Die religion ist der größte unterschied zwischen menschen

Mehr als jede vierte Person hält die Existenz eines Gottes für ausgeschlossen bzw. für nicht bewiesen. Auffällig ist dabei der große Anteil an nicht gläubigen Menschen in Ostdeutschland. Knapp zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland ordneten sich 2018 einer christlichen Religionsgemeinschaft zu. Der Anteil der Muslime lag im Jahr 2018 deutschlandweit bei gut sechs Prozent. Auf alle anderen Religionsgemeinschaften entfielen jeweils weniger als ein Prozent der Bevölkerung. Neben den regionalen Unterschieden ist zu bedenken, dass die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft noch nichts über die Tiefe des Glaubens aussagt.

Fakten

Bei einer Eurobarometer-Umfrage im Dezember 2018 bezeichneten sich in Deutschland rund 29 Prozent der Befragten als Katholiken, 26 Prozent als Protestanten, 2 Prozent als orthodoxe Christen und 8 Prozent als andere Christen – insgesamt ordneten sich 64,2 Prozent der Befragten einer christlichen Religionsgemeinschaft zu. Die zweitgrößte Gruppe waren mit rund 27 Prozent die Atheisten und Agnostiker, also Befragte, für die die Existenz eines Gottes ausgeschlossen ist, nicht bewiesen ist bzw. nicht bewiesen werden kann. Gut 3 Prozent bezeichneten sich bei der Befragung als Muslime und knapp ein Prozent als Buddhisten. Bei Juden, Hindus und Sikhs lagen die Werte bei unter 0,2 Prozent. Schließlich bekannten sich 4,4 Prozent zu einer anderen Religion bzw. antworteten mit „weiß nicht“.

Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die großen Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland: Während sich im Dezember 2018 in Westdeutschland lediglich 16,6 Prozent als nicht gläubig, Agnostiker oder Atheisten bezeichneten, waren es in Ostdeutschland 68,3 Prozent der Befragten. Entsprechend lag der Anteil der Befragten, die sich als Christen bezeichneten, in Westdeutschland bei 74,0 Prozent und in Ostdeutschland bei 24,6 Prozent.

Die Angaben, die alle in Deutschland Befragten im Rahmen der Eurobarometer-Umfrage gemacht haben, decken sich in etwa mit den Angaben der katholischen und evangelischen Kirche zur Zahl ihrer Mitglieder: Ende 2018 gehörten von der Gesamtbevölkerung in Deutschland 27,7 Prozent der katholischen und 25,5 Prozent der evangelischen Kirche an – zusammen 53,2 Prozent.

Bei den Atheisten und Agnostikern fehlen genaue Zahlen, da es keine Institution gibt, an die sich diese Gruppe aufgrund ihrer glaubenskritischen Haltung mehrheitlich binden würde. Ebenso fehlen bei den Muslimen genaue Zahlen, da im Islam keine mit der katholischen oder evangelischen Kirche vergleichbare Institution existiert, der alle Gläubigen angehören. Muslime zahlen zudem keine Kirchensteuer, über die sie alternativ erfasst werden könnten. Nach einer Hochrechnung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lebten am 31. Dezember 2015 in Deutschland zwischen 4,4 und 4,7 Millionen Muslime. Das entsprach einem Anteil zwischen 5,4 und 5,7 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Die Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid) geht davon aus, dass 2018 gut 5,3 Millionen Muslime in Deutschland lebten (6,4 Prozent der Gesamtbevölkerung), von denen gut eine Million nicht-religiös waren (Muslime, die niemals religiöse Veranstaltungen besuchen, sich aber trotzdem als Muslime bezeichnen).

Der Religionswissenschaftliche Medien- und Informationsdienst e.V. – REMID beziffert die Zahl der Angehörigen orthodoxer, orientalischer oder unierter Kirchen im Jahr 2018 auf 2,0 Millionen – was sich mit der oben genannten Eurobarometer-Umfrage deckt. Die Zahl der Buddhisten wird allerdings mit lediglich 270.000 (0,33 Prozent) angegeben. Schließlich lag die Zahl der Mitglieder der jüdischen Gemeinden in Deutschland im Jahr 2018 bei rund 96.200 – 0,12 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Bei den Angaben zur Religionszugehörigkeit ist zu bedenken, dass die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft für die einzelnen Menschen eine sehr unterschiedliche Bedeutung haben kann. Im Extremfall ist für die einen die Zugehörigkeit lebensbestimmend, andere sind Mitglieder einer Kirche ohne überhaupt an einen Gott oder eine spirituelle Kraft zu glauben. Im Jahr 2010 glaubten laut einer Eurobarometer-Umfrage 44 Prozent der Bürger in Deutschland an einen Gott. 25 Prozent glaubten an eine andere spirituelle Kraft, die das Leben lenkt, 27 Prozent glaubten weder an einen Gott noch an eine andere spirituelle Kraft und 4 Prozent machten keine Angaben.

Zudem sind für viele Bürger in Deutschland andere Werte sehr viel wichtiger als Religion: Bei einer Eurobarometer-Umfrage im November 2019 bei der die Befragten 3 von 13 Werten auswählen sollten, die für sie persönlich am wichtigsten sind bzw. die am besten die Europäische Union repräsentieren, entschieden sich jeweils nur 3 Prozent der Befragten für 'Religion'. Bei den persönlich wichtigsten Werten gab es keinen Wert, der seltener genannt wurde. Am häufigsten wurde bei beiden Fragestellungen 'Frieden' genannt (59 bzw. 58 Prozent). Darauf folgten – in unterschiedlicher Reihenfolge – 'Menschenrechte' (43 bzw. 32 Prozent) und 'Demokratie' (40 bzw. 43 Prozent).

Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen

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Das Eurobarometer ist eine in regelmäßigen Abständen von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene, öffentliche Meinungsumfrage in den Ländern der Europäischen Union. Dabei wird in allen Ländern eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung befragt.

WASHINGTON, D.C. (24. Oktober 2018) – Der Eiserne Vorhang, der einst Europa teilte, mag längst der Vergangenheit angehören, doch der Kontinent ist heutzutage entzweit durch große Unterschiede in den Einstellungen der Öffentlichkeit zu Religion, Minderheiten und sozialen Themen wie gleichgeschlechtliche Ehe und legale Abtreibung. Im Vergleich zu Westeuropäern würden weniger Mittel- und Osteuropäer Muslime oder Juden in ihren Familien oder Nachbarschaften willkommen heißen, das Recht zu Heiraten auf schwule oder lesbische Paare erweitern oder die Definition von nationaler Identität auf Personen ausweiten, die außerhalb ihres Landes geboren sind.

Diese Unterschiede ergeben sich aus einer Reihe von Umfragen, die das Pew Research Center zwischen 2015 und 2017 unter fast 56.000 Erwachsenen (18 Jahre und älter) in 34 west-, mittel- und osteuropäischen Ländern durchgeführt hat, und sie spalten den Kontinent mehr als ein Jahrzehnt, nachdem die Europäische Union begann, sich weit über ihre westeuropäischen Wurzeln hinaus auszudehnen, um unter anderen mitteleuropäischen Länder Polen und Ungarn und die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen aufzunehmen.

Diese kontinentale Kluft in Einstellungen und Werten kann in einigen Fällen extrem sein. Zum Beispiel sagen in fast allen mittel- und osteuropäischen Ländern weniger als die Hälfte der Erwachsenen, dass sie bereit wären, Muslime als Familienmitglied zu akzeptieren; in fast jedem befragten westeuropäischen Land sagen mehr als die Hälfte, dass sie einen Muslim als Familienmitglied akzeptieren würden. Eine ähnliche Kluft ergibt sich zwischen Mittel-/Osteuropa und Westeuropa hinsichtlich der Aufnahme von Juden in die eigene Familie.

In einer separaten Frage sagen Westeuropäer weit häufiger als ihre mittel- und osteuropäischen Nachbarn, dass sie Muslime in ihrer Nachbarschaft akzeptieren würden. Zum Beispiel sagen 83% der Finnen, dass sie bereit wären, Muslime als Nachbarn zu akzeptieren, verglichen mit 55% der Ukrainer. Und obwohl die Kluft weniger ausgeprägt ist, sind Westeuropäer auch eher geneigt, Juden in ihren Wohnvierteln zu akzeptieren.

Einstellungen gegenüber religiösen Minderheiten in Europa gehen Hand in Hand mit unterschiedlichen Verständnissen von nationaler Identität. Als sie im Einflussbereich der Sowjetunion waren, verdrängten viele mittel- und osteuropäische Länder Religion offiziell aus der Öffentlichkeit. Aber heute ist für die meisten Menschen, die im ehemaligen Ostblock leben, Christ sein (ob katholisch oder orthodox) ein wichtiger Bestandteil ihrer nationalen Identität.

In Westeuropa hingegen haben die meisten Menschen nicht das Gefühl, dass Religion ein wesentlicher Teil ihrer nationalen Identität ist. In Frankreich und in Großbritannien zum Beispiel sagen die meisten, dass es nicht wichtig sei, Christ zu sein, um ein wahrer Franzose oder ein wahrer Brite zu sein.

Selbstverständlich fällt nicht jedes Land in Europa eindeutig in dieses Muster. Die Tschechische Republik beispielsweise war Teil des Ostblocks und ist ein sehr konfessionsloses Land geblieben. Heute sagen nur wenige Tschechen, dass das Christentum ein wichtiger Bestandteil ihrer nationalen Identität sei. Doch die meisten Tschechen sagen, sie wären nicht bereit, Muslime als Familienmitglieder zu akzeptieren, und nur etwa die Hälfte wäre bereit, Juden zu akzeptieren. Ähnlich ist es in den baltischen Staaten Lettland und Estland, wo die überwiegende Mehrheit der Menschen sagt, Christ sein (insbesondere Lutherisch) sei für ihre nationale Identität nicht wichtig. Dennoch sind relativ wenige Letten und Esten bereit, Muslime als Familienmitglieder oder Nachbarn zu akzeptieren.

Ein allgemeines Ost-West-Muster zeigt sich auch in Bezug auf mindestens einen weiteren Aspekt von Nationalismus: Kulturchauvinismus. In den Umfragen wurden die Befragten auf dem gesamten Kontinent gefragt, ob sie der Aussage zustimmen: „Unser Volk ist nicht perfekt, aber unsere Kultur ist anderen überlegen“. Obwohl es Ausnahmen gibt, sind die Mittel- und Osteuropäer eher geneigt zu sagen, dass ihre Kultur überlegen sei. Tatsächlich sind die acht Länder, in denen diese Haltung vorherrscht, geografisch alle im Osten: Griechenland, Georgien, Armenien, Bulgarien, Russland, Bosnien, Rumänien und Serbien.

Diese und andere Fragen über nationale Identität, religiöse Minderheiten und kulturelle Überlegenheit scheinen zusammen betrachtet eine europäische Spaltung zu verdeutlichen, mit hohem religiösem Nationalismus im Osten und mehr Offenheit gegenüber Multikulturalismus im Westen. Andere Fragen, die in der Umfrage gestellt wurden, verweisen auf eine weitere „Wertelücke“ zwischen Ost und West in Bezug auf wichtige soziale Fragen wie gleichgeschlechtliche Ehe und legale Abtreibung.

In jedem befragten westeuropäischen Land befürworten Mehrheiten die gleichgeschlechtliche Ehe und fast alle diese Länder haben sie rechtlich anerkannt. In Mittel- und Osteuropa ist die öffentliche Meinung völlig anders, in fast allen befragten Ländern sprechen sie Mehrheiten dagegen aus, dass Schwulen und Lesben gesetzlich heiraten können. Keines der befragten mittel- und osteuropäischen Länder erlaubt gleichgeschlechtliche Ehen.

In einigen Fällen werden diese Ansichten fast universell vertreten. So sind etwa neun von zehn Russen gegen die legale gleichgeschlechtliche Ehe, während ähnlich einseitige Mehrheiten in den Niederlanden, Dänemark und Schweden dafür sind, dass schwule und lesbische Paare gesetzlich heiraten können.

Obwohl Abtreibung generell sowohl in Mittel-/Ost- als auch in Westeuropa legal ist, gibt es auch zu diesem Thema regionale Unterschiede in den Ansichten dazu. In jeder befragten westeuropäischen Nation — einschließlich der stark katholischen Länder Irland, Italien und Portugal — sagen sechs von zehn oder mehr Erwachsene, dass Abtreibung in allen oder den meisten Fällen legal sein sollte.

Aber im Osten sind die Ansichten vielfältiger. Einige mittel- und osteuropäische Länder wie die Tschechische Republik, Estland und Bulgarien befürworten legale Abtreibungen. Aber in einigen anderen Ländern, darunter Polen, Russland und der Ukraine, neigt sich das Meinungsbild in die andere Richtung, Befragte dort sagen mit größerer Wahrscheinlichkeit, dass Abtreibung größtenteils oder gänzlich illegal sein sollte.

Die Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass die regionale Spaltung Europas in Bezug auf gleichgeschlechtliche Ehe auch in Zukunft anhalten könnte: In den meisten Ländern Mittel- und Osteuropas nehmen junge Erwachsene nur eine geringfügig weniger ablehnende Haltung zur Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe ein als ältere Menschen.

Zum Beispiel sind 61% der jüngeren Esten (18 bis 34 Jahre alt) gegen die Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe in ihrem Land, verglichen mit 75% der über 35-Jährigen. In dieser Hinsicht lehnen junge estnische Erwachsene mit einer sechsmal höheren Wahrscheinlichkeit die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen ab als ältere Erwachsene in Dänemark (10%). Dieses Muster gilt für die gesamte Region; junge Erwachsene in fast jedem mittel- und osteuropäischen Land sind in dieser Frage viel konservativer als jüngere und ältere Westeuropäer.

Wenn es um Einstellungen gegenüber Muslimen und Juden geht, sind junge Erwachsene in den meisten Ländern Mittel- und Osteuropas ebenfalls nicht toleranter als ihre älteren Mitbürger.

Folglich bringt diese jüngere Generation in Mittel- und Osteuropa mit einer viel geringeren Wahrscheinlichkeit als ihre Altersgenossen in Westeuropa zum Ausdruck, Muslimen oder Juden als Familienmitglied offen gegenüber zu stehen. Zum Beispiel sagen 36% der polnischen Erwachsenen unter 35, dass sie bereit wären, Muslime in ihrer Familie zu akzeptieren, weit unter den zwei Dritteln der jungen französischen Erwachsenen, die sagen, dass sie bereit wären, Muslime als Familienmitglied aufzunehmen.

Dies sind einige der Ergebnisse der Erhebungen des Pew Research Centers, die in den Jahren 2015-2016 in Zentral- und Osteuropa und 2017 in Westeuropa durchgeführt wurden. Das Center hat bereits ausführliche Forschungsberichte zu beiden Erhebungsarten veröffentlicht: „Religious Belief and National Belonging in Central and Eastern Europe“ und „Being Christian in Western Europe“. In beiden Regionen wurden viele gleiche Fragen gestellt, die die Vergleiche in diesem Bericht ermöglichen.

Diese Zusammenfassung wurde aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.

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