Der Tag, an dem meine Kindheit zu Ende war Buch

Ziemlich oft bekomme ich Buchmanuskripte mit der Bitte um ein Vorwort und eine Weiterempfehlung an einen Verlag zugesandt oder überreicht. So zuletzt auch durch Farhad Alsilo, einen ezidischen Jungen, den wir 2015/16 nach seinen Schwestern aus Kurdistan-Irak nach Baden-Württemberg evakuieren konnten. Ich erinnerte mich noch gut an den unglaublich tapferen und lernbereiten Jugendlichen, der mich noch im Irak fragte, ob er in Deutschland wirklich in eine Schule gehen dürfte. Und eine Mitarbeiterin hatte mir berichtet, dass er sich dann auch tatsächlich sehr stark schulisch engagierte – und nach wenigen Jahren nicht nur fließend Deutsch beherrschte, sondern an einer Realschule auch eine sehr gute Mittlere Reife ablegte. Im Januar erzählte er dann die Geschichte seiner Familie und seiner erfolgreichen Aufnahme bei “Leeroy will’s wissen“:

Und dann also überreichte mir die Kollegin ein von Farhad selbst geschriebenes Buch – mit der Bitte, ich möge ein Vorwort dazu schreiben und es ggf. deutschen Verlagen empfehlen. Und – ja, genau das will ich tun. Denn kaum ein Text der letzten Jahre hat mich so berührt.

In “3.8.2014 – Der Tag, an dem meine Kindheit zu Ende war” beschreibt Farhad Alsilo seine Kindheit, den Verlust seines ältesten Bruders bei einem islamistischen Terroranschlag, den Fleiß seines Vaters – und dann den fatalen Überfall des sog. “Islamischen Staates” auf sein Dorf am 3. August 2014. Der Text ist in seiner eigenen, überaus verständlichen, aber auch nicht literarisch glattgeschliffenen Sprache geschrieben und erreicht die Lesenden wie eine Erzählung. Ohne die geringsten ideologischen Untertöne wird darin auch deutlich, wie die Klimakrise in Form von Hitze und Dürren bereits die Dörfer auch des Mittleren Ostens bedroht. Und als ein Verantwortlicher vor Ort, der damals Aufnahmen mit zu entscheiden hatte, kann ich auch bestätigen, dass die von Farhad geschilderten Morde und Verschleppungen durch den sog. IS / Daesh trotz ihrer Unfassbarkeit so stattgefunden haben. Farhad beschönigt und verschweigt nichts, erspart den Leserinnen und Lesern aber auch allzu drastische Schilderungen. Dennoch wird deutlich, was hier ein Kind bereits psychisch zu leisten hatte, um zu überleben.

Eine besondere Qualität entfaltet Farhads Buch dann aber auch durch die Schilderungen seines Lebens in Deutschland, in denen er trotz aller Schwierigkeiten eine ehrliche Dankbarkeit und einen starken Bildungs- und Leistungswillen entfaltet. Er schildert erlebten Rassismus etwa durch einen Nachbarn, Scherze über seinen Namen (Farhad als “Fahrrad”) – und ruft dennoch dazu auf, für das hier Erreichte dankbar zu sein und vor allem die Chancen des Schulsystems und unserer Demokratie auch zu ergreifen. In einem Schlusskapitel lässt Farhad schließlich seine überlebenden Schwestern und einen Bruder zu Wort kommen, würdigt zudem in kurzen, berührenden Porträts seinen vom IS ermordeten Vater und seine so überaus tapfere Mutter. Das ist Literatur vor jeder Verkünstelung!

Der Tag, an dem meine Kindheit zu Ende war Buch

Das fertige, von Farhad Alsilo selbst erstellte Buchmanuskript ist eine literarische Schatztruhe sowohl für Einheimische wie Zugewanderte. Foto: Michael Blume

Im Umfeld des Gedenktages am 3.8. werde ich also verschiedene Gelegenheiten nutzen, um Menschen und gerade auch Verleger auf Farhads Buch anzusprechen – das sowohl Einheimischen wie Zugewanderten und insbesondere jüngeren Menschen viel zu sagen hat. Wenn sich irgendjemand ein Kopf und Herz fasst, dann wird dieses Werk bald in den Buchhandlungen erscheinen!

Und selbstverständlich schreibe ich dazu ein Vorwort, lieber Farhad. Denn ich sehe in Dir und Deiner Familie eine Bereicherung für unser gemeinsames Land. Es war und ist mir eine Ehre.  

Der Tag, an dem meine Kindheit zu Ende war Buch

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»Meine Mutter hat mir gezeigt, dass Frauen stärker sind als Männer.« Das sagt Farhad, der heute 19 Jahre alt ist und als 11-jähriger Junge den Genozid des IS an seinem jesidischen Volk erlebte und überlebte. Am 3. August 2014 drangen die IS-Milizen in sein...

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Mit 11 Jahren hat Farhad Asilo den Genozid an seinem jesidischen Volk erlebt und überlebt.

Heute ist er 19 Jahre als und hat mit der Hilfe von Nora Papajewski ein Buch über seine Geschichte geschrieben. Im Gespräch mit Sabine Gärttling stellen sie das Buch vor.

Autor: Sabine Gärttling

Radio: frs Datum: 05.10.2021

Länge: 45:22 min. Bitrate: 168 kbit/s

Auflösung: Stereo (44100 kHz)

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