Dampfen statt rauchen was passiert im körper

Zigaretten schaden dem Körper. Auf das darin enthaltene Nikotin können viele Raucher allerdings nicht verzichten. Viele halten den Umstieg auf Tabakerhitzer oder E-Varianten dann für hilfreich, doch ist das tatsächlich so? Wir haben Gefäß-Mediziner Martin Storck befragt.

Die massiven Gesundheitsrisiken des Rauchens sind bekannt. Doch viele Raucher schaffen den Rauch-Stopp nicht auf Anhieb. Andere lehnen ihn nach dem Prinzip "Ich bin ja sowieso schon krank, das ist für mich zu spät" von Vorherein ab.

Verdampfer, Tabakerhitzer und E-Zigaretten gelten vielen dann als wenigstens etwas weniger schädliche Alternative. Doch ist das tatsächlich so? Und wenn ja, warum? FOCUS Online hat bei Martin Storck, Direktor der Klinik für Gefäß-und Thoraxchirurgie am Städtischen Klinikum Karlsruhe und Professor an der Universität Freiburg, nachgefragt.

FOCUS Online: Herr Storck, Zigarettenrauch ist ein wichtiger, vermutlich sogar der wichtigste Risikofaktor für bösartige Erkrankungen – und zwar nicht „nur“ für Krebs, sondern auch für Arteriosklerose. Stimmt das?

Martin Storck: Ja. Diese Aussage kann man uneingeschränkt so stehen lassen. Der Zusammenhang ist in einer Vielzahl von Studien wiederholt gezeigt worden und gilt für nahezu alle Tumorarten, die häufigen Lungenerkrankungen wie COPD und natürlich auch für Herzkreislauferkrankungen, mit den Folgen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass Zigarettenrauchen nicht nur der wichtigste, sondern auch der wichtigste vermeidbare Risikofaktor für diese Erkrankungen ist.

Warum schadet der Rauch dem Körper und den Gefäßen so massiv?

Storck: Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Es ist nicht eine bestimmte Substanz im Rauch, die man dafür verantwortlich machen kann. Zigarettenrauch enthält mehr als 5000 Chemikalien. Davon sind viele toxisch oder krebserregend. Bei der Verbrennung des Tabaks entsteht zusätzlich Kohlenmonoxid, das die Autoregulationsprozesse des Endothels (Anm. d. Red.: Mit Endothel meinen Mediziner die Gesamtzahl von Zellen, die das Innere von Blutgefäßen auskleiden) schädigt.

Es sind also die toxischen Stoffe im Rauch, der bei der Verbrennung entsteht, die den Griff zur Zigarette so riskant machen?

Storck: Man kann das so sagen. Bestimmte Stoffe im Rauch, wie zum Beispiel Nitrosamine, sind im Tierversuch als karzinogen beschrieben. Solche karzinogenen Stoffe kann man gut messen. Im Rauch kommt eine Vielzahl solcher Stoffe vor, die sich wechselseitig beeinflussen.

Für die Gefäßschäden ist es vermutlich die Summe vieler Schadstoffe des Verbrennungsprozesses, die einen chronischen Entzündungsprozess des Endothels unterhalten. Daher macht auch die Reduktion einzelner Schadstoffe nur wenig Sinn, sondern die Tabakverbrennung als solches muss vermieden werden.

Ganz mit dem Rauchen aufzuhören, wäre also definitiv am besten. Die meisten Raucher wollen das ja auch, aber schaffen es trotz mehrfacher Versuche nicht...

Storck: Rauchen ist eine Sucht, aber auch ein Lebensstil, und richtig, Aufhören ist immer die beste Lösung. Dass die meisten Raucher wirklich aufhören wollen, ist aber leider nicht der Fall. Die DEBRA-Studie der Universität Düsseldorf, in welcher alle zwei Monate 2000 Deutsche zu ihrem Rauchverhalten befragt werden, zeigt, dass 75 Prozent der Rauchenden in Deutschland gar nicht in nächster Zeit mit dem Rauchen aufhören wollen. Circa 90 Prozent haben in den letzten zwölf Monaten keinen ernsthaften Versuch gemacht, das Rauchen aufzugeben.

Für die, die aufhören wollen, gibt es zum Beispiel Nikotinersatzpräparate aus der Apotheke oder Verhaltenstherapien. Die gute Nachricht ist, dass diese Angebote für Interessierte in Zukunft auch teilweise von den Krankenkassen erstattet werden sollen.

Wenn allerdings der Wille zum Aufhören nicht da ist, und das scheint laut der Studie bei der Mehrheit der Rauchenden so zu sein, dann erreichen diese in den Leitlinien empfohlenen Maßnahmen nur sehr wenige von ihnen. Es braucht daher zusätzliche, ergänzende Maßnahmen, wie zum Beispiel schadstoffreduzierte Alternativen, um Rauchenden zu helfen. Vor allem braucht es eine sachliche Aufklärung über diese verbrennungsfreien Produkte, damit ihre Akzeptanz unter schwer erreichbaren Rauchenden erhöht wird.

Als weniger schädliche Alternative zur Zigarette gelten Tabakerhitzer und E-Zigaretten. Ist das wirklich so?

Storck: Dabei handelt es sich um zwei verschiedene Produkte. E-Zigaretten erhitzen Flüssigkeiten mit Aromen und Nikotin. Tabakerhitzer erhitzen Tabak und lösen daraus einen Dampf aus Aromen und Nikotin, ohne den Tabak zu verbrennen. Beiden Produkten ist aber gemein, dass der Tabak nicht verbrannt wird und dass der freigesetzte Dampf durchschnittlich 95 Prozent weniger Schadstoffe enthält als der Rauch einer Verbrennungszigarette.

Man muss an dieser Stelle darauf hinweisen, dass eine so große Schadstoffreduktion langfristig wahrscheinlich gesundheitliche Vorteile bietet, was nicht heißt, dass diese Produkte komplett risikofrei sind. Ein vollständiger Rauchstopp bleibt die beste Option. Aktuelle Studien zeigen aber positive Effekte eines kompletten Umstiegs von Zigaretten auf E-Zigaretten, zum Beispiel auf klinische Symptome einer Lungenerkrankung bzw. auf die Endothelfunktion von Blutgefäßen. Große Langzeitstudien über die Häufigkeit von Tumoren oder Herzinfarkte liegen naturgemäß noch nicht vor.

Warum entstehen beim Erhitzen weniger Giftstoffe als beim Verbrennen?

Storck: Das Verbrennen zerstört den Tabak, es entstehen daraus die oben beschriebenen 5000 Chemikalien, darunter circa 200 stark gesundheitsgefährdende Schadstoffe. Das Erhitzen in Tabakerhitzern mit wesentlich geringeren Temperaturen verändert den Tabak nur wenig; typische Verbrennungsschadstoffe entstehen so gar nicht mehr oder in stark reduziertem Maße. In E-Zigaretten ist gar kein Tabak enthalten.

Aber Nikotin enthält der Dampf ja trotzdem – welche Rolle spielt der Stoff für Krebsrisiko und Arteriosklerose?

Storck: Richtig, Nikotin ist im Dampf enthalten. Nikotin ist ja der Stoff, den der suchtmäßig abhängige Rauchende haben möchte. Daher sind nikotinhaltige Produkte wie E-Zigaretten und Tabakerhitzer, aber auch Nikotinbeutel, natürlich nicht für Nichtraucher zu empfehlen.

Nikotin ist aber nicht der Stoff, welcher das Krebsrisiko erhöht oder die Arteriosklerose triggert. Hier kommt den Schadstoffen, die durch die Verbrennung entstehen, die eigentliche krankmachende Bedeutung zu.

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Dampfen ist also tatsächlich eine Alternative. Gelingt der Umstieg, Ihrer Erfahrung nach?

Storck: Sicherlich ist der Umstieg die klar bessere Entscheidung als Weiterrauchen. Und hier liegt das Problem. Viel zu wenige Rauchende in Deutschland wissen um das signifikant geringere Schadenspotenzial von E-Zigaretten, Tabakerhitzer oder Nikotinbeuteln gegenüber der Verbrennungszigarette. Nur wer sich mit der Materie beschäftigt hat, versteht diese Unterschiede im Schadenspotenzial.

Bietet diese Alternative auch eine Möglichkeit zum Aufhören, also ganz weg vom Nikotin?

Storck: Mit diesen Produkten gelingt auch der Ausstieg vom Verbrennungsrauchen. Das wird ja häufig auch von Wissenschaftlern und Fachgesellschaften bezweifelt. Aber randomisierte kontrollierte Studien im direkten Vergleich zu pharmakologischen Nikotinersatzprodukten haben dies nachgewiesen.

Sie haben auch gezeigt, dass diese schadstoffarmen Produkte, den bisherigen Strategien darin überlegen sind, die Entwöhnung von Zigaretten effektiv zu ermöglichen. Aus medizinischer Sicht ist genau dieser Schritt weg von der Verbrennungszigarette, auch mithilfe von schadstoffreduzierten Alternativen, der wichtigste Schritt.

Ist der Umstieg auch für Raucher noch sinnvoll, deren Körper schon so geschädigt ist, dass bereits eine Herz-Kreislauf-Krankheit oder ein Schlaganfall oder Herzinfarkt aufgetreten ist?

Storck: Ein Rauchstopp lohnt sich zu jedem Zeitpunkt. Studien zeigen, dass der weitere Krankheitsverlauf sich bei Patienten, die zum Zeitpunkt der Diagnose der Erkrankung aufhören, von dem Krankheitsverlauf bei Patienten, die nicht aufhören, positiv unterscheidet. Die häufig gehörte Aussage, jetzt wo ich ja schon krank bin, kann ich auch weiter rauchen, ist also schlichtweg falsch.

Den Gefäßpatienten rate ich zum Aufhören. Wer das nicht schafft, sollte unbedingt den kompletten Umstieg auf E-Zigaretten und Tabakerhitzer in Betracht ziehen. Darauf spreche ich diese Patienten auch an. Denn Weiterrauchen ist und bleibt die mit Abstand schädlichste Form des Tabak- und Nikotinkonsums.

Das amputationsfreie Überleben kann durch eine Rauchentwöhnung auch in fortgeschrittenen Stadien der Arteriosklerose verbessert werden, dies hat eine Studie aus den USA gezeigt. Ich bzw. wir als Ärzte haben versagt, wenn der Patient nach überstandener Operation oder Intervention als Erstes aufsteht und eine Zigarette raucht. Leider immer noch ein viel zu häufiges Bild. Eine entsprechende Aufklärung der Allgemeinheit, der Regulationsbehörden und Politiker sowie der Ärzteschaft ist in Deutschland dringend erforderlich.

Was passiert wenn man von Zigaretten auf E

Beim Umstieg von der normalen Tabakzigarette auf die E-Zigarette passiert sehr viel mit dem Körper. Im Gegensatz zur normalen Zigarette, die durch die Verbrennung von Pflanzenteilen einen Rauch mit bis zu 4000 verschiedenen, teilweise toxischen Stoffen freisetzt, entwickelt sich bei der E-Zigarette Dampf.

Ist Dampfen genauso schädlich wie Rauchen?

Im Vergleich zu Tabakzigaretten sind E-Zigaretten sehr wahrscheinlich deutlich weniger gesundheitlich schädlich, urteilt auch das Deutsche Krebsforschungszentrum. Studien ergaben, dass bei Dampfern Atemwegserkrankungen wie COPD, chronische Bronchitis, Emphysem und Asthma seltener auftreten als bei Rauchern.

Wie wirkt sich Dampfen auf die Gesundheit aus?

Wie schädlich ist Dampfen für die Lunge? In den USA kam es nach dem Einatmen von Dampf aus elektrischen Zigaretten bis Februar 2020 bei mehr als 2.800 Menschen zu teilweise schweren Lungenentzündungen. Weitere 68 Menschen starben. Im Verdacht steht öliges Vitamin-E-Acetat, das dem Liquid beigemischt wurde.

Ist man Nichtraucher wenn man dampft?

Wenn man ausschließlich eine E-Zigarette dampft, dann gilt man per Definition als Nichtraucher.