Ist der Film der Pate eine wahre Geschichte?

Offiziell lebt Don Vito Corleone vom Geschäft mit Olivenöl. Tatsächlich aber verdient der Boss eines Mafia-Clans sein Geld mit dem Glücksspiel. Um seine Interessen durchzusetzen, schreckt er auch vor Morden nicht zurück. Und er macht den Mächtigen Angebote, die diese nicht ablehnen können. Als sich Don Vito weigert, ins Rauschgiftgeschäft einzusteigen, wird er auf offener Straße angeschossen.

In Francis Ford Copollas Film "Der Pate" beginnt damit eine Geschichte von Rache, Mord und Machtgier, die im Zerfall einer Familie mündet. Der Film spielt 300 Millionen US-Dollar ein. Er steht am Anfang einer Trilogie, die von 29 Oscar-Nominierungen und neun gewonnenen Oscars gekrönt wird.

Fehlbesetzung Marlon Brando?

Dabei steht die Produktion von "Der Pate" anfangs unter keinem guten Stern. Produktionsdirektor Robert Evans von Paramount Pictures, der sich die Rechte zur Verfilmung des gleichnamigen Romans von Mario Puzo gesichtert hat, findet einfach keinen Regisseur. Mafiafilme versprechen Anfang der 70er Jahre einfach keine gute Publicity und ein schlechtes Geschäft. Als Paramount den noch unerfahrenen Regisseur Francis Ford Coppola verpflichten will, hat selbst der keine Lust. Weil seine eigene Firma nach drei Filmen allerdings ins Trudeln geraten ist, nimmt er an.

Damit beginnen die Probleme erst. Denn die Personalentscheidungen Coppolas stoßen bei Paramount auf Unverständnis. Seine Idee, den bereits in die Jahre gekommenen und als äußerst schwierig geltenden Schauspieler Marlon Brando mit der Rolle des Don Vito zu besetzen, stößt ebenso auf Ablehnung wie die Forderung, Don Vitos Sohn und Nachfolger von dem gänzlich unbekannten Al Pacino spielen zu lassen. Schließlich einigen sich die Macher darauf, Brando erst einmal kostenlos vorspielen zu lassen. Der alternde Star überzeugt mit einer heiseren Stimme und einer veränderten Physiognomie, die er dadurch erzeugt, dass er sich Käse in die Backen stopft. Für Al Pacino kämpft Coppola so lange, bis die Geldgeber nachgeben.

Die Bosse haben sich geirrt

Aber damit nicht genug. Paramount will Geld sparen und deshalb an günstigen Schauplätzen drehen, Coppola sogar nach Sizilien fliegen. Auch Filmkomponist Nino Rota stößt bei den Studiobossen auf wenig Gegenliebe. Erste Aufnahmen werden als zu düster und statisch beurteilt, sogar in der Crew werden Stimmen laut, dass der Regisseur seiner Aufgabe nicht gewachsen sei. Bald schon verdoppeln sich die Produktionskosten. Paramount stellt Coppola deshalb einen Ersatz zur Seite, der ihm auf die Finger schaut und einspringen soll, falls der Regisseur weiter übertreibt.

Vor der Uraufführung kürzt Coppola seinen Film, der laut Vertrag nicht länger als zwei Stunden und zehn Minuten sein darf, um eine halbe Stunde. "Sie haben einen Spielfilm gedreht, mir aber einen Trailer gebracht",  soll ein inzwischen offenbar begeisterter Produktionsdirektor Robert Evans gesagt haben, als er diese Fassung sieht. Für die Uraufführung am 15. März 1972 in New York wird der Film wieder gestreckt. Im Publikum sitzt unter anderem der zukünftige US-Außenminister Henry Kissinger, der dem Meisterwerk wie ein Großteil des Publikums "wahre Größe" bescheinigt. Auch die Paramount-Chefs haben inzwischen eingesehen: Ihre Einschätzung war völlig falsch. Coppola hat alles richtig gemacht.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 15. März 2017 ebenfalls an die Uraufführung von "Der Pate". Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

Stichtag am 16.03.2017: Vor 20 Jahren: Dokumentationszentrum deutscher Sinti und Roma in Heidelberg eröffnet

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Al Pacino über „Der Pate“: Der schlechteste Film der Welt?

Montag, 01.05.2017 | 13:29

Vor 45 Jahren lief „Der Pate“ das erste Mal. Heute gilt der Streifen als einer der besten Filme der Geschichte. Beim Dreh fand Al Pacino noch ganz andere Worte.

„Der Pate“  gehört zu den großen Klassikern der Filmwelt. Al Pacino (77) hat nun aber verraten, dass er über den Streifen zunächst ganz anders dachte - er hielt das Projekt für einen Flop... Ganz nüchtern war er dabei aber offenbar nicht. Zusammen mit Robert De Niro (73) und Diane Keaton (71) beantwortete er auf dem Tribeca Film Festival in New York Fragen zu dem Kultstreifen, der vor 45 Jahren erschien.

Al Pacino erklärte laut Medienberichten, dass es beim Dreh zwischenzeitlich Probleme mit dem Zeitplan gegeben hätte, es wäre chaotisch zugegangen. Nach einer Szene hätten sie dann betrunken darüber gesprochen, dass sie wohl ruiniert seien: „Es ist der schlechteste Film, der je gemacht wurde“, soll Al Pacino laut der „Daily Mail“ über den Streifen gedacht haben.

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Teil eins und zwei sehr erfolgreich

Pacino spielte Michael Corleone in allen drei „Der Pate“-Filmen, De Niro war als jüngere Version von dessen Vater Vito im zweiten Teil zu sehen. Ihre Co-Stars Robert Duvall (86), James Caan (77) und Talia Shire (71) waren ebenfalls in New York vor Ort, um die Kult-Filme zu feiern - genau wie Regisseur Francis Ford Coppola (78). „Der Pate“ und „Der Pate 2“  zählen zu den besten Filmen aller Zeiten. Beide Streifen gewannen den Oscar für den besten Film. Coppola war in der Kategorie beste Regie für Teil eins nominiert und gewann den Regie-Oscar für den zweiten Teil.

Caan, Duvall und Pacino waren für „Der Pate“ je als beste Nebendarsteller nominiert, De Niro gewann den Oscar zwei Jahre später für Teil zwei. Pacino war damals als bester Hauptdarsteller nominiert.

SpotOn

Wer so ziemlich alles über "Die Corleones" wissen möchte, die neue Vorgeschichte des größten Mafia-Epos der amerikanischen Literaturgeschichte, der kann ein altes Buch aufschlagen. Auf das Vorsatzblatt von "Der Pate" hat Mario Puzo 1969 ein Zitat von Balzac gestellt. Es lautet: "Hinter jedem großen Vermögen steht ein Verbrechen". Der Satz führt tief hinein in die Geschichte der New Yorker Familie Corleone, aber er passt auch auf die Nachlassverwalter Puzos. Seit der Meister 1999 starb, wird die Erinnerung an "Der Pate" hochgehalten, und der Zweck ist nicht eben strikt literarischer Grandiosität geschuldet. Hinter jedem Verbrechen steckt eben auch ein Vermögen.

Puzo selbst hat nie ein Hehl daraus gemacht, warum er den "Paten" schrieb. "Ich war 45 Jahre alt und es leid, ein Künstler zu sein. Außerdem schuldete ich Verwandten, Banken, Buchmachern und Kredithaien insgesamt 20.000 Dollar. Es war höchste Zeit, erwachsen zu werden. Also sagte ich zu meinem Verleger: Okay, ich werde ein Buch über die Mafia schreiben." Puzo war Dostojewski-Verehrer und kannte sich mit Pulp-Literatur aus: Er schrieb in epischer Breite und entwickelte Mitgefühl für seine Charaktere, er sorgte für Kicks und machte auch vor einem Pferdemord nicht Halt. Auch deshalb ist das Buch noch heute gut zu lesen.

Puzo verwob das italienische Gangstertum mit einer Familiengeschichte; er vollführte den ungemein einflussreichen Schwenk der Mafia hin zu einer wenigstens teilweisen Gesellschaft von Ehrenmännern; er stellte das Handeln Don Corleones und den Aufstieg Michael Corleones als logische Fortsetzung des Kapitalismus dar. Korporativer Geist eben, bloß mit ein paar Gewaltverbrechen. Das Buch verkaufte sich millionenfach, bis 1974 folgten zwei Filme, die heute zu jedermanns Lieblingsfilmen zählen. 1990 kam ein dritter Film hinzu, der das Niveau nicht hielt, aber in der letzten halben Stunde noch einmal buchstäblich vorführte, was die "Paten"-Kinotrilogie eigentlich ist: eine grandiose Oper. La forza del destino . Die Macht des Schicksals.

Der Autor Ed Falco, Jahrgang 1948, hat nun ein nachgelassenes Drehbuch für einen vierten "Paten"-Film zu einem Roman verarbeitet. Das Buch spielt im Winter 1933 und im Frühjahr 1934. Corleone ist noch kein unumstrittener Gangster-Boss, aber hat doch beste Aussichten auf die Zukunft, denn sein Kapital ist unabhängig vom Alkoholschmuggel. Die Prohibition endet gerade. Um den Kuchen gibt es Streit. Italiener und Iren greifen zu abgesägten Schrotflinten und Revolvern. Dazwischen wird jede Menge Pasta verdrückt. Vito, Mitte 40, ist bedächtig und schlau, wenn nötig erbarmungslos, ein Taktiker, den man sich nicht wirklich als Marlon Brando vorstellen kann.

Alle Figuren sind da. Ed Falco gibt sich Mühe, noch die kleinste Nebenfigur in einem frühen Stadium auftreten zu lassen. Da krabbelt sogar die spätere Geliebte Sonny Corleones als Kleinkind auf dem Boden herum. Michael Corleone ist 13 Jahre alt, Fredo 15, Sonny Corleone 17 - der Älteste begehrt gegen den Vater auf, indem er als heißblütiger Teenager so ziemlich alles falsch macht. Er kommt den Feinden seines Vaters in die Quere. Er hat eine Affäre mit einer Irin. Er hört auf keinen Rat. Der interessierte Leser weiß natürlich, was aus Sonny Corleone werden wird: Der Heißsporn ist nicht klug genug, findet im Bandenkrieg 1947 den Tod. Hier benimmt er sich wie ein Todgeweihter in der Arena. Und wirkt wesentlich unsympathischer als gedacht.

Mittendrin, als Dreh- und Angelpunkt, steht der Killer Luca Brasi. Diesen finstersten aller Handlanger kennen wir als tumbe Tötungsmaschine, hier ist er ein freischaffender Unternehmer, der vor keiner Gruppierung Angst hat, auch vor den Corleones nicht. Luca Brasi ist bei bester Gesundheit, er spricht gern und viel, was die vielleicht größte Überraschung des Buches ist. In "Der Pate" wird lange über die furchtbarste Tat Brasis geraunt, eine Kindesverbrennung. Hier kostet der Autor die Geschichte neu aus, führt den willigen Vollstrecker wie einen verlorenen Sohn in Don Vitos gütige Arme. Wie überhaupt sehr vieles, was nun als vermeintliche Mythosausformung daher kommt, in den historisierenden Abschnitten von "Der Pate" schon beschrieben wird, oft auch noch mit anderen Daten. "Die Corleones" setzt auf die Filmkenntnis, beschreibt etliche Figuren mit ihrem Schauspieler-Aussehen, empfindet gedrehte Szenen genau nach und beugt im Zweifel die literarische Vorlage. Sonny Corleone selbst darf dazu ein wenig Meinung verbreiten. Er findet bei seinem irischen Freund einen Shakespeare-Band, Hemingways "Fiesta" und eine Gedichtsammlung. "Italiener lesen keine Bücher", verkündet er prompt.

Mario Puzo verfasste mit Bedacht ein Epos, das sich über ein halbes Jahrhundert zog. Nur in der historischen Dimension ist die Familienentwicklung fassbar - und damit für die nötige Wucht gesorgt. Nebenbei ließ er verklausuliert etwa Frank Sinatra als Mafiagehilfen auftreten. Derartige Kolportage gibt es in "Die Corleones" nicht. Es bleibt eine begrenzte Episode im fiktiven Raum. Die Helden sind sich selbst genug.

So ist "Die Corleones" zwar spannend und unterhaltsam, ordentlich geplottet und im Ablauf der Notwendigkeiten mit Tempo ausgestattet. Aber die Eigenständigkeit fehlt. Eine grandiose Szene wie die Hochzeit von Connie Corleone, die im ersten Drittel des "Paten" die ganze Gesellschaft versammelt, ist weit und breit nicht da. Wie ohnmächtig handeln die Figuren, erdrückt von ihrem späteren Schicksal, von dem nur die Leser wissen. Das Buch ist unterkomplex, zu wenig Dostojewski, auch zu wenig Pulp. Was Gewalt und Sex betrifft, ist das Werk von 2012 viel sittsamer als das von 1969. Und natürlich wird über die Beziehungen von Mafia-Vätern und -Kindern oder über die gesellschaftlichen Verflechtungen der organisierten Kriminalität in den "Sopranos" sehr viel mehr gesagt.

Dabei hat Ed Falco eine besondere Beziehung zu dieser stil- und beispielgebenden Serie. Er ist der Onkel der Schauspielerin Edie Falco, die in den "Sopranos" die Ehefrau von Tony Soprano spielt. Und sie heißt dort nicht umsonst Carmela - so wie Vito Corleones Frau. Solche Hinweise auf den "Paten" tauchen ständig auf. "Die Sopranos" sind zweifelsohne die wahren Erben der Corleone-Familie. Es hat sich auf das Erzählniveau von "Die Corleones" nicht ausgewirkt.

Im Grunde nämlich unterschätzen Ed Falco und womöglich sogar Mario Puzo das Interesse des Publikums. Sie sollten lieber auf Don Corleone hören, der kurz vor Schluss seinem Sohn eine Mahnung mitgibt. "Sizilianer vergessen nie, und sie verzeihen auch nie", sagt er. Als Leser sind wir alle Sizilianer.

Ed Falco, Mario Puzo: Die Corleones. Aus dem Englischen von Hannes Riffel. Klett-Cotta, Stuttgart. 478 S., 21,95 Euro.

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