In welchem Krankenhaus wird GZSZ gedreht?

Wer liefert die aktuellen Zeitungen für den Spätkauf, wer ist für die neuen Kissen in Gerners Wohnung verantwortlich und wer sorgt im Jeremias Krankenhaus dafür, dass die Betten immer frisch gemacht sind? Karina Jungen, Szenenbildnerin bei "Gute Zeiten, schlechte Zeiten", gewährt uns einen Blick hinter die Kulissen von Deutschlands erfolgreichster Serie. Karina hat schon früh gemerkt, dass es sie zum Film zieht. Alles begann mit einer klassischen Raumausstatterlehre. Während Ihres anschließenden Innenarchitekturstudiums kam sie dann durch verschiedene Praktika zur Filmbranche, bis sie dann 2007 zu GZSZ gelang. Heute leitet sie die Ausstattungsabteilung.

Es gibt grundsätzlich keine typischen Tage, jeden Tag stehen wir vor neuen Herausforderungen. Aber natürlich hat man immer einen Fahrplan für die laufende Drehwoche, wie auch für die beiden folgenden Wochen, die sich gleichzeitig in der Vorbereitung befinden. Bei GZSZ werden jeweils zwei ‚Blöcke‘ parallel gedreht. Ein Block besteht aus fünf Folgen. Es werden zuerst alle Szenen im Außendreh gedreht und in der Folgewoche dreht der gleiche Regisseur dann alle Studioszenen dieses Blockes. Gleichzeitig ist ein anderer Regisseur dann schon wieder mit einem neuen Block im Außendreh usw. Dies bedeutet für uns schon im Vorfeld jedes Drehtages eine gründliche Planung, damit alle Bauten, Requisiten, Grafiken, etc., beim Dreh parat stehen. Bei der hohen Schlagzahl mit der bei uns gedreht wird, kann bereits ein kleines fehlendes Requisit zu einer verhängnisvollen Verzögerung führen. Verhängnisvoll deswegen, weil durch den Dreh mit zwei Teams, das eine im schlimmsten Fall zum Stehen kommt, wenn wegen der Verzögerung beispielsweise auf Schauspieler gewartet werden muss.

Wir bei GZSZ haben eine ganze Ausstattungsabteilung. Diese besteht aus mir, der Szenenbildnerin, meiner Szenenbildassistentin, dem Außenrequisiteur, der mich beim Besorgen von besonderen Spielrequisiten, Einrichtungsgegenständen, etc. unterstützt. Weiter gehören zu unserem Team drei Requisiteure, die beim täglichen Dreh dabei sind, die Baubühne, der Requisitenfahrer und zwei Grafiker. In der Grafikabteilung wird all das entwickelt und produziert, was später auf allen möglichen Produkten vom Waschmittel bis hin zu Nudeln und Dosenbier im Bild zu sehen sein wird. Reale Marken und Labels zu zeigen ist tabu. So wurde beispielsweise jedes Produkt in Tayfuns Spätkauf präpariert, oder das Magazin „Metropolitan Trends“ von Grund auf designed.

Aus den Drehbüchern sind die Notwendigkeiten eines Sets meist ziemlich klar herauslesbar. Es ist dann die Aufgabe des Szenenbildners sich Gedanken zu Bauweise und Stil der jeweiligen Deko zu machen. Ich fertige in der Regel Skizzen und Mood-Boards an, die ich dann mit der Producerabteilung und dem jeweiligen Regisseur bespreche und ggf. an besondere Wünsche anpasse.

Montag ist unser Probentag. Gedreht wird im Studio von Dienstag bis Freitag. Parallel läuft, wie bereits erwähnt, der Außendreh mit einem separaten Team von Mittwoch bis Freitag. Und dies Woche um Woche – das Rad läuft kontinuierlich weiter.

Es erfordert eine sehr gute Organisation sowie gute Absprachen innerhalb des Teams. Aber darin besteht eben auch die spannende Herausforderung alles gleichzeitig auf dem Schirm zu haben: Für die Koordination des Gewerkes und dafür zu sorgen, dass möglichst alles reibungslos läuft, ist letztendlich der Szenenbildner verantwortlich.

Wir unterscheiden zwischen zwei Arten von Requisiten. Die spezifischen, figurenabhängigen Spielrequisiten, die extra für diesen einen Charakter für eine oder mehrere Szenen angeschafft werden und mit dem Figurennamen beschriftet in separaten Boxen aufbewahrt werden, oder solche allgemeiner Art wie beispielsweise Getränkeflaschen, die immer wieder gebraucht werden und entsprechend in größeren Mengen vorbereitet und gelagert werden.

Nein, am Set wird natürlich kein echter Alkohol getrunken. Es gibt alkoholfreien Sekt, Whiskey ist bei uns Apfelsaft, Rotwein ersetzen wir durch Kirschsaft. Ansonsten stimmt man sich generell bei den Lebensmitteln mit den Schauspielern ab. Wenn der eine kein Tiramisu mag, dann gibt’s stattdessen eben Vanillepudding. Das ist auch wichtig, denn manche Szenen müssen beim Dreh ja mehrmals wiederholt werden, da wäre es dann schlecht, wenn der Schauspieler ein Lebensmittel wiederholt essen muss, was er gar nicht mag oder nicht verträgt.

Wenn eine neue Figur eingeführt wird, gibt es für jedes Gewerk ein sogenanntes Rollenprofil. Darin ist festgelegt, wie das Umfeld aussieht, was die Vorlieben und Interessen sind, wie der soziale Hintergrund aussieht. Dieses Rollenprofil ist ungefähr zwei Seiten lang und dient mir als Vorlage um den detaillierten Stil zu entwickeln. Es ist grundsätzlich etwas ganz anderes das Jugendzimmer einer rockigen Tanja Seefeld zu gestalten, als das Townhouse, des gut situierten Rechtsanwalts Dr. Jo Gerner. Dazwischen liegen Welten die über die bildliche Anmutung erzählt werden wollen. Das für mich Spannende ist es vom Stil der Möbel, der Stoffe und Leuchten, bis hin zum Schreibblock oder Cognacglas, stimmig für die jeweilige Figur zu planen und mit meinem großartigen Team umzusetzen.

Ja, da ist eine enge Zusammenarbeit sehr wichtig. Um es mal platt auszudrücken: wenn ich cremefarbene Wände entwerfe, dann sollten die Schauspieler möglichst nicht auch in cremefarbenen Outfits durchs Bild laufen. Daher bin ich sehr froh, dass ich auf diesem Gebiet auch mit einem sehr erfahrenen und stilsicheren Kostümbildner zusammenarbeiten kann, dem farbliche Nuancen und Farbdramaturgie sehr wichtig sind.

Auszuschließen ist es nicht, aber die wichtigste Prämisse bleibt es immer, die Inspiration aus den Drehbüchern und den Figuren selber zu ziehen, um so dem großen Ganzen – den Geschichten und dem Look der Serie – zu dienen.

Prinzipiell habe ich das Set als erstes im Kopf. Dabei hilft ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen, Sinn für Farben und Ästhetik. Ich zeichne dann zunächst den Grundriss und Perspektiven und stelle ein Mood-Board zusammen mit Bildern von dekorativen Elementen, Stoffen, Requisiten, die die gewünschte Stimmung transportieren. Damit gehe ich dann zu den Producern und präsentiere meinen ersten Entwurf. Wenn dieses angenommen wird, fängt die Ausführung und die Detailarbeit mit meinen Abteilungen Ausstattung und Baubühne an.

Alltag sicherlich, aber auch auf Reisen – und vor Allem, aus kontinuierlicher Recherche. Es gehört mit zum Job dazu, Fachliteratur zu lesen, Design-und Möbelmessen zu besuchen und Kontakte mit potentiellen Zulieferern zu knüpfen. Dies bedeutet nicht selten, dass Teile von Wochenenden dafür genutzt werden müssen, wenn während des täglichen Geschäfts keine Zeit unter der Woche übrig bleibt. Aber weil ich die Materie und meinen Beruf so liebe, empfinde ich dieses Eintauchen in neue Gedanken und Ideen außerhalb der Serie als sehr entspannend und mache es gerne.

Natürlich gibt es den ein oder anderen Schauspieler oder Mitarbeiter, der mit der unabsichtlichen Zerstörung eines Requisits oder durch ein zu beherztes Türzuschlagen den Absturz eines Spiegels oder Bildes verursacht und somit für Gelächter beim Drehteam sorgt. Aber es gibt keine lustigen Pannen, denn Pannen bedeuten für uns meistens Stress. Es hört sich vielleicht streng an, aber wenn etwas schief geht, heißt das für uns immer mehr Arbeit und Verzögerungen für das gesamte Drehteam.

Dramaturgisches Denken ist wichtig, genauso der Sinn für Farben und Formen, ein gutes Raumgefühl und gute Fähigkeiten im technischen sowie räumlichen Zeichnen. Handwerkliche Fach-und Materialkenntnisse sind ebenfalls von großem Vorteil. Und daneben benötigt man außerdem großes organisatorisches Talent, denn man muss die gesamte Ausstattungsabteilung koordinieren. Aber das wichtigste ist natürlich der Spaß an dieser Arbeit. Ich bin ein sehr praktischer Mensch und kann hier eigentlich alle meine Fähigkeiten in die Arbeit als Szenenbildnerin einfließen lassen. So stehe ich auch schon mal gerne selber auf der Leiter und bringe Gardinen an oder male noch schnell eine Leinwand, die ich in einem unserer Motive einsetze.

Ein halbnackter junger Mann zwischen fetzigen Partygirlanden in der ersten Szene. Ein LTU-Flugzeug, eine knallgelbe Telefonzelle und tischtennisballgroße Ohrringe in der zweiten Szene. Und dann der historische Satz: „Was ist denn?“. So beginnt sie, die allererste Folge von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“.

Besser bekannt als „GZSZ“ gilt die deutsche Fernsehserie heute als erfolgreichste ihres Genres und erreichte damals schon schnell Kultstatus. Am 11. Mai 1992 flimmerte die Soap das erste Mal über den Bildschirm. Zunächst gedreht in Berlin Tempelhof wurde sie ab 1995 in Potsdam produziert.

Stirnbänder, Gürteltaschen, Lederjacken und ganz viel Jeans. Schaut man sich die ersten Staffeln heute noch einmal an, wirft es einen vor allem modisch sofort zurück in die 90er Jahre. Spätestens wenn in der zweiten Folge im Röhrenfernseher das Familienduell läuft und Werner Schulze-Erdel seinen berühmt-berüchtigten Satz „Wir haben 100 Leute gefragt…“ schmettert, ist der Flashback perfekt.

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GZSZ als Karrieresprungbrett

Die etwas laienhaften Schauspielkünste stellen den Zuschauer jedoch auf eine kleine Probe. Und spätestens, wenn Vera Richter ihren erwachsenen Sohn Heiko zum zwanzigsten Mal „Mausebär“ nennt und ihre Hausfrauentätigkeiten stets im Schulterpolster-Kostüm und mit toupierter Drei-Wetter-Taft-Frisur erledigt, steigt das Aggressionslevel leicht an.

Trotzdem schauten schon damals etliche Menschen die Serie und brachten dem Privatsender RTL gute Quoten ein. Und das ist bis heute so geblieben. Seit 1992 läuft „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ wochentags um 19:40 Uhr. Eine verlässliche Konstante mit Millionen an Zuschauern.

Wer in den ersten Folgen genau hinhört, erkennt in den Charakteren von Peter Becker und Frank Ulrich die deutschen Synchronstimmen eines jungen Matt Damon oder Ben Affleck. Damals wie heute war und ist GZSZ für viele Schauspieler ein Sprungbrett für spätere Karrieren.

Daily Soap der 90er Jahre

Neben Synchronisierungen für Hollywood-Stars starteten einige erfolgreich als Sänger durch, wie beispielsweise Yvonne Catterfeld, Jeanette Biedermann, Senta-Sofia Delliponti oder Oliver Petzsokat alias Oli P. Andere führten ihre Schauspielkarriere fort oder zogen sich für den Playboy aus. Doch wie konnte die Serie trotz des holprigen Starts zu einem solchen Erfolg mutieren?

In welchem Krankenhaus wird GZSZ gedreht?

GZSZ feiert den 30. Geburtstag am 12.5.22 mit einer Jubiläumsfolge in Spielfilmlänge. © RTL

Häusliche Gewalt, sexuelle Belästigung, Ehebruch, versuchter Suizid: Von der ersten Folge an werden gesellschaftskritische Probleme behandelt. Darin ist sich GZSZ bis heute treu geblieben. Immer wieder tauchen Themen aus dem Alltag auf und werden ins Drehbuch eingebunden – wenn auch in etwas unrealistischer Häufigkeit.

Vor allem filmisch hat sich die Daily Soap über die Jahrzehnte hinweg extrem weiterentwickelt. Während in den frühen 90er-Jahre-Folgen beispielsweise mal der Ton plötzlich leiser wird oder gar der Mikrofonpuschel mit im Bild hängt, ist heute technisch alles nahezu perfekt produziert.

Berlin als Dreh- und Angelpunkt

Was sich jedoch nicht geändert hat: Schon damals wird bei ärztlichen Notfällen nicht die 112 gewählt, sondern der befreundete Bruder informiert. Denn zufälligerweise gibt es unter den Darstellern immer einen Arzt. Und dieses Prinzip Zufall hat sich über die Jahre zur Bravour gesteigert.

Ärztliche Notfälle werden grundsätzlich im serieneigenen Jeremias-Krankenhaus behandelt – und zwar immer, es gibt schließlich in Berlin nur dieses eine Krankenhaus. Und zufällig hat auch immer einer der Freunde gerade Dienst. In der U-Bahn ist es zudem völlig normal, jedes Mal jemanden zu treffen, den man kennt. Alles total üblich in einer Stadt wie Berlin.

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Und wenn man dringend eine Wohnung sucht, wird auch zufällig gerade im Kiez etwas frei. Jeder „echte“ Berliner würde sich glücklich schätzen, wenn die Wohnungssuche so schnell und einfach ginge. Doch nicht zuletzt der, wenn auch nicht immer wahrheitsgetreue, Berlinbezug dürfte die Serie für viele so interessant machen.

Professor Dr. Dr. Hans-Joachim Gerner

Vor allem ein Charakter ist mittlerweile zur absoluten Kultfigur geworden, da er als einziger aus der Anfangszeit noch dabei ist. Knapp ein Jahr nach Drehbeginn betritt er die Bühne: Am 03. Februar 1993 läuft die 185. Folge und die erste mit Professor Dr. Dr. Hans-Joachim Gerner, kurz Jo Gerner, einem „der schlitzohrigsten Advokaten überhaupt“, wie Clemens Richter seiner Frau Vera erklärt.

„Das ist eine absolut linke Bazille“, fügt Kumpel Daniel in Folge 186 hinzu. Die Figur Gerner polarisiert von Anfang an – und das nun schon seit 29 Jahren. So ist es nahezu selbstverständlich, dass ausgerechnet er die Hauptrolle in der Jubiläumsfolge spielt.

In welchem Krankenhaus wird GZSZ gedreht?

Schauspieler Wolfgang Bahro spielt seit 1993 die Kultfigur Jo Gerner. © Doris Spiekermann-Klaas / Tagesspiegel

„Ich fand ihn damals zu krass“, sagte Schauspieler Wolfgang Bahro im vergangenen Jahr im Tagesspiegel-Interview selbst über seine Rolle. Mittlerweile sei Jo aber ein ganz netter Zeitgenosse geworden.

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Stirbt Jo Gerner am 12. Mai den Serientod?

Wer sich nun zum Jahrestag am 11. Mai auf eine große Jubiläumsfolge freut, wird erst einmal enttäuscht. Denn an dem Tag läuft lediglich eine Folge zur üblichen Sendezeit. Die Serienmacher feiern ihren 30. Geburtstag aber natürlich trotzdem, nur einen Tag später.

Am 12. Mai kann sich der Zuschauer die volle GZSZ-Dröhnung von 19:40 Uhr bis 22:15 Uhr geben. Jo Gerner ist auf der Flucht vor der korrupten Polizei und seinem Feind Bajan Linostrami. Angeschossen flüchtet er sich in einem geklauten Bestattungswagen (welch Ironie) in ein Parkhaus im Märkischen Viertel Berlins.

In welchem Krankenhaus wird GZSZ gedreht?

Was dann passiert, wird natürlich hier nicht gespoilert. Nur so viel sei verraten: Jo Gerner in Mütze und Kapuzenpulli sowie ein überraschender Kuss mit einer seiner Exfrauen sind es schon allein wert, sich die Jubiläumsfolge anzuschauen. Am kommenden Donnerstag im Free-TV oder jetzt schon auf RTL+.