik nur noch per Körperschall hören. Foto: Pixabay

Schon Beethoven soll übrigens im frühen 19. Jahrhundert seine zunehmende Schwerhörigkeit mithilfe von Körperschall „ausgetrickst“ haben. Der Überlieferung nach hatte er einen Gehilfen, der ihm seine im Kopf ausgedachten Kompositionen auf dem Klavier vorspielte. Beethoven soll dabei ein Ende seines Taktstocks an das Klavier gehalten haben, während er das andere Ende zwischen seine Zähne nahm. Dieser Kniff ermöglichte eine so starke Weiterleitung der vom Musikinstrument ausgehenden Schallwellen, dass Beethoven seine Musik am Ende doch noch hören konnte. Die Schallweiterleitung erfolgte dabei per Körperschall vom Taktstock über Beethovens Zähne und Schädelknochen bis in das noch funktionierende Innenrohr. Erst dort wurde die Musik des Meisters wieder in hörbaren Luftschall verwandelt.

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Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt:

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